MenuMENU

zurück

2018-09-26 06:52:45, Jamal Tuschick

Brücke Berlin Literatur- und Theaterpreisverleihung im Deutschen Theater - Mainlabor-Autorin Alida Bremer, Iva Brdar, Zaza Burchuladze und Natia Mikeladse-Bachsoliani sind die Preisträger*innen.

Georgien wurde aus Buchstaben gemacht

Es ist ihr Jahr der Preise – Alida Bremer​ wurde gestern mit dem Brücke Berlin Theaterpreis geehrt, nachdem sie 2018 bereits den Internationaler Literaturpreis des Hauses der Kulturen der Welt und ein Arbeitsstipendium des Deutschen Übersetzerfonds erhalten hat.

Die Auszeichnung erhält die Übersetzerin gemeinsam mit der Dramatikerin Iva Brdar. Brdars Stück „Daumenregeln“ brachte Bremer aus dem Serbischen ins Deutsche.

Die Daumenregeln lauten:
Nutze kein Geld – kein Telefon – kein eigenes Auto – kein Hotel. Bei Gefahr setze keine anderen Mittel ein als ein Lächeln oder einen Stein.
Verstehe ich das richtig, dann gehen die Daumenregeln auf einen Abenteuer Wettbewerb zurück. Ob Brdar daran teilgenommen hat?
Bremer hat erst mit sechsundzwanzig angefangen Deutsch zu lernen. Deutsch bezeichnet sie als ihre „Bildungssprache“.
Die Diversität im Spektrum zwischen Bosnisch, Kroatisch, Serbisch und (ohne amtliche Anker) Montenegrinisch findet Bremer „charmant“. Nach ihrer Einschätzung spiegeln sich die politischen Spaltungen Jugoslawiens nicht im linguistischen Status dieser offiziell verschiedenen Sprachen. Man müsse ideologisch gegen die Sache treten, um das Trennende auffliegen zu lassen. Bremer gebraucht das alte Grimm Wort Serbokroatisch. Sie hat als Kroatin in Serbien studiert, bevor sie im Rahmen ihrer akademischen Ausbildung nach Deutschland kam. Der Jugoslawien Krieg vereitelte die Rückkehr. Der einschlägige Erklärungsbedarf verhalf ihr zu einer publizistischen Karriere. Sie übersetzte für die FAZ, als Susan Sontag 1993 in Sarajevo Haltung bewies und mit einer Compagnie aus Serben, Kroaten und Bosniern Becketts „Warten auf Godot“ inszenierte.
Die dreihunderttausend Einwohner*innen Sarajevos nannte Sontag (einer Belagerungsfolter ausgesetzte) Geiseln.

Georgien wurde aus Buchstaben gemacht

Sie hat die Hamletmaschine ins Georgische übersetzt. Natia Mikeladse-Bachsoliani ist in Deutschland und in Georgien zuhause und so auch in beiden Sprachen.

„Deutsch ist meine Mutter-, georgisch meine Vatersprache.“

Sie lebt aber in der armenischen Hauptstadt Eriwan als Leiterin des Goethe-Zentrums. Man sagt, die Armenier und die Georgier stehen wie feindliche Brüder Rücken an Rücken gegeneinander. Ihre Sprachen sind noch verschiedener, so die neunte Brücke Berlin Literaturpreisträgerin Mikeladse-Bachsoliani im Vorgespräch der Preisverleihung.

Georgisch ist eine kaukasische, armenisch eine indogermanische Sprache.

„Das Georgische steht einsam in der Welt.“

„Georgien wurde aus Buchstaben gemacht.“

„Ich kann keinen Text übersetzen, der mich nicht weinen lässt.“

Die Auszeichnung erhält Mikeladse-Bachsoliani gemeinsam mit Zaza Burchuladze für ihre Übersetzung seines „Touristenfrühstück“. Der Georgier genießt in seiner Heimat ein so kompliziertes Ansehen, dass er lieber unerkannt in Berlin lebt.