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2020-09-24 06:55:34, Jamal Tuschick

Betreff: Pressemitteilung: Tage der Jüdisch-Muslimischen Leitkultur

Von der Wiedervereinigung der Deutschen zur jüdisch-muslimischen Leitkultur

Vom 3. Oktober bis 9. November 2020 finden die von Max Czollek kuratierten Tage der Jüdisch-Muslimischen Leitkultur in Theatern und Institutionen im gesamten deutschsprachigen Raum statt. Im 30. Jahr der sogenannten Wiedervereinigung, 20. Jahr des Debattierens einer „deutschen Leitkultur“ und 10. Jahr seit Erscheinen von Sarrazins Kampfschrift eines neovölkischen Denkens geht es darum, die deutsche Gesellschaft so zu denken, wie sie heute schon ist: als eine Gesellschaft radikaler Vielfalt.

Max Czollek sagt dazu: „Die jüdisch-muslimische Leitkultur stellt die Frage, wie eine Alternative zu den jetzigen Vorstellungen von Gesellschaft aussehen könnte – eine, die Gesellschaft als Ort der radikalen Vielfalt denkt. Und zwar keinesfalls nur als jüdische oder muslimische, sondern auch als queere, kurdische, afrodeutsche, atheistische, jesidische, … Während die Politik sich oftmals noch nicht mal der Frage bewusst ist, spielen kulturelle und zivilgesellschaftliche Institutionen gegenwärtig eine zentrale Rolle bei der Suche nach möglichen Antworten. Das wollen die Tage der Jüdisch-Muslimischen Leitkultur mit ihren rund dreißig Veranstaltungen im gesamten deutschsprachigen Raum sichtbar machen und damit auch die Relevanz dieser Orte gesellschaftlicher Reflexionen, Visionen und Selbstverständigungen unterstreichen.“

Folgende Veranstaltungen sind bislang geplant:

2. Oktober, digital, 19 Uhr, Auftaktfeier, www.tdjml.org (digital).

3. Oktober, Berlin, 21 Uhr, „Tag der VerUnEinigung“, Podiumsdiskussion mit Peggy Piesche, Angelika Nguyen, Mely Kiyak (Moderation Max Czollek), Maxim Gorki Theater Berlin, analog/digital.

3. Oktober, Berlin, 23 Uhr, PanDaDance DJ-Set mit Yurij Gurzhy, Panda Theater Berlin, digital.

4. Oktober, Berlin, 19.30 Uhr, Das Lesen der Anderen, ein Podcast von Max Czollek und Jo Frank, Haus für Poesie, digital.

5. Oktober, Berlin, 19 Uhr, Aras Ören und die Naunynstraße, Lesung und Gespräch, Gäste tba, Literarisches Colloquium Berlin, analog und digital (www.lcb.de).

7. Oktober, Hamburg ,20 Uhr, Gegenwartsbewältigung, Lesung und Podium mit Max Czollek, Perel und Leyla Jagiella, Kampnagel, analog/digital https://www.kampnagel.de/de/programm/tage-der-juedisch-muslimischen-leitkultur-dezentraler-kongress/?datum=&id_datum=9226

8. - 10. Oktober, Hamburg, 20 Uhr, Life [Un]Worthy of Life, Perel, Performance, Kampnagel, analog, https://www.kampnagel.de/de/programm/life-unworthy-of-life/?datum=&id_datum=9301

8. - 10. Oktober, Hamburg, 18/20 Uhr, „Escape the Room: Fight the Power, Mable Preach / Nikola Duric / We are Visual und Hamburger Schüler*innen, Kampnagel, interaktive Installation, analog, https://www.kampnagel.de/de/programm/escape-the-room-fight-the-power/?datum=&id_datum=9305

8. Oktober, Halle (Saale), 19 Uhr, Verbündet handeln - aber wie?, Podiumsdiskussion mit Anna Schapiro, Sabrina Slipchenko, René_ Rain Hornstein und Tija Uhlig (Moderation) im Rahmen des queerfeministischen Festivals Q.kju_point, Lernwerkstatt Erziehungswissenschaften, analog/digital.

11. Oktober, Hamburg, 19 Uhr, Ramadram Red Carpet Event von NEW MEDIA SOCIALISM, mit Max Czollek und various artists, Kampnagel, analog, https://www.kampnagel.de/de/programm/ramadram-eine-red-carpet-event/?datum=&id_datum=9304

17. Oktober, Mannheim, 20 Uhr, Die Kunst der Gegenwartsbewältigung, Nationaltheater Mannheim, mit Sapir Heller, Necati Öziri, Max Czollek, analog, https://www.nationaltheater-mannheim.de/de/schauspiel/themenwochenenden.php

22. Oktober, Berlin, 19 Uhr, „Integration, Desintegration … und jetzt? Möglichkeiten, Visionen und Forderungen für neues gesellschaftliches & politisches Handeln in der pluralistischen Gesellschaft”, Gespräch mit Lamya Kaddor, Michel Friedman, Semra Kızılkaya, Rebecca Rogowski und Jo Frank (Moderation), Dialogperspektiven. Religionen und Weltanschauungen im Gespräch, digital, https://dialogperspektiven.de/

24. Oktober, Frankfurt/Main, 11-21 Uhr, „Textland Literaturfest 2020 – Wehrhafte Kunst“ Lesungen, Performances und Gespräche mit Alexandru Bulucz, Nuran David Calis, Max Czollek, Marina Frenk, Sandra Gugic, Ronya Othmann, Necati Öziri, Tucké Royale, Lea Schneider, Daniela Seel Gerhild Steinbuch, Malu Peeters, Deniz Utlu, Senthuran Varatharaja und Olivia Wenzel sowie Mitgliedern des Ensembles des Schauspiel Frankfurt und des Studiojahr Schauspiel. Eine Kooperation von Schauspiel Frankfurt und der Faust Kultur Stiftung, Schauspiel Frankfurt und Naxoshalle, analog/digital https://www.textland-online.de/index.php undhttps://www.schauspielfrankfurt.de/spielplan/extras-a-z/textland-literaturfest/

25. Oktober, München, 17 Uhr, TdJML 2020 meet München!, Leseperformance mit Sivan Ben Yishai und Max Czollek sowie anschließendes Gespräch mit künstlerischen und sozialen Münchner Initiativen in Kooperation mit dem Ausarten-Festival, Münchner Kammerspiele, analog/digital.

29. Oktober, Zürich, 20 Uhr, „Versuch, auf einem Untergehenden Schiff in die eigene Haut zu fahren“, Eine Hommage an Thomas Brasch von und mit Moritz Richard Schmidt und Max Czollek in Kooperation mit dem Kino Xenix, welches die Veranstaltung mit eine Filmreihe begleitet, Theater am Neumarkt, analog,https://www.theaterneumarkt.ch/events/versuch-auf-einem-untergehenden-schiff/

30. Oktober, Köln, 19 Uhr, „Gegenwartsbewältigung“, Lesung und Gespräch mit Max Czollek, moderiert von Bassam Ghazi, Schauspiel Köln, analog.

31. Oktober, Köln, 19 Uhr, szenische Lesung aus dem Stück VERHAFTUNG, anschließend Gespräch mit den Spieler*innen und dem Autor, Schauspiel Köln, analog.

1. November, Bremen, 19 Uhr, Un/Sichtbar, Lesung und Gespräch mit Deniz Utlu und Max Czollek im Rahmen des globale° - Festival für grenzüberschreitende Literatur, globale-literaturfestival.de

2. November, Heidelberg, „Jewish und Muslim Blackness“, Gespräch mit Gästen tba in Kooperation mit den Jüdisch-Muslimischen Kulturtagen Heidelberg sowie der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg, analog/digital.

5. November, Dortmund, Gegenwartsbewältigung, Lesung und Gespräch mit Max Czollek und tba, Theater Dortmund, analog.

7. – 8. November, Dortmund, Tage der Jüdisch-Muslimischen Leitkultur, Tagung in Kooperation mit dem Dietrich-Keuning-Haus sowie dem Theater Dortmund, u. a. mit Idil Baydar, Rachel de Boor, Max Czollek und Nes Kapucu, digital.

8. November, Nürnberg, 17 Uhr, Dr. Lady Bitch Ray @ Nürnberg, Lesung und Gespräch mit Reyhan Sahin aka Dr. Lady Bitch Ray, Staatstheater Nürnberg, analog/digital.

8. November, Wien, 19 Uhr, Kollektivsalon, Szenische Lesung von und mit Tobias Herzberg und Max Czollek sowie Schauspieler*innen des Burgtheaters, Burgtheater Kasino, analog.

9. November, Wien, 19 Uhr, Apropos Gegenwart, Gespräch mit Sasha Marianna Salzmann & Gast (tba), Burgtheater Kasino, analog.

Das Projekt befindet sich in Trägerschaft der Leo Baeck Foundation und wird von der Bundeszentrale für politische Bildung und der Allianz Kulturstiftung gefördert. Deutschlandfunk Kultur ist Medienpartner der „Tage der Jüdisch-Muslimischen Leitkultur“.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage https://tdjml.org/ der Tage der Jüdisch-Muslimischen Leitkultur.

Kürzlich ist zudem das Buch „Gegenwartsbewältigung“ von Max Czollek im Hanser Verlag erscheinen.

Reconnecting the Middle East in Berlin

Ich möchte daran erinnern, dass es ein koinzidierendes Projekt gibt.

Mati Shemoelof ist ein arabischer Jude und könnte genauso gut ein jüdischer Araber sein, gäbe es nicht eine Demarkationslinie der Selbstidentifikation als Jude, die eine verspielte Umkehrung zum Rubikon der verworfenen Identität werden lässt. Das Jüdische als Akzent oder Aspekt einer arabischen Identität erscheint nicht nur fern der Levante wie ein Versuch, so frei zu sein wie ein Erzähler. In der aschkenasisch dominierten israelischen Gesellschaft ist das Arabische inferior. Davon berichtet Shemoelof. Er bezieht sich auf die eigene Biografie. Seine Vorfahren kamen aus der arabischen Welt nach Israel und gerieten als Juden unter Juden in eine Art Diaspora, während sie zuvor als Juden unter Arabern wie die Fische im Wasser gewesen waren.

Natürlich wissen wir, dass die antike orientalische Diversität in den Dekolonisationsprozessen nicht zuletzt reduziert und ihrer Legitimationen beraubt wurde und nach der Gründung des Staates Israel weitgehend verschwand. Doch gemessen an dem historischen Kontinuum jüdischen Lebens in Arabien ist die Spanne der Segregation kurz.

Shemoelof beschreibt in seinem Werk, wie mühsam es war, als Jude die arabische Grundierung auch nur zu erfassen; ihrer so gewahr zu werden, dass sie nicht automatisch als Kontamination erlebt werden musste.

Shemoelof schreibt: „Jahre über Jahre habe ich in Israel gebraucht, um zu verstehen, wie meine Familie aus den Geschichtsbüchern gelöscht und in der Gesellschaft marginalisiert worden ist.“

Heute lebt der Autor in Berlin und treibt von da gemeinsam mit seinen Freund*innen ein interessantes Projekt voran:

Reconnecting the Middle East in Berlin

Mati Shemoelof and Hila Amit Abas, the initiators of this event, are two Arab-Jews who were born in Israel but moved to Berlin. They write in Hebrew, which is the language they grew up with, but not necessarily their mother-tongue or the native language of their parents. As Jews from Arab and African origins they were required to leave their “Arab” parts of their heritage behind in order to be part of the Israeli melting pot.

More than 100 years ago in the Middle East, Jews and Arabs and other ethnic/religious groups lived in a fruitful dialogue and were mentally, culturally, spiritually and physically connected. After the disappearance of the Ottoman Empire, the two World Wars and the consequential rise of Jewish and Arab nationalism, Jews and Arabs became disconnected. We lost our dialogue. In the event “Reconnecting the Middle East in Berlin” we will not only revive this lost dialogue through literature, music and performance. We will also talk about this loss, what was lost for our families, the tales that will stop with the generation of our grandparents. Writers from all over the Middle East and Asia, both, Israelis emigrating from Islamic countries, Iran and North Africa, and Arab Immigrants from the same countries will sit and read their works of poetry and fiction together. Berlin gives us, Jews and Arabs, a rare moment for a lost encounter that can no longer happen in the countries of our origin. Living together in exile in Europe, we will transcend and rise above our national identities and hope to create a new typography of words to redefine our mutual existence.

Ein Mitstreiter ist der Kurde Abdulkadir Musa, der den schönen Satz prägte: Die arabische Welt sei auf der Suche nach ihren verlorenen Juden.