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2020-12-19 05:59:37, Jamal Tuschick

Die Kombination Gelbschwarz lässt uns intuitiv zurückweichen. Es gibt viele, den Wespenalarm auslösende, gelbschwarze Aggro-Outfits und Dominanzkostüme. Ich habe mich manchmal gefragt, warum Gelb in den Kampfkünsten hohen Rängen vorbehalten bleibt, ich meine, wir denken doch als Normalos bei Gelb an verkleckertes Ei und die schlechten Umfragewerte der FDP. Jetzt weiß ich, warum gewisse Meister sich gelbgenial vom Fußvolk absetzen. Gelbschwarz suggeriert eine schmerzhafte Begegnung. Das veranlasst den Angesprochenen zu deutlich defensiveren Reaktionen als bei grünroten Auftritten. Die vorausschauende Vermeidung lässt den Tiger auf der Gegenseite besonders überlegen erscheinen.

Farbheimat

Wir teilen mit den Schimpansen die „Farbheimat“. Gemeinsam lieben wir Licht und Luft vor einem grünen Hintergrund.

„Mit dem Grün steigt die Lebensqualität.“

Axel Buether, „Die geheimnisvolle Macht der Farben. Wie sie unser Verhalten und Empfinden beeinflussen“, Droemer Knaur, 306 Seiten, 25,-

Grün ist die Farbe der Menschheit, rot die Farbe der Bekömmlichkeit. Färbt sich Fleisch grau, sinkt der Appetit des Carnivoren. Wir haben den Ekel im Blut. Er bewahrt uns vor toxischen Interventionen und Parasitenbefall. Das bemerkt Axel Buether.

„Farben sind der natürliche Ratgeber für eine gesunde Ernährung.“

Gelbschwarze Dominanzanzüge

Die Kombination Gelbschwarz lässt uns intuitiv zurückweichen. Es gibt viele, den Wespenalarm auslösende, gelbschwarze Aggro-Outfits und Dominanzkostüme. Ich habe mich manchmal gefragt, warum Gelb in den Kampfkünsten hohen Rängen vorbehalten bleibt, ich meine, wir denken doch als Normalos bei Gelb an verkleckertes Ei und die schlechten Umfragewerte der FDP. Jetzt weiß ich, warum gewisse Meister sich gelbgenial vom Fußvolk absetzen. Gelbschwarz suggeriert eine schmerzhafte Begegnung. Das veranlasst den Angesprochenen zu deutlich defensiveren Reaktionen als bei grünroten Auftritten. Die vorausschauende Vermeidung lässt den Tiger auf der Gegenseite besonders überlegen erscheinen.

Im Spektrum zwischen Gefahr und Fortpflanzung

Eingebetteter Medieninhalt

Die größten Bauwerke der Welt erschaffen Korallenpolypen. Sie betreiben Fotosynthese und beziehen Nährstoffe von mikroorganischen Nutznießer*innen ihrer Riffe. Hundertausende Arten leben „auf engstem Raum in Freundschaft und Feindschaft zusammen“.

Diese Umwelt ist zu komplex, um sie allein mit Nahsinnen (Tasten, Riechen, Schmecken) bis zur Übersichtlichkeit in den Griff zu bekommen. In der verdichteten Unterschiedlichkeit bietet das Gehör nicht genug Filter, um im Spektrum zwischen Gefahr und Fortpflanzung „identifizierbare Geräuschmuster“ zu entwickeln. Denken Sie an die Akustik in einer überfüllten Wartehalle. In jedem Gewimmel sorgen allein prägnante Farben für eine effektive Unterscheidung.

„Farbe ist das leistungsfähigste Orientierungssystem der Natur.“

Mit dieser Ansage eröffnet Axel Buether einen Reigen spannender Erklärungen. „Buntheit“ beweist Biodiversität. Sie indiziert Vielfalt.

Buether erwähnt die Funktionen von Farben in den sieben Kategorien „Orientierung, Gesundheit, Warnung, Tarnung, Werbung, Status und Verständigung“.

Farbbizarr

Warum erscheint die Natur so form- und farbbizarr? Was soll uns ein cyanblau gepunktetes Goldschuppenkleid sagen?

„Warum gibt es einen geleeartigen, zitronengelben Fisch, dessen Augenränder und Schwanzflossen neongrün leuchten?“

Fisher‘s Runaway Selection/Exklusives Schauspektrum/Weiblicher Schönheitssinn

Das exklusive Schauspektrum liefert „Orientierung in sozialen Systemen“. Bei den Buntbarschen, die sich in 1700 Arten verzweigen, hängt der Fortpflanzungsbetrieb von der weiblichen Wahrnehmung (nach überkommenen Begriffen, vom weiblichen Schönheitssinn) ab. Die Richtigen sind nicht unbedingt die Schönsten, behauptet aber Buether im Geist der Fisher‘s Runaway Selection.

Der Tiegel des Selektionsdrucks

Charles Darwin glaubte an einen Optimierungsswing von weiblichen Partnerwahlpräferenzen und männlichem Selektionsdruck. Der britische Statistiker und Evolutionstheoretiker Ronald Aylmer Fisher (1890 - 1962) griff Darwins Idee von der zwangsläufigen Verbesserung auf, um ihr zu widersprechen. Fisher etablierte die sexuelle Präferenz als Komplementärkategorie zur natürlichen Selektion. Die Bevorzugung von Merkmalen führt nach der Sexy Sons Hypothesis zur Durchsetzung von männlich konnotierten Farben und Formen. Interessant ist hier die Geringfügung eines Farbvorteils, der in evolutionären Prozessen mit aller Macht nach vorn getragen wird, ohne die Überlebenschancen der Merkmalträger zu verbessern. Fisher nannte den kuriosen Vorgang Runaway Process. Auf dieser Strecke werden Selektionsnachteile (wie etwa ein beschwerlicher Federschmuck) solange weitergegeben, bis vitale Beeinträchtigungen das Experiment stoppen.

So kann der weibliche Schönheitssinn in die Irre führen. Manche Vogel- und Fischweibchen favorisieren extrem auffällige Männchen, deren Performance auf optische und akustische Maximalreize ausgelegt ist. Die Präferenz einer Gefiederten für lange Schwanzfedern besorgt - mit paradoxen Folgen - die sogenannte positive Rückkopplung. „Der Koppelungsprozess führt in kurzer Zeit zu extremer Merkmalsausprägung.“ Überzogene Federschwanzlängen wirken sich bei Pfauen kostspielig aus. „Sie stellen einen deutlichen Überlebensnachteil dar (Energieverbrauch, Beeinträchtigung der Mobilität, usw.).“ Quelle

Man spricht von Selbstverstärkung. „Die Farbpräferenz des Weibchens sorgt für die Selektion der männlichen Gene, die darüber hinaus keine weiteren Vorteile bieten müssen (Axel Buether).“

Aus der Ankündigung

Deutschlands führender Farb-Experte, Prof. Dr. Axel Buether, geht in diesem populären Sachbuch dem Geheimnis der Farben auf den Grund. Sie sind nicht nur schön, sondern erfüllen als Produkt der Evolution lebenswichtige Funktionen für Natur und Mensch. Unablässig kommunizieren wir mit unserer Umwelt durch die Sprache der Farben, die insgeheim großen Einfluss auf unser Gefühlsleben, unser soziales Verhalten und unsere Gesundheit hat. Öffnen wir die Augen, sehen wir – Farben! Die Welt ist bunt, Farben verleihen ihr Kontur und Form, aber nur zu einem Prozent verarbeiten wir sie bewusst. Axel Buether entlarvt sie als das größte Kommunikationssystem der Erde und erklärt, wie wir Menschen Farben wahrnehmen. Er beschreibt, wie sie unser Verhalten steuern, ohne dass wir es merken, und welche Rolle sie für unser Wohlbefinden, ja unsere Gesundheit spielen. Vor allem verrät er, wie Farben auf unsere Psyche wirken. Dazu nimmt sich Buether die 13 Grundfarben vor, spürt ihrer Symbolik in der Kulturgeschichte nach und schlüsselt ihre Effekte auf unsere Psyche auf. Ein informatives und spannendes Farb-Panorama, das uns Einblick in die neuesten Erkenntnisse der Farb-Forschung gewährt und zeigt, wie wir dieses Wissen auch für unseren Alltag nutzen können.

Prof. Dr. Axel Buether, 1967 geboren, studierte Architektur und promovierte im Grenzbereich von Neuropsychologie und Umweltgestaltung. 2006 wurde er Vorsitzender des Deutschen Farbenzentrum e.V. – Zentralinstitut für Farbe in Wissenschaft und Gestaltung, von 2006 bis 2012 lehrte er an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Seit 2012 ist Buether Professor für Didaktik der Visuellen Kommunikation an der Bergischen Universität Wuppertal.