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2021-08-18 09:17:16, Jamal Tuschick

1960 wurde May Ayim (bürgerlich erst Sylvia Andler, dann Sylvia Brigitte Gertrud Opitz) in Hamburg geboren. 1996 nahm sie sich das Leben.

Ihre leibliche Mutter, eine Deutsche, verweigerte den Kontakt zum Kind. Den ghanaischen Vater, zum Zeitpunkt der Zeugung Studierender, sah sie sporadisch. Die Adoptiveltern organisierten eine gute gemeinte Erziehungshölle. May Ayim hatte für ihre Differenzerfahrungen lange keine Referenz. Nach dem Abitur studiert sie - ihre eigene Geschichte erforschend - an der Universität Regensburg Pädagogik und Psychologie. Ihre wegweisende, in Regensburg abgewiesene Diplomarbeit trägt den Titel „Afro-Deutsche: Ihre Kultur- und Sozialgeschichte auf dem Hintergrund gesellschaftlicher Veränderungen“. „May Ayim (fand) in Berlin eine Prüferin, die die Arbeit annahm“, so Wikipedia.

Vor fünfundzwanzig Jahren starb die Dichterin und Aktivistin May Ayim

„grenzenlos und unverschämt“ heißt ein Gedicht von May Ayim. Sie schrieb es „gegen die deutsche sch-einheit“. Es hebt an mit den Zeilen: ich werde trotzdem/afrikanisch/sein/auch wenn ihr/mich gerne/deutsch/haben wollt/und werde trotzdem/deutsch sein/auch wenn euch/meine schwärze/nicht passt. Quelle

May Ayim, „Grenzenlos und unverschämt“, mit einem aktuellen Vorwort von Josephine Apraku, Unrast Verlag, 191 Seiten, 14.80,-

Aus der Ankündigung

May Ayim versammelte in diesem zuerst 1997 veröffentlichten Werk ihre wichtigsten Aufsätze, Interviews und Reden und schuf so eine Bestandsaufnahme der rassistischen Zustände im wiedervereinigten Deutschland. Wissenschaftliche Arbeiten zu Geschichte, Erziehung und Therapie verbindet die Autorin mit autobiografischen Erinnerungen und der ganz persönlichen Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte und Realität als Schwarze Deutsche.

Ihre Texte über den »Stressfaktor Rassismus« oder »Ethnozentrismus und Geschlechterrollenstereotype« sind bis heute wegweisend und die »Gespräche« mit anderen afrodeutschen Frauen berühren noch genauso wie vor 35 Jahren.

Einen Einblick in das Leben von May Ayim bietet der biografische Essay der Journalistin Silke Mertins, die mit Menschen gesprochen hat, die May Ayim noch gekannt, mit ihr gearbeitet und gelebt haben. Ihre Eindrücke, Gefühle und Erfahrungen hat sie zu einem höchst lesenswerten Portrait verdichtet.

Kurz gesagt: Grenzenlos und unverschämt ist ein ›Klassiker‹ der afro-deutschen Kultur.

Zur Autorin

May Ayim, ghanaisch-deutsche Dichterin, Wissenschaftlerin und politische Aktivistin, wurde 1960 in Hamburg geboren, wuchs in einer Pflegefamilie in Nordrhein-Westfalen auf, studierte Psychologie und Pädagogik in Regensburg und schloss eine Ausbildung als Logopädin in Berlin ab, wo sie von 1984 an lebte und als Sprachtherapeutin sowie als Dozentin und als Studienberaterin an Hochschulen arbeitete. Im Alter von 36 Jahren nahm May Ayim sich das Leben.

2011 wurde das Kreuzberger Gröbenufer in Berlin dank einer zivilgesellschaftlichen Initiative in May Ayim Ufer umbenannt.

May Ayim ist Mitherausgeberin und Mitautorin der Bände Farbe Bekennen. Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte und Entfernte Verbindungen. Rassismus, Antisemitismus, Klassenunterdrückung sowie einer Vielzahl von Aufsätzen in Sammelbänden und Zeitschriften. Ihre Gedichte und Essays erschienen zunächst im Orlanda Frauenverlag (blues in schwarz weiss 1985; nachtgesang 1997; Grenzenlos und unverschämt 1997). Gedichte und Texte erschienen in Englisch, Spanisch und Portugiesisch. Africa World Press veröffentlichte Blues in Black and White, eine Sammlung von Gedichten und Essays. Showing Our Colors. Afro-German Women Speak Out erschien bei der University of Massachusetts Press.

May Ayim war eine der Vorreiter*innen der Schwarzen Deutschen Bewegung, die mit ihrer Forschung zur Geschichte und Gegenwart Afro-Deutscher und mit ihrer politischen Lyrik im In- und Ausland bekannt wurde. Sie gehörte 1985 zu den Gründer*innen der Initiative Schwarze Deutsche und Schwarze in Deutschland.

1997 erschien der biografische Film Hoffnung im Herz. Mündliche Poesie – May Ayim (Maria Binder, 28 Min.) Den Film gibt es bei Vimeo mit englischen und portugiesisch/brasilianischen Untertiteln.