Stefan Heym landete in der Normandie, um sich an der psychologischen Kriegsführung zu beteiligen
Der Roman erschien erstmals 1944 in der anglo-amerikanischen Hemisphäre. Stefan Heym schrieb ihn als Soldat* in der letzten Phase vor dem D-Day. Während alle anderen auf Englisch erstveröffentlichten Werke schließlich übersetzt wurden, blieb „Of Smiling Peace“ zu Heyms Lebzeiten für deutsche Leserinnen eine fremdsprachliche Trouvaille.
*Heym, der bereits vor dem Zweiten Weltkrieg als freier Schriftsteller gelebt hatte, zählte zu den Ritchie Boys.
„Als Ritchie Boys bezeichnet man die Absolventen des Military Intelligence Training Center oder Camp Ritchie genannten Ausbildungszentrums.“ Wikipedia
Heym erreichte Frankreich im Juni 1944 mit dem Auftrag, im Schatten der kämpfenden Truppe psychologische Kriegsführung zu betreiben.
„In Flugblättern, Lautsprecherdurchsagen, Feldzeitungen und Radioshows wandten sich (Ritchie Boys) an die deutschen Soldaten und die deutsche Zivilbevölkerung.“ Quelle
Stefan Heym, „Flammender Frieden“, Roman, aus dem Englischen von Bernhard Robben, C. Bertelsmann Verlag, 476 Seiten, 24,-
Sergeant Shadow McManus erlebt eine Landung unter Beschuss in frühen Morgenstunden an der algerischen Küste. Längst sind einschlägige Manöver ins kollektive Gedächtnis eingegangen. Als Heym den Roman schrieb, wusste er nicht, dass die Bugrampe als Gangway zum Klassiker werden würde. Sein Held steht rennend neben sich. Die Gefahr spaltet Shadow. Einerseits funktioniert er wie ein Automat. Andererseits kapiert er jenes irre Selbst nicht, das sich ins Sperrfeuer stürzt.
„Kugelregen siebt den Strand.“
Shadow beobachtet etwas Unglaubliches. In einer Situation, die sich formal für alle abgesetzten Expeditionscorpsakteure gleich darstellt, suchen die einen Deckung im Dreck, während andere aufrecht stehen oder gehen. Manche rennen geduckt, andere robben. Jeder scheint etwas anderes zu erleben. Männer ziehen Kanonen und schleppen Munitionskisten vorbei an Kombattanten, die im Schussfeld rauchend flanieren; wie Komparsen, die gerade nicht gebraucht werden. Die Theaterdonneraufregung am Set kratzt sie nicht.
Die einen führen Krieg, die anderen Gespräche.
Das Durcheinander stört Shadows Ordnungssinn. Er möchte die Männer antreten lassen und sie auf den Kurs des Drills zurückführen.
Heym beschreibt Wirkungen eines allgemeinen Schocks „im gespenstischen Licht der Morgendämmerung“. Schiffsbatterien konferieren mit Küstengeschützen. Der Tod hüpft wie ein wahnsinniges Rumpelstilzchen allgegenwärtig durch sich lichtende Reihen.
Symbolische Gegenwehr
Heym verarbeitete die von Dwight D. Eisenhower geplante „Operation Torch“. Sie begann am 8. November 1942. Eine alliierte Armada von fünfhundert Schiffen transportierte rund hunderttausend Soldaten an die nordafrikanische Küste. Offiziell traten sie gegen die Streitmacht des Vichy-Regimes an. Fraglich war bis zum ersten Schuss, ob die Pétain-Kollaborateure ihre Artillerie einsetzen würden. Sie nutzten sie zum Erstaunen der Kenner:innen; doch brach der Widerstand so rasch zusammen, das man vom symbolischer Gegenwehr sprach.
Aus der Ankündigung
Algerien, Winter 1942: Die Welt steht in Flammen. Die Fronten der deutschen Wehrmacht bröckeln. Drei Nationen streiten um jeden Quadratmeter des nordafrikanischen Sandbodens: Die Amerikaner mit einem naiven Glauben an das Gute im Menschen, die deutsche Wehrmacht, ein verkommener Haufen, an dessen Spitze zynische Männer ihre Eigeninteressen verfolgen. Und die Franzosen, die dem Vichy-Regime nahestehen und als Kolonialherren um ihre Zukunft bangen. Heym inszeniert deren Zusammentreffen als packendes Duell zwischen dem amerikanischen Geheimdienstoffizier Bert Wolff und Ludwig von Liszt, einem deutschen Stabsoffizier, der Wolff einst grausam gefoltert hat.
Ein mitreißender Kriegsroman, der große moralische und philosophische Fragen stellt: Wie weit darf man mit Faschisten Kompromisse schließen, wenn man Demokratie will? Wie viel Entscheidungsfähigkeit hat der Mensch? Ist es am Ende der Zufall, der alles lenkt, das Schicksal? Oder gibt es, wie manche der einfachen Soldaten glauben, einen Gott?