„Ergreife deine Chance, halte dein Glück fest und scheue kein Risiko.“ Unter diesem Motto (zitiert wird René Char) geht Annick Cojean in die Offensive. Sie moniert, dass „Unternehmen mit Feminismus Geld machen und plötzlich vieles, von BHs über Lippenstift bis hin zu Deodorants, als irgendwie ‚empowernd‘ beworben wird“.
Annick Cojean, Gisèle Halimi, „Seid unbeugsam! Mein Leben für die Freiheit der Frauen“, auf Deutsch von Kirsten Gleinig, Aufbau Verlag, 20,-
Zur Vorgeschichte
Den ersten „feministischen Sieg“ verbucht Gisèle Halimi mit einem Hungerstreik im Elternhaus. So protestiert sie gegen die Vorrechte ihrer Brüder, die „wie kleine Paschas behandelt werden“, während die Tochter eine Zurücksetzung erlebt, deren konstitutiver Charakter sie auf die Palme bringt.
„Warum sollten die Jungen anders behandelt werden als die Mädchen? Wer machte diese unsinnigen Regeln?“
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„Unterhaltsam, lebhaft, resilient“, sei Halimi von jeher gewesen, erklärt Cojean. Die Anwältin legte Wert auf ein atypisches e am Ende von Advocat(e). Sie spielte nicht nach den Regeln der Zunft. In aufsehenerregenden Prozessen zeigte sie sich entschieden parteiisch. Gerichtssäle verwandelte sie in Foren gesellschaftlicher Debatten. Als einzige Anwältin unterzeichnete sie „1971 das Manifeste des 343, in dem 343 Frauen – darunter Berühmtheiten wie Françoise Sagan, Catherine Deneuve, Marguerite Duras und Jeanne Moreau – bekannten, illegal abgetrieben zu haben“.
Halimi ging es stets um das Große und Ganze. Sie legte sich mit den Mächtigen an und suchte die Konfrontation auch zur Darstellung grundsätzlicher Fragen der Geschlechtergerechtigkeit.
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Annick Cojean arbeitet als internationale Korrespondentin für die französische Tageszeitung Le Monde und ist eine der bekanntesten Journalistinnen Frankreichs. Sie hat bereits mehrere preisgekrönte Bücher veröffentlicht, zuletzt den Porträtband "Was uns stark macht" (2019) über inspirierende Frauen wie Patti Smith, Virginie Despentes, Joan Baez, Aslı Erdoğan, Vanessa Redgrave u.a.