Wie auf dem Bild von Ulrich Hachulla: so sah jener Alltag aus, für den sich Heiner Müller in besonderer Weise zuständig fühlte.
„Das kann nur ich erzählen“, erklärte er.
„Du kannst DDR zu mir sagen.“
Er lebte im Material. Sein Material ergab sich aus den „Geburtsschmerzen“ einer sozialistischen Staatsgründung. Nachdem das Scheitern in den frühen 1980er Jahren manifest geworden war, verlor HM das Interesse an der eigenen Gesellschaft. Er erschien im Weiteren oft wie ein Conférencier. Mich erinnert der desillusionierte, vom Kapitalismus angeödete, dem Eigenen entfremdete HM an den ausgezählten Jake LaMotta.
HM wusste alles immer schon vorher. Er kannte den Preis für die blühenden Landschaften. Gern hätte er seinen Leuten gesagt, Leute, hört zu, was wir hier versuchen, hat wenigstens eine Perspektive. Das andere hat nur noch eine nach Schwefel stinkende Vergangenheit. Selbstverständlich wusste HM auch, dass es keinen Zweck hatte, der Gier nach glitzernden Dingen mit visionärer Vernunft zu begegnen.
Da er lange ein berühmter Unbekannter bleibt, muss Heiner Müller wieder und wieder im Westen wie im Osten und so auch im Westen und Osten von Amerika die Butterdose seiner Biografie auskratzen. Das strapaziert, es führt zu einem schleifenden Text, der sich an folgenden Punkten wiederholt. Eine Großmutter war für Adolf Hitler, sie ging bis zur Kreisleitung, um sich gegen eine Schergenbehauptung zu verwahren. Die Behauptung brachte ihren sozialdemokratischen Sohn in Verbindung mit einem Juden/Sinto als Vater. Müller bringt das jedes Mal so wie man sich eine lose Wimper zupft oder ein Haar von der Zunge nimmt. Man kann sich ernsthaft nicht damit aufhalten, doch in die Fingerspitzen drängt die Einsicht, wie viel Entwicklung dazu nötig war, sich nicht bloß im Ganzen am Gras abzustreifen.
Die Pyramide und der Hosenknopf, das sind Pole bei Müller.
Ja, er habe die Russen als Usurpator:innen wahrgenommen, und Stalin sei ihm seit 1940 klargewesen. Trotzdem.
„Mein Vater war dunkel.“
„Mein Vater konnte gut schreiben. Deshalb musste er Angestellter werden.“
„Mein Vater war das zweitjüngste von zehn Kindern.“
Der Eigensinn meines Vaters zwang mich dazu, mich im Widerspruch zur Gesellschaft zu erleben. Ich konnte kein fröhlicher Hitlerjunge sein.
Der Vater macht immer so weiter. Nach KZ und Gefängnis im Dritten Reich hängt er als Bürgermeister in der SBZ kein Stalinbild in seine Amtsstube. Das NKGB scharrt mit den Hufen. Der Vater muss gehen, das erleichtert den Sohn. Ins elterliche Ehebett zieht er schnell eine Frau, die seinen Vater noch für einen bedeutenden Mann hält.