MenuMENU

zurück

2023-03-23 08:05:03, Jamal

„Wir wollten das Beste, aber es kam wie immer.“ Wiktor Stepanowitsch Tschernomyrdin

*

Sehen Sie auch hier.

*

„Die meisten Schriftsteller (verstehen) von der Literatur nicht mehr … als die Vögel von der Ornithologie.“ Marcel Reich-Ranicki

*

„Als der Zuletztgeborne einer zweiten Ehe habe ich meine Eltern eigentlich nur gekannt, wie sie schon im vorgerückten Alter standen, und bin zwischen beiden gewissermaßen einsam aufgewachsen.“ Johann Peter Eckermann

*

„Wer aber nicht eine Million Leser erwartet, sollte keine Zeile schreiben.“ Goethe

*

„Nun streitet sich das Publikum seit zwanzig Jahren, wer größer sei: Schiller oder ich, und sie sollten sich freuen, dass überhaupt ein paar Kerle da sind, worüber sie streiten können.“ Goethe zu Eckermann

© Jamal Tuschick

Epochentrash

1723 kam im Londoner Leicester House eine Königstochter zur Welt. Maria machte weiter keinen Ärger und wurde rechtzeitig Landgräfin von Hessen-Kassel. Allerdings war sie mit dem einzigen kurhessischen Regenten nach Luther verheiratet, der sich vom Katholizismus angezogen fühlte. Das Paar trennte sich. Von einer Scheidung sah man ab, so dass der Katholik auf dem kurhessischen Thron, ich spreche von Friedrich II., sich wieder nicht verheiraten konnte. Man schaffte Maria, übrigens eine Tochter der Caroline von Brandenburg-Ansbach, u.a. Kurfürstin von Hannover, mit ihren Plagen nach Hanau, um sie in der Reinheit des Protestantismus und in der Lieblichkeit der Mainsenke vor allen katholischen Übeln zu bewahren. In Hanau schlug die Stunde des 1743 zu Kassel geborenen Wilhelm IX. Mit siebzehn wurde er Graf von Hanau, Steinheim und Kesselstadt. Er folgte dem bedenklichen Vater auf den hessischen Thron und brachte es zum Kurfürsten als das Heilige Römische Reich Deutscher Nation sich gerade in die letzte Kurve legte und es keinen Kaiser mehr von Kurfürsten zu wählen gab. Auch das ein Treppenwitz der Epoche. Als Kurfürst hieß der Landgraf Wilhelm I. von Hessen-Cassel und trieb Menschenhandel. Soldatenverkauf machte ihn reich. Gern wäre Wilhelm „König der Chatten“ geworden, so wie er im Ganzen rückwärtsgewandt und absolutistisch empfand.

Die Chatt:innen siedelten im Kasseler Becken. Sie waren international die besten German:innen, hatten kaum Berührung mit den Römer:innen und blieben ihrem Gebiet bis auf den heutigen Tag treu, so dass man in echten Casselänerinnen immer noch wahre Chattinnen vermuten darf.

Im 18. Jahrhundert waren Reisen nicht mehr nur feudales Vergnügen. Es gab die Grand Tour für den bürgerlichen Nachwuchs. In Kassel besuchte der Geck den Höhenpark mit dem Herkules auf der Spitze und begriff die Sache als Sensation im englischen Stil. Beinah mühelos gelangte er in die Wohnung Seiner Königlichen Hoheit. Eine pharaonische Grablege-Phantasie in Ebenholz, Marmor, Gold und Bronze stieß die Besucher:innen in einen Taumel zwischen Schauer und Entzücken. Das egyptische Zimmer war vielmehr eine Staffel von Kabinetten, die den Eindruck von Pracht und Düsternis buchstäblich vertiefte. Ein Löwe kam an der Leine S.K.H. ins Spiel. Der Fürst performte in osmanischer Tracht.

Ein sechzig Fuß langer Cour=Saal prahlte mit dorischen Säulen. Halbzirkelförmige Aussparungen fassten einen Divan neben dem nächsten. In einem Kabinett fand die Prüfung der Penelope statt - so wie sie Johann August Nahl der Jüngere (1752 - 1825) aufgefasst hatte. Neben der Penelope hingen eine Madonna und eine mütterliche Liebe, beide nach Raffael und von Marianne von Rohden, verh. Hummel. Eine Bildunterschrift stellte fest: Von Madame Hummel, der Gattin des hießigen talentvollen Malers Ludwig Hummel. Marianne wurde in Kassel geboren, sie war eine Schwester des in Rom verstorbenen Malers Johann Martin von Rohden (1778 – 1868). Um die napoleonische Jahrhundertwende gelangte sie als kurhessische Stipendiatin nach Paris und kopierte im Louvre den heißesten Scheiß ihrer Gegenwart.

Zur Besichtigung bot sich Reisenden ferner ein Schlosszimmer, welches sehr schöne Thierstücke in Lebensgröße von dem in diesem Fache vorzüglich geschickten Professor Range enthielt. Das hierauf folgende Kabinet (so schrieb man 1824) (war) mit Original=Zeichnungen in Sepia von Hackert, Anton Raphael Mengs und Nahl geziert, die von hohem Kunstwerthe waren.