Strenge Post
„Wozu soll ich mit meinen Gegnern zehn Runden Walzer tanzen, wenn ich sie in einer Runde K.O. schlagen kann?“ Rocky Marciano
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„Wie stets vor einem Krieg war die Atmosphäre fiebrig.“ Henry Miller
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„Das Labyrinth, die Gämse mit den goldenen Hörnern, der Gral … die Kirmes à la Brueghel … überirdische Transzendenz, symbiotische Neurose und auf einer öden Kieselfläche eine einsame Laubheuschnecke.“ Henry Miller
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Vor der „Arlésienne“ und der „Bahnunterführung“ von van Gogh, dem „Château Noir“ von Cézanne, die in meinem Zimmer hingen, stellte ich mich auf und sagte mir hundertmal vor, daß dies nun mein Eigentum sei, aber ich konnte es noch nicht glauben. Wie kam ich kleine Professorentochter, die eigentlich Klavierlehrerin werden sollte, zu all dieser Schönheit? Gewiß, es mußte ein Traum sein, aus dem ich eines Tages erwachen würde. Tilla Durieux
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„Er trug polnische Kleidung und das machte ihn mir fremd.“ Wanda Sacher-Masoch über die zweite persönliche Begegnung mit Leopold von Sacher-Masoch
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„Ich … musste mir Gewalt antun, um meine Vernunft zu behalten … und mich (Leopold von Sacher-Masoch nicht) … rückhaltlos hinzugeben. Ich tat es nicht, weil ich mir sagte, eine solche Hingabe würde ihm als das erscheinen, was sie wirklich gewesen wäre, ein Akt der Dankbarkeit, und das hätte in seinen Augen den Wert meines Besitzes und dadurch sein Glück verringert.“ Wanda von Sacher-Masoch
Um das Jahr 2000 im Frankfurter Nordend © Robert Schuler
Avanciertes Nähmädchen
Entschlossen, sich dem Ritter auf der Stelle „hinzugeben“, eilt Aurora R. (nach einem langen schriftlichen Anlauf) zur Wohnung ihres Brieffreundes und Wohltäters Leopold, den sie bis auf den Tod erkältet anzutreffen erwartet. Tatsächlich begegnet ihr L. in elegischer Aufgeschlossenheit. Ihn entzückt die juvenile Bravour der Besucherin. Revidieren muss er die Vorstellung, die ihm eine strenge Post eingab. Er hatte mit einer starken Dame gerechnet; mit einer angenehm furchteinflößenden Person.
Verbirgt L. eine gelinde Enttäuschung angesichts der reizenden Aurora? Wie sich einer Unerfahrenen vor die Füße werfen? Als Regisseur wäre L. um das Glück der Unterwerfung gebracht.
Aurora überspielt einiges. Sie verdankt L. das Ende prekärer Verhältnisse. Lange war sie gezwungen, Soldatenwäsche für kleines Geld zu flicken. Bald schildere ich den Passionsweg einer Nähmamsell. Aurora verschweigt das vergangene Elend. Im Augenblick lässt sie ihren hochwohlgeborenen, übrigens sträflich unvorsichtigen Gönner nach Kräften im Unklaren. Sie präsentiert sich als herkunftssouveräne Inhaberin bürgerlicher Spielräume.
Versäumte ich zu melden, dass meine Skizze die erste tageslichttaugliche Begegnung der beiden schildert? Aurora und L. haben sich zwar schon einmal getroffen, aber da erschien Aurora verschleiert und trist-verhüllt; so dass sich der sofort Entflammte kein Bild von der Unnahbaren machen konnte.
Die Konstellation war bizarr. Eine Freundin der Heldin, nennen wir sie Frau F., hatte aus schierem Mutwillen eine Korrespondenz mit L. angefangen. Der Ritter, nebenbei Sohn des Polizeichefs, überdies akademischer und belletristischer Schriftsteller von Format und Fortune, führt ein öffentliches, vorsätzlich indiskretes Leben. Seine sexuellen Präferenzen macht er zu Romangegenständen. Folglich weiß die Gesellschaft, wie L. gestrickt ist. Als liebe Brieffreundin entsprach Frau F. so lange seinen Vorlieben, bis familiäre Umstände sie dazu nötigten, den Verkehr einzustellen. Zu ihrer Sicherheit verlangte sie die Briefe zurück. L. erklärte sich einverstanden unter der Bedingung, ihr das Bündel persönlich überreichen zu dürfen. Frau F. bat Aurora sie bei der heiklen Transaktion zu vertreten. Aurora ließ sich breitschlagen.
L. rückte ihr sofort auf die Pelle. Er zog seine Flamboyant-Show ab. Es gelang ihm, die anonyme und vermummte Botin als Nachfolgerin von Frau F. zu engagieren.
„Ich ging ... darauf ein, doch nur, wenn er sich verpflichte, nie und auf keine Weise nach mir zu forschen, was er versprach. Er sagte, es wäre das Beste, wenn ich den Namen Wanda von Dunajew für die Adresse behalten würde.“
Bald mehr. Nur so viel vorab. L. verschafft Aurora lukrative Publikationsmöglichkeiten.
„Ich schrieb eine größere Novelle. Sie … brachte mir dreißig Gulden ein. Ich hörte auf Handschuhe zu nähen, und begann einen kleinen Roman. In drei Monaten war er beendet und ich erhielt dafür dreihundert Gulden.“