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2023-06-27 11:21:11, Jamal

„Diejenigen Deutschen aber, die als Geschäfts- und Lebemenschen bloß aufs Praktische gehen, schreiben am besten.“ Goethe 1824 im Gespräch mit Eckermann

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„Als nämlich die Schlegel anfingen bedeutend zu werden, war ich ihnen zu mächtig, und um mich zu balancieren, mussten sie sich nach einem Talent umsehen, das sie mir entgegenstellten. Ein solches fanden sie in Tieck, und damit er mir gegenüber in den Augen des Publikums genugsam bedeutend erscheine, so mussten sie mehr aus ihm machen, als er war. Dieses schadete unserm Verhältnis; denn Tieck kam dadurch zu mir, ohne es sich eigentlich bewusst zu werden, in eine schiefe Stellung.“ Goethe 1824 im Gespräch mit Eckermann

Frankfurt 2000 © Robert Schuler

Hochstapler:innen der Natur

Mimikry und Mimese: Gute Tarnung wirkt sich positiv auf den Fortpflanzungsbetrieb aus. Camouflage-Virtuos:innen konkurrieren mit Hochleistungsnachahmer:innen. „Die Hainschwebfliege ahmt mit ihrer gelb-schwarzen Färbung eine wehrhafte Wespe nach, um sich gegen Fressfeinde zu schützen. Sie selbst hat keinen Stachel und ist völlig harmlos. In Deutschland gibt es insgesamt etwa 450 Schwebfliegenarten.“ Quelle

Die Kombination Gelbschwarz lässt uns intuitiv zurückweichen, sagt Axel Buether. Harmlose Tiere nutzen solche Warneffekte. Große Flügelpunkte suggerieren aufgerissene Augen. Der Witz dabei: Fressfeinde fallen tatsächlich darauf herein.

Von der Mimikry zur Mimese

Wer zu schwach, zu langsam oder zu unflexibel ist, darf nicht erst flüchten müssen, sondern muss schon (vor jedem Angriff) geflohen sein. Eine totale Vulnerabilität erfordert die Minimierung der Angriffsflächen in Verstecken. Das Hochamt in dieser Kirche des Überlebens ist die Unsichtbarkeit bei voller Präsenz. Man sitzt da, kann vom Feind aber nicht wahrgenommen werden. Das passiert, wenn die Tarntracht mit ihrem Hintergrund verschmilzt. Dazu gehört „die hohe Kunst des Farbwechsels“. Menschen praktizieren den Farbwechsel mit ihrer Kleidung. Sie liefern ihrer Umwelt Aufstiegs- und Abstiegsmarken.

„Bei den Siegern von Hahnenkämpfen sorgen genetische Veränderungen in … kurzer Zeit für ein farbenprächtigeres Aussehen. Aus dem sub-dominanten wird ein dominanter Phänotyp.“

Die biologische Funktion von Schönheit

Schleicht sich eine Großkatze gegen den Wind an, auf ihrer Pirsch Sträucher und Unterholz als Deckung nutzend, bewirkt ein unregelmäßiges Fellmuster, dass die Gestalt in der Wahrnehmung des Opfers zerfällt. Umgekehrt bleibt die Erfassung des Opfers in den Jägerinnenaugen stabil. Folglich ist Jägerin, wer sich schwerer erkennen lässt.

Klimmzüge der Vergeblichkeit

Einfallslose und lebensblasse Laubenvögel bilden keine abgesonderten Kolonien der Bescheidenheit. Vielmehr suchen sie die Nähe von Meister:innen des dekorativen Nestbaus.

„Der Ideenklau ist keine menschliche Erfindung.“

Erfolgreiche Künstler:innen (unter den Laubenvögeln) paaren sich nach Belieben. Der Rest stirbt - nach ein paar Klimmzügen der Vergeblichkeit - aus. 

Leuchtende Farben, kreative Lösungen: darum dreht sich die Spindel. Die Genetikerinnen Eva Jablonka und Marion Lamb stellen fest:

„Evolution findet heute nicht mehr nur auf der genetischen, sondern ebenso auch auf der epigenetischen, der kulturellen und der symbolischen Ebene statt.“

„Jablonka und Lamb wollen die Vorstellung, dass jede erbliche Variation spontan und blind für irgendwelche Funktion entsteht, durch ein neues Konzept ersetzen. Es schließt erbliche epigenetische Veränderungen ein, die weiterverbreitet sind als man noch vor wenigen Jahren dachte; hinzu kommen die Weitergabe von Information durch Verhaltensweisen und die symbolgestützte Vererbung. Vier Dimensionen - sie beschreiben eine viel umfassendere und differenziertere Theorie der Evolution, bei der die natürliche Selektion nicht nur unter den Genen auswählt.“ Quelle

Farbheimat

Wir teilen mit den Schimpansen die „Farbheimat“. Gemeinsam lieben wir Licht und Luft vor einem grünen Hintergrund. 

„Mit dem Grün steigt die Lebensqualität.“

Grün ist die Farbe der Menschheit, rot die Farbe der Bekömmlichkeit. Färbt sich Fleisch grau, sinkt der Appetit des Carnivoren. Wir haben den Ekel im Blut. Er bewahrt uns vor toxischen Interventionen und Parasitenbefall. Das bemerkt Axel Buether.

„Farben sind die natürlichen Ratgeber für eine gesunde Ernährung.“

Farbbizarr

Warum erscheint die Natur so form- und farbbizarr? Was soll uns ein cyanblau gepunktetes Goldschuppenkleid sagen?

„Warum gibt es einen geleeartigen, zitronengelben Fisch, dessen Augenränder und Schwanzflossen neongrün leuchten?“

Das exklusive Schauspektrum liefert „Orientierung in sozialen Systemen“. Bei den Buntbarschen, die sich in 1700 Arten verzweigen, hängt der Fortpflanzungsbetrieb von der weiblichen Wahrnehmung (nach überkommenen Begriffen, vom weiblichen Schönheitssinn) ab. Die Richtigen sind nicht unbedingt die Schönsten, behauptet aber Buether im Geist der Fisher‘s Runaway Selection

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Die größten Bauwerke der Welt erschaffen Korallenpolypen. Sie betreiben Fotosynthese und beziehen Nährstoffe von mikroorganischen Nutznießer:innen ihrer Riffe. Hunderttausende Arten leben „auf engstem Raum in Freundschaft und Feindschaft zusammen“.

Diese Umwelt ist zu komplex, um sie allein mit Nahsinnen (Tasten, Riechen, Schmecken) bis zur Übersichtlichkeit in den Griff zu bekommen. In der verdichteten Unterschiedlichkeit bietet das Gehör nicht genug Filter, um im Spektrum zwischen Gefahr und Fortpflanzung „identifizierbare Geräuschmuster“ zu entwickeln. Denken Sie an die Akustik in einer überfüllten Wartehalle. In jedem Gewimmel sorgen allein prägnante Farben für eine effektive Unterscheidung.

„Farbe ist das leistungsfähigste Orientierungssystem der Natur.“

Mit dieser Ansage eröffnet Axel Buether einen Reigen spannender Erklärungen. „Buntheit“ beweist Biodiversität. Sie indiziert Vielfalt.  

Buether gliedert die Funktionen von Farben in sieben Kategorien: „Orientierung, Gesundheit, Warnung, Tarnung, Werbung, Status und Verständigung“.