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2018-12-08 11:30:08, Jamal Tuschick

Die Verdammten dieser Erde „Concerning Violence“ – Ein Film über afrikanische Bürgerrechtsbewegungen von Göran Hugo Olsson

„Concerning Violence“ illustriert Frantz Fanons Vermächtnis „Die Verdammten dieser Erde”. Die Musikerin Lauryn Hill spricht den Text: „Der Kolonialismus ist Gewalt in ihrem natürlichen Zustand, und er wird nur nachgeben, wenn man ihm mit noch größerer Gewalt begegnet.” Der Film erinnert daran, dass Dekolonisation kein europäisches Geschenk an Afrika war. Er zeigt den Kampf um Unabhängigkeit im Zeitraum von 1960 bis 1984. Die ersten Szenen deuten Afrika als Freizeitpark. Die herrschende Rasse golft. Sie schießt. Sie sonnt sich. Sie macht eine gute Figur auf Gartenfesten. Sie äußert sich abfällig über das Personal. Sie spricht vom „Kaffer”. Sie ist durchdrungen von ihrer Überlegenheit und ihrer Sendung: Wenn wir gehen, geht der Kontinent in die Knie.

Joshua Kwesi Aikins analysierte den Film.

Concerning Violence, Schweden 2014. Regie: Göran Hugo Olsson

Die Aufnahmen stammen aus schwedischen Archiven. 1974 besuchten Reporter die „Volksbewegung zur Befreiung Angolas” (MPLA) im Dschungel. Sie dokumentierten Vorbereitungen eines Angriffs mit Bazookas auf einen portugiesischen Stützpunkt. Der Film malt die TV-Konserve mit Leuchtspur-Impressionismus an. Dazu Lauryn Hill aus dem Off:

„National liberation, national renaissance, the restoration of nationhood to the people, commonwealth: whatever may be the headings used or the new formulas introduced, decolonization is always a violent phenomenon.”

„Concerning Violence” reiht Revolutions- und Emanzipations-Artefakte auf. Der Film präsentiert den jungen Robert Mugabe, Kombattanten der Frelimo in Mozambique und Aktivisten einer Unabhängigkeitsbewegung in Guinea-Bissau. Vorgeführt werden schwedische Missionare in Tansania, die glauben, der Bau einer Kirche sei dringender als ein Krankenhaus. Man sieht, wie ein Minenarbeiterstreik in Liberia gebrochen wird. Die Streikführer werden mit ihren Familien im Busch ausgesetzt. Die Mine ist eine schwedische Unternehmung, der Reporter fragt, wie wäre man in Schweden gegen Streikende vorgegangen. Im Gespräch nach dem Film sagt der Politikwissenschaftler Joshua Kwesi Aikins: „Die nordischen Nationen neigen dazu, sich als die Guten zu imaginieren.”

Heiner Müller sagt, der Skandal des Holocausts bestand darin, dass er in Europa stattfand. Die organisierte Vernichtung von Menschen in der Dritten Welt sei eine europäische Selbstverständlichkeit. Auch die europäische Kultur hat Wurzeln im Sklavenhandel, insofern die daraus geschöpften Vermögen es dem Bürgertum gestatteten, den Adel in Gönnerrollen zu wiederholen. Joshua Kwesi Aikins stellt Goethe in einen Zusammenhang von Kultur und Sklavenhandel. Goethes italienische Reise sei von der Frankfurter Privatbank Bethmann finanziert worden, die vom Sklavenhandel profitiert habe.

Fanon:

„The town belonging to the colonized people, or at least the native town, the Negro village, the medina, the reservation, is a place of ill fame, peopled by men of evil repute. They are born there, it matters little where or how; they die there, it matters not where, nor how. It is a world without spaciousness; men live there on top of each other, and their huts are built one on top of the other. The native town is a hungry town, starved of bread, of meat, of shoes, of coal, of light. The native town is a crouching village, a town on its knees, a town wallowing in the mire. It is a town of niggers and dirty Arabs.”