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2023-08-10 08:54:53, Jamal

„Ich halte es für eine Illusion, nach diesem Krieg von einem veränderten Gesellschaftszustand (in Deutschland) gegenüber 1933 zu sprechen.“ Bertolt Brecht 1947 

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„Ein Mann geht, leicht angeschlagen, in ein Geschäft und kommt, schwerkrank, als Besitzer eines Autos heraus.“ Bertolt Brecht über amerikanische Verkaufsmethoden, an denen sich das Theater schulen müsse.

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Naja, you know, the price gets nervous and then you either buy or sell. … Singer

Der Dramatiker frequentierte einen von ihm als Kornfritze‘ bezeichneten und als Dr. Singer rubrizierten Börsenexperten im Zuge einer Recherche zu dem Fragment gebliebenen, Weizenspekulationen an der Chicagoer Warenterminbörse thematisierenden Drama „Jae Fleischhacker in Chikago“.

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„Arbeiten von Leuten wie zum Beispiel Ibsen und Strindberg sind immer noch wichtige historische Dokumente, doch sie bewegen niemanden mehr, ein moderner Zuschauer kann nämlich gar nichts aus ihnen lernen.“ BB im dänischen Exil

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„Gegnerschaft war die Motivation für seine besten Arbeiten.“ Heiner Müller über Bertolt Brecht

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Sehen Sie auch hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier.

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„Der Erfolg setzt ein, wenn die Wirkung vorbei ist.“ HM

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„Es ist doch verteufelt verlockend, zu Euch nach Capri zu kommen! Sie haben das so schön ausgemalt, dass ich mich, bei Gott, unbedingt auf den Weg machen werde …“ Lenin 1908 an Gorki

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„Ruhige Menschen sind eine große Kraft.“ Maxim Gorki

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„Im Kloster selbst herrschte Schrecken und Verwirrung. Fenster und Türen waren verbarrikadiert, und man war allgemein dabei, durch Abbeten von Rosenkränzen, Singen heiliger Lieder und Brennen geweihter Kerzen die Gefahr eines Überfalls der Revolutionäre abzuwenden.“ So erinnert Wanda von Sacher-Masoch in ihrer „Lebensbeichte“ einen steilen Moment ihrer Schulzeit im Jahr 1848.

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„Mutter Courage ist schuld am Tod von all ihren Kindern. Man darf nicht zu viel Mitleid mit ihr haben.“ Helene Weigel 1954

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Einmal wollte Brecht echte Arbeiter auf die Bühne bringen. Er sagte der Gewerkschaft Bescheid. Die Gewerkschaft schickte Arbeiter, mit denen Brecht arbeitete. Um anderen Arbeitern die Arbeiterschauspieler nicht vorzuenthalten, kaufte die Gewerkschaft das Premierenkontingent auf und verteilte die Karten. Die Kollegen steckten die Karten ein und verzogen sich in ihre Kneipen. Die Arbeiter auf der Bühne spielten vor einem leeren Saal. Nach einer Brechtschote von Heiner Müller

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Bedenke das Dunkel und die große Kälte. / In diesem Tale, das von Jammer schallt. BB, „Die Dreigroschenoper“

Radikal modern

Radikal modern irrte Carl Schurz (1829 - 1906), als er glaubte, die Revolution folge seiner Leidenschaft auf dem Fuß. Das republikanische Desaster von 1848 trägt auch die Unterschrift eines Mannes, dessen Unternehmungsgeist die Trägheit des Volkes monumental kontrastierte. Der jugendliche Heißsporn Schurz unterschätzte die Macht der Fürst:innen, die aus einer tradierten Gewaltausübungsbereitschaft nicht zuletzt kam.  

Militantes Lernen

Brecht begriff die Bauernkriege als das größte deutsche Unglück. Sie kamen zu früh und forderten einen den nachkommenden Widerstand ermahnenden Blutzoll. Das volkstümliche Aufbegehren als historische Konstante erholte sich in Jahrhunderten nicht von dem apokalyptischen Sensenwerk der gepanzerten Reiter, die zu keinem anderen Behuf geformt worden waren, als einem Fürstenwillen Geltung zu verschaffen. Auf der einen Seite hatte man die Jahrhunderte in Unfreiheitsübungen tradierte Angst und auf der anderen Seite den trainierten Mutwillen von Leuten, die zum Krieg erzogen wurden. Die Praxis überstand das Scheitern der Bauern unbeschadet.

Als es 1848 wieder einmal so weit zu sein schien, war die Revolution keine bäurische, sondern eine bürgerliche Angelegenheit. Es ging um eine standesbewusste Emanzipation. Dafür steht Carl Schurz bis heute.

1852 wanderte Schurz als in Preußen steckbrieflich gesuchter Revolutionär ein ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Der Forty-Eighter reüssierte als amerikanischer Senator.

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„Die Sowjetunion ist ein wunderbares Land für Lyriker. Die historisch berichtende Lyrik tritt noch (zu wenig) in den Vordergrund. In jeder Metrostation sollte in Stein (gemeißelt) ein literarischer Bericht über die Geschichte des Baues und über seine Helden zu lesen sein.“ BB 1935

Brecht feiert Charlie Chaplin. Er verdammt Poul Reumert und Emil Jannings. Brechts Rigorismus will mit amerikanischen Methoden marxistisches Theater machen. Der Dramatiker drängt und stürmt als Exilant in einem dänischen Fischerdorf auf der Insel Fyn.

„Die Insel Fyn (auf Deutsch: Fünen) liegt mitten in der Dänischen Ostsee und wird auch der grüne Garten des Königreichs genannt.“ Quelle

Bertolt Brecht, „Unsere Hoffnung heute ist die Krise“, Interviews, herausgegeben von Noah Willumsen, Suhrkamp, 35,-

Das Theater könne, so Brecht, mit seinen Kräften die Prozesse der Gegenwart kaum abbilden. Brecht experimentiert so furios wie zähneknirschend mit einem überlebten Medium. Er beschwört den Fortschritt und sucht Formeln zur Verbreitung von Zukunftsinformationen in seinem Metier. Niemand dürfe die US-PR-Strategien ignorieren. Das Theater müsse zur Reklame-Avantgarde aufschließen. Das teilt der Exilant der dänischen Journalistin Luth Otto mit. Ottos Artikel erscheint am 20. März 1934 in dem Boulevardperiodikum Ekstrabladet.dk/. Morgen mehr. 

Aus der Ankündigung

»Unsere Hoffnung heute ist die Krise« Interviews 1926-1956

Bertolt Brecht besaß die Gabe, wie ein Zeitgenosse einmal bemerkte, in einem »Gespräch mit präzisen, drastischen Formulierungen« zu brillieren. Wie bekämpft man die Dummheit? Ist deutsche Kultur möglich? Gehört George Orwell an die Wand gestellt? Egal welche Fragen man an Brecht hat: In diesem Buch findet man seine überraschenden Antworten.  In 75 hier erstmals versammelten, größtenteils unbekannten Interviews, die sich über 15 Länder und eine ganze Karriere erstrecken, zeigt sich der große Klassiker der Moderne als wortmächtiger Medienkünstler. Sie rücken sein Werk nicht nur in ein neues Licht - sie bilden einen unkartierten Teil dieses Werkes selber.

Zum Autor

Bertolt Brecht wurde am 10. Februar 1898 in Augsburg geboren und starb am 14. August 1956 in Berlin. Von 1917 bis 1918 studierte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München Naturwissenschaften, Medizin und Literatur. Sein Studium musste er allerdings bereits im Jahr 1918 unterbrechen, da er in einem Augsburger Lazarett als Sanitätssoldat eingesetzt wurde. Bereits während seines Studiums begann Brecht Theaterstücke zu schreiben. Ab 1922 arbeitete er als Dramaturg an den Münchener Kammerspielen. Von 1924 bis 1926 war er Regisseur an Max Reinhardts Deutschem Theater in Berlin. 1933 verließ Brecht mit seiner Familie und Freunden Berlin und flüchtete über Prag, Wien und Zürich nach Dänemark, später nach Schweden, Finnland und in die USA. Neben Dramen schrieb Brecht auch Beiträge für mehrere Emigrantenzeitschriften in Prag, Paris und Amsterdam. 1948 kehrte er aus dem Exil nach Berlin zurück, wo er bis zu seinem Tod als Autor und Regisseur tätig war.