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2023-08-12 08:14:37, Jamal

„Das Sowjetleben zeigt das Resultat, das Ungeheure der ständigen Massenleistungen. Ich sah am 1. Mai (1935) den Triumph über die Schwierigkeiten, die die Umgestaltung einer neuen Welt bringt. Den Triumph, dass man jene Schwierigkeiten hier nicht kennt, unter denen die ganze übrige Welt leidet und die sie nicht überwinden kann.“ Bertolt Brecht

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„Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben.“ André Gide 

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„Ich war mit siebzehn so wenig auf das Leben vorbereitet, als hätte ich meine Kindheit als Ziegenhirtin in den Bergen verbracht. Ich neigte zu Naturbetrachtungen und durchstreifte Feld und Wald.“ Hilary Mantel

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„Sie kommen dem Gegner entgegen, indem Sie vor ihm zurückweichen.“ Meister Tung

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„If the doors of perception were cleansed everything would appear to man as it is, Infinite. For man has closed himself up, till he sees all things thro’ narrow chinks of his cavern“. William Blake

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„Antike Rituale zu verstehen, ist … ungefähr so, als wollte man als Taubstummer Klavierspielen lernen.“ Gabriel Zuchtriegel

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„Es gibt … Bevölkerungsschichten, die ein ungeheuer praktisches Interesse am Lernen haben, aber unzufrieden mit den aktuellen Bedingungen sind. Die sind die besten und eifrigsten Lernenden. Die Wissbegierde hängt also von mehreren Faktoren ab – aber es gibt bei all dem ein Lernen voller Freude, voller Spaß, ein militantes Lernen. Wenn es kein solches unterhaltsames Lernen gäbe, dann könnte das ganze Theater nicht lehren.“ BB

Das Theater als Kultstätte

Der feuilletonistisch versierte Kulturbeamte, Brieffreund bedeutender Menschen und Dramaturg Egon Vietta träumt von der Revitalisierung einer antiken Idee. In der Frühphase der Adenauerära will er die Bühne wieder zum Schauplatz des Kultischen machen. Vietta verdammt das Subventionstheaters als bloße „Funktion im öffentlichen Haushalt“ (Quelle). In einem am 19. Oktober 1948 unter dem Titel „Bert Brecht am Zürichsee“ in der „Welt“ erschienenen Artikel rühmt er Brechts bühnentheoretische Übersicht. Zugleich behauptet er, der vor westdeutschen Türen vergeblich Einlass Begehrende* habe nichts zu sagen. Vietta verwirft, worauf sich Brecht beruft. Der Kulturvehemente bezeichnet den Historischen Materialismus als „Rationalismus von vorgestern“, während er den bedeutendsten deutschen Dramatiker des 20. Jahrhunderts „rechthaberisch“ findet. „(Es) tritt die doktrinäre Gelehrsamkeit zutage, die eine einzigartige dichterische Potenz stützt.“  

*Re-Emigrant Brecht steckt in der Klemme. Die amerikanischen Behörden sind nicht bereit, ihm „ein Einreisevisum für ihre Besatzungszone auszustellen“. Brecht kriegt auch kein US-Wiedereinreisevisum. Wegen des McCarthyismus gibt es für ihn kein Zurück ins überseeische Exil.

Bertolt Brecht, „Unsere Hoffnung heute ist die Krise“, Interviews, herausgegeben von Noah Willumsen, Suhrkamp, 35,-

Brecht verkneift sich eine Menge. Wie prekär die Lage für ihn ist, beweist, dass er beim ersten Besuch in Ostberlin eine Gewährsperson benennt. Der Leumund könne bestätigen, dass Brecht sich in der sowjetisch besetzten Zone weder im Rundfunk noch sonst wo politisch geäußert habe. Das ist schwierig, da die Parteiführung von dem Weltberühmten vor allem eine Aufwertung ihrer Ideologie und ihres Territoriums erwartet. Journalist:innen belagern einen vielfach Bedrängten.  

„(Brecht) hatte mit Johannes R. Becher, dem Gründer und Präsidenten des Kulturbundes, ‚ausgemacht, dass ich nichts sagen muss‘.“

In dem am 24. Oktober 1948 in der „Berliner Zeitung“ veröffentlichten Artikel „Erst sehen, dann sprechen. Brechts Ankunft und erster Tag in Berlin“ resümiert Lieselotte Thoms:

„(Brecht) kommt nicht ohne Pläne. Theoretische und praktische Arbeiten bringt er mit, um sie hier zu verwerten oder zu vollenden. Das Neue, das er uns zu geben hat, wird sichtbar werden, wenn er den Nutzen erkannt und abgewogen hat.“ Morgen mehr.

Aus der Ankündigung

»Unsere Hoffnung heute ist die Krise« Interviews 1926-1956

Bertolt Brecht besaß die Gabe, wie ein Zeitgenosse einmal bemerkte, in einem »Gespräch mit präzisen, drastischen Formulierungen« zu brillieren. Wie bekämpft man die Dummheit? Ist deutsche Kultur möglich? Gehört George Orwell an die Wand gestellt? Egal welche Fragen man an Brecht hat: In diesem Buch findet man seine überraschenden Antworten.  In 75 hier erstmals versammelten, größtenteils unbekannten Interviews, die sich über 15 Länder und eine ganze Karriere erstrecken, zeigt sich der große Klassiker der Moderne als wortmächtiger Medienkünstler. Sie rücken sein Werk nicht nur in ein neues Licht - sie bilden einen unkartierten Teil dieses Werkes selber.

Zum Autor

Bertolt Brecht wurde am 10. Februar 1898 in Augsburg geboren und starb am 14. August 1956 in Berlin. Von 1917 bis 1918 studierte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München Naturwissenschaften, Medizin und Literatur. Sein Studium musste er allerdings bereits im Jahr 1918 unterbrechen, da er in einem Augsburger Lazarett als Sanitätssoldat eingesetzt wurde. Bereits während seines Studiums begann Brecht Theaterstücke zu schreiben. Ab 1922 arbeitete er als Dramaturg an den Münchener Kammerspielen. Von 1924 bis 1926 war er Regisseur an Max Reinhardts Deutschem Theater in Berlin. 1933 verließ Brecht mit seiner Familie und Freunden Berlin und flüchtete über Prag, Wien und Zürich nach Dänemark, später nach Schweden, Finnland und in die USA. Neben Dramen schrieb Brecht auch Beiträge für mehrere Emigrantenzeitschriften in Prag, Paris und Amsterdam. 1948 kehrte er aus dem Exil nach Berlin zurück, wo er bis zu seinem Tod als Autor und Regisseur tätig war.