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2023-08-29 09:09:59, Jamal

„In den Illusionen der Liebenden ist oft eine tiefere Wahrheit enthalten als im Naserümpfen der Gleichgültigen.“ Klara Blum

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„Bevor einer nicht in Amt und Würden sitzt, ist er kein wahrer Gauner.“ Klara Blum

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„Ihre Lage (die Lage Schwarzer Menschen in Frankreich) erinnert mich an die einstige Lage der mitteleuropäischen Juden in meinen Kinderjahren, als der Antisemitismus noch Glacéhandschuhe trug.“ Klara Blum

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„Wir werden Menschen sein. Wir werden es sein, oder die Welt wird dem Erdboden gleichgemacht bei unserem Versuch, es zu werden.“ Eldridge Cleaver  

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„Du musst es mir nicht übelnehmen, lieber Bruder, dass ich Dir schon wieder schreibe, - es geschieht nur, um Dir zu sagen, dass das Malen mir ein so ganz besonderes Vergnügen macht.“ Vincent van Gogh

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„Eine jede neue Zeit ist … dunkel und widerwärtig.“ Bertolt Brecht

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„Sie hatten einander Besseres … zu bieten als die Lust der Herrschaft und die Lust der Unterwerfung.“ Klara Blum 

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„Ich sehne mich nach Kampf … Zhou En-lai hat Angst um mein Leben … Es sei ein Fehler, mich bei Partisaneneinsätzen zu verwenden. Partisanenaktionen können auch Analphabeten durchführen. Ich aber soll dem Volk mit meinen Talenten dienen.“ Klara Blum

Revolutionäre Romanze

Knall auf Fall verliebt sich die in Drohobytsch (im Roman Drohobycz) geborene, aus Wien nach Moskau emigrierte, politisch engagierte Schriftstellerin Hanna Samoilowna Bilkes in den Shanghaier Revolutionär und Theaterregisseur Tschang Nju-Lang. Der konspirative KPCh-Kader wurde in die kommunistische Welthauptstadt delegiert. Am Vorabend des II. Weltkriegs erleben sich Hanna und Nju-Lang als ideales Paar, vereint nicht zuletzt in der Freude an chinesischen Märchen.

Klara Blum, „Der Hirte und die Weberin“, Roman, mit einem Essay der Herausgeberin Julia Franck, Die Andere Bibliothek, 48,-  

Das Glück kennt keine Dauer. Von einem Tag auf den nächsten ist Nju-Lang für Hanna nicht mehr erreichbar. Zudem steht Hanna im Zentrum einer antisemitisch grundierten Intrige. Ein hoher Funktionär hat sie auf dem Kieker. Freund:innen und Kolleg:innen ziehen sich vor ihr zurück. Aufträge bleiben aus.

Hanna spricht den Geliebten in ihrem Tagebuch an. Auch er teilt sich ihr so mit. Während sie in Moskau bleibt, dient er der Sache in Yenan und vorübergehend auch in der chinesischen „Kriegshauptstadt“ Chongqing. Dahin zieht sich die Regierung der Republik China im Japanisch-Chinesischen Krieg zurück.

Nju-Lang resoniert über das schwierige, von Animositäten überschattete Bündnis zwischen Chiang Kai-shek und Mao Zedong im Rahmen der Zweiten Einheitsfront. Die Genoss:innen errichten eine Universität im Untergrund. Nju-Lang bildet Wanderschauspieler:innen aus.

„Unsere Hörsäle sind Erdhöhlen.“

Die Japaner werfen amerikanische Bomben. Nju-Lang vergisst nicht, die „hübsche(n) Riesenprofite … (der) weißen Geschäftsherren“ zu erwähnen. Ihm obliegt es japanische Gefangene „umzuerziehen“. Sein liebster Gesprächspartner ist „ein Sohn der Hocharistokratie“.  

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Nju-Lanh hofft, dass Hanna sein „Schweigen versteht“. Hanna weiß: „In den Illusionen der Liebenden ist oft eine tiefere Wahrheit enthalten als im Naserümpfen der Gleichgültigen … In der Menschheit … sind Möglichkeiten verborgen … die niemand ohne Liebe erraten kann.“

Die Liebende will ihre Illusionen „zur Wirklichkeit machen“. „Ungesund und exaltiert“ finden Freund:innen Hannas Weigerung, aus ihrem Schneckenhaus herauszukommen und dem Schmalhans des Verzichts Ade zu sagen.  

Inzwischen herrscht beinah überall auf der Welt Krieg. Hanna meldet sich freiwillig an die Front. Doch lässt man sie nicht. Erstaunt registriert sie ihre Furchtlosigkeit bei allen Bürger:innendiensten.

Von Westen drängt die Wehrmacht, in Moskau herrscht der Stalinismus. Die stets glühende Hanna vermeidet deutliche Kritik am rigiden Regime. Der Kampf gegen Hitler erlaubt nichts außer Geschlossenheit. Auch sonst bleibt Hanna eine sympathische Figur im Schema des sozialistischen Realismus.  

Durchhaltevermögen und eine schöne Unverdrossenheit bestimmen Hannas Wesen. Zweifellos dient Hanna als Alter Ego der Autorin. Ab 1945 bemühte sich die Schriftstellerin um eine Passage de l’amour. Auf der Suche nach einem chinesischen Konsulat klapperte sie europäische Hauptstädte ab. Die Lebensbedingungen der staatenlos Versprengten waren erbärmlich. Trotzdem blühte ihrem literarischen Ich noch „die blaue Blume der Romantik“, während die leidenschaftliche Kommunistin sich in Acht nehmen musste; der Kalte Krieg war längst in Gang gekommen. Nach einer Odyssee via Prag und Paris erreichte Blum 1947 Shanghai. Sie etablierte sich als Hochschullehrerin und nahm 1954 die chinesische Staatsbürgerschaft an.

Aus der Ankündigung

Der einzige vollendete Roman einer der großen deutsch-jüdischen Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts

Eine jüdische Schriftstellerin aus der Bukowina und ein kommunistischer Theaterregisseur aus China: Im Moskauer Exil der 1930er Jahre lernen sie sich kennen und lieben. Aber nur drei Monate sind sie zusammen, dann verschwindet er spurlos, und die Zurückgebliebene macht sich auf die Suche. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs führt sie die Spur ins vom Bürgerkrieg zerrüttete China. In einer Hütte begegnen sich die beiden nach elf Jahren wieder und verbringen die Nacht miteinander. Doch was wiegt schwerer, das persönliche Glück oder die gesellschaftliche Aufgabe, der sie sich verschrieben haben? Im Spiegel der chinesischen Legende vom Hirten und der Weberin erzählt Klara Blum, die große Unbekannte und Außenseiterin der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts, eine kämpferische Liebes- und Lebensgeschichte, die auch ihre eigene ist. 

»Ein erstaunliches Buch: die Verbindung von revolutionärem Elan, Ironie, Erzählfreude, humorvoller Ost-West-Pastichekunst mit Tendenzen zur Selbststilisierung.« Sandra Richter