„Ich habe mir … (eine internationale Karriere) ermöglichen wollen und habe alles versucht, was in meiner Macht steht. Es ging nicht darum, ob es funktioniert oder nicht. Ich wollte aber nicht später dasitzen und mir Vorwürfe machen, dass ich mich nicht getraut hätte.“  Thomas Kretschmann im Interview mit der Sächsischen Zeitung, Quelle

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„Fast ein halbes Jahrtausend bevor in der kognitiven Psychologie das Konzept des kontrafaktischen Denkens aufkam, begriff Montaigne, dass uns die Gedanken an die Gefahr viel stärker belasten als die Gefahr selbst.“ „Burn On: Immer kurz vorm Burn Out. Das unerkannte Leiden und was dagegen hilft“, Bert te Wildt, Timo Schiele

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„Durch diese schöne Anstrengung mit sich selbst bekannt gemacht, hob sie sich plötzlich, wie an ihrer eigenen Hand, aus der ganzen Tiefe, in welche das Schicksal sie herabgestürzt hatte, empor.“ Heinrich von Kleist, „Die Marquise von O...“

Der Enkelprinz

Doris und Raimund kennen sich aus Poona. Sie hätten sich auch beim Kraichgauer Weinfest über den Weg laufen können. Raimund stammt aus Knittlingen (der Geburtsstadt des Magiers Johann Georg Faust). Doris wurde im Kreiskrankenhaus Mühlacker geboren. Siebzehn Autofahrminuten verstreichen zwischen den Städten, wenn man sich an die Straßenverkehrsordnung hält.

Die gemeinsame Heimat war ein Argument in Indien. Zuhause zieht es nicht mehr. Auch die von dem Ashram-Heiligen Bhagwan (später Osho) gepredigte Göttlichkeit der Sexualität, Stichwort From Sex to Superconsciousness, verliert in dem umgebauten Stallschober, den sich Doris und Raimund mit einer Fledermauskolonie und noch viel mehr nachtaktiven Geschöpfen teilen, ihre kosmische Dimension.    Navin schläft als Thronfolger und Enkelprinz im Haus seiner Großeltern.

Der Steinbrecher-Kodex - Eine Szene aus dem ewigen Sommer Neunzehnhundertneunundneunzig

Navin raucht und trinkt nicht. Unnormal für einen Jungen in dem Alter findet das seine von jeher suchtfreie, verquer romantische Lieblingstante. Jungs sollten nicht so vernünftig sein, bis der Ernst des Lebens sie am Wickel kriegt. Die siegreiche Turnierreiterin Veronika, stolz geborene Steinbrecher, vorteilhaft verheiratete Yıldız, brachte dem vormals konkurrenzlos goldigen Sohn ihrer Schwester Doris das Reiten bei. Sie bewirtet den nun normalbrünstig pubertierenden Neffen mit einem Vanilleeisshake auf ihrer Terrasse.

Sie hat Navin in eine Wahrnehmungsfalle gelockt. Perceptual trap. Veronika trägt ein Kleid ihrer Tochter Alissa, kurz Issa. Die Intrigantin präsentiert sich mit einem französisch geflochtenen Zopf, so wie er gerade bei der Enzkreis-Landjugend en vogue ist. Es gab eine Verabredung, die von Veronika torpediert wurde.

Kompetente Tante

Navin erwartete von Issa empfangen zu werden. In einem Augenblick sahen sich Mutter und Tochter zum Verwechseln ähnlich. Navin stutzte, zeigte aber keine Enttäuschung.

Issa und Navin verbindet die Zweifelhaftigkeit, keine vorzeigbaren Väter zu haben. In der Steinbrecher-Sphäre sind ihre Erzeuger nie in Erscheinung getreten. Issas biologischer Vater kommt in Veronikas Familiengeschichte nicht vor. Ein greiser Guru, der im Weiteren die Höflichkeit besaß, noch vor Navins Geburt die Bühne zu räumen, zeugte den Kronprinzen der Steinbrecher-Dynastie.

Navins athletische Gegenwart erfrischt die Hausherrin. Veronika achtet auf ihre Linie. Sie beschränkt sich darauf, im Augenblick zu schwelgen. Der Augenblick hat nämlich keine Kalorien. Die Erinnerung an wilde Nächte auch nicht. Mehr als zwei, drei waren es gewiss nicht. Als ehrgeizigste und gehorsamste Tochter des rossnärrischen, kaum alphabetisierten Selfmade-Millionärs Anton Steinbrecher folgte sie von morgens bis abends einem Stundenplan. Die Steinbrecher-Kodex-Kurzform bestand aus vier S. S wie Sport, Stall, Schule, Studium.