„Auf jede Überforderung hin suchen Menschen nach einer Erzählung.“ Alexander Kluge
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„Weil das geklappt hat, denkt man, es ist perfekt gewesen. In Wirklichkeit war das eine improvisierte Angelegenheit.“ Stefan Aust über die Ermordung der Begleiter von Hanns Martin Schleyer „in einem Blutrausch“.
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Sehen Sie auch hier. Und hier. Und hier.
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„Die Zeitgeschichte ist ein eigenwilliger und fantasiereicher Erzähler.“ Alexander Kluge
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„Der Terrorismus kam … mitten aus dem Zentrum (der Studentenbewegung).“ Stefan Aust
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Bereits im Winter 1991, Gorbatschow saß noch im Kreml, fing er an, seine Memoiren zu schreiben. Er machte sich Notizen wie ein Journalist, der einen Politiker beobachtet.
„Da wussten wir (Höflinge): es ist aus.“ Aus Alexander Kluge/Gerhard Richter, „Dezember“
Nachrichten in Echtzeit
„Die Geschichte ist ein Albtraum, aus dem ich zu erwachen suche.“
James Joyce schreibt diesen leicht pompösen Ennui-Schnörkel seinem Alter Ego Stephen Dedalus im „Ulysses“ zu. Im apokalyptischen Jetzt der Gleichzeitigkeit von Ereignis & Information unterhalten sich die Publizisten Alexander Kluge und Stefan Aust über alles Mögliche. Sie beanspruchen für sich „Sachlichkeit und Einfühlung“.
Stefan Aust, Alexander Kluge, „Befreit die Tatsachen von der menschlichen Gleichgültigkeit, Gespräche und Projekte“, 335 Seiten, Piper, 24,-
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„Das Wesentliche im Universum ist nicht das Organische, sondern die Information.“ Heiner Müller
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„Optimismus ist nur ein Mangel an Information.“ HM
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„Information ist Information, weder Materie noch Energie.“ Norbert Wiener
Kluge und Aust äußern sich zu Kennedys Ermordung, der Kubakrise, der Kanzlerkandidatur von Franz Josef Strauß …
„Als Filmcharakter gefiel uns Franz Josef Strauß gut. Als Bundeskanzler fanden wir ihn unpassend“ …
des Todes von Benno Ohnesorg, dessen Umstände - aller Evidenz zum Trotz - vor Zufälligkeit strotzen; „Erst Jahrzehnte später kam eher zufällig … heraus, dass der Täter, der Westberliner Polizeibeamte Kurras, im Nebenberuf Agent des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR war“ …
den mörderischen Mätzchen der RAF …
„Die Absicht der RAF war, einen militärischen Status zu bekommen, sich als Kriegsgefangene zu sehen … es war ein Fehler, dass man … die Kontaktsperre durchgesetzt hat … Gudrun Ensslin gab den einsitzenden Genoss:innen Namen aus Herman Melvilles „Moby Dick“. Sie zitierte: „Und sollte von Geburt an oder durch besondere Umstände hervorgerufen tief auf dem Grunde seiner Natur etwas Krankhaftes sein eigensinnig grillenhaftes Wesen treiben, so tut das seinem dramatischen Charakter nicht den geringsten Eintrag. Alle tragische Größe beruht auf einem Bruch in der gesunden Natur, des kannst du gewiss sein.“
Den grüblerischen von Zweifeln angenagten, sich selbst aufreibenden, in einem Treuegefängnis zusätzlich festsitzenden Holger Meins taufte sie Starbuck nach dem Steuermann auf dem Walfänger „Pequod“. Melville charakterisierte den qualifizierten Seefahrer so: „Starbucks Leib und Starbucks unterjochter Wille gehörten Ahab, solange Ahab die magnetische Kraft seines Geistes auf Starbucks Hirn ausstrahlen ließ; allein ihm war bewusst, dass der Steuermann trotz allem den Kriegszug seines Kapitäns in tiefster Seele verabscheute.“ …
der deutschen Revolution von 1989 …
Georg Mascolo unterhält sich mit Thomas Combrink über diese Ereignisse. Mascolo lässt sich so ein: „Wir haben damals in bester Tradition von Spiegel TV versucht, das zu filmen, was andere nicht filmen … (Die Szenen an der Bornholmer Straße waren) das Finale einer Revolution, die in unserer Kultur und in unserer Sprache stattgefunden hat“ …
die Nuklearkatastrophe von Fukushima …
„Wenn der Wind über Fukushima im entscheidenden Moment nach Süden gedreht hätte und der Atomsmog nach Tokio geweht worden wäre, hätte man nicht gewusst, wie man eine Riesenstadt von 37 Millionen Einwohnern evakuiert“ …
und der Covid-Pandemie …
„Wir selbst waren Viren vor 3,5 Millionen Jahren.“
Morgen mehr.
Aus der Ankündigung
Wenn in Deutschland zwei Menschen eine spannende Bilanz ziehen können, dann sind das Stefan Aust und Alexander Kluge. Der Journalist und der Filmemacher kennen sich seit über 40 Jahren, seit der Zusammenarbeit am Film „Der Kandidat“. Von da an entstanden und entstehen immer wieder neue Unternehmungen, anregende Gespräche und tiefgründige Analysen. In ihrem neuesten gemeinsamen Projekt gewähren Aust und Kluge Einblick in ihre Werkstätten. Von der Vergangenheit bis in die Zukunft, von bewältigten Krisen zu aktuellen Herausforderungen wird hier ein Debattenbeitrag geboten, der zum Denken anregt.
Zu den Autoren
Stefan Aust, geboren 1946, ist einer der bekanntesten Journalisten Deutschlands. Er begann bei der Zeitschrift konkret und arbeitete dann viele Jahre bei Panorama, wo sein Bericht über ein verschwiegenes Todesurteil, das der Marinerichter Filbinger im Zweiten Weltkrieg gefällt hatte, zu dessen Rücktritt als Ministerpräsident führte. Er gründete Spiegel TV und war 12 Jahre lang Chefredakteur des Spiegel, später Mitinhaber des Fernsehsenders N24 und Herausgeber der Welt. Er ist Autor zahlreicher Dokumentationen und Bücher. Sein Buch Der Baader-Meinhof-Komplex, erstmals 1985 erschienen, gilt als „Klassiker“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung).
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Alexander Kluge, geboren 1932 in Halberstadt, ist Jurist, Autor, Filme- und Ausstellungsmacher; aber: „Mein Hauptwerk sind meine Bücher.“ Für sein Werk erhielt er viele Preise, darunter den Georg-Büchner-Preis und den Theodor-W.-Adorno-Preis, den Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf und 2019 den Klopstock-Preis der Stadt Halberstadt.