Das japanische Excalibur heißt Grasmäher
„Die Götter lügen mitunter.“ Aus der japanischen Mythologie; zitiert nach Paul Adler
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Im archaischen Gründungsmythos des japanischen Kaiserreichs taucht ein Motiv auf, dass wir auch aus anderen Kulturkreisen kennen. Ein überragender Krieger verkleidet sich als Sexarbeiterin. So getarnt, gelangt er in die Nähe räuberischer Aufständischer. Er tötet den Anführer mit einem Schwert namens ‚Grasmäher‘.
„Und als ... (der Rebellenfürst) noch kaum ausgeredet hatte, spaltete ... (der kaisertreue Recke) ihn entzwei wie eine reife Melone.“
Romanes et Circenses
In seiner Geschichte der japanischen Literatur variiert Paul Adler das Wort von panem et circenses. Er macht daraus „Romanes et Circenses“.
„Diese Neuzeit Japans (seit dem 16. Jahrhundert) unter den Tokugawa-Shogunen eröffnet alle Schleusen der so lange traditionell gebliebenen Literatur. Das Volk, durch Gewerbe (Seidengewebe, von Korea eingeführte Keramik) zur Masse erstarkt, durch Handel in seiner Oberschicht reich geworden, ergreift die Herrschaft zunächst über das gedruckte Wort. Romanes et Circenses.“
Die kaiserliche Acht
„Ich habe eine flinke Hand und ein rasches Erinnerungsvermögen. Wenn ich schreibe, fallen mir die Worte von selbst ein. Ich brauche mich nicht anzustrengen und nicht über meinen Stoff zu grübeln.“ Martin Luther; zitiert nach Sandra Langereis
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Nach der potentiell tödlichen Stigmatisierung Luthers auf dem Reichstag zu Worms 1521, dem von Papst Leo X. umgehend verhängten Kirchenbann und der verspäteten kaiserlichen Acht hält Erasmus die Reformationsbewegung für gescheitert. Er selbst fühlt sich nicht zum Anführer des evangelischen Tempelsturms berufen.
„Also zurück in die Zelle, alter Mann, und verhänge die Fenster gegen die Zeit“, lässt Stefan Zweig seinen Helden Erasmus selbstgesprächig munkeln.
Der Rückzug provoziert ein doppeltes Verhängnis. Den Apologeten des protestantischen Projekts erscheint Erasmus lau. Die Restauratoren schimpfen ihn den „Anstifter der Lutherpest“ (Stefan Zweig).
Am Strand von Ahrenshoop 2020 © Jamal Tuschick
Epochal verhasst
Der Mörder so vieler stirbt selbst einen gewaltsamen Tod. Im Sommer 1541 unterliegt Francisco Pizarro González seinen Feinden endgültig. An seiner Seite fällt Francisco Martín de Alcántara, ein Halbbruder des Vizekönigs von Neukastilien. Diego de Almagro aka Diego el Mozo, Sohn eines von Pizarro aus dem Verkehr gezogenen Rivalen (namentlich Diego de Almagro) ermächtigt sich zum Nachfolger eines epochal Verhassten. Er empört sich und spielt den Rebellen im Kampf gegen die Krone. Bald weist in ihn der kaiserliche Sonderbotschafter Cristóbal Vaca de Castro final in die Schranken. Castro erfüllt eine heikle Mission in der Neue Welt. Er soll die überseeischen Departments gegen Eigenmächtigkeiten der Kolonisten abdichten. 1542 erklärt er Blasco Núñez de Vela zum ersten Statthalter des soeben gegründeten Vizekönigtums Peru.
Zu Castros Aufgaben zählt die Verfolgung des amtierenden, wenn auch bereits deutlich delegitimierten Inkaherrschers. Ich komme gerade nicht auf seinen Namen. Dem Potentaten ist es gelungen, Pizarro zu überleben. In Anbetracht eines rasenden Verfolgungseifers ist das nichts weniger als eine Kleinigkeit. Ferner verbessert Castro im Namen von Kaiser Karl die Lage der ursprünglichen Bevölkerung. Die Fürsorge treibt Kolonisten auf die Palme. Castro sieht sich zu schroffen Durchsetzungen royaler Verfügungen gezwungen. Der Siedleraufstand geht in der Regie von Gonzalo Pizarro über die Bühne. Damit kommt ein weiterer Halbbruder des ausgeschiedenen Gouverneurs Pizarro ins Spiel.
Castro wird in Ketten abberufen. Keine Sorge, das ist ständige Praxis und ändert daran nichts, dass Castro hoch geachtet stirbt. Blasco Núnez de Vela übernimmt die Kommandobrücke. Der Vizekönig verzockt sich, die Sympathien der Spanier gehören Gonzalo Pizarro. 1546 entscheidet sich die Angelegenheit zugunsten der Aufständischen. Sie enthaupten Vela und nageln seinen Kopf an einen Galgen.
Wie führt man ein empörtes Reich zum Gehorsam zurück? Die Kräfte der spanischen Krone werden von den Türken gebunden. Byzanz ist Geschichte, das Osmanische Reich übernimmt die Rolle der Bedrängerin der Christenheit. Karl V. regt eine neue Reconquista an. Er ist auch Kaiser des Heiligen Römischen Reichs und kann seinen Ideen Geltung verschaffen. Sein Konzept verfehlt den osmanischen Ansatz. Süleyman der Prächtige treibt kein „türkisches“ Heer nach Westen. Vielmehr sammelt er und gliedert ein, wer immer ihm über den Weg durch Europa läuft. Balkanvölker stellen Verbände (um Vorherrschaft in ihren Gebieten zu erlangen). Man muss nicht Muslim sein, um mitmachen zu dürfen. So vermeidet der Padischah Feldzügen immanente Widrigkeiten.
Karl ist so modern nicht wie Süleyman. Er schickt Pedro de la Gasca nach Peru. Als Rädelsführer der Erhebung gegen den humanitären Quatsch der Regierung, der ferne Kaiser verlangt eine schonende Behandlung der ursprünglichen Bevölkerung, tritt Gonzalo Pizarro aus dem Schatten ins Licht der Geschichte. Sein neuer Gegenspieler ist Priester, Jurist und Soldat. Gasca liegt das Zerschlagen von Aufständen im Blut. Schon als Student hat er sich als handfester Royalist bewährt. Johann Blattschneider schreibt: „Als Valencia von Korsaren angegriffen wurde, rettete allein Gascas Umsicht die Stadt.“
Ich hebe hervor, dass Gasca für seine schwierige Sendung keinen Titel fordert, anders als von Kolumbus bis Pizarro jeder „Entdecker“.
Leute, die Gasca gut kennen, halten die Bescheidenheit nicht bloß für aufgesetzt. Der Mann will nichts für sich. Seine Erfolge erwirkt er im Gebet, denn was ist ein Mensch, wenn Gott ihm nicht beisteht.
Wankelmütigen erscheint oft irrsinnig, wie unbeirrbar Menschen sein können, da sie (in ihrer Vorstellungswelt) als „Werkzeug Gottes“ gar nicht fehlgehen können.
So einer ist der Pedro. Der Priester in Peru droht mit der Bibel. Ich sage, Gasca tarnt sich mit Stola und Soutane.
Es gibt eine Bemerkung von Figo de Cervantes, der den Isthmus von Panama im Griff hält und Befehlshaber von Nombre de Dios ist, wo die Beute aus den Silberbergwerken alljährlich verschifft wird. (Die Silberzüge starten u.a. an einer Stelle, die Pobre Diablo - Armer Teufel heißt.) Die Spanier vernichten Einheimische mit Arbeit. Unfreiwillig ersetzen Afrikaner:innen die Zerschundenen. Cervantes meint, der Gesandte des Königs sei ein Witz, den er Gonzalo Pizarro nicht vorenthalten könne.
Gonzalo Pizarro macht den Vizekönig, bleibt alles in der Familie. Almagros Sohn Diego setzt als Rivale eine Familientradition fort. Alles wie gehabt in geringfügig variierten personellen Konstellationen. Das geht dann noch zwei, drei Generationen so und schon ist man eine ganz alte, hoch dekorierte Familie. Man braucht oft nur einen potenten Totschläger am Anfang und am Ende ist man so verfeinert, dass Umgang mit Normalsterblichen nicht mehr möglich ist. Dann lebt man mit einem Taschentuch vor der Nase und sieht aus wie der späte Michael Jackson.
Gasca gewinnt Leute mit dem Gewicht seiner Gründe.
Blattschneider: „Er brachte mit seinen Briefen und Gesandten die Städte Quito, Cuzco und Lima zum Gehorsam.“
Mit seinen Briefen und Büchern. Was kommt als nächstes? Mit Tanz und Gesang? In Wahrheit hebt Gasca Truppen aus und erzwingt Gefolgschaft mit den üblichen Methoden. Er macht den Entscheidern die Konsequenzen jedweden Ungehorsams klar. Er unternimmt eine Seereise. Ein Orkan überfällt das Schiff, der Kapitän will wenden, Gasca sagt schlicht: „Zu sterben bin ich bereit, nicht aber umzukehren.“
Eine Quelle paart „unglücklich“ - das Gefecht verlief unglücklich - mit „unentmutigt“.
Anfang April 1548 stoßen Gascas Truppen bei Xaquixaguana auf den Feind. Gasca betet das feindliche Heer in Grund und Boden. Dazu morgen mehr.