Fremdgehen unter Aufsicht
Eines Abends versteinerte Oves Frau bei der Anhörung einer Liebeserklärung ihres Mannes, die nicht für sie bestimmt war. Sie brach sofort auf und wurde im Auto von einem Herzschlag tödlich getroffen. Am nächsten Tag stand Ove mit einem Koffer bei Nanna vor der Tür. Was ihm da vorschwebte, verdunstete in der Vereitelung seiner Absichten. Nanna wandte sich wieder mir zu. Nur hielt ich mich gerade für verliebt in Daniela. Sie war manisch-depressiv. Vier Jahre später lieferte ich sie bei ihrer Mutter wieder ab. In der Zwischenzeit zog ich mir bei einer Vasektomie einen multiresistenten Keim zu. Meine Hoden schwollen an, eine Orchidektomie erschien unvermeidlich und wurde doch abgewendet.
Mit unternehmerischem Kalkül wandte ich mich Lovescout24 zu. Ich wollte meinen Marktwert testen. Sechszehnhundert Interessentinnen signalisierten Interesse. Ich sondierte wie im Fieber. Das überwältigende Angebot legte meine kritischen Instanzen lahm. Eine Weile lebte ich in einer Flirtblase wie in einem surrealen Labyrinth voller Verheißungen. Alles schien möglich, bis hin zu Verabredungen mit einem halben Dutzend Frauen an einem Tag.
Die Pisten des Wahnsinns mündeten in einer Spur der Normalität, zu der es dann keine Alternative mehr gab. So wie man irgendwann aufhört, Diskotheken abzuklappern, so ernüchterte ich als Teilnehmer an dem virtuellen Liebeswettlauf.
Ich reagierte auf Ingrid, ihre verhaltene Selbstdarstellung sprach mich an. Trotzdem ließ ich den Kontakt schleifen. Erst Jahre später kam ich darauf zurück. Ingrid erinnerte sich beim zweiten Anlauf an jenes Profilbild, das mich bei der ersten virtuellen Begegnung anziehend erscheinen lassen sollte. Der Schnappschuss zeigte mich im Kajak auf der Fulda.
Offenbar gefiel ich Ingrid zumindest auf dem Foto. Das nicht verjährte Interesse nahm uns beide aus der Beliebigkeit. Wir hatten schon so etwas wie eine gemeinsame Geschichte. Das bot einen Anreiz.
Manche Kandidatinnen äußerten viel dringlicher ihr Interesse als Ingrid mit ihrer mir unbegreiflichen Ambivalenz. Sie begehrten offensiv und stellten sich sexy dar, während Ingrid stets auch von sich abzuraten schien. Obwohl ich spürte, dass sie in mich Hoffnungen zu setzen begonnen hatte. So wie ich mir oft wünschte, der zu sein, von dem sie sich alles versprach.
Ich vermutete Ingrid in Schwierigkeiten, konnte mir aber nicht vorstellen, welcher Art die Schwierigkeiten waren. Ich bat um ihre Telefonnummer.