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2024-01-29 11:09:54, Jamal

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Am 07.02. 2023 © Jamal Tuschick

Narrische Schwammerl

Sehnsüchtig erwartete Cornelius Kammschneider einen Ausbruch des Cotopaxi. Der Krater trug einen weißen Kragen. Feuer und Schnee trafen auf unwahrscheinliche Weise zusammen. Den Eindruck verstärkte Psilocybin, Kammschneider hatte sich Magic Mushrooms besorgt, gerade fühlte er sich wie auf einer Zeitreise zum Anfang der Schöpfung.  

Die narrischen Schwammerl verstärkten ein Entdeckergefühl. Der Entdecker sieht etwas, das zum Alltag von Millionen gehört und fühlt sich von Gott persönlich angesprochen, weil er es auch sieht, so wie Kammschneider einen aktiven Vulkan on the rocks. Halb schon im Delirium notierte er den ersten Vers des Gedichts Kegelpyramide.

Alexander von Humboldt sah ein paar Jahre vor Kammschneider, wie ein erdgeschichtlicher Hochofen in den lateinamerikanischen Anden rasend schnell den eigenen Krater vom Schnee befreite.

 „In dunkelroter Gluth erhob sich die Feuersäule des aufsprühenden Schlackenregens zu gewaltiger Höhe. Der Berg empörte sich so furchtbar, dass man seine Beschwerde (im kolumbianischen) Honda vernahm“ - eine Entfernung von achthundert Kilometer in der Luftlinie.

Eine leichtfertige Bestellung von Feldern in gefährdeten Gebieten konnte hundert Jahre lang hinhauen. Plötzlich schießt glühender Auswurf die Hazienda zu Klump. Paradiesische Myrtengärten und Orangenhainen verbrennen im Nu.

Kammschneider beobachtete Dürre und Unfruchtbarkeit. Er notiert gravitätisch:

„Der Boden liegt wüst da.“ 

„Sand trifft Lehm. Überhaupt geben uns die Felder und ihre Bestellungsart die traurigsten Begriffe von bäurischer Einfalt. Der Mais wird nur zwei Fuß hoch und braucht dreizehn Monate zum Gedeihen, die Kartoffel eher noch länger.“

Geld wurde in der Viehwirtschaft verdient. Verwilderte Herden wanderten auf Weiden, die Gemeindeeigentum waren. Es gab auch noch Inkakollektive. Als Kammschneider Quito besuchte, zählte die Stadt „siebenunddreißigtausend Seelen“. Die Kapitale liegt so im Verborgenen, dass man in die Stadt hineinläuft wie in eine Falle. Ihre Festigkeit bewog die Spanier, den Inkas in der Bestimmung Quitos zur Hauptstadt zu folgen.

„Quito hat sehr wohl den Charakter eines geräumigen, für Touristen geputztes Bergdorf so wie bei uns Berchtesgaden“, fand Kammschneider.

Man baute nicht hoch wegen der Erdbeben. Man wohnte im ersten Stock zweigeschossiger Häuser. In Parterre waren Läden und Werkstätten.

Kein Karren taugte für die steilen Pisten.

Kammschneider bemerkte Ruinen, „offensichtlich im Zustand fortgeschrittener Verwitterung“. Was gut und fest stand, zeigte die Vorlieben der Renaissance. Stets fiel das Licht von oben ein. Was weniger gut war, bewies „die schwache Seite des Barock“.

So sah es Kammschneider. Der Pietist begegnete dem spanisch-katholischen Kolonialdekor mit den Abneigungen der Prüden. Er versprach, ein alter Junggeselle zu werden, von der Art, die bei kaum wohlhabenden Witwen logierten und deren Nachlass schließlich in zwei Kartons passte. Kammschneider studierte Fassaden. Er motzte wegen „simsloser Flächen“ und vermisste Ornament. - Glanzziegeln, wie in Lima, Mosaike wie sonst wo. Da war ihm zu wenig Ausdruck und Lebhaftigkeit im Spiel der Wände.