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2024-02-16 18:19:21, Jamal

Berlin 2020 © Jamal Tuschick

Katholisch zementiert

Elisabeths Nachfolger, Jakob I., Sohn der auf Elisabeths Geheiß hingerichteten Maria Stuart, verfügte zu Beginn des 17. Jahrhunderts über eine Handelsflotte von lediglich zwanzig Schiffen. Die Krone lag wie ein Bettlerhut vor ihren Pfeffersäcken. Jakob war König von England und Schottland. Er ließ blutige Gegensätze verschwimmen, indem er Britannien ausrief. Zweihundert Jahre später sollte nahezu alles britisch sein, was zu seiner Zeit in Ostindien noch weitflächig portugiesisch, spanisch, niederländisch und französisch war. Man darf Jakobs Anteil an diesem Prozess geringschätzen. Jene Kraft brauchte ihn nicht, deren Dynamik in protestantischen Ländern über die Ufer trat. Sie spülte die von Papst Alexander VI. aka Rodrigo Borgia im Vertrag von Tordesillas 1494 katholisch zementierte Weltordnung weg.

Nebenbei gefragt. Was wäre zum bewegenden Geschehen geworden, wenn Elisabeths Vater, Heinrich VIII., nicht eine eigene Kirche aufgemacht hätte?

Ich las eben, dass von zwölf Kauffahrten vor 1612 acht unglücklich verliefen. Dennoch ergab sich ein durchschnittlicher Gewinn von zweihundert Prozent. Dabei kamen zum kauf- und seemännisch-regulären Gelingen illegale Erwerbungen. Raub und Diebstahl zu Lande und auf See bestanden gleichmäßig neben geschäftsförmigen Abwicklungen und wurden ordentlich vermerkt. Die irrwitzig hohe Ausfallrate bei Seeleuten war egal.

Nun wurde in England für überseeische Märkte divers produziert. Vorlieben variierten auch in Indien, welch eine Beobachtung, ihre Beachtung brachte den Fortschritt. Man reiste nicht überall mit dem gleichen Tinnef an. Im Gegenzug packte jeder englische Kapitän Gewürze und Gold ein, Gewürze, Gold und Kupfer, Gewürze, Gold, Kupfer und Tee.

Karl I. folgte Jakob I., dann kam Karl II. Charles II. war schon König von England, Schottland und Irland. Die Bestimmer der English East India Compagnie waren mitunter mächtiger als er. Ihr Freibrief entsprach einer Lizenz zum Gelddrucken. Ihnen unterstanden in Übersee alle Gerichtsbarkeit und das Militär. Sie hatten das Recht, Krieg zu führen und Frieden zu schließen. Die mächtig nach Indien drängenden Franzosen fernzuhalten, gelang ihnen nicht. Man nannte Charles II. einen franzosenhörigen Stuart. Nach ihm katholisierte Jakob II. offen den Thron.

Der Katholizismus war im englischen Volksmund die spanische Seuche. Engländer:innen schmähten ihre Gegner als Hunde der Inquisition. Sie beschimpften so auch ihre Könige aus dem Haus Stuart. Es kursierte das Wort von der Stuart-Wirtschaft als einer verdrießlichen Angelegenheit, da sie den Franzosen in Ostindien Platz machte. Längst waren einige im court of proprietors (of East India Compagnie) zusammengeschlossene Aktionäre sagenhaft reich. Die Direktoren setzten weit über Ostindien hinaus Könige ein und ab. Die Stuarts sahen in der Compagnie eine Gegnerin. Anspielend auf die jungfräuliche (ledige/kinderlose) Königin Elisabeth, der sich die Gründung der Handelsgesellschaft verdankte, nannten Jakobsjünger die Compagnie Hamamelis virginiana - Virginische Zaubernuss. Jakob II. versuchte die Nuss zu knacken, indem er die Macht der Gesellschafter beschnitt. Versuche, in den überseeischen Niederlassungen Autonomie gegen den eingreifenden König zu behaupten, schlugen fehl. Vereinzelt füsilierten royalistische Kapitäne Renegaten. Der Mann der Stunde hieß übrigens Josiah Child. Er jonglierte sich ein Vermögen zusammen und musste erst kürzertreten, als 1689 ein Niederländer in England König wurde - Wilhelm III. von Oranien-Nassau. Jahre zuvor hatte sich Child im Kreis der Compagnie-Chefs malen lassen. Die Kunsthistorikerin Geza Rominger erinnert in ihrer Studie „Kunst und Merkantilismus“ daran, dass für Einzeldarstellungen in den Schaubildern von Gilden und Milizen eine Gebühr anfiel. Das Bild stellte auch insofern eine Distinktionsmarke auf. Deszendenz war ein entscheidendes Motiv. Abstände zwischen Porträtierten schilderten ab- und aufsteigende Bedeutungs- und Verwandtschaftslinien. Rominger führt aus, dass für die Gruppenbilder kein öffentlicher Rahmen vorgesehen war. Man spiegelte sich in häuslichen Verhältnissen. Das auf See und in Übersee voranstürmende Britannien strebte daheim zur Herdfeuergemütlichkeit. Die Briten existierten in einer nationalen Blase.