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2024-02-16 18:23:07, Jamal

„Wie oft schon … ist Europa vor dem Orient … zur übersichtlichen Halbinsel geworden, deren Schicksal es bleibt, Kontakte zu suchen, um nicht immer wieder in … religiöser Anämie zu erkalten.“ Ernst Bloch, „Geist der Utopie“

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„Auch unsere (westlichen) Seelen, siech und leer, gehen nach einem Ex oriente lux.“ Ernst Bloch

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„Ein Indien im Nebel, als das uns das ganze maßlose Russland erscheint.“ Ernst Bloch

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„Wer aber nichts ist, der trifft auch draußen nichts mehr an.“ Ernst Bloch

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„Der Mensch in der Natur (ist) ein Ding zwischen Null und All.“ Pascal

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„Ich möchte nur noch für die Ekstase leben. Die kleine Dosis, die gemäßigte Liebe, die Halbschatten lassen mich kalt. Ich liebe das Außerordentliche, Briefe, dass der Postbote davon einen steifen Rücken bekommt … Sexualität, dass die Thermometer bersten.“ Anaïs Nin

Dreharbeiten im Wedding 2014 © Jamal Tuschick

Willkommen in der Steinzeit

Lord Warden of the Marches Thomas Ap Llewelyn gab Terbourg nach zweitägigem Sturm auf, obwohl die Festung ein halbes Jahr zu halten gewesen wäre. Der Kommandant ließ sich gerade lang genug beschießen, um den Schein zu wahren, und übergab dann mit kaum verhohlener Erleichterung. Im Fort lagen vierzig Kanonen, siebentausendzweihundert Projectile d’artillerie, zwölftausend Bomben, vierzehnhundert Granaten, siebzehntausend Gargoussen und siebzigtausend Pfund Blei. Größere Kaliber hätten vor einer Kapitulation das alles erst einmal verpulvert und wären mit einem kolossalen Feuerwerk abgetreten. 

Scherzend passierten Ordonnanzen im gestreckten Galopp vom Wind bewegte Gehängte. Der aus Ysgubor-y-coed/Cardiganshire gebürtige Llewelyn verzog sich, begleitet lediglich von zwei im ozeanischen Stil skarifizierte Spitzbuben Richtung Wales. Ein paar hundert Jahre später reist ein Nachfahre des Verlierers um die halbe Welt nach Australien. Substanzlos jung ist dieser Lord Gruffydd of the Marches. Er tritt als Journalist auf.

Reisende des 19. Jahrhunderts stellen den „Austral…“ auf die niedrigste Menschheitsstufe. Ihnen gelingen Herabsetzungen sogar in Vergleichen mit den Herabgesetzten Afrikas, die ich nicht zirkulieren lasse. Expert:innen vermuten, dass allenfalls dreißigtausend Ureinwohner die britische Invasion bis 1805 überlebten. Man muss sich klarmachen, wen sie im ersten Durchgang ab 1778 treffen - die Verdammten Großbritanniens. Vornehmlich sind es Personen aus den Elendsquartieren. Die Krone exportiert den Youth Bulge.

Ein Sträfling stolpert an der Ostküste, nahe der Bucht, die 1770 James Cooks Endeavour aufnahm und seitdem Botany Bay heißt, über eine paläontologische Sensation. Gruffydd ist zufällig zur Stelle. Seinen Leser:innen verkauft er einen Haufen Knochen als fast vollständiges Skelett eines reißzahnbewehrten Beutelsäugers mit dem Aussehen einer Säbelzahnkatze. Seit Thylacoleo carnifex gab es in Australien nichts in der Art von Sparassodonta, doch weiß das noch kein Mensch. Gruffydd dichtet eine steinzeitliche Knochenklinge in das Ensemble: zum Beweis, dass auch der ursprünglichste Australier als tödlicher Verdränger infolge technologischen Vorsprungs wirkte. Die Existenz eines im Pleistozän aufgetretenen Raubbeutlers überzeugt wegen der vielen Koalas und Kängurus in der australischen Gegenwart des Geschehens.

Die Fossilien bleiben lange unbestimmt, zuerst im Haus von Philip Gidley King. Der dritte Gouverneur von New South Wales unterhält in die Vaterschaft führende Beziehungen zu einem weiblichen Sträfling. 1827 landet der Fund auf dem Dachboden des soeben in Sydney eröffneten Australian Museum. Später ordnet man ihn dem Riesenbeutler Diprotodon zu, der im späten Pleistozän an einem Megafaunamassensterben teilnahm.