The Voice of Black America
1947 predigt Martin Luther King jr. zum ersten Mal in der Kirche seines Vaters. Ohne Vorlauf fesselt er das Publikum mit seinem Vortagsstil. Zum Erfolgsrezept gehört die hemmungslose Übernahme fremder Texte ohne Quellenangabe.
„Plagiate kümmerten (MLK) nicht.“
Rasch avanciert der Debütant zum Hoffnungsträger. Die Schwarzen Kirchengemeinden sind Hotspots zukunftsweisender Entwicklungen.
Die Weigerung der Afroamerikanerin Rosa Parks, ihren Platz im Bus einem Weißen zu überlassen, führte erst zu ihrer Festnahme und dann zu einem Boykott der Busse. Der Schwarze „Busboykott von Montgomery“ startete 1955 das Civil Rights Movement. Ein Motor dieser Bewegung war die „Southern Christian Leadership Conference“ (SCLC). Deren charismatischer Führer, ein Baptistenprediger aus Atlanta namens Martin Luther King, wurde 1964 Friedensnobelpreisträger. Seine aktivistischen Gegenspieler fanden den promovierten Dreamer zu soft und suchten ihr Heil in der Radikalisierung. Inzwischen weiß man, dass King effektiver war als seine Antagonisten. Er erschien der Welt nachgiebig, war aber von diamantener Härte.
Man nennt MLK einen Kommunisten unter den beklemmenden Vorzeichen der McCarthy-Ära. Ihm wird die Veruntreuung von Spendengeldern unterstellt.
„Als die Postbeamten einen mit N…-Priester adressierten Brief zuordnen sollten, stellten sie ihn Kings Briefkasten zu.“
MLK absolviert einen Parcours aus Bedrohungen, Verleumdungen und Schikanen. Dreißig Mal folgt seiner Verhaftung der Arrest. Trotz der traurigen Routine traumatisiert der Freiheitsentzug MLK jedes Mal wieder.
Zum ersten Mal landet er 1956 in einer Gefängniszelle - und zwar in Montgomery, Alabama. Nur unter anderem auch mit Mitteln der Bürokratie hält das weiße Establishment in der Regie von Gouverneur George Corley „Alabama“ Wallace die schwarze Bevölkerung von der Wahrnehmung ihrer in der Verfassung garantierten Rechte ab. Wallace repräsentiert ein Selbstverständnis, das Segregation in die Nähe eines Naturgesetzes rückt. In seine erste Amtszeit fällt der Bombenanschlag von Birmingham.
Jonathan Eig, „Martin Luther King. Ein Leben“, aus dem Englischen von Sylvia Bieker, Henriette Zeltner-Shane, DVA, 742 Seiten, 35,-
Der weiße Kampf gegen die Schwarze Emanzipation reicht zurück bis in die Ära der Reconstruction (1865 - 1877) - einem Strukturprogramm der Washingtoner Zentralgewalt zur Bewältigung der Bürgerkriegsfolgen. Nach dem Sezessionskrieg war der Norden entschlossen, den beinah vier Millionen befreiten Sklaven die Bürgerrechte im vollen Umfang zu garantieren. Dieses Demokratieverständnis stieß unter den Geschlagenen des Südens auf granitharten Widerstand. Es begründete eine Fundamentalopposition.
„Vom Hass der Südstaatler auf die Yankees führt eine gerade Linie zum Widerstand der Südstaatler gegen jegliches Regierungsvorhaben.“ Susan Neiman
Da die Verlierer sich nicht offen zur Wehr setzen konnten, hintertrieben und unterliefen sie die amtlichen Maßnahmen mit allen Mitteln. Effektive Module der Obstruktion und der Subversion aus der Perspektive des Südens boten die Black Codes. Mit diesen lokalen Erlassen und bundesstaatlichen Gesetzen wurden von der Verfassung garantierte Bürgerrechte kassiert.
Black Codes verminderten bereits im frühen 19. Jahrhundert (zuerst in einigen Nordstaaten) die Rechte von Schwarzen Reisenden und Ansiedlungswilligen zumal auf den Feldern der Vertragsfreiheit insbesondere des Erwerbs von Eigentum.
Indiana verabschiedete 1845 ein Gesetz gegen „Rassenvermischung“.
Es gab Bestrebungen, den Gesetzen Verfassungskraft auf bundesstaatlicher Ebene zu geben. Dies im Verein mit dem Schwarzen auferlegten Verbot, ein Territorium auch nur zu betreten.
Nach dem Bürgerkrieg war der Süden kurzzeitig nicht dazu in der Lage, Black Codes gegen die Interessen befreiter Sklaven durchzusetzen. Nach dem Ende der Reconstruction verabschiedete man wieder diskriminierende Gesetze, die vor allem für die Plantagenbesitzer vorteilhaft waren. Es ging nicht nur um Rassismus. Vielmehr suchte man juristische Schleichwege, um die Sklaverei verdeckt fortführen zu können. Der Erfolg dieser Strategien verminderte den Innovationsdruck und beförderte so den Niedergang der Baumwollstaaten. Im ausgehenden 19. Jahrhundert verloren die gescheiterten Sezessionisten als Agrar-Apostel den Anschluss an das Industriezeitalter.
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Mitte der 1960er Jahre konzentriert sich der gewaltfreie Protest auf Selma, Alabama. Hier wurden in der Vergangenheit Versuche nicht-weißer Bürger:innen, sich als Wähler registrieren zu lassen, von Amts wegen besonders fintenreich obstruiert. Dazu morgen mehr.