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2024-05-06 18:13:45, Jamal

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Vatikanischer Vorteil

1633 dichtete Tokugawa Iemitsu, dritter Shōgun seiner Dynastie, Japan ab. Das Shōgunat beschränkte den Kontakt zu Europäern auf Vertreter der „Verenigden Oostindischen Compagnie“, die als Expatriierte auf einer stinkenden, aus dem Meerbusen vor Nagasaki ragenden, mühsamer Landgewinnung abgetrotzten Erhebung namens Dejima konzentriert wurden. So kläglich und unhygienisch da alles war, es bot sich doch einer Monopolstellung, die erst von amerikanischer Kanonenbootpolitik 1853 gebrochen wurde, zur Nachsicht an. Dass die Niederlande Portugal ausstachen, verdankte sich vielen verdeckten Bemühungen und hatte jedenfalls auch diesen Grund: die Holländer missionierten nicht; anders als die katholischen Imperialisten, die Japan „entdeckt“ hatten und ihr Programm nach Schema F betrieben. - Und auch wieder nicht. Die besonderen kulturellen Formate Japans wurde von allen Reisenden geschildert.  

Tokugawa Iemitsu betrieb Christenverfolgung im römischen Stil. Von Kreuzigungsfestivals berichten Chronisten. Bis dahin Unvorstellbares trug sich zu. Der portugiesische Vorzeigejesuit Cristóvão Ferreira (ca. 1580 - ca. 1650) fiel vom Glauben ab und verketzerte das Christentum als Sawano Chūan.

Seit den 1580er Jahren schränkte das Tokugawa-Shōgunat die Verkehrsfreiheit der als Südbarbaren geschmähten, den Katholizismus verbreitende Portugiesen und Spanier ein. 1587 beendete Reichseiniger Toyotomi Hideyoshi (1537 - 1598) die Religionsfreiheit, um den Einfluss der Missionare versiegen zu lassen. Die Massenhinrichtung jesuitischer und franziskanischer Missionare besiegelte gewissermaßen ein Edikt von Nagasaki im widerrufenden Geist des Edikts von Fontainebleau. Das Exempel statuierte Toyotomi in Nagasaki nicht zufällig, war doch das über seine topografischen Ufer getretene Küstenkaff das einzige japanische Tor zur Welt. Das Fischernest hypostasierte als internationale Drehscheibe absichtslos einen Kolossalwiderspruch zu den isolationistischen Neigungen des japanischen Feudalwesens. 1635 verloren alle Japanerinnen und Japaner ihre Reisefreiheit.

1637 erhoben sich vornehmlich christlichen Bäuerinnen und Bauern unter der Ägide von Amakusa Shirō. Der Schimabara-Aufstand endete 1638 in einer blutigen Niederlage der Unterdrückten. Man enthauptete den Anführer und brachte den aufgespießten Kopf im Triumphzug nach Nagasaki. Von 1639 bis 1853 blieb man unter sich und behielt die mittelalterlichen Standards bei. Nebenbei: Die Nagasaki Shipping List and Advertiser, gegründet 1861, war das erste englischsprachige Periodikum in Japan.

Vermutlich war Ferreira noch gar nicht geboren, als Alessandro Valignano 1579 der katholischen Kirche als Apostolischer Visitor und Papst-Emissär in Japan durchgreifend Geltung verschaffte.

Craig Shreve, „African Samurai“, Roman, übersetzt von Urban Hofstetter, Droemer, 318 Seiten, 22,-

In den Jahrzehnten vor der freiwilligen Isolation nutzten japanische Territorialfürsten europäische Militärtechnik im Kampf um die Vorherrschaft.

Im Präsens des Geschehens

Valignano sucht den vatikanischen Vorteil im Streit der japanischen Parteien auch mit den Mitteln eines Feldherrn. Zu seinem Gefolge gehört ein Schwarzer Sklave. Yasuke aka Isaak dient dem Diplomaten als Leibwächter. Der olympisch Dimensionierte erregt überall Aufsehen. Einmal löst er einen Tumult aus.

Yasuke begleitet Valignano von Nagasaki nach Kyōto. Schließlich verschenkt der Kirchenstaatsmann seinen Bodyguard. Er beglückt den mächtigsten Daimyō im Augenblick der Ereignisse. 

Oda Nobunaga erkennt rasch Yasukes Potential. Der Potentat adelt den exotischen Superathleten. Er gewährt ihm die Privilegien eines Samurai/Bushi. Das weckt den Unmut anderer Gefolgsmänner. Sie fühlen sich von Yasukes Nobilitierung deklassiert.

Yasuke reüssiert als Ringer. Die Darstellung eines Schwarzen Sumōtori auf einem antiken Paravent verweist auf den Kanonisierungswillen einer epochalen Durchbrechung des Überkommenen. Yasuke sprengt die Grenzen der neuzeitlich-japanischen Erfahrungswelt. Bei der Schlacht von Tenmokuzan (am 11. März 1582) zeichnet er sich aus. Er verteidigt seinen Lehnsherrn gegen eine Übermacht, die von dem Abtrünnigen Akechi Mitsuhides angeführt wird. Im Juni 1582 sieht sich Nobunaga gezwungen, in Kyōto Seppuku zu begehen. Yasuke dient Nobunagas Nachfolger, bis er in Gefangenschaft gerät. Akechi lässt ihn am Leben, wenn auch unter schmachvollen Bedingungen.   

Shreve vermeidet biografische Spekulationen. Seine Schilderungen übersteigen das Verbürgte kaum über Ausschmückungen hinaus. Yasukes Spur verliert sich im Legendenmeer.

Aus der Ankündigung

Ein Roman nach wahrer Begebenheit: die Geschichte über den beeindruckenden Aufstieg eines schwarzen Sklavenjungen zu Japans berühmtem Samurai

Im Jahr 1579 läuft ein portugiesisches Segelschiff in den Hafen von Kinchotsu, Japan, ein. An Bord: europäische Güter, Feuerwaffen und ein Sklave aus Ostafrika.

Als Kind aus seinem Heimatdorf entführt, an Söldner verkauft und dazu verdammt, in zahlreichen Schlachten zu kämpfen, soll er als Leibwächter einen italienischen Priester auf seiner Reise nach Kyoto begleiten.

Dort angekommen, findet der berühmte Kriegsherr Oda Nobunaga Gefallen an dem hochgewachsenen Soldaten. Im Austausch für seine Mission bietet der Priester ihm den Sklaven mit dem Namen Yasuke als Geschenk an. Und verändert damit sein ganzes Leben …

Zeitlos, episch und grandios recherchiert: In seinem historischen Roman rekonstruiert Autor Craig Shreve die außergewöhnliche Reise von Yasuke in der Sengoku-Zeit.

»Eine einzigartige, mitreißende Geschichte von Entdeckung und Durchhaltevermögen.« Kevin Hardcastle

»Von den vielen bewundernswerten Aspekten dieses Romans ist vielleicht der größte die Leistung von Shreve, der Hauptfigur Yasuke Leben einzuhauchen und diesen bemerkenswerten Mann aus der Vergessenheit zu befreien.« David Bezmozgis

Zum Autor

Craig Shreve studierte Informatik in Guelph, Kanada, bevor er sich in Afrika sowie Mittel- und Südamerika ehrenamtlich beim Häuserbau engagierte. Es folgten ein Studium in Kreativem Schreiben am Humber College in Toronto, und die Veröffentlichung seines Debütromans. African Samurai ist sein erster Roman in deutscher Übersetzung. Craig Shreve wohnt in Toronto.