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2024-06-20 07:05:23, Jamal

Pharaonischer Überfluss

„Ich hatte sehr wenig mit der Generation gemein, deren Stimme ich sein sollte.“ Bob Dylan

Bob Dylan kam in einem 57er Chevy Impala nach New York. So steht es geschrieben in den Chronicles. Die Autobiografie ist voller Spott und Hohn für jene, die am Autor die Apotheose vollzogen - oder auch nur der Hobo-Legende auf den Lenin krochen, die Dylan verbreitete. Dem Traditionalisten aus Minnesota gefiel der Typus des amerikanischen Helden am Boden nur als poetisches Sujet: so wie ihn Jack London und John Steinbeck beschrieben und Hank Williams und Woody Guthrie besungen haben. 

Hunter S. Thompson widmete „Fear and Loathing in Las Vegas“ seinem Helden Bob Dylan. Auf Thompsons Beerdigung lief Mr. Tambourine Man. Ich habe mal die Lebensgeschichte der Kasseler Zwillinge Gisela und Jutta Schmidt, (verheiratete G. Getty und J. Winkelmann) ausführlich erzählt.

Im Referatspräsens - Jutta erinnert einen Abend mit Dylan im Haus und auf dem Anwesen von Roger McGuinn. New Hollywood ist am Start, allen voran Dennis Hopper, der nach Jahren der Ächtung zurückgekommen ist und so die Schranke des „They never come back“ durchbrach. Die 68er-Stars nehmen ungeheure Mengen Drogen und riskieren viel bei Motorradstunts im großen Bassin. So heißt eine Wüstenlandschaft in Nevada und Kalifornien. Das Death Valley gehört dazu. Da kommt kein Regen an. Der Regen wird von den Höhenzügen der Sierra Nevada gestoppt. Die Trockenheit bereitet phantastischen Verwitterungsphänomenen den Boden. Die Hirngespinste der Hipster stehen da in Stein geschliffen. Der Drogenwahn findet seine Entsprechungen in der Realität. Jede Zelebrität fürchtet nichts mehr als das Alter. Das feministische Bewusstsein ist rudimentär entwickelt. Man ist noch im Machomodus.

Die Augen gewöhnen sich an schwaches Kerzenlicht (im Haus von McGuinn). Die Leute lagern auf Teppichen. Es herrscht pharaonischer Überfluss. Kartons voller Kokain werden herumgereicht, überall wartet das Gras in Schalen. Dazu psychedelischer Rock. Die Zwillinge wähnen uns in einem Refugium der freien Geister und Liebenden. An einem mythischen Ort auf der Spitze der Welt. Bei einer Versammlung der Auserwählten, im Auge des Hurrikans. Hopper hat die deutschen Schwestern in den Kreis seiner berühmten Freunde eingeführt. Gisela und Jutta bilden den Mittelpunkt. Plötzlich steht Bob Dylan vor ihren. Für Jutta ist Dylan der Größte. Sie erkennt in ihm einen fürstlichen Schamanen. In seiner Liebe fühlt sie sich erkannt. Diese Liebe hält Jutta für eine vom Universum beschlossene Sache. Hopper nimmt ein Feuerzeug, er hält die Flamme hoch, um Dylans Gesicht zu beleuchten. Dylan grinst schief und boxt den Kumpel in die Seite. Jutta erscheint nun alles in einem hellen Licht. Dylans Interesse an ihr ist so unmittelbar wie ihr Interesse an ihm. Ich überspringe jetzt sehr viel mystisches Geraschel. Ein paar Wochen später hat Jutta einen Drehtermin auf Sardinien. Sie trifft Rainer Langhans und will mit ihm ins Bett. Langhans verweigert den Sex mit Jutta. Daraufhin donnert die Düpierte: „Dafür habe ich Bob Dylan verlassen.“ - Mit dem sie gerade mal einen Abend lang in einer kalifornischen Küche gesessen hat.