Linkes Erfolgspaar mit Eigenheim
„Obwohl einst eine famose „Gebärerin“, wurde Dona Frozina als Witwe wieder Jungfrau.“ Clarice Lispector
Demnächst flippt die Republik aus. Eine bleierne Zeit liegt in den letzten Zügen. Die Adenauer-Restauration hat sich überlebt. Die Ehe der Premium-Kolumnistin Ulrike Meinhof und des hanseatisch-smarten Publizisten Klaus Rainer Röhl ist ein Politikum. Stefan Aust beschreibt die beiden als „linkes Erfolgspaar mit Eigenheim und Urlaubsreisen nach Sylt“.
Die Ehe endet öffentlich just zu der Zeit als Aust vom Schülerzeitungsschreiber zum konkret-Redakteur aufsteigt. Für Meinhof vertritt der junge Mann und „das Mädchen für alles“ in der Redaktion einen populistischen „Illustriertenkurs“.
Zitate aus Stefan Austs „Zeitreise - die Autobiografie“
Aust erscheint der Grande Dame der Revolte als Auflagenfetischist ohne politischen Charakter, während die konkret-Starautorin sich radikalisiert - auch unter dem Eindruck der Ereignisse vom 2. Juni 1967, als bei einer Demonstration gegen Schah Mohammad Reza Pahlavi in West-Berlin der Polizist Karl-Heinz Kurras den Studenten Benno Ohnesorg erschießt. (Noch wissen wenige, dass Kurras MfS-Agent ist.) Die RAF der ersten Stunde tritt durch die Pforten der Wahrnehmung. Denken Sie an Baaders und Meinhofs „Heimkampagne“.
Meinhof erlaubt es der Gruppe, die Zukunft ihrer Kinder „zu planen“. Die beiden 1970 siebenjährigen Zwillinge Bettina und Regine sollen in einem palästinensischen Kinderguerilla-Ausbildungslager untergebracht werden. Vater Röhl schaltet Interpol ein. Die Ermittler ermitteln vergeblich. Die kaum geschulten Politkrieger halten Bettina und Regine vorläufig auf Sizilien versteckt.
Jetzt kommt Aust ins Spiel. Er kriegt den Aufenthaltsort der Kinder spitz, fliegt nach Palermo und gibt sich als Akteur der Gruppe aus. Die Unterstützer lassen sich eine Bärin aufbinden, sodass sich Aust mit den Mädchen aus dem Staub machen kann. Der Befreier führt die Kinder (noch in Italien) ihrem Vater zu, dem sie einigermaßen entfremdet sind. Die Mutter hat ihnen den Vater als Faschisten klargemacht.
Meinhof steuert in den bewaffneten Kampf. Sie rivalisiert mit Gudrun Ensslin. Bald droht die Galionsfigur an ihren Ansprüchen zu scheitern. Ich überspringe den Deutschen Herbst.
Aust erzählt eine kuriose Geschichte aus der Spätphase der RAF. Von Aden kommend, schwebt ein Kader bewaffnet in Ostberlin ein, und legt erst einmal die Waffen auf den Tisch der konspirativen Unterkunft. Repräsentanten der Staatsorgane bemühen sich bei den Terroristen um Verständnis für die Parteilinie. Das Politbüro möchte, dass die Schmidt/Genscher-Regierung im Amt bleibt. Die RAF-Mitglieder unterwerfen sich der DDR-Doktrin. Sie wissen nicht, dass keine vier Kilometer entfernt, RAF-Aussteiger zu DDR-Bürger umgeschult werden.