MenuMENU

zurück

2024-06-24 12:14:22, Jamal

Side Thrill

„Sex ist ein stabiles System egoistischer Formen, die um die Sonne der Eitelkeit kreisen.“ Pola Oloixarac

Sie klimpert ein bisschen mit ihrem Erfahrungskleingeld. Die Liebe verbannt sie in die Dimensionen eines Fingerhuts. Aine schmückt der Chic einer obsoleten Eleganz. Die geborene Dublinerin trägt ein himmelblaues Kleid mit V-Ausschnitt und unregelmäßigem Saum aus Crêpe Georgette.

Sie setzt den Fuß auf den Schemel, um den Schuh zu bewundern, den der alte Svevo ihr lüstern-devot auf den Fuß gezogen hat. Die Perversion als Profession; der Fußfetischist und Stiefellecker als Schuhverkäufer mit eigenem Geschäft von Gaspares Montanas Gnaden. Gaspare ist der Pate von Friedberg. Vielleicht hole ich doch noch mal kurz aus für die Säumigen in dieser Kunstkapelle.

Im Großen und Ganzen erzählen wir die Geschichte von Maria Montana, der ältesten Tochter und designierten Nachfolgerin des Don. Aber heute erzählen wir etwas anderes.  

Gaspare dient dem Ideal eines modernen Paten als Vorbild. Er diversifiziert sogar Morde, bis er vorderhand so legal operiert, dass staatsloyale Richter und Staatsanwälte seine Freundschaft nicht verschmähten. Man kennt und schätzt sich. Gaspare brilliert als Mäzen und Mentor. Aber das alles soll uns heute Morgen nicht beschäftigen.

Affiziert von einem neuen Nebenreiz (side thrill) analysiert Aine Svevos mediokre Geilheit. Soll er mir doch die Füße küssen. Mit Kies gefüllte Blumenkübel gliedern die Verkaufsfläche wie einen Hindernisparcours. Raumspray-Aromen schmälern die Lufthoheit des vielschichtigen Lederwarengeruchs. Aine zeigt Svevo ihre Erreichbarkeit, neugierig auf die Aszendenten des Fetischs. Svevo braucht keine zweite Einladung. Er sperrt seine Angestellten in Schubladen, bedankt sich leise und heiser bei der Großzügigen, und nimmt dann behände Aines rechten, noch bestrumpften Fuß in den Mund. Im zweiten Akt leckt er nun nackte Zehen. Zu seiner Regression gehört auch der Blick unter Aines Rock. Mehr braucht er nicht. Svevo fragt Aine, ob sie beleidigt sei, wenn er vor ihr in einen Schuh ejakuliere. Er formuliert es anders, meint es aber höflich.

„Ganz im Gegenteil“, verkündet Aine erheitert. Übrigens trägt sie weiße Cosplay-Dessous im japanischen Anime-Stil.

Svevo trollt sich. Eine Verkäuferin nimmt, fast tragisch verlegen, seinen Platz ein. Aine will etwas Freundliches zu ihr sagen, aber nichts hilft. Die vorhersehbare Pointe: Als es ans Bezahlen geht, erklärt die Verkäuferin, dass die Rechnung bereits beglichen sei. Aime bleibt ungerührt und gut gelaunt. Die männliche Sichtweise ist in ihr am Werk. Man nutzt seine Chancen. Lässt nichts anbrennen. Ist frei von Scham.

Aine geht in die nächstgelegene Eisdiele. Sie bestellt den größten Becher. Kalorienzählen kommt für sie nicht infrage. Sie mag es, wie sich ihr Bauch leicht vorwölbt.