“Schände den Wald hier nicht durch die Tiraden des Menschenfeindes.” Shakespeare
Akademische Arabeske
In der deutschen Nachkriegskulturtopografie hinterließ er Meilensteine. In seinem Meisterwerk „Außenseiter“ tritt Hans Mayer mit der Behauptung an, „dass die bürgerliche Aufklärung gescheitert“ sei. Seit Jahr und Tag hören wir Beschwörungen der Aufklärung, während der abschlägige Bescheid längst zugestellt wurde.
„Das Monstrum als Ernstfall der Humanität.“
Die Aufklärung, so Mayer, muss sich an den Außenseitern messen lassen und sich vor jenen bewähren.
Zitate aus Hans Mayer, „Außenseiter“, Suhrkamp
Der Denker verweist auf Marx, der sich am Beispiel der Antike klarmachte, dass der Untergang einer Gesellschaftsordnung den Wert ihrer Kunstwerke nicht zwangsläufig außer Kurs setzt. Bis heute orientieren wir uns an „den tragischen Außenseitern“ der griechischen Epik, ihrer römischen Transformationen im Zuge einer „Formalisierung … der Tragödie“ und den Unsterblichen der Renaissance. Aus diesen drei Abteilungen stammen beinah alle literarisch Überlebensgroßen. Mayer zählt sie auf. In Hamlet erkennt er eine „Leitfigur der Grenzüberschreitung“. Leidfigur ginge auch. Er zitiert Ernst Bloch, der Don Quichottes Erfahrungsresistenz hervorhob. Die Wirklichkeit kommt gegen die „Traumschicht“ nicht an. Der Ritter erwartet ein Goldenes Zeitalter in der eigenen Person.
„Denn wisse … dass der Himmel mich geboren werden ließ, in unserer eisernen Zeit das Goldene Zeitalter wiederzuerwecken.“
Mayer erklärt die magische Wirkung jener von den Jahrhunderten nicht stumm gestellten Heldinnen und Helden mit der Fähigkeit, das Drama, das ihnen den Rahmen gab, hinter sich zu lassen. Sie wuchsen über ihren Kontext hinaus. Jede ehrgeizig-intelligente Autorin der fortgeschrittenen Neuzeit bezog sich auf das griechisch-römische Personal und die elisabethanischen Nachzüglerinnen. Mayer skizziert den allenfalls vorderhand adaptiven Vorgang am Beispiel der (sich auf Johann Spies berufenden) Faust-Fortschreiber zwischen Christopher Marlowe, Goethe, Paul Valéry und Thomas Mann.
Der „Übertritt in Abseits“ mag Titanismus (Don Juan), einem Pakt mit dem Teufel (Faust) oder Gehorsam (Jeanne d’Arc) geschuldet sein; doch was, wenn ihn „die Geburt auferlegt“?
Mayer schlägt einen Bogen von der höfischen Melancholie zur bürgerlichen Menschenfeindlichkeit. In der Misanthropie erkennt er gesteigerte Melancholie. Um zwei Ecken findet Mayer eine Auflösung hin zur Innerlichkeit.
„Auch die bürgerliche Menschenfeindlichkeit präsentierte sich … als innerer Vorbehalt des Geistes und des Herzens.“