MenuMENU

zurück

2024-10-24 15:12:07, Jamal

In seinem 1827 erstmals publizierten essayistischen Meisterwerk „Der Mord als eine schöne Kunst betrachtet“ plauderte Thomas de Quincey aus dem britischen Upperclass-Nähkästchen. Er offenbarte dem Publikum die Existenz einer „Gesellschaft zur Förderung des Lasters“. Der „Höllenfeuerklub“ wurde von Sir Francis Dashwood (1708 - 1781) gegründet und diente ähnlichen Gesellschaften als Vorbild.

Mord unter künstlerischen Gesichtspunkten

Tallahassee - Die 1824 in den floridianischen Panhandle zwischen Saint Augustine und Pensacola gesetzte Kapitale florierte zunächst als Sklavenhalterhochburg. Bis auf den heutigen Tag bewahrt sie ein koloniales und ein revanchistisches Erbe. Nach dem Bürgerkrieg kassierten Yankee-Dandys die Latifundien entthronter Baumwollbarone. Mit ihrem Air ewiger Elevinnen mögen Cleopy und Crazy auf Sie wie Southern Belles mit Stammbäumen bis in die südliche Steinzeit wirken, die Wahrheit ist, die Schwestern sind Nachkommen des sagenhaften Colonel Tecumseh Lighthouse-Hampton.
1870 kam der Teufelskerl aus Newport im US-Bundesstaat Rhode Island nach Florida, um da sein Glück zu machen. Die Schwestern finden in der Geburtsstadt des alten Lighthouse noch genug Verwandte. Die 1639 gegründete Kleinstadt zwischen Boston und New York präsentiert sich als neuenglisches Schmuckstück mit einer Vergangenheit als Umschlagplatz. Hier etablierte sich die erste namhafte jüdische Gemeinde in Nordamerika. Ihre Poleposition als atlantische Zentrale verlor die Stadt im Unabhängigkeitskrieg. Die Briten schlugen ihr aufs Haupt und machten sie klein. So wurde sie eine Postkartenschönheit und Sommerfrische für die Vanderbilts. Heute erscheint Newport stellenweise wie ein Museum des 'Vergoldeten Zeitalters', in dem der industrialisierte Norden die Ernte des Sezessionskriegssieges einfuhr und sagenhaft Vermögende vor Ort Dependancen der Differenz wie Strandburgen in den Sand setzten. Das brachte Newport den Ruf ein, „America‘s First Resort“ zu sein. Die im Château-Stil des 18. Jahrhunderts erbauten Landsitze laden zu Astor-aristokratischen Nostalgieräuschen an einem Ästuar (der Narragansett Bucht) ein.
Das neuenglische Dekor entzückt Cleopy und Crazy. Einmal werden auch diese beiden über ihre Verhältnisse erwartungsfroh strahlen, doch noch küsst sie das Glück der Jugend. Sie glauben, dass kein Mensch in der aussichtslosen Schlacht einer unmoralischen Haltung stur bleiben kann. Cleopy und Crazy haben keine Ahnung. In seinem 1827 erstmals publizierten essayistischen Meisterwerk „Der Mord als eine schöne Kunst betrachtet“ plauderte Thomas de Quincey aus dem britischen Upperclass-Nähkästchen. Er offenbarte dem Publikum die Existenz einer „Gesellschaft zur Förderung des Lasters“. Der „Höllenfeuerklub“ wurde von Sir Francis Dashwood (1708 - 1781) gegründet und diente ähnlichen Gesellschaften als Vorbild.
Der Politiker Dashwood, 11. Baron le Despencer, von 1762 bis 1763 Schatzkanzler der Krone, war als radikaler Libertin bekannt. Der Zweck seines Hellfire Clubs war die sexuelle Perversion. Die Eingeweihten praktizierten satanische Rituale. Dashwood inspirierte zumal seine Grand Tour, die er 1726 unternahm. Er verbrachte viel Zeit in Italien und gab seinen Obsessionen einen klassisch-antiken Anstrich. Dilettantismus war für ihn kein Schimpfwort, sondern beschrieb ein Ideal. 1732 gründete er die Society of Dilettanti. In diesem Rahmen ging es um Verbindungen von Kunst und Kulinarik auf Exzessniveau.  
Bruderschaften, die im Zynismus schwelgten, die Sittlichkeit des Volkes verachteten und aus schierem Mutwillen schändlich handelten, entsprachen einer Mode des 18. Jahrhunderts. Privilegierte feierten schwarze Messen und hielten Hochämter der Verderbtheit ab. De Quincey spricht von einer Epidemie edler Verruchtheit, die sich in ganz England ausbreitete. Der Autor erwähnt den Medmenham Club, der seine geheimen und blutigen Treffen in einem aufgegebenen Zisterzienserkloster abhielt - der Medmenham Abtei in Buckinghamshire. Das 1201 von Hugh de Bolebec gegründete, 1536 aufgelöste und vorübergehend im Besitz von Francis Dashwood befindliche Kloster lag direkt an der Themse. Prominente Angehörige des Orgien Ordens waren George Bubb Dodington (1. Baron Melcombe und Spion), John Wildes (Politiker, Journalist, Schriftsteller und britischer Casanova), Charles Churchill (Dichter, Satiriker), Robert Lloyd (Dichter, er starb nach Jahren rücksichtsloser Verschwendung 1764 restlos ruiniert im Gefängnis), Benjamin Bates (Arzt, Kunstkenner), Paul Whithead (Satiriker und Club-Sekretär mit Gefängniserfahrung) und schließlich William Stanhope, 2. Earl of Harrington. Der Politiker und Militär war seiner Ausschweifungen wegen verschrien als „the goat of quality - Ziegenbock der Qualität“. Er wohnte quasi im Bordell von Sarah Prendergast. Seine Frau, Caroline Stanhope, Gräfin von Harrington, avancierte zur Galionsfigur der weiblichen Demi-Monde. Auf soziale Ächtungen reagierte sie mit der Gründung eines Clubs für Kurtisanen - „The New Female Coterie“. Die Deklassierten tagten in dem Bordell, das Carolines Gatten als zweites Wohnzimmer diente.
In Brighton entstand ein Club zur Bekämpfung der Tugend und in London bildete sich eine Assoziation zur Förderung des Mordes unter künstlerischen Gesichtspunkten.
Ein passioniertes Verhältnis zu Mord und Totschlag - im Klub der Mordkünstler renommierte man mit seinen Fertigkeiten beim Erstechen von Menschen. Man bestand darauf, in jedem Fall Amateur zu bleiben; das Morden sollte nicht in Arbeit ausarten.