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2024-11-16 11:30:14, Jamal

Bembelherz

Ich heiße nach meinem Vater Hannes. Hannes Kesselmann. Ich bin Hessischer Filmpreisträger. Erfinder und Autor der Serie „Der Bembel des Todes“. - In der Hauptrolle Valerie Constanze Kesselmann als ermittelnde Pathologin Emma Marie Stern. Es bleibt alles in der Familie, mein Cousin spielt auch mit, obwohl er die Kurve ins bürgerliche Lager nicht gekriegt hat. Er hat auch nur eine kleine Rolle, die zu seinem Radius passt. Valerie und Babu treten auch im Gernegroß auf, in komödiantischen Auffassungen des „Todesbembels“, die Edgar Wallace-Verfilmungen schwarzweiß nachempfunden sind. So unsagbar grottig und erfolgreich. Nasenschweiß sonnt sich im Glanz „der Frankfurter Geschwister“. Sein Haus ist als „heimliches Volkstheater“ ein Selbstläufer. Ein Verein geschmeidiger Speichellecker und gestopfter Versager hält sich gern im Gernegroß auf. Gestopft ist ein Frankfurter Wort für wohlhabend. Die Schleimbeutel kastrieren ihre Kater, indem sie unentwegt weiter trinken. Es scheint nichts anderes mehr zu geben, sogar die blonde Mexikanerin hält inzwischen im Gernegroß Hof. Sie schwängert das Milieu mit tragischen Andeutungen. Tatsächlich häuften sich zuletzt Pannen, es kam zu Verletzungen und Wahnsinn wie nie zuvor. Valerie stürzte von der Bühne und fiel wochenlang aus. Personalchef Mogli knallte durch und ging auf den König (so wird der dynastische Burgschänke-Wirt Kurt Wundersamen genannt) los, angeblich war der König einer Subalternen gegenüber gemein geworden. Doch war die Gemeinheit der Bedienung entgangen, jedenfalls behauptete sie das unergründlich. Klar, der König treibt seine Scherze, das kennt man. Er geht gern zu weit und striezt gern und richtet gern hin oder zumindest ab. Er stichelt so lange, bis Nasenschweiß sekundierend in die unterste Schublade greift und das herrschaftliche Gebaren allgemein nicht mehr von Bösartigkeit zu unterscheiden ist. So ist es immer schon gewesen.  

Nasenschweiß begrüßt alle Lebensäußerungen einer neuen Barchefin. Er bejubelt sie förmlich. 

*

Ich sitze mit Tanja im Terrence Tino, ein Ehepaar, er mit Ferdinando Sacco-Schnurrbart, sie so mamma‘esk herzlich hysterisch, schmeißt den Laden ligurisch. Seit der gastronomische Fingerhut in einer „Todesbembel“-Folge gezeigt wurde, verdient sich das Paar eine goldene Nase. Das bedeutet für mich Freiwein bis in alle Ewigkeit und Nudeln aufs Haus. Das gilt genauso für Tanja als meine aktuelle Freundin. Sofort wird Tanjas Name zum Begriff, die Wirtin schreit aus der Küche: „Tanja, möchte du deine ... lieber mit ... oder ohne?“ Tanja schmiegt sich an, sie überfährt meinen Hals mit der Zunge. Sie sagt: „So viel Aufmerksamkeit ist auch mal ganz schön.“

Ich kenne so viel Aufmerksamkeit bereits aus dem Geburtsvorbereitungskurs meiner Mutter und im Terrence Tino ist noch jede meiner Freundinnen begutachtet worden. Ich schenke Tanja ein. Ihre Heiterkeit steckt an, Tanja ist so fabelhaft kameradschaftlich, falls die Wut sie nicht zu fassen kriegt. Vor Begeisterung trägt sie einen Gassenhauer von der Küste ihrer Herkunft vor, die Wirtsleute applaudieren. Die Wirtin brüllt: „Tanja möchtest duuu?“ Tanja möchte geradezu alles bis hin zu der übermannshohen Pfeffermühle, einem Erbstück und einer Rarität und trotzdem voll funktionsfähig, wenn auch nicht praktisch. Sie schlägt sich den Bauch voll, frei von Diätabsichten und so lässig in Gewichtsfragen wie vor ihr keine.

Sie sagt ja zum Grappa aprés.

„Nich’ lang schnacken, Kopp in’ Nacken. So jung kommen wir nicht mehr zusammen und morgen früh ist die Nacht vorbei.“