„Eine kleine Stille kam zwischen uns, so präzise wie ein an der Wand hängendes Bild.“ Jean Stafford
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Musenzeit: „Ja, swingen in Pastell - das Bild gefällt mir sehr in seiner Schwingung, ich sehe gleich Skizzen vor mir zu den Episoden. Marianne und Hannes im erotischen Strom, der sie kraftvoll zueinander führt und miteinander wachsen lässt. Schön und aufregend ist das! Ich mag die Vorstellung sehr für die Erzählung, wenn kein klassisches ‚Sex-Macht-Drama‘ die treibende Kraft wäre, was sich schnell im literarischen Kreationspotential erschöpft, sondern eine tief verankerte seelische Verbundenheit, die sehr viele (erotisch-sexuelle) Ausdrucksformen haben kann in der Story.“
Traumpfadliebe
Was zuvor geschah
Marianne Frühauf inszeniert im Frankfurter Gernegroß Heiner Müllers „Auftrag". Sie wird unterstützt, das heißt behindert von dem Gernegroß-Gründer Norbert Nasenschweiß, der seiner Kleinkunstbühne im ehemaligen Tanzsaal der legendären Burgschänke das Gepräge eines Burgtheaters geben will. Mariannes Liebhaber ist der Burgmann Hannes K. Er will seine Geliebte auf die Burg einschwören, aber Marianne führt Hannes lieber auf ihren Traumpfad.
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Musenzeit: „Mich hat die … Theater-Szene berührt, die Charaktere bekommen Farben. Ich bin leider nicht vertraut mit dem ‚Auftrag‘, werde mich da noch einlesen müssen, um Marianne hindurch zu manövrieren.“
„Der Geruch der Revolution ist ein Parfüm aus Stallmist.“ - So steht es geschrieben in Heiner Müllers „Auftrag“. Der Titel spielt mit dem Vers „Erinnerungen an eine Revolution“ in der Unterzeile. Die Inszenierung des ‚Auftrags‘ im Gernegroß soll eine neue Ära einleiten. Kleinkunst war gestern. Man kann nicht klein bleiben, wenn man groß denkt. Und wenn man bereits am Nachmittag eines jeden Tages verheft ist
… sich verhefen entspricht in Frankfurt einer idiomatischen Phrase …
dann sieht man den Weltbetrieb mit glasigen Augen und getrübter Sicht. Gernegroß-Gründer Norbert Nasenschweiß trinkt Wein aus Weizenbiergläsern, damit nicht ständig nachgeschenkt werden muss. Er betrachtet sich bereits als Burgtheaterdirektor. Offiziell debütiert Marianne Frühauf in der Rolle einer Regisseurin, aber in den Abgründen der Burg ist sie nur „Nasenschweiß‘ Mädchen“, siehe Angela Merkel als „Kohls Mädchen“. In freier Assoziation vergaloppieren wir uns von Kohls Mädchen zu Grimms Märchen.
„Mein Mädchen“ nannte Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl die spätere Bundeskanzlerin Angela Merkel, die er 1990 zur Ministerin für Frauen und Jugend ernannte und die ihn schließlich mit 16 Jahren Dienstzeit als 'ewige Kanzlerin' grandios überflügelte.
Marianne will dem Burg-System ein Schnippchen schlagen. Freiheit ist ihr zweiter Name. Ihr fehlt jedwede Neigung zur Dependenz. Und doch. So frei ist sie dann auch wieder nicht in diesem Stadtteil-Dschungel voller versierter Beutemacher. Dazu später mehr.
Marianne setzte das Ende des ‚Auftrags‘ an den Anfang. Die Szene spielte in einer Ananas Bar voller Airbag-Brüste - postlagernd Port Royal.