Musenzeit: „Lieber Jamal, die Yoga-Liebes-Szene mit Marianne und Rouven ist... da fehlen mir jetzt die Worte... etwas, was ich mir sehr gut vorstellen kann und mich lächeln lässt. Ihre Körper haben dieses JA zueinander in der Öffnung eines gemeinsamen Flows gesagt, das ist eine sehr besondere, intensive Erotik. Ich freue mich für Marianne, dass sie so eine entgrenzende Liebesbegegnung mit Rouven erfährt. Ich bin ja immerhin ihre 'Anwältin'. ;-). Wenn Rouven Marianne seit Jahren so geduldig liebt und ihr sogar aus Liebe bis Europa gefolgt ist, fühlt sich das für mich richtig an, dass er auch der biologische Vater des Kindes wäre. Jetzt ist natürlich die Frage, warum die beiden eigentlich kein (Eltern-)Paar werden könnten. Oder doch? Wie reagieren die beiden in Frage kommenden Männer auf Mariannes Schwangerschaft?"
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„Danke für deine vielen Anregungen hier und in den Kommentaren. Dass nochmal ein ‚Meister' ins Spiel kommt, macht es jetzt richtig spannend." Musenzeit
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„Jetzt musste ich gerade lachen über deine feine, charmante Provokation hier und eine neue Story-Variante. Rouven - der Name klingt sehr scbön. Marianne prüft ihn aber noch als Meister..." Musenzeit
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„Das ist sehr einfühlsam und auch einleuchtend, wie du das hier für Marianne aufgefächert hast mit ihren beiden so unterschiedlich aufgestellten Liebespartnern Hannes und Rouven. Was für ein Glück sie da hat mit diesen beiden besonderen Männern, und noch eine Schwangerschaft dazu - da hast du sie richtig wunderbar beschenkt im Texttraum!“
Extrakt aus purem Glück
„Das Hindernis unseres Handelns adaptiert und wandelt der Geist für seine Zwecke um. Das Handlungshindernis fördert das Handeln. Was im Weg steht, wird zum Weg.“ Marcus Aurelius
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„Wer trotz einer energieverzehrenden Eigenschaft mit Artgenossen konkurriert oder Konkurrenten trotz scheinbarer Energieverschwendung sogar überflügelt, sendet mit dem Handicap ein Signal an seine Umwelt, dass er besonders widerstandsfähig und leistungsfähig ist. Das Handicap-Prinzip wurde 1975 vom israelischen Biologen Amotz Zahavi formuliert.“ Wikipedia
Rouven sagt: Die Grenzen, die wir für unsere natürlichen Grenzen halten, sind Grenzen, die uns von den Limitierungen unserer Eltern und anderer Herkunftsmilieus gesetzt werden. Die Grenzen, die uns im Universum gesetzt sind, können wir nur erkennen, wenn jemand bereit ist, unsere Batterien bis zum Anschlag aufzuladen.
Seine Präsenz elektrisiert Marianne. Sie fühlt sich emporgehoben. Als wäre ein Schalter umgelegt worden, beginnt das Feuer in ihren Zellen zu lodern. Die Synapsen feuern. Dass er sie seit Jahren still begehrt und ihr jederzeit den Vorzug vor jeder anderen Frau geben würde, erfüllt Marianne plötzlich mit Stolz.
Diese Spanne ist gewaltig; Marianne konnte Rouvens Verehrung auch schon gleichgültig und ratlos entgegennehmen und in ihrem Meister einen Dienstboten des Glücks sehen. Das geht jetzt nicht mehr.
Ja, auch Rouven kommt als Verursacher der gerade festgestellten Schwangerschaft in Betracht. Im Präsens der ersten von sieben Befruchtungsgelegenheiten: Wir sprechen von Ereignissen in einer Auenlandschaft an der Nidda. Rouven verzaubert Marianne. Jede Geste ist ein Versprechen. Plötzlich überfällt sie der Wunsch, Rouvens in der Hose vibrierend-salutierendes Glied zu berühren.
Sie fühlt sich ferngesteuert, während sie eine Pleinair-Yogastunde absolviert. Rouven korrigiert ihre Positionen. Noch balancieren beide gesichert auf dem Hochseil spiritueller Gymnastik. In Gedanken spricht Marianne so mit ihrem Meister: Ich muss mir immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass ich es bin, der du nach Europa gefolgt bist. Dass ich den magischsten aller mir bekannten Männer so fasziniere. Oft kann ich es gar nicht glauben. Zu meiner Freude weiß ich, dass es nicht nur um Anbetung geht. Ich liebe es, dich auf unsere einzigartige Weise zu begeistern.
Noch liegen Rouvens Hände professionell auf Mariannes Wirbelsäule. In einer Antizipationsphantasie schmiegt sich ihr Hintern schon mal ins Handgehäuse. Es passt genau, wie maßgeschneidert. In diesem Augenblick fühlt sich Marianne wie ein überspültes Ufer. Sie ist unter Wasser ohne Atemnot. Auf der kosmischen Ebene vernimmt sie Rouvens Begleittext. Den ersten Orgasmus erlebt sie, als würde ihr ein Extrakt aus purem Glück injiziert. Selbst ihre Zehen laden sich mit Lust auf. Marianne empfindet eine animalische Dankbarkeit. Sie fühlt sich biblisch erkannt und auf allen Ebenen wahr- und eingenommen. Es kommt ihr vor, als verbände Rouven sie mit dem Universum. Sie greift zwischen ihre Beine und streichelt zärtlich den Hodensack des Mannes, von dem sie in diesem Moment alles erwartet.
Das darf nicht aufhören. Jede Verminderung des Niveaus erscheint Marianne lebensbedrohlich. Aber auch Rouven sieht so aus, als fürchte er einen Absturz ins Bodenlose. Ihn hat die Dopaminmangel-Peitsche in den letzten Jahren oft getroffen. Er kann ein Lied von dem singen, was Marianne blüht, falls sie falsche Entscheidungen trifft.
Zu gleicher Zeit an einem anderen Frankfurter Ort - Wieder putzt Karolin die Wohnung ihres Kneipen-Spezis Hannes. Hannes denkt an Germanen-Gero, Buffet-Kurt, den fremden Funker und an all die inzwischen gesichtslos gewordenen Manish Boys, mit denen Karolin gegangen ist. Nach dem zwölften Schoppen saß sie plötzlich immer noch da. Wie konnte das sein? Was war geschehen und wo waren die anderen? Die anderen standen vor den Automaten oder am Kicker oder guckten Fußball im Backstage. Oder sie waren sogar nach Hause gegangen. Sie verfolgten Ziele, bis zur Leitung von Filialen reichte ihr Ehrgeiz. Tillmann, Texas, Pele, Germanen-Gero, Blutwurst-Bernd, Buffet-Kurt, Traktor, Mandelstam, Nasenschweiß, Eiterhagen, der Marburger Jürgen und die Mamba standen dieser Zielstrebigkeit skeptisch am Tresen gegenüber. Sie blieben Manish Boys und beschallten mit ihren Anlagen weiterhin das Territorium. Sie stolzierten durch Lieferanteneingänge. Sie wussten, wie Wurst gemacht wird. Sie konnten keltern, kreative Kneipenbuchhaltung, Kolonialwaren (Rauschgift) besorgen und ihre Interessen wahren, wenn auch zunehmend schleppender.
Karolin fragt: „Erinnerst du dich an den Eisen-Leiser in der Heidestraße? Er sang im Innungschor der Bäcker, gelitten wegen der Obermeisterschaft seines Vaters.“
Hannes schweigt, die Meister singen jeden Mittwoch auf der Kegelbahn der Burg. Leiser war ein Verehrer der Schwestern* in ihrer Jugendblüte gewesen, seine ambivalente Zuneigung blieb in Jahrzehnten Thema. Die Schwestern schätzten ihn, er kam in Frage. Leiser gewährte jeder besonderen Rabatt. Da ging die Minne weiter. Seine Frau arbeitete im Geschäft, ihr kann die Unterströmung nicht entgangen sein. Hannes erinnert Leiser als Feind der Hast. Er denkt an einen Mann im Kittel, umsichtig, leise, überlegen.
*Gemeint sind Hannes' Mutter Toni (Antonia) und seine Tante Franz (Franziska).
Kurzauszug aus Hannes' Aufzeichnungen
An einem Kiosk kaufte ich die Wochenend oder Die Neue Revue. Ich erfreute mich an Darstellungen von Hausfrauensex. Vielleicht wird die Serie immer noch fortgesetzt, in der sich echte Paare erotisch präsentierten. Unvergesslich ist mir eine Folge, bei der ein Kraftfahrzeugmechaniker und eine Sekretärin von ihrem Intimleben einen Ausschnitt preisgaben. Mich bannte der mütterlich-wohlwollende Blick der Frau auf einem Foto. Offensichtlich hatte sie die Sache im Griff.
So geht es weiter
Die angelsächsischen Neumieterinnen beschimpfen ihre Besucher auf dem Balkon. Hannes hört die ratlose Entrüstung junger Männer, Traktor verlangt Ruhe wie ein Hausherr. Karolin kichert, der pädagogische Engländer schaltet sich ein, Natives unter sich. Hannes versteht im Augenblick kein Wort, er will wissen, was zur gleichen Zeit auf der Rotlintstraße geschieht. Die Straße kommt ihm im Augenblick nicht länger vor als sein Ausschnitt. Vor dem Paulaner macht einer Gymnastik, während er telefoniert. Offensichtlich hält der Mann das Gespräch nur aus, wenn er sich dehnt. Seine Bewegungen sind exakt wie bei einem Berufstänzer, er steigert sich. Die Mimik ist so beweglich wie der Körper. Die Nachbarin mit der selbstverliebten Tochter sieht erst dem Mann und dann dem Verschwinden von Gegenständen zu. Eben hat jemand die Dinge vor die Tür getragen und nun ist schon jemand zur Stelle, der sie gebrauchen kann. Hannes wünscht sich einen Springbrunnen vor dem Haus. Das Paulaner ist seit Jahren geschlossen. Seit die Paulaner-Crew in den Musikantenweg gezogen sind. Sie führen die Oma Rink der Lulu Schwarz (geb. Rink) weiter. Lulu Schwarz hatte nach dem Krieg das erste auf eine Frau zugelassene Auto, ihr Sohn hat einen gewaltigen Zinken. Das Wurzelwerk der Platanen in ihrem Garten bricht nun durch den Keller der Wirtschaft. Das ist die Kraft der Natur, Karolin fragt: „Möchtest du dich hinlegen?“
Trennungsträge Typen blieben wochenlang in Rufweite
Karolin zählt die Frauen auf, mit denen Hannes zusammen war. In jedem Fall wurde er nach kurzer Zeit verlassen, das weiß Karolin auch. Es ist nicht alles Gold, was glänzt, sagten die Frauen. Das hatten wir uns anders vorgestellt, sagten sie.
Oft fand Hannes am Anfang noch etwas von seinem Vorgänger, einmal eine Unterhose in einer Ritze, in die Geld gerutscht war. Manchmal war der Vorgänger noch gar nicht weg und versuchte sein Glück als Rivale. Trennungsträge Typen blieben wochenlang in Rufweite, nicht immer hofften sie vergeblich. Standby-Schaltungen waren nicht selten. Entspannte Trennungen fanden nicht statt. Zuneigung führte zu Abneigung. Karolins Liebesroutine geht über viele Unterscheidungen hinweg, die Hannes macht. Stets lauerte wenigstens ein anderer Mann mehr oder weniger im Hintergrund ihrer aktuellen Affäre. Sie war immer verliebt, aber nicht immer in den Mann, der da war. Günstig war, wenn der Mann aus einer erschöpften Verbindung kam, und Karolin von seinem Selbsterneuerungswillen erfrischt wurde. Häufig war der Wunsch, noch einmal mit Sport anzufangen. Zu dem Wunsch gehörten häufig neue Laufschuhe. Die Schuhe überlebten den Ehrgeiz. Der Ehrgeiz entlarvte sich als Unvernunft.
Der Nachmittag geht in die Verlängerung, kein Abend in Sicht. Karolins Erwartungen nahmen ab. Männer, die gar nicht mehr damit rechnen konnten, für eine Frau in Frage zu kommen, hatten plötzlich eine Freundin namens Karolin. Karolin versprach sich unverdrossen alles. Von Wundern verlangte sie, das sie geschahen. Mit der Wirklichkeit ließ sich immer weniger anfangen.
„Wenigstens verliebt will ich sein“, erklärt Karolin.