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2025-01-23 05:56:27, Jamal

Nautische Feldzüge

Kolumbus suchte ihn, Vasco da Gama fand den Seeweg nach Indien. 1498 umschiffte er das Kap der guten Hoffnung. So erlöste der Portugiese sein Land vom preistreibenden Zwischenhandel auf der Gewürzroute. Als Instrument der Expansion war die christliche Seefahrt eine bewaffnete Angelegenheit. Sie griff arabische (und venezianische) Monopole und Vormachtstellungen an. Die Verdrängung gelang, da Gama erzwang neue Verhältnisse in Indien. Der nächste, der Portugal in eine epochale Pole-Position brachte, war Pedro Álvares Cabral.

Kolumbus, da Gama, Cabral – Alle wollten nach Indien und landeten in Amerika. Cabral war Chef einer diplomatischen Mission des Königs von Portugal. Er sollte in Indien die Mienen der Mächtigen aufhellen. Unterwegs kam ihm Brasilien in die Quere. Im Jargon der Zeit „entdeckte (er) ein unbekanntes Land“.

„Ein Sturm ergriff die Flotte … und endlich am 24. April, in der Oktav von Ostern (erblickte Cabral) Land - und Leute von einer Farbe wie Gerberlohe, wohlgewachsen, doch nackt. Man konnte sich mit ihnen nicht verständigen.“

Das schreibt Pero Vas de Caminha in einem Brief an König Manuel. Caminha ist „Schriftführer der Flotte“. Admiral Cabral nimmt das Land für seinen König „in Besitz“ und tauft es. Er setzt siebzehn Priester aus, ein Hinweis darauf, dass seine Entdeckung doch kein Zufall ist. Jedenfalls hat der florentinische Reisende Amerigo Vespucci bereits 1499 die Mündung des Amazonas beschrieben.

Caminha: „Was die Blicke auf sich zog, war ein hoher Kegel, dessen Südseite den Anfang einer bewaldeten Hügelkette abgab. Der Admiral hielt dafür, dass man diesen Berg mit dem Namen eines Festes innerhalb des Oktav benennen solle, und so gaben wir ihm den Namen Monte Pascoal. Das Land aber nannten wir Vera Cruz.“

Die „Eingeborenen“ nennen Vera Cruz Ibirapitanga. Die Portugiesen übersetzen Ibirapitanga mit pao do brasil. Brasilien heißt nach einem Färbholz.

„Wir überraschten zwei Eingeborene in ihrer Pirogge und ergriffen sie. Sie waren starr vor Staunen, ängstlich waren sie nicht. Ihre Unterlippen schmückten Knochenstücke. Sie trugen Perücken aus Federn, die mit Wachs am Hinterkopf klebten. Sie führten Hieb- und Stichwaffen aus dem Kiefer des Palometa. Man brachte sie vor den Admiral, der sein bestes Gewand und die Amtskette angelegt hatte. Die ‚Wilden‘ zündeten Zigarren an und sahen sich ungeniert um. Einer zeigte Interesse an der Amtskette. Er trat vor, um sie genau zu betrachten. Dem Kommandanten blies er Rauch ins Gesicht. Cabral hustete, die ‚Wilden‘ verhehlten ihm nicht, wie läppisch sie die Husterei fanden.

Einem Hammel schenkten sie keine Beachtung. Sie ließen sich nicht aus ihrer kindlichen Ruhe bringen. Schließlich legten sie ihre Stumpen ab und sich selbst ohne jeden Umstand zwischen die Fremden; mit nur einer Sorge, ihren Federschmuck nicht aus der Fasson zu bringen.  

„Den Heiden das Evangelium zu verkünden“, ist Staatsziel. Cabral lässt ein Riesenkreuz aufstellen, die Besatzungen versammeln sich. Die Übertragung gerät zum Massenspektakel - Jesus Christ Superstar.

Es gab Flottenmaler und Flottenschriftsteller. Sie wurden von höchster Stelle eingesetzt, rangierten als technisches Personal aber in einer Mittellage. Der Maler erfüllte die Funktion eines Fotografen. Er hatte anatomische Kenntnisse und konnte bei der Bestimmung von Pflanzen dem Bordbotaniker helfen.

Der Flottenschriftsteller reiste als Chronist und betrieb doppelte Buchführung. Er schilderte den Expeditionsverlauf in einem Exklusivbericht für die Königin, das war sein Job. Außerdem strich er narrative Prisen ein. Er poetisierte seine Erlebnisse zu Bestsellern. Pero Vaz de Caminha nahm als Schriftsteller an einem nautischen Feldzug teil, der als diplomatische Mission deklariert war und zur „Entdeckung“ Brasiliens führte. Er verschob die Machtverhältnisse im Welthandel.