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2019-03-01 06:40:41, Jamal Tuschick

Der Historiker Niall Ferguson datiert den letzten Weltwandel, „das Jahr Null unserer Zeit“ (Julian Assange), auf das Jahr 1979. In seinem Faktenthriller „Zeitenwende 1979 - Als die Welt von heute begann“ findet Frank Bösch viele Gewährsleute und Beispiele dafür, dass „die Welt von heute“ zehn Jahre vor Neunundachtzig begann. Die These untermauert er mit der Darstellung von zehn durchschlagenden Ereignissen.

Das Jahr Null unserer Zeit

Erst stützte ihn die Bundesrepublik, dann unterstützte sie jene, die Schah Reza Pahlavi vom Pfauenthron stürzten. Den historischen Dreh- und Angelpunkt beschreibt Frank Bösch als weltgeschichtliche Wendemarke – und Initialzündung für das akute Jetzt. Nichts von dem, was im Februar 1979 in Teheran geschah, war vorhergesehen worden. Michel Foucault, der für Corriere della Sera den landesweiten Aufstand beobachtete, schrieb: „Das ist vielleicht die erste große Erhebung gegen die weltumspannenden Systeme.“

Innerhalb von drei Tagen waren die etablierten Machtstrukturen abgeräumt und weggefegt.

Viele werden den Menetekelcharakter von Foucaults Nachrichten aus dem Iran überlesen haben. Plötzlich fluteten verschleierte Frauen das Vorfeld der Reporterarmee und erklärten ihre „Abkehr von der westlichen Moderne“ zum Ausblick auf das politische Design der Zukunft. Die Botschaft verhallte im Nichts der Verständnislosigkeit. Zukunft war nach allgemeinem Verständnis ein westliches Projekt. Wahrgenommen wurde „eine Rückkehr ins Mittelalter“ unter der Ägide des Ajatollah Khomeini.

Frank Bösch, „Zeitenwende 1979 - Als die Welt von heute begann“, C.H.Beck, 512 Seiten, 28,-

Am 16. Oktober 1978 wurde der Pole Karol Wojtyla zum Papst (Johannes Paul II.) gewählt. Ein Jahr später löste sein Besuch in der kommunistischen Heimat ein Erdbeben der katholischen Begeisterung aus, in dem viele Brocken der Systemkritik durch die Luft fliegen. Frank Bösch bemerkt: „In diesem Jahr häuften sich globale Ereignisse, die Türen zu unserer Gegenwart aufstießen. In zahlreichen Ländern kam es zu Revolutionen, Umbrüchen und Krisen, die viele Herausforderungen unserer heutigen Welt ankündigten.“

Ein Jahr später sorgte eine Versorgungskrise in Polen für Massenproteste. Werftarbeiter bildeten den Kern einer revolutionären Zelle, deren Metastasen den kommunistischen Ostblock bis zur Selbstaufgabe schwächten.

Während Khomeini in Teheran triumphierte, besuchte zum ersten Mal ein hochrangiges Mitglied der chinesischen KP die Vereinigten Staaten. Deng Xiaoping war für Time der Mann des Jahres 1979. Mit seiner Erscheinung auf dem politischen Parkett verband sich die ökonomische und kulturelle Öffnung Chinas. Noch erkannte niemand die globalen Folgen des staatskapitalistischen Coups.