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2020-05-11 04:38:03, Jamal Tuschick

Die Stille, die dem Scheitern folgt

„Ein Unglück, das man bis zum Ende verteidigen muss“ - Beckett als Briefschreiber

Ihn interessiert die Stille, die dem Scheitern folgt.

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In den Fünfzigerjahren beginnt Samuel Beckett das eigene Werk in seine Muttersprache zu übertragen. Er übersetzt sich selbst aus dem Französischen, so wie er sich in den Zwanzigerjahren ins Französische zu übersetzen begann. Er synchronisiert seine Denksprachen nach Maßgabe perforierender Bedürfnisse, zunächst mit dem Ehrgeiz im Französischen völlig ungezwungen aufräumen zu können. Er sucht Wörter, die Realität transportieren. Schiere Sprachmöblierungen sind ihm ein Graus. Er will die Schonbezüge von den Wortsofas ziehen.

Samuel Beckett, „Ein Unglück, das man bis zum Ende verteidigen muss“, Briefe 1941–1956, Suhrkamp, herausgegeben von George Craig, Martha Dow Fehsenfeld, Dan Gunn und Lois More Overbeck, aus dem Englischen und Französischen von Chris Hirte.

Mühelosigkeit als Ziel

Becketts Unnachsichtigkeit entgeht bald kaum noch ein Fehler. Sein Französisch schweift in der Originalität aus und gewinnt allmählich jene Elastizität, die man als sprachgymnastische Funktion in ihren Schwingungsgraden unbewusst wahrnimmt. Ihn treibt es, die innere Muttersprachbeweglichkeit fremdsprachlich zu veräußerlichen.

„Wer diese Briefe liest, nimmt Einblick in Becketts Gedankenschmiede.“

Polyglott schwelgt Beckett in Nuancen und Valeurs.

„Scheußliches Wetter. Crawled out after I to Stadtschänke. Sülze. Grässlich“. 1936 in Hamburg

Besonders gern harkt er die deutsche Sprache.

Vor dem Ruhm

Seine Entscheidung, den II. Weltkrieg in Frankreich durchzustehen, versteht sich nicht von selbst. Beckett kannte in den Tagen vor dem Einmarsch kaum mehr als Paris und das Einzugsgebiet lediglich von Ausflügen. Ich erinnere mich, irgendwo in Richard Ellmanns nachatmenden Detailwucherungen gelesen zu haben, dass Beckett einmal wegen Formlosigkeiten zurückgelassen werden musste, und die von James Joyce angeführte Landpartie sich weiter nicht mehr um den unbekannten Iren scherte.

Beckett sah keinem Ruhm entgegen, er war ein weithin unbekannter Schriftsteller, als er einmal gemeinsam mit Joyce in ein anhaltendes Schweigen verfiel. Ellmann interpretierte es so: Beckett sei vom Zustand der Welt zum Grübeln gebracht worden, während Joyce den eigenen Zustand klagend beschwieg.

Beckett klagte nicht.

Er war kein Mann des Zweifels.

Er schloss sich der Résistance an.

Er zögerte überhaupt nicht, sich Gefahren auszusetzen. Die Schergen und Schranzen der Besatzungsmacht bezweifelten die Identitätsangaben des Expatriierten. Sie nahmen Beckett den harmlosen Iren nicht ab.

Jemand, der sich nie kompromittiert hatte, wirkte verdächtig.

Sein Werk rutschte ihm dann einfach so heraus.