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2021-05-23 04:47:26, Jamal Tuschick

Sie sind wieder da

Das gilt allemal für Burkhard Garweg, Daniela Klette und Ernst-Volker Staub. Das Trio soll Geldtransporter, Kassenbüros und Supermärkte vor allem nah der Wasserkante überfallen haben. Das Landeskriminalamt Niedersachsen rekonstruierte eine Serie von zwölf Raubüberfällen, begangen ab 1999. Die Täter:innen trumpften mit Schnellfeuergewehren und einer Panzerfaust auf.

© Jamal Tuschick

Stoffwechsel - Energietransfer - Informationsaustausch

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Sie nannten sich Rote Armee Fraktion (RAF) und betrachteten sich als natürliche Verbündete (natural allies) weltweiter antikolonialer Befreiungskampfallianzen. Ihre Dekade waren die Siebziger. Schon vor Anbruch des neuen Jahrzehnts erlahmte das revolutionäre Stehvermögen. Die legalen Filialen schlossen. Die „repressive Toleranz“ des Staates zeigte Wirkung. Motivations- und Legitimationsfragen lösten Krisen aus. Es begann die Ära der Ausstiege und neuer Identitäten in der Deutschen Demokratischen Republik. An die Stelle bekennender Militanz trat der Feierabendterrorismus der Revolutionären Zellen. Man hatte dazugelernt und blieb formal legal. 1998 erklärte der RAF-Rest das Ende seines bewaffneten Kampfes. Die im Untergrund Verbliebenen fröstelten einem prekären Lebensabend entgegen; bedroht von uralten Haftbefehlen.

Sie sind wieder da

Das gilt allemal für Burkhard Garweg, Daniela Klette und Ernst-Volker Staub. Das Trio soll Geldtransporter, Kassenbüros und Supermärkte vor allem nah der Wasserkante überfallen haben. Das Landeskriminalamt Niedersachsen rekonstruierte eine Serie von zwölf Raubüberfällen, begangen ab 1999. Die Täter:innen trumpften mit Schnellfeuergewehren und einer Panzerfaust auf.

Die armierten Oldtimer:innen werden im Zusammenhang mit der Ermordung des Deutsche-Bank-Chefs Alfred Herrhausen (1989) und des Treuhand-Chefs Detlev Karsten Rohwedder (1991) gesucht. Schwerste Straftaten stehen im Raum. In Saintes-Maries-de-la-Mer informiert sich die Ermittlerin Gloom Costigan bei dem pensionierten Polizeidirektor Eugen Mansfeld, der beim Olympia Attentat von München im Einsatz war.

Anfang der 1970er Jahre pflanzten Palästinenser, die in Jordanien nicht mehr willkommen waren, im Libanon einen PLO-Ableger und benannten ihn nach einer Niederlage. Der historische „Schwarze September“ (1970–1971) stellte sich in ihrer Sicht als verlorene Auseinandersetzung zwischen der jordanischen Armee und palästinensischer Guerilla dar. Mit dem Terrorlabel „Schwarzer September“ verbindet man zuerst das Münchner Olympia-Attentat vom 5. September 1972. Palästinensische Terroristen brachten die israelische Mannschaft in ihre Gewalt. Sie begannen als Geiselnehmer und endeten als Mörder.

Eugen hat sein Berufsleben in München absolviert. Nun lässt er die Seele in Südfrankreich baumeln. An einem Salzkristallmorgen begleitet ihn Gloom zum Bäcker. Die Strecke zieht sich hin an einem Saum des verröchelnden Gestrüpps sowie ausgelaugten Mauerwerks.

Saintes-Maries-de-la-Mer ist ein Schauplatz von Prozessionen und Wallfahrten. Doch morgens, wenn man durch den hellblauen Lavendelwind schlendert, passiert man donquichotteske Gestalten – Gardians, die Cowboys der Camargue. Figuren wie von Giacometti.

Eugen identifiziert für den Besuch die gleichen drei Lebensmittelläden wie vor zwanzig Jahren in einem Tumult des Dazugekommenen. Die einst weiße Stadt ist bunt geworden und stellt sich dem Betrachter als Gehege für touristische Absonderlichkeiten dar. Der Preis für den Wohlstand ist Entfremdung. Eugen verweist auf Männer in Holzschuhen.

„Nach ihnen wird es solche alten Männer wie sie nicht mehr geben.“

In der Bar neben dem Bäcker

Die Sucht bleibt Souverän. Eugen raucht wie ein Schlot. Der Körper ackert wie ein Knecht. Die Lunge pfeift, das Herz schmerzt, die Leber duckt sich im Gewitter der Zumutungen, da Eugen Cognac frühstückt. Er lobt das polierte Tresenholz. Auf Sinti-Spuren entdeckt er eine phonetische Fährte, die vom Rumänischen zum Katalanischen führt. Den kaputten Genießer fasziniert der Sinti- und Roma-Betrieb in Saintes-Maries-de-la-Mer. Sich europaweit von Kneipenengagement zu Kneipenengagement hangelnde Musikreisende besetzen vor Ort die Flamencobühnen.