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„Kürzlich erschien in einer amerikanischen Tageszeitung der Bericht eines Jugendpsychologen, der als harmloser Betrachter und Zuhörer eine Veranstaltung der englischen Beatles besucht hatte. Er schreibt: „Ich hatte einen amüsanten Abend erwartet, als ich zu der Beatle-Show ging. Tatsächlich aber war das Erlebnis unter den 14 000 Jugendlichen unfaßbar und beängstigend. Diese Hysterie und Hemmungslosigkeit hatte ich nicht erwartet.“ Aus der ZEIT von 1964
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„Wir werden Menschen sein. Wir werden es sein, oder die Welt wird dem Erdboden gleichgemacht bei unserem Versuch, es zu werden.“ Eldridge Cleaver
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„Mein politisches Sendungsbewusstsein ... (hielt sich stets) in Grenzen.“ Stefan Aust
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Der Autor beschreibt Ulrike Meinhof und Klaus Rainer Röhl als „linkes Erfolgspaar mit Eigenheim und Urlaubsreisen nach Sylt.“
Demnächst flippt die Republik aus. Eine bleierne Zeit liegt in den letzten Zügen. Die Adenauer-Restauration hat ausgedient. Die Ehe der Premium-Kolumnistin Meinhof und des hanseatisch-smarten Publizisten Röhl verröchelt in Hamburger Schaufenstern, als Stefan Aust vom Schülerzeitungsschreiber zum konkret-Redakteur aufsteigt.
Stefan Aust, „Zeitreise – die Autobiografie“, Piper, 26,-
Für Meinhof vertritt der junge Mann und „Mädchen für alles“ in der Redaktion einen populistischen „Illustriertenkurs“. Aust erscheint der Grande Dame der Revolte als Auflagenfetischist ohne politischen Charakter, während die konkret-Starautorin sich radikalisiert auch unter dem Eindruck der Ereignisse vom 2. Juni 1967, als bei einer Demonstration gegen Schah Mohammad Reza Pahlavi in West-Berlin der Polizist Karl-Heinz Kurras den Studenten Benno Ohnesorg erschießt. (Noch weiß man allgemein nicht, dass Kurras MfS-Agent ist.) Die RAF der ersten Stunde tritt durch die Pforten der Wahrnehmung. Denken Sie an Baader/Meinhofs „Heimkampagne“, siehe Bambule. Peter-Jürgen Boock wird so rekrutiert.
Als Free Lancer fliegt Aust via Paris nach Algier zum Panafrikanischen Kulturfestival (vom 21. Juli bis zum 1. August 1969.) Er hofft, den vom FBI zur Fahndung ausgeschriebenen, seit 1969 in Algerien lebenden Black Panther und Autor von „Seele auf Eis“ Eldridge Cleaver (1935–1998) zu treffen.
In Algerien sind alle Freiheitskämpfer:innen willkommen.
Präsident Houari Boumedienne hält es mit der Sowjetunion. Das Festivalskolloquium bietet Repräsentant:innen der Black Panthers und der palästinensischen El Fatah einen Präsentationsrahmen. Es gibt Kollaborationen mit der blutjungen RAF. Den Kulturkampf versteht man als Verlängerung des bewaffneten Kampfes. Miriam Makeba - Amampondo, live at the Alger Pan African Festival 1969 und Archie Shepp, We Have Come Back Festival Panafricain d'Alger en juillet geben sich die Ehre.
Familiäre Sirenengesänge - Was zuvor geschah
Er vergreift sich an einem Lehrer und bringt sich so um sein Abitur. Reinhard Aust wandert aus und beweist in der Neuen Welt ein abenteuerliches Herz und Bärenkräfte. Er schlägt sich als Trapper und Cowboy durch. Sein Vater, ein Entrepreneur von eigenen Gnaden, der vom Postkartenproduzenten zum Reeder aufstieg und sich im feinsten Hamburger Quartier, namentlich am „Elbabhang von Blankenese“, etablierte, ruft den verlorenen Sohn lange vergeblich zur Ordnung im heimischen Revier. Als Reinhard den familiären Sirenengesängen schließlich erliegt, erfasst ihn der Krieg, kaum das er 1939 deutschen Boden betreten hat. Er nimmt am Polenfeldzug teil und berichtet davon im Plauderton, so dass die Angehörigen nach seinem Tod nicht wissen, ob er ein Fallschirmjäger mit spezieller Killerkompetenz war oder ein Befehlsverweigerer in Gewissensnot.
Nach dem Tod des reichen Opas verschleudert Stefans Vater sein Erbe in eskapistischen Unternehmungen. Er legt sich Pferde zu, die - mit großem Schauwert - in Wildwestmanier eingeritten werden. Stefan und seine Geschwister halten sich gut im Sattel. Bis eben dachte ich, die Reiterei sei das herrschaftliche Hobby eines avancierten Journalisten. Tatsächlich gehört es zu Austs Kraut- & Rüben-Jugend. Im nächsten Augenblick arbeitet Aust für konkret und hat ständig mit Ulrike Meinhof zu tun. Er fliegt von Hamburg nach Berlin, wo er der APO-Chefs Christian Semler, Bahman Nirumand und Peter Schneider kennenlernt.
Jetzt geht es los, das Superding zwischen Journalismus, Highlife, Sex und politischer Radikalität. Aust bekennt gleichsam postum, bei Weitem nicht so links gewesen zu sein wie andere. Doch spielt das keine Rolle in den Sechzigerjahren. Der Sturm des Aufbruchs reißt den Debütanten mit.
„Meine politische Abstinenz war Ulrike Meinhof nicht verborgen geblieben, und sie meinte in manchen Redaktionsgesprächen ganz von oben herab: Du bist einfach unpolitisch.“
Aus der Ankündigung
Es gibt wenig Menschen, die bei großen zeitgeschichtlichen Ereignissen und Entwicklungen der letzten Jahrzehnte so oft mittendrin waren, wie Stefan Aust. Seine vorliegende Autobiografie ist auch ein Rückblick auf seine journalistische Arbeit, hier folgt man nicht nur den Stationen eines ereignisreichen Lebens, sondern erhält auch tiefere Einblicke in seine Recherchen. So entsteht ein Panorama bundesdeutscher und internationaler Politik; es ist zugleich Zeitzeugnis, Hintergrundbericht und die Abenteuergeschichte eines hoch spannenden Lebens.
„Es wurde mir von Tag zu Tag deutlicher bewusst, welches Privileg es war, als ›so eine Art Journalist‹, wie ich immer gern gesagt hatte, am Straßenrand der Geschichte zu stehen.“