Der Spiegel fragte: „Würde Adorno zu Fridays for Future gehen?“
Adorno vermied jeden Auflauf. Er wäre niemals in einer Gemeinschaft Skandierender mitgelaufen. Das hat er selbst festgestellt; man hat es ihm zum Vorwurf gemacht. Adorno verwahrte sich gegen die doppelte Zumutung der Aufforderung zur Beteiligung am Massenhaften sowie der Kritik an seiner Verweigerung mit einer Formulierung aus der Kreisklasse.
Man sagt: Mit vollem Mund spricht man nicht. So sagte Adorno dem Sinn nach: Mit Übergewicht demonstriert man nicht. Er wählte ein antikes französisches Wort für das hervorragende Merkmal.
Adorno nannte seine Wampe Embonpoint.
Er hütete sich vor einer Performance der Unschicklichkeit. Ihm kam es darauf an, nicht deplatziert zu erscheinen. In Adorno grollte der heimliche Stolz, keinem Nazi je die Genugtuung gegeben zu haben, schlecht angezogen in eine Ecke gedrängt worden zu sein. Als das Institut für Sozialforschung im 33er-Sommer unter den Druck der Machtergreifung geriet und „das kommunistische Betriebsvermögen“ eingezogen wurde, wirkte sich die Voraussicht der im innersten Kreis zusammengeschweißten großbürgerlich geborenen Wissenschaftler:innen zum Vorteil künftiger Exilant:innen aus – und als das Institut nach dem Krieg seinen angestammten Platz auf einen Ruf hin neu zu etablieren sich bereitfand, schickte man Jurist:innen vor und bummelte sozialphilosophisch im Tross.
Kurz gesagt, es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass Adorno sich der Notwendigkeit ausgesetzt gesehen hätte, jemandem zuzuhören, dessen Radikalität mit dem witzlosen Zobel juveniler Naivität verbrämt ist.
In dem Spiegel-Artikel ging es um die Chancen einer Renaissance der Frankfurter Schule im GT-Geist. Dazu bedarf es keiner Zustimmung der Vordenker:innen.