Karg war die Frankfurter Existenz, üppig ein französischer Ableger in der Sommerresidenz einer Schwester. In Horst Karaseks postum publizierten Aufzeichnungen „Rasend das Herz“, Luchterhand 1998, erscheint der zweite Haushalt der Schwester wie eine Enklave der Seligen in erodierenden Verhältnissen.
Auf dem Teich der „Alten Mühle“ flirten Libellen mit Seerosen. Beim Abendbrot denkt der Autor an „Erdbeersahne“. Ländliche Architektur kontert die medizintechnische Komplexität einer Krankheitsregulierung. Der Zwang zur Dialyse gliedert den Tag des von Schrumpfnieren geplagten Schriftstellers.
„Das Dialysat ist eine Art Zuckerwasser.“
Karasek behandelt sich selbst mit einer Bauchfelldialyse. Das schafft Freiheit im Vergleich zu den Umständen stationärer Blutwäsche.
Die Dialyse erfolgt in Abständen von geringer Dauer. So viel Zeit wie möglich verbringt Karasek auf einem Mofa ... bis ein Unfall die Mobilität beendet.
Die Drohungen der Krankheit schärfen die Sinne. Paratyphus schleicht sich zum Hauptübel, das Herz schlafft ab. Werden die Schmerzen zu arg, spricht Karasek von sich in der dritten Person.
„Man verabreichte ihm Morphium.“
Sobald die Krankheit eine Pause einlegt, verweigert sich Karasek strikt der Schonung. Das hat Folgen.
„Das Wasser steigt in den Füßen.“
Der Patient schiebt Arzttermine hinaus.
Einmal liegt eine Spenderniere in der Frankfurter Uniklinik bereit, während Karasek mittellos in Sainte-Vertu rotiert. In einem von der Schwester gecharterten Privatflugzeug landet er auf einem Frankfurter Flughafen, um da zu entdecken, dass er ohne Pass reist.
Karasek erzählt, wie Käse aus dem Papier geschlagen wird. Der Wein kommt mit schwarzen und grünen Oliven auf den Tisch eines Cafés in Chablis, wo man sonntags auf den Markt geht. Sein kleines Französisch erlebt der Schriftsteller als Wohltat:
„Weil ich wenig verstehe, ist die Welt im Lot.“
Kein Kunstwille hebt die Prosa.