„Sie haben sich Stuart nicht ausgesucht, so lautet zumindest die Geschichte, aber wie bei allen Geschichten kommt es darauf an, wer sie erzählt.“
„Vitas Haare sehen sehr seltsam aus, als wäre ein schwarzer Helm aus dem All gefallen und auf ihrem Kopf gelandet.“
Die kindliche Ich-Erzählerin, fahndet „nach Antennen, die aus dem Helm ragen, nach außerirdischen Überwachungstechnik“.
Solche Beobachtungen macht Sydney Oriel Smith an der Hand ihrer Mutter. In der Romangegenwart ist Rachel Elliotts Heldin lange schon erwachsen, die Mutter tot, und der Vater arbeitet in Teilzeit bei Marks & Spencer an der Kasse.
Rachel Elliott, „Bären füttern verboten“, Roman, aus dem Englischen von Claudia Feldmann, Insel Verlag, 11,-
Antikes Skateboard
Die Cartoonistin geht auf die fünfzig zu, aber das sieht man nicht, wenn Sydney ihre „nostalgischen Ausflügen auf abgenudelten Rollen“ unternimmt, oder wie eine bewegungssüchtige Jugendliche durch die Stadt flippt. Ihr Sport heißt Freerunning. Diese Art (doppelte Konnotation), den öffentlichen Raum einzunehmen, geht auf legendäre Pioniere zurück. Marken der Lineage-Historie: Méthode Naturelle, Yamakasi, Parkour. Siehe Sebastien Foucan.
Illegale Höhepunkte
Sydney nutzt eine Kunstgalerie als Klettergerüst. Sie zieht sich auf Dächer zurück, um frei atmen und denken zu können. Wie alle für den absoluten Flow Prädestinierte, erscheint Sydneys Verhalten rätselhaft, wenn nicht mysteriös.
Eines Tages beobachtet Maria Norton in St. Ives eine Dach-Séance von Sydney. Sie erzählt davon ihrem Mann, dem Maler Jon Schaefer. Er gibt sich Mühe, die Geschichten seiner Frau interessant zu finden. Zu seinem Haushalt gehört die beinah dreißigjährige, in den Augen des Vaters zurückgebliebene Tochter Belle und ein intellektuell ausschweifender Hund namens Stuart.
Rachel Elliott erzählt die Geschichte von unserer kleinen Stadt. Ihr Little Town Blues ist hinreißend koloriert. St Ives liegt in der Grafschaft Cornwall. Die Verhältnisse schillern beschaulich. Das Skurrile dominiert. Belles Trinkkumpane im Black Hole sind alle Mann über sechzig. Dazu passt, dass man sie für eine „alte Seele“ hält. Sydneys Vater Howard trauert Sydneys Mutter so sehr nach, dass er sich mit dem Gedanken an Selbstmord tröstet.
Aus der Ankündigung
Als sie nach über dreißig Jahren an den Strand von St. Ives zurückkehrt, wird die Freerunnerin Sydney nicht nur mit dem schmerzhaftesten Moment aus ihrer Vergangenheit konfrontiert, sondern begegnet auch einer Reihe skurriler Menschen, deren Leben um keinen Deut weniger chaotisch ist als ihres: Zahntechnikerin Maria backt Muffins mit heilenden Kräften, Buchhändler Dexter ist mit der Liebe durch und trägt manchmal gerne Kleider, und Belle wohnt mit Ende zwanzig noch immer bei ihren Eltern und führt das Hängebauchschwein der Nachbarn aus. Sie alle eint die Frage, wer eigentlich bestimmt, wann unser Leben einen Sinn hat. Ihre Schicksale verweben sich zu einer ermutigenden Geschichte darüber, wie man weitermachen kann, wenn die eigene Welt sich nicht mehr dreht.
Bären füttern verboten ist ein tröstlicher, hoffnungsvoller und zuweilen humorvoller Roman über Trauer, den Umgang damit – und über Neuanfänge.