Es war wie heimkommen. Die Kneipe sah so aus wie Kneipen in meiner Kindheit ausgesehen hatten und die Gäste zeigten sich umgänglich und zufrieden. Die Wirtin war eine passionierte Kreuzworträtsellöserin mit Stricknadeln im Haar und Brillenkette. Ich kam ins Gespräch mit Marion und Achim, dem unproblematisch-postproletarischen Pärchen von nebenan. Ich schätzte Achim auf Ende vierzig. Er atmete angestrengt, bewegte sich schwerfällig und wirkte angeschlagen. Marion verkörperte die stille Unverwüstlichkeit, die beim Dartturnier auch einmal laut werden kann, jedoch niemals aus der Rolle einer unbedingt verlässlichen Treuhänderin jedweden Vereinsvermögens fällt.
Erstmal Bacardi-Cola. Achim kümmerte sich darum.
Achim redete, Marion rauchte. Achim hatte bei der Post gelernt. Ach, das war lange her. Die Deutsche Post gab es nicht mehr. Nichts war mehr wie damals, als sich Achim in seiner Haut noch so richtig wohlgefühlt hatte. Irgendwann fragte er mich, ob ich seine Briefmarken sehen wollte.
Das Paar hatte es nicht weit. Ich wusste nicht, was mich erwartete, aber ich erwartete alles Mögliche in einem Rahmen des Vertrauten und halbwegs Vertrauten.
Das Wohnzimmer wie aus einem Katalog von 1970. Solider Sperrmüll, imprägniert vom Zigarettenrauch. Ein gelber Film versiegelte die Patina. Der häusliche Mief mischte Kneipe und Küche. Achim mischte Bacardi und Cola. In allen Dingen sprach sich eine gespenstische Anspruchslosigkeit aus. Eher noch Antriebslosigkeit – soziale Lethargie. Das kannte ich, da kam ich her.
Ich bekam mein Getränk in einem verschrammten Senfbierglas. Es sah nach altem Plastik aus und erzählte eine Geschichte, die bis weit in das letzte Jahrtausend reichte. Damals steigerte man Produktattraktivität mit dem Doppelnutzungseffekt. Man verkaufte Senf in einem Bierglas, das sich kaum unterschied von anderen Bierglastypen, jedoch unter den Senfgläsern eine hervorragende Stellung einnahm.