Im Dschungel der Städte hat Karate seine große Zeit noch vor sich.
“It is a fascinating and rewarding discovery that you can generate more power with much less effort.” Quelle #internalwingchun
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In den Achtzigerjahren vor dem Göttinger Institut für Leibeserziehung. Aufgenommen von Mara Neusel. © Jamal Tuschick
Yip Man tauchte aus den Vermutungen und Legenden weltweiter Eastern-Begeisterung als Lehrer von Bruce Lee auf. Das war in den 1970er Jahren, damals trafen sich ‚Gastarbeiter‘ sonntags auf dem Bahnhof, dem Ort ihrer Ankunft in Deutschland. In den Bahnhofskinos lief Strumpfbanderotik und Gong-fu im Wechsel. „Emmanuelle“ und „Seven Steps of Kung Fu“; Laura Antonelli in Malizia und Alan Chui Chung-San in „7 Grandmasters“. Dazu brauchte man nicht viel Deutsch zu können, die Bilder sprachen. Die Kampfkunstfilme kamen aus Hongkong. Sie folgten einem Schema der Trauma-Arbeit. Stets stand auf einer Seite der fiese Besatzungsjapaner im Plural seiner Unbeholfenheit, und auf der anderen Seite der edle Chinese, klassisch mit Zopf. Das war Holzhacker-Karate gegen Peking Oper und Löwentanz, letztlich war das alle gegen Bruce Lee - und Bruce Lee gewann immer. Deshalb stellte sich die Frage: Was trainiert der Bruce? Die Antwort lautete: (Ursprünglich) Wing Chun.
Der in Lubbock, Texas, geborene und in Kassel bei seiner Großtante Maeve von Pechstein herangewachsene Cole spielte in den Sonntagnachmittags-Séancen die Rolle einer Randfigur, die sich von Beobachtungen ernährt. In Maeves Karateschule am Bahnhof Wilhelmshöhe gab es für ihn nur Führungsaufgaben. Cole agierte als designierter Nachfolger einer Großmeisterin mit internationalem Renommee. Maeve leitete Karatesymposien. Man stellte die Karateuhr nach ihr und akzeptierte den dynastischen Impetus der Karatekoryphäe.
Cole genoss es, im Bahnhofskino Zaungast zu sein, und in einem Regime des Mangels nicht hervorzustechen. Im Verein mit hundert Bedürftigen sank er auf die basale Stufe. In der Heimlichkeit verbarg sich die Furcht, mit seinen Vorlieben aus dem bürgerlichen Rahmen zu fallen. Nanami übernahm es, Cole zu erklären, dass mit ihm nach menschlichen Maßstäben alles in Ordnung war. Bald bildeten die beiden ein Paar. Sie zogen in ein Jagdhaus der Försterei Fahrenbach. Ihre nächsten Nachbarn waren vietnamesische Boatpeople. Nanami und Cole freundeten sich zumal mit Xuan an.
Xuan gab den zurückhaltenden, stets abwägenden, niemals aus sich herausgehenden Zeitgenossen. Er bewegte sich himmlisch statuarisch - in einem Sternentanz von Kraft, um eine Mitte, in der keinesfalls ein betäubter Wille stand.
Xuan unterrichtete Nanami und Cole in Wing Chun.
Wing Chun folgt vier Prinzipien:
Ip Man erschien den Adept:innen* als Verkörperung des effektivsten Minimalismus. Geboren 1893 in der Provinz Guangdong, repräsentierte er einen südlichen Stil. Ip Man hatte die Muße, sich ab dem vollendeten siebten Lebensjahr in sein Gong-fu zu vertiefen. Nichts anderes erstreben Nanami und Cole, sah man einmal davon ab, dass sie unter einem Karatedach lebten.
Szenenwechsel - Einseitige Aussprache
Während Xuan, Nanami und Cole im Wald trainieren, geschieht in Kassels Vorderem Westen Folgendes. Anzu gewährt im Café کیک شکلاتی Guðmundur eine letzte Aussprache, an der sie sich allerdings nicht beteiligt. Sie verkörpert einfach nur sich selbst, während ihre Kyokushin-Karate-Cousinen den Abgehalferten im Auge behalten. Lautlos flehen sie Guðmundur an, durchzudrehen, damit sie aufdrehen können.
Das Café gehört Anzus Tante Reihaneh. Sie ist der Milvatyp und die Sippenpatrona.
Reihaneh ist Vorsitzende der Geheimloge QX, von der William S. Burroughs in „Auf der Suche nach Yage” berichtet. Ihr abgefrühstückter Mann existiert nur noch in der einfallsreichen Verachtung seiner Frau, ihrer Schwestern sowie der Nachkommenden. Anzu verdankt Reihaneh sechs Cousinen. Alle haben Schichten im Café. Alle behaupten Unabhängigkeit und beweisen Dependenz.
Reihaneh dominiert die Szene mit machtvoller Hilflosigkeit. Als überdrehter Dreh- und Angelpunkt im Familienauflauf wird sie belagert. Sie wehrt sich mit Grobheit:
„Du hast den Mundgeruch deines Vaters.“
Anzus Migrationsgeschichte beginnt im Iran. In manchen Erzählungen führten ihre Vorfahren ein beschauliches Leben, das Gott* gefiel. Fragt man Reihaneh, dann waren die Altvorderen eine Bande verlauster Banditen, die ihre Frauen wie Sklavinnen hielten und dem Vieh anderer Leute den Vorzug gaben.
Familie ist Scharmützel, ein Kleinkrieg um Anerkennung. Im Café ziehen mitunter zehn Frauen aus zwei Generationen in die Schlacht. Gunst oder Missgunst, das ist hier die Frage. Es kommt zu erzwungenen Liebesbezeugungen.
Anzu wälzt sich nicht in Bescheidenheitssuhlen. Sie erwartet von einem Mann, dass er sich wenigstens ab und zu für sie ein Bein ausreißt. Haben wir uns verstanden, mein Lieber. Und bitte nicht dieser Blick (in dem sich Unterwürfigkeit mit Frauenverachtung paart).
Es gibt einen Anspruch der Aufgegebenen auf ein Nachgespräch. Selbst die Grimmigsten verweigern ihren دوست پسر سابق nicht die Gelegenheit zu einer letzten Klage auf neutralem Boden.
Anzu lässt Guðmundur reden wie beim tonlosen Fernsehen. Ihre gleichgültige Abneigung beschirmt sie kaum mit einem Anschein von Zugänglichkeit. Guðmundur quatscht ins Leere.
Anzu entstammt einem Klan, der im Grenzland zwischen Iran und Irak bis auf den heutigen Tag eine merkwürdige Eigenständigkeit bewies. Achthundert Jahre vor dem Erscheinen des Jesus von Nazareth gehörten Anzus Leute zum Nordreich Israel.
*
Anzu geht als Löwin unter die Leute. Alles an ihr ist Glut, Glamour und brennender Horizont. Sie braucht einen gediegenen Mutil-lagun. Jemand, der den höchsten Standard als sein persönliches Minimum erachtet.
There is nothing little in a fight, sagt Maeve. Maeve Sensei hat ein philosophisches Verhältnis zum Fauststoß. The foundation of all practise is Tsuki (Fauststoß). The basic of the system is a direct punch.
Maeve Sensei in ihren eigenen Worten
Im Karate ist tausend eine kleine Zahl, soweit es um Wiederholungen geht. Zugleich gibt es tausend Techniken, die meisten sind aufregender als ein gerader Fauststoß. Trotzdem wird da, wo Karate mit Wertvorstellungen verbunden ist, Wert auf Grundtechniken gelegt. Deren König ist ein gerader Fauststoß zur gegnerischen Mitte. Ich erzähle euch heute, warum das so ist. When martial art was part of real life down meant death. Das älteste Wort für die auf Okinawa in einem kulturellen Vorfeld ansatzweise japanisierte chinesische Kampfkunst ist Te. Te heißt Hand. Es gibt eine Elaboration - Chinesische Hand. Um das Gleichgewicht nicht zu riskieren, wurde nicht höher getreten als normalerweise geschlagen wurde, also zur Mitte. Die Schlichtheit dieses Konzepts leuchtet nicht einfach ein. Egal. Heute kann man in einem Kampf zu Boden gehen und stirbt trotzdem nicht. One little thing changes everything. Die Aufhebung der Gleichsetzung von am Boden und tot hat zu einer Konfusion im Karate geführt, die man Sportkarate nennt. Diese Mutation ignoriert die Karategenese.