Im Dschungel der Städte hat Karate seine große Zeit noch vor sich.
Sehen Sie auch hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier.
Um 1980 in Kassel © Jamal Tuschick
Sound Shadow
„Wenn etwas den Unterschied in diesem Krieg ausmacht, dann ist es keine Waffe. Es sind die Ukrainer. Ihr Widerstandsgeist.“ Reinhard Müller, in der FAZ vom 18.09. 2022, Quelle
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“Find the right tone and then, don‘t play it.” Miles Davis
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Als man Kyokushin Kaikan Gründer Ōyama Masutatsu nach dem Geheimnis des Karate fragte, entgegnete er schlicht: „Schweiß.“
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Das Freud’sche Es der Kampfkunst: „I do not hit, it hits all by itself.” Bruce Lee
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“I intercept your emotional tensions. From your thought to your fist: how much time was lost.” Bruce Lee
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“The third stage - the stage of artlessness, or spontaneous stage occurs when, after years of serious and hard practice, the student realizes that after all, gong-fu is nothing special. And instead of trying to impose on his mind, he adjusts himself to his opponent like water pressing on an earthen wall. It flows through the slightest crack.” Bruce Lee
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“Don’t use muscular force, use your mind.” Sifu Nima King“
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Der blinde Insurance Investigator Mike Longstreet, Held einer gleichnamigen 1970er-Jahre-TV-Serie, nimmt Kampfkunstunterricht bei dem von Bruce Lee verkörperten Antiquitätenhändler und Jeet Kune Do-Meister Li Tsung. Bruce Lee sensibilisiert seinen Schüler für den noise trail von Bewegungen. Er lehrt Longstreet die Kunst, den sound shadow richtig zu deuten.
Das wird an anderer Stelle variiert, wenn Bruce Lee, ich weiß nicht mehr wo, erklärt, dass das Auge zu langsam ist. Er rät, glaube ich, zur taktilen Auffassung. Das bezieht sich auf eine konkrete Close-Range-Konstellation.
Spielfigur des Unerfüllten
”As it happened, I didn’t grow up to be the kind of woman who is ... have never taken me to the bend in the river where the cottonwoods grow.” Joan Didion
Joan Didion macht John Wayne eine Liebeserklärung. Auf den ersten Blick nimmt sich das Bekenntnis wie eine Selbstbloßstellung aus, doch auf den zweiten Blick verrät es eine Sehnsucht nach Wahrhaftigkeit. Auf Dauer kann man sich sein Leben nicht mit Discount-Korrektheiten erzählen. Die Wahrheit wird schließlich zur Notwendigkeit. Sie bricht zwischen den zusammengebissenen Zähnen hindurch. Sie quillt aus Tuben des Verzichts.
Die Tochter eines Air Force-Offiziers führte das Leben einer Kasernennomadin. Den Sommer 1943 verbrachte sie auf der Peterson Space Force Base (im El Paso County, Colorado) nahe Colorado Springs. Die Umgebung bestand aus „mit Teerpappe gedeckten Baracken“. Es gab einen Offiziersclub, der dem Kind weiter nichts zu bot als „einen künstlichen blauen Regen hinter der Bar“. Ein improvisiertes Kino wurde zur Zuflucht. Ein Satz, den John Wayne in dem damals brandneuen Western Die Hölle von Oklahoma sagt, bot dem Unerfüllten in Didions Leben einen Evergreen-Titel.
Als Dan Somers verspricht John Wayne „einem Mädchen“ (Martha Scott spielt Catherine Allen) ein Haus, „an der Biegung des Flusses, wo die Pappeln wachsen - to the bend in the river where the cottonwoods grow“.
„Tief im Herzen … ist das noch heute der Satz, auf den ich warte.“
Fortan „reitet John Wayne durch (Didions) Kindheit“. Er reitet weiter durch die Erinnerungen an die Kindheit.
„In John Waynes Welt war es John Wayne, der die Befehle gab.“
In dem Aufsatz „John Wayne: Ein Liebeslied“ exponiert Didion die „sexuelle Macht“ des Schauspielers.
Siehe:
Joan Didion, „Slouching Towards Bethlehem“, Essays, aus dem Amerikanischen von Antje Rávik Strubel, Ullstein, 22.99 Euro
Slouching Towards Bethlehem: Der Titel zitiert die Schlusszeile eines Gedichts von William Butler Yeats:
„Slouches towards Bethlehem to be born? - Schlurft bethlehemwärts, um zur Welt zu kommen?“
Sherpa Sisters
Didions (in jeder Phase ihrer Publikationslaufbahn unpassende) Offenbarung erlaubt es Lien an einem verregneten Vormittag ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen; und es einmal wieder zu bedauern, dass sie nicht nachdrücklicher auf Cole von Pechstein eingewirkt hat. Cole war die schönste Spielfigur ihrer Phantasie.
Ließ Lien die Liebeschance ihres Lebens ungenutzt verstreichen?
Wenigstens das wusste schließlich jede im roten Kreis der Eingeschworenen. Dass sogar die Beste in der Karateschule Pechstein ohne Coles Hilfe niemals Weltmeisterin geworden wäre. Dass Hilfe ein schwaches Wort für das war, was Amina Firebird alle anderen überholen ließ.
Cole schuf Voraussetzungen dafür, dass Amina, Lien und die anderen im Frauenleistungskader zusammengeschlossenen Schülerinnen einen geschlossenen Kreislauf aus Training, Theorie, Kontemplation und Wellness zu ihrem Lifestyle machten; sie es smart fanden, ihre Keigogis steif zu bügeln, so dass sie bei jeder explosiven Bewegung knallten; dass sie ihre Trainingstaschen zu Kultobjekten hochjazzten; dass sie aus dem Vokabular des Karate eine Verschwörung machten.
Lifestyle Karate
Ohne es zu ahnen, waren wir auf dem Weg zu einem karatefeministischen Leitsternbild. Für uns gab es irgendwann nur den bunch der Karateschule Pechstein. Wir bildeten eine humane Batterie als Kraftquelle für jene, die am aufnahmefähigsten waren. Wir, und zu diesem mediokren Wir gehörte Lien an erster Stelle und dies frei von Bedauern, waren die Sherpa Sisters, die Supporter:innen* der natural born Siegerinnen. Wäre Lien allein auf ihr Potential angewiesen gewesen, egal auf welchem Feld des Lebens, blanker Durchschnitt wäre schon üppig gewesen. An ihrem Herkunftshorizont zeichneten sich noch nicht einmal die Ränder der Möglichkeiten ab, die sich im Kader ergaben. Im Bunch-Flow wuchs Lien weit über sich hinaus.
Das bedenkt Lien während ihrer Schreibtisch-Séance. Inzwischen hat es aufgehört zu regnen. Die Sonne scheint durch die Wolken und liefert ein diesiges Licht. Wind spielt mit den Kronen der Bäume vor dem Fenster. Lassen wir Lien da sitzen und verträumt popeln. In meinen Augen leidet ihre Attraktivität nicht darunter, dass sie halbwegs öffentlich in der Nase bohrt.