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2022-10-05 09:13:05, Jamal

Im Dschungel der Städte hat Karate seine große Zeit noch vor sich.   

Sehen Sie auch hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier.

An der Ostsee 2021 © Jamal Tuschick

“If they physically resist the lop, they are using localised strength, simply switch to a pak sau for fun results.” wing_chun_details, Quelle

Weiß gelesener Schwarzer

Are you ready for the first time jump? Kassel ist das, was man in der Chrono-Physik eine Offenbarung nennt. Man kann in Kassel Zeitreisen unternehmen, sofern man dynastisch inkliniert ist; eben so wie Maeve, Antigone und Cole von Pechstein, Madeleine und Iris Leise, Amina und Anzu Firebird, Hiromi Mühlbach und Daniela und Keno Teichmann.

Ein Katholik auf dem Thron - Friedrich II. von Hessen-Kassel (1720 - 1785) durchbrach den reformierten Regentschaftsbetrieb in einem evangelischen Kernland, indem er konvertierte. Die Dynastie isolierte ihn nach Kräften. Zu Friedrichs Anhänger:innen* zählte ausgerechnet ein Hugenotten-Klan. Die Duponts waren unter dem erzprotestantischen Karl von Hessen (1654 - 1730) Kasseler Bürger:innen* geworden. Sie bewährten sich in Spitzenpositionen im dritten Kreis der höfischen Gesellschaft. Andres als Henri Quatre, wechselten die sie ihren Glauben nicht unter Opportunitätsgesichtspunkten.

Was für eine bizarre Volte.  Infolge des (von Ludwig XIV. 1685 dekretierten) Edikts von Fontainebleau um ihre Places de sûreté protestantes gebrachten, im Galopp auf die rechtsrheinische Seite geflohenen Calvinist:innen*, konvertierten unter der Ägide des einzigen hessischen Fürsten, der seit der Reformation katholisch zu sein beliebte. Dieser Irrsinn sorgte noch in den 1970er Jahre dafür, dass (die geborene Dupont )Margarete Leise einen schweren Stand in ihrer eigenen Familie hatte.

Margaretes großspurige Tochter Iris bekannte sich zum Christentum ihres evangelischen Vaters. Sie erklärte sich selbstverständlich im Geist der kämpfenden Kirche Lateinamerikas. Der Reigen vollzog sich zwischen Weltrevolution, gesunder Ernährung, Che-Guevara-Verehrung, esoterischen Freiübungen und Hava Nagila. Was haben wir Hava Nagila gesungen. Wie oft bin ich weggeschickt worden, weil Iris ihren Schönheitsschlaf brauchte.

Das Gesindel an der Spindel - Keno Teichmann erzählt

Im 18. Jahrhundert trug man Cole von Pechstein den Vorsitz in der Hessen-Casselischen Gesellschaft des Ackerbaus und der freien Künste an. Er bat mich an seiner Stelle die Sache zu bestellen, ich beriet mich mit Gustav Casparson, dessen Studie „Abhandlung der Verhütung des Bettels“ ihn zu einer Instanz gemacht hatte. Johann Wilhelm Christian Gustav Casparson war Dramatiker und Professor der historischen und schönen Wissenschaften. Seine Einsichten gipfelten in der Idee, jeden, der auf Kassels Straßen ein Almosen begehrte, ins Arbeitshaus zu stecken.

Casparson unterschied a) Arme, denen es an Gelegenheit zur Arbeit fehlte, von b) Müßiggängern und c) bettelnden Kindern.

Wie dämmt man die Bettelei in der Residenzstadt ein? Das war eine Frage von zentraler Bedeutung. Hierzu hörten wir Koryphäen aller Couleur. Die Termine fanden im Alten Teehaus am Elbenknick statt. Die Ritter von Elben zu Tuffstein waren ein althessisches Geschlecht, das sich zurückverfolgen ließ auf die Zeit früher fränkischer Besiedlung der nach heutigen Begriffen Thüringen vorgeschobenen Gebiete.

Japanischer Highlander

Das älteste Teehaus Hessens war ein Kleinod der Gartenarchitektur an der Fulda und ein Geschenk des Meisterspions, Schwertkampfmeisters und japanischen Highlanders Toranaga, das europaweit Schule machte.

Womit wir wieder beim Thema wären. Wie Sie bemerkt haben werden, war in den letzten Tagen kaum je von Kampfkunst die Rede. Wir haben uns abgemüht mit der SPD im Allgemeinen und mit der nordhessischen, von Holger Börner angeführten Betonfraktion im Besonderen. 

Toranaga erschien am kurhessischen Hof als Gesandter und Gartenbauexperte des Shogun Tokugawa Ieyasu (1543 – 1616). Als Unsterblicher überlebte Toranaga Reichseiniger Ieyasu um Jahrhunderte. Er war der Liebling einer Reihe von Fürsten. Er unterstützte schließlich noch unseren Freund Akira Kurosawa beim Abdrehen der „Sieben Samurai“, eine Variation des Märchens von den „Sechs Schwänen“ oder „Sieben Raben“.  

Zurück zur Armenpflege. Waisenkinder setzte frau/man an Baumwollspinner, gab ihnen ein Dippchen heiß gekochte Suppe zum Frühstück und des Abends und genoss so die volle Anerkennung des internationalen Journalismus. Unsere Schulmeister:innen* und Seminarist:innen* unterrichteten das Gesinde(l) an der Spindel.

Bereits 1761 hatten wir ein Accouchier- und Findelhaus eingerichtet. Nicht, dass ledige Frauen ihre Kinder straffrei in die Welt setzen konnten. Das Wohl der Schwangeren war kein Ziel. Vielmehr ging es um eine Verminderung der Säuglingsmorde.

Du kimmest nach Haina war eine Kasseler Redensart.

Im Zuge der Reformation löste Landgraf Philipp der Großmütige das Zisterzienserkloster Haina auf und stellte die Anlage 1533 in den Dienst der Ärmsten. Das Hohe Hospital Haina war Männersache. Für die Frauen stiftete Philipp das Landeshospital Merxhausen. 

Die Reformation brachte es mit sich, dass man die Arbeitskraft von Findel- und Waisenkindern gezielt ausbeutete. In Kassel gründete man (in dieser Schreibweise) das reformirte Waysen- und Armenhaus an einem Unterneustädter Rand als koedukative Einrichtung.  

Kassel 1980 – Runa stammt aus einerm in allen Generationen seit der Reformation prekär gebliebenen Klan, des Stammmutter als Waise einen harten Start hatte 

Runa schärft das Profil, bevor sie zur Arbeit geht. Jeden Abend rasiert sie ihren Schädel. Sie konturiert die Silhouette. Markant will sie erscheinen. Unverwechselbar und derwisch. (Ein Mode-Verb, kreiert von erlesenheitssüchtigen Elevinnen.) In ihrem 変-Maxine-Kostüm dreht sie sich vor dem Spiegel.  

Runa legt Ketten an und rüstet sich mit Ringen.

Deutschland hat Feierabend, wenn Runa aus ihrem Bau kommt. So wie sie aussieht, könnte sie nachts Gabelstapler fahren und eine europaweite Fernverkehrsfahrerinnenvergangenheit haben. Da geht eine, die beruflich nie gesiezt wurde, zum Döner vor der Schicht.

Runa fährt keinen Gabelstapler im Nirgendwo einer taghellen Lagerhalle am nächtlichen Autobahnzubringer. Sie leitet das Türsteherinnenteam im フラメンファウストテネ. Auf Deutsch ungefähr Flammenfaust Tenne.

Wer sagt noch Tenne?

Cole von Pechstein zum Beispiel. „Der Erfinder des Karatewunders von Kassel“ (Jamal Tuschick in der Frankfurter Rundschau) legt Wert auf die rustikale Tanzbodennuance. Der Club gehört zu Coles Flow-to-go-Totalisator am Bahnhof Wilhelmshöhe.

Runa zur Hand gehen vor allen anderen Kazuko und Himari. Die Ermahnung eines sozialen Versagers ist im Hartreimjargon der Ordnungshüterinnen ein Stunt oder Hit. Ich muss euch nicht erklären, was der Final Stunt ist.

Runa, Kazuko und Himari verstehen sich als Kriegerinnen des ersten Kasseler Karate-Stammes. Die Tribalen machen gemeinsam Energie im 秘密の道場 - dem Geheim-Dōjō der Ritterlichen Schwestern zu Kassel. Den Bund gründete Coles Tante Maeve von Pechstein. Einst lehrte Maeve in ihrer Schule die Kunst, das Schwert zu ziehen (Iaidô), Kobudō (Bauernwaffen), Kalligrafie, Zen-Kontemplation und Gōjū-Ryū Karate. Das offizielle Dōjō funktionierte wie ein Nachbarschaftszentrum. Es diente Geburtstagsfeiern, Hochzeiten und Ausstellungen. Es gab eine Tischtennisplatte und einen Tischfußballkasten. Bei Kaffee und Kuchen in der Klatschspalte herrschte ein ständiger Austausch mit regelmäßigen Basar- und Tauschbörse-Terminen. In diesem Klima fanden Mütter ihre Kinder gut aufgehoben. Scharenweise durchliefen einander aus dem Kindergarten und der Nachbarschaft bekannte Mädchen die Karate-Grundschule. Wer durchhielt, wurde in die Leistungsgesellschaft promoviert. Mit der bestandenen Prüfung zum 1. Dan verband sich die Aufnahme in die Ritterliche Schwesternschaft. Dann reichte Maeve den Machtstab weiter an ihren Neffen Cole. Zwanzig Jahre nach Maeves Pioniertat gilt die Karateschule Pechstein als feministisch grundierte Erfolgsschmiede. Mit Amina Coogan haben wir sogar eine Weltmeisterin an Bord. Die bodenständig-bescheidene Physiotherapeutin ist das Vorbild einer ganzen Karateka*-Generation.

Seilschaft oder Sekte 

Ist die Ritterliche Schwesternschaft eine soziale Seilschaft oder eine Sekte? Dazu bald mehr.