„Und wenn ihr erst einmal vollbewusst, total wach seid, ist euer ganzes Leben tugendhaft; alles, was ihr tut, hat dann ein Aroma der Reinheit, einen Duft des Göttlichen.“ Osho
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Sehen auch hier und hier und hier und hier.
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„Sobald ihr einem orgastischen Erleben näherkommt, setzen eure Gedanken aus, ihr werdet eher zu einer Energie, flüssiger, und pulsiert am ganzen Körper. Und das ist der Moment, in dem ihr hellwach eure Achtsamkeit auf alles richten solltet, was da vor sich geht - das Pulsieren; der Orgasmus, der immer näherkommt.“ Osho
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„Wenn wir tief im Menschen nachforschen, werden wir feststellen, dass kein anderes, von ihm gebrauchtes Wort unwahrer ist als Liebe.“ Osho
In den 1990er Jahren © Jamal Tuschick
Duft des Göttlichen - Was zuvor geschah
Anfang der 1980er Jahre landet die Aussteigerin Doris Steinbrecher in einem Yoga-Retreat auf Honolulu. Über dem Geschehen thront ein greiser Charismatiker. Der gebürtige Däne Severin Hænning tritt als Swami Singh auf. Auf einem Parcours degoutant ausgeleierter Routinen verführt er die kaum zwanzigjährige, einigermaßen desorientierte Deutsche, die nicht begreift, dass ihr Weltschmerz und ihre Wehmut weiter nichts als Heimweh signalisieren. Severins sexuelle Supernova vollzieht sich unter sämtlichen Vorzeichen einer End-Spannung. Er stirbt vor Begeisterung. Erst nach seinem Tod erkennt Doris, dass sie von dem alten Sack geschwängert wurde. Sie findet Aufnahme in einer höchst effektiven Gemeinschaft. Severins yogaaffine Ex-Geliebten managen ein Refugium mit weltweiter Ausstrahlung. Den Mix aus Geschäftstüchtigkeit und Spiritualität kennt Doris von daheim. Ihr Vater, der kaum alphabetisierte Selfmade-Millionär und Seelenberserker Anton Steinbrecher, verkörpert die Dualität von derbem Materialismus und krachender Esoterik.
In der Obhut kluger Frauen kommt Navin zu Welt. Während seiner ersten Lebensjahre sieht er einer Zukunft auf Hawaii entgegen. Doch dann dreht sich das Rad. Bei einer investigativen Stippvisite im weltberühmten Ashram von Poona begegnet Navins Mutter der schwäbische Aussteiger Raimund Freitag. Doris und Raimund hätten sich in ihrer nordwürttembergischen Ursprungsumgebung leicht treffen können, es gibt zahllose Kontaktpunkte. Die Bandbreite reicht von einer Diskothek in Calmbach über Ausflugsziele auf dem Dobel und in Neuenbürg bis zu einer Rauschgifthöhle in Mühlacker.
Beide reagieren eher verhalten auf den Ashram-Chef Chandra Mohan Jain aka Acharya Rajneesh aka Bhagwan Shree Rajneesh (ab 1989 Osho). Knall auf Fall beschließen sie ihre Rückkehr nach Deutschland.
Im ewigen Sommer von 1999 - Die Steinbrechers und ihre Entourage lagern am Ufer der Enz, da wo der alte Anton in den 1950er Jahren ein Flussbad errichten ließ - So geht es weiter
Navin gibt sich den Anschein einer sonnenstichigen Mondsucht. Er guckt so weggetreten wie möglich. So verbirgt er ein Interesse vor den anderen und eine Ratlosigkeit vor sich selbst. Seine Mutter krault gerade über das Flussbadareal hinaus.
Martialische Armut
Für eine Tochter des alten Steinbrechers gelten die üblichen Begrenzungen nicht. Das Volk der Gegend erwartet untypisches Verhalten. Es wird automatisch Auditorium, wenn eine Steinbrecher in die Vollen geht, ob als Turnierreiterin, Schwimmerin, Tischtennisspielerin, Ski- oder Autofahrerin. Auch bei den Tanzereien in Enzberg und Ötisheim fielen Antons sieben Töchter (bis zum Ablauf ihrer Brautzeit) aus dem Rahmen. Sie sind nun fast alle verheiratet. Nur Doris lebt (mit Freund und Sohn) auf dem Grund und Boden des Vaters. Der Patriarch finanziert die kleine Aussteigerinnengemeinschaft. Weder Doris noch Raimund finden sich zu einer geldwerten Arbeit bereit. Darunter soll Navin nicht leiden. Der Junge registriert, wie sich Britta verstohlen dem Yogakörper seines Stiefvaters nähert.
Britta ist eine Freundin der Familie. Die Steinbrechers bilden ihr eigenes Milieu in dem badisch-schwäbischen Grenzland zwischen Niefern und Mühlacker. Britta gehört von jeher dazu, zuerst als pferdenärrischer Dreikäsehoch, der Stallarbeiten verrichtete, um reiten zu dürfen.
Raimund präsentiert sich auf einem Handtuch. Ihn kennzeichnet eine Bedürfnislosigkeit, die den Wahnsinn streift. Bei einigen weiblichen Nachkommen rabiat-phantasieloser Materialist:innen … Schaffe, schaffe Häusle baue … entzündet die martialische Armut ein Feuer, das die Scham löscht. Die Verirrten finden oft erst wieder in der geballten Trostlosigkeit eines Großstadtquartiers ihren Frieden. Dazu bald mehr.