MenuMENU

Tuschicks Textland Blog

In seinem Blog beschreibt Jamal Tuschick die Vorteile von Differenz und die Chancen kultureller Vielfalt. Es stellt sich die Frage, wie die Literatur rückwärtsgewandten Tendenzen entgegenwirken kann. Hat die Literatur eine unmittelbare gesellschaftliche Relevanz? Wie werden Selbst- und Fremdbilder durch Literarisierung beeinflusst? – Tuschicks Textland Blog wird ständig aktualisiert.

2024-12-14 20:46:35

Jamal Tuschick - Koksen nicht kleckern

Der Mittel gibt es viele. Noch zu D-Markzeiten bekam Karolin einen deutlich höheren Stundenlohn als jeder Kollege, da sie sich im Kabinett der Burgschänke, mit dem seit ewigen Zeiten offenstehenden, der Legende nach von Stammgästen aufgesprengten Tresor, so ausgiebig umzog, dass der König sich ausreichend als der Einäugige unter den Blinden gewürdigt fand.
mehr


2024-12-14 19:37:08

Jamal Tuschick - Meilenweit für eine Camel

Den ersten Zungenkuss kann man vergessen, den ersten Lungenzug nicht, so wenig wie die Standorte wichtiger Zigarettenautomaten in der Frühphase des Rauchens. Hunde wurden dorthin ausgeführt. Weiblicher Siedlungsnachwuchs traf sich dort. Er roch nach Nivea.
mehr


2024-12-14 10:01:14

Jamal Tuschick - Wohnungsbembel

Karolin putzt bei ehemaligen Freunden und karitativen Bekannten. Im Weiteren tanzt sie den Walzer der Wohlfahrt. Wann war das, als Karolin aus der Kurve getragen wurde und ihre Art zu sein nicht mehr zu den Narrativen im Spektrum der erweiterten Unauffälligkeit passte? Niemand hat Karolin vor die Tür des allgemeinen Laissez-faire gesetzt. Das sind normale Vorgänge der Dissoziation, die Karolin einschränken, findet Hannes nach wie vor.
mehr


2024-12-13 08:52:29

Jamal Tuschick - Maskirovka

Wem was gehört: das war die entscheidende Frage im alten Nordend. Das entschied, wer wen heiratete. Ja, es ging bei uns zu wie im Orient. Wir waren Protestanten und diskriminierten die Katholiken, die aber über eigene Bastionen verfügten.
mehr


2024-12-12 08:55:07

Jamal Tuschick - Im Greisengarten


mehr


2024-12-11 10:39:24

Jamal Tuschick - Gewaltiger Stillstand

Die erdgeschichtliche Theatralik, gewaltsame Stundenschläge der geologischen Zeit, Weltkriege des Vulkanismus, machen sich unauffällig unter dem botanischen Überzug. All die Abrisse, Canyons, Rinnen, Gassen, Nadeln, Stalaktitenwälder, Kavernenlabyrinthe, Trichter, verkehrte Dome und Dolmen unterliegen einer betulichen Bemäntelung aus schwachbrüstigem Gestrüpp. Ein Lumpenpack der Pflanzenwelt lungert am Strand. So nennen die Eingeschweißten das schmale Sandband zwischen Khans Kiosk und dem Kinderspielplatz ...
mehr


2024-12-10 09:54:23

Jamal Tuschick - Die paläolithische Revolution der Affen

Die Koryphäen agieren wie Menschen im Paläolithikum. Sie hämmern und haken und modifizieren die Instrumente ihrer Wahl. Sie graben Wurzeln und Knollen aus, zertrümmern Holz und legen Larven frei. Sie schlagen Splitter aus Blöcken, pulverisieren Quarzeinschlüsse in Zubereitungs- und Darbietungsakten. Vermutlich spekulieren sie auf mineralische Prisen im Quarzpulver.
mehr


2024-12-10 08:57:34

Jamal Tuschick - Die Lieder meiner Mutter

Diese Umwelt ist zu komplex, um sie allein mit Nahsinnen (Tasten, Riechen, Schmecken) bis zur Übersichtlichkeit in den Griff zu bekommen. In der verdichteten Unterschiedlichkeit bietet das Gehör nicht genug Filter, um im Spektrum zwischen Gefahr und Fortpflanzung „identifizierbare Geräuschmuster" zu entwickeln. Denken Sie an die Akustik in einer überfüllten Wartehalle. In jedem Gewimmel sorgen allein prägnante Farben für eine effektive Unterscheidung.
mehr


2024-12-09 12:07:10

Jamal Tuschick - Pharaonische Totenstille

Liebe Musenzeit, nie zuvor ist diese Geschichte richtig erzählt worden. Ich könnte wir sagen. Wir fuhren täglich von der Schule, wo wir schon Stunden gemeinsam in einem Raum verbrachte hatten, zum kollektiven Kiffen zu Alissa in die Villa, die damals eine Riesenbaustelle war und heute ein Schmuckstück ist. In manchen Zimmern waren die Fußböden aufgerissen, so dass man über Bohlen balancieren musste. Die Elektrizität im Haus war eine zurückgebliebene Angelegenheit. Flackerndes Kerzenlicht gehörte zur Inszenierung.
mehr


2024-12-08 11:27:47

Jamal Tuschick - Die Wirkung im Moment

Es gab sie schon im 19. Jahrhundert. Wandernde Agitatorinnen, die das Licht der marxistischen Aufklärung in die Keller des Prekariats trugen. Agnes Wabnitz (1841 - 1894) starb als Volkstribunin. Ihr erwiesen mehr Leute die letzte Ehre, als sich sechs Jahre zuvor zur Verabschiedung von Kaiser Wilhelm I. bereitgefunden hatten.
mehr


2024-12-08 11:14:51

Jamal Tuschick - Lüsternes Halbwissen

Es bleibt eine Schweinerei, die in einem Wunder der Suggestion zum magischen Vorgang transformiert. Nie sieht ein Gast die Küche und den uniformierten Fleiß, die eiserne Routine der Helferinnen, die von Nelson manchmal wie Sklavinnen und manchmal wie Halbgöttinnen behandelt werden. Er ist der Garant des Küchenfriedens sogar im Groll. Er bekocht das Migrantenfähnlein aus Bosnien, dem Kosovo, der Türkei und ich weiß nicht mehr woher. 
mehr


2024-12-07 18:58:39

Jamal Tuschick - Karate

Tetsuhiro Hokama erzählt in einem Youtube-Video von seiner Kindheit, erst auf Taiwan, wo sein Vater als japanischer Soldat stationiert war, und dann auf Okinawa, der Familieninsel aus Tetsuhiros Perspektive. Japan litt nicht allein unter der (von dem nuklearen Inferno gesteigerten) Kriegsniederlage.
mehr


2024-12-07 17:54:32

Jamal Tuschick - Wäsche aus der Gemeinschaftsmaschine

Der beste Kuli schon wieder in der falschen Ecke. So kann ich nicht arbeiten, denkt Babu. Gestern war er auf dem Markt, so heruntergekommen bis zur Konstabler Wache. Halwer Frankfort uff de Baa. Hinrichs Hund sitzt auf dem hinteren Lattenrost und schlabbert sein Bier auch nicht unmanierlicher als Schmuddel zum Beispiel. Jana hat versucht den Hund mit Jever Fun zu täuschen, das gab eine Abmahnung wegen Tierquälerei.
mehr


2024-12-07 17:11:18

Jamal Tuschick - lust baut gebäude aus luft

„Die war doch schon“, sagt Babu nicht zum ersten Mal. Er wiederholt sich gern. Fatou nimmt ihm das nicht übel. Es beruhigt sie, dass Babu keinen höheren Rang in der Burghierarchie beansprucht als sie. Das egalitäre Momentum entspannt auch Winnie, der als Spüler angefangen hat und nun auch schon wieder zwanzig Jahre lang täglich an den Grenzen seines Leistungsvermögens als Koch arbeitet.
mehr


2024-12-07 16:52:37

Jamal Tuschick - Feministischer Damenkranz

Babu leert die Papierkörbe in der Künstlergarderobe und im Technikerraum. Er folgt sich verwirrend verzweigenden Spuren eigenmächtiger Handlungen. Die Eingeweihten markieren ihre Bedeutung im System mit Überschreitungszeichen. Rauchen, wo man nicht rauchen darf, und die Kippen da liegenlassen zum Beweis. Bierflaschen und Teller mit angefressenem Zeug aus dem Künstlerkühlschrank überall stehenlassen.
mehr


2024-12-06 17:24:17

Jamal Tuschick - Furchtlose Männer in Windel

Brecht zeugte ein Kind mit fehlgebildetem Anus. Ihm, dem die göttliche Kombination von Zeugungswerkzeugen und Ausscheidungsorganen ein Leben lang Kopfzerbrechen bereitete, widerfuhr das Schicksal eines unkontrolliert scheißenden Sohns. Brechts Dasein vollzog sich wie in einem Kabarett, in dem ein wahnsinniger Drehorgelspieler die Musik machte. 1922 kam „Trommeln in der Nacht“ auf die Bühne. Herbert Ihering feierte Brecht „als die Stimme eines neuen Bewusstseins“. Karl Kraus sah in dem Debütanten „den einzigen deutschen Autor, der heutzutage in Betracht zu kommen hat“.
mehr


2024-12-06 11:57:25

Jamal Tuschick - Renaissance des Sozialistischen Realismus

Musenzeit, sich auf das kolportierte Heiner-Müller-Zitat „(Anziehung) ist eine Frage der Haut" beziehend: „Ja, das klingt jetzt danach, als können sie sich liebend begegnen. Was hatte Müller dazu zu sagen mit der Anmerkung zur Haut?"
mehr


2024-12-06 08:30:28

Jamal Tuschick - Der Kommunarden Traum vom Ich zum Wir

Juri rauchte Zigarre, so wie sein Idol. Er inszenierte am Schauspiel. „Allein gelassen schien er schmal wie ein Kind in der Fremde“, sagt Strittmatter über Brecht. Das dachte ich von Juri in Frankfurt. Er hatte Heiner Müller noch persönlich gekannt. War er blau, behauptete er, mit dem größten deutschen Dramatiker befreundet gewesen zu sein. Er schenkte mir „Drachenblut“. Die Novelle war zuerst unter dem Titel „Der fremde Freund“ erschienen; Juri wäre enttäuscht gewesen, wenn ich das Buch nicht schon gekannt hätte.
mehr


2024-12-05 10:34:40

Jamal Tuschick - Bloß eine Sommerliebe

Ein Regisseur quälend langer Theaterabende bekennt: Ich langweile mich sehr schnell im Theater. Auch dazu gibt es eine passende Bemerkung von Heiner Müller (HM): Was du dem Zuschauer nicht antust, tut er dir an. Marianne könnte den ganzen Abend Heiner Müller zitieren, alles vollzieht sich „im Lidschlag zwischen Stoß und Stich“ (HM).
mehr


2024-12-04 18:30:18

Jamal Tuschick - Restbürgerlichkeit

Mit den besten Gründen erwartet Barchefin Leonie im Gernegroß alt werden zu dürfen, etwas Besseres gibt es nicht für die kinderlos geschiedene Sozialpädagogin. Für Abgründe ist alles zu mickrig. Die Pseudologia phantastica der Eingeschworenen und Ausgeflippten verfehlt die Koordinaten der Restbürgerlichkeit. Leonie repräsentiert die Restbürgerlichkeit vor Ort. Sie ist Anführerin der Normalo-Fraktion.
mehr


2024-12-04 08:00:36

Jamal Tuschick - Der heilige Aschenbecher

Vereinzelt treten die Veteranen sehr leger auf. Auch Mariannes Geliebter, der legendäre Hannes Kesselmann, hat schon im Bademantel seine Nachtasyle abgeklappert. Hat man Geld, werden einem die Erscheinungen des Wahnsinns als Grillen ausgelegt. Hannes zeigt Marianne einen Bund, an dem kein Schlüssel hängt, dessen Schloss noch existiert. Mit den Schlössern sind viele Türen verschwunden, aber die Häuser stehen noch.
mehr


2024-12-04 08:00:21

Jamal Tuschick - Traumpfadliebe

Musenzeit: „Ja, swingen in Pastell - das Bild gefällt mir sehr in seiner Schwingung, ich sehe gleich Skizzen vor mir zu den Episoden. Marianne und Hannes im erotischen Strom, der sie kraftvoll zueinander führt und miteinander wachsen lässt. Schön und aufregend ist das! Ich mag die Vorstellung sehr für die Erzählung, wenn kein klassisches ‚Sex-Macht-Drama‘ die treibende Kraft wäre, was sich schnell im literarischen Kreationspotential erschöpft, sondern eine tief verankerte seelische Verbundenheit, die sehr viele (erotisch-sexuelle) Ausdrucksformen haben kann in der Story.“
mehr


2024-12-03 16:39:24

Jamal Tuschick - Das Wörter verstoffwechselnde Leben

Jamal: „Vielen Dank. Gerade wollte ich Marianne schreiben. Die Lücke zwischen Musenzeit und Marianne schließt sich im Erzählraum. Das ist vielleicht unfair, weil ich bestimmt nicht Hannes bin. Aber solche Überblendungen sind extrem reizvoll. Ich nehme alles auf, was du an Marianne-Biografie in dir findest, und freue mich sehr, dass du auf dem Traumpfad zwischen dem durchbluteten Leben und dem Wörter verstoffwechselnden Leben schon auf der anderen Seite angekommen bist. Im Erzählraum atmen, das ist mein Ideal.“
mehr


2024-12-03 16:36:06

Jamal Tuschick - Pfadfinder des Augenblicks

Um an einer anderen Stelle fortzufahren - Wie gesagt, Marianne wuchs in Perth auf. Ihre Eltern trennten sich, als Marianne elf war. Im Augenblick wollen wir nichts von den traurigen Ausläufern der Scheidung erzählen, sondern uns wieder der Koinzidenz zuwenden, dass ein Frankfurter Agent, Journalist und Schriftsteller ...
mehr


2024-12-01 16:39:50

Jamal Tuschick - Aus der Schreibwerkstatt - Musenzeit bringt sich ins Spiel

Musenzeit: „Es ist ein schöner Flow, der sich da ergeben hat. Ich bin ganz erstaunt und freue mich darüber, was du da so herbeizauberst an den ganzen Figuren & Plot-Ideen. Der Dreh mit der australischen Kolonialisierungsgeschichte als gemeinsames Familienerbe, das die beiden entdecken, finde ich großartig. Ich liebe das Verweben historischer Spuren in Romanen, das erdet die Figuren. Das ‚Upgrade‘ zum Burgtheater birgt prickelnde Spannungen, ich sehe da schon deine Figuren darin agieren ...
mehr


2024-11-30 16:34:40

Jamal Tuschick - Frankfurter Goldjunge

Seit drei Monaten ist Marianne Frühauf die Hausregisseurin im Kabarett Gernegroß, das gerade zum Burgtheater hochgejazzt wird. Burg deshalb, weil der Spielplatz sich in einer Burg befindet, die bis weit ins 19. Jahrhundert weit vor den Toren der Stadt Frankfurt lag. In der Wahrnehmung von Gernegroß-Gründer Norbert Nasenschweiß ist Marianne lediglich Regieassistentin. Nasenschweiß weiß alles besser.
mehr


2024-11-30 16:02:44

Jamal Tuschick - Seelisch synchron

Marianne und Hannes bewegen sich mitunter seelisch synchron in einer ruppigen Welt. Sie erreichen kleine Gipfel der Übereinstimmung. Dann wandert eine Hand auf ein Bein, und die gekitzelten Sinne laden mal zu diesem, mal zu jenem Fest ein. Da zeichnet sich etwas Familiäres ab, das beide einschüchtert. Versucht einer etwas Bewährtes, sagt der andere: das muss doch nicht sein. Hannes zeigt Marianne, wo es den besten Kuchen gibt im Viertel.
mehr


2024-11-30 08:27:39

Jamal Tuschick - Biofeudalismus

Im fortgeschrittenen Herbst sedimentiert das Laub der Platanen in den Kiesschrunden des Biergartens der sagenhaften Apfelweintaverne Zur Burgschänke. Aus der Kegelbahn dröhnt vielstimmig die Selbstherrlichkeit. Marianne weiß noch nicht, dass da die Mafia der Sachverständigen allwöchentlich ihren Schwur erneuert. Die Sachverständigen rangieren als Superprädatoren an der Spitze der nordendlichen Nahrungskette. Sie regieren das Viertel.
mehr


2024-11-28 11:18:16

Jamal Tuschick - Anleitung zum falschen Verstehen

Im nächsten Augenblick vollzieht sich das Wunder körperlicher Anziehungskraft. Im übernächsten Augenblick nimmt Jassir eine Breitseite der Kritik mit dem kleinen Lächeln, das Leute an sich haben, die wissen, dass sie nicht gut ankommen in der Welt. Sie entschuldigen sich ständig dafür, dass die Welt es mit ihnen aushalten muss - sie es aber nicht mit ihr aufnehmen können.
mehr


2024-11-27 20:58:05

Jamal Tuschick - Das Geheimnis der kupfergrünen Türklinke

Schon kennt Jana das Geheimnis der kupfergrünen Klinke in einer Ramschschublade des Buffets. Buffet ist ein hessisches Wort für Tresen. In der Burgschänke heißt der Tresen Kommandobrücke. Jana eilt zu der Tür ohne Klinke. Die Tür befindet sich hinter einem Tisch namens Rolf, so benannt zur Erinnerung an einen, der an diesem Tisch verschied nach dem Verzehr von Brokkoli, der vorher schon dreimal zurückgegangen und deshalb vorübergehend eingefroren worden war, bis wieder einer da war, der sich traute, Brokkoli in einer phonetischen Annäherung an die amtliche Orthografie auf die Tafel zu schreiben.
mehr


2024-11-27 11:43:30

Jamal Tuschick - Magische Momente

„Könntest du bei mir?“, fragt Tine nichts Eiliges. Hannes schlägt gern gelegentlich mal eine Runde Kacheln von Tines Küchenwänden. Eine transgenerationale Erinnerung an Spanndienstverpflichtungen. Weder sein Vater noch sein Großvater war handwerklich. Mit keiner Geste sanken die Ahnen je unter das Bürgerliche. Hannes proletarisiert sich. Er zieht lieber mit Köchen als mit Künstlern um die Häuser. Am liebsten zieht er mit Gero los.
mehr


2024-11-26 20:49:59

Jamal Tuschick - Überflüssige Notwendigkeit

„Der überflüssige Mensch“ ist eine russische Spielfigur. Er fällt ins Fach des lamentierenden Selbstmörders. Beispielhaft ist ein von der Provinz verfluchter Lehrer. Auf dem Theater reißt sich der überflüssige Mensch das Hemd auf, nachdem er seine Familie und den Hof ins Unglück gestoßen hat. Nun muss er möchten.
mehr


2024-11-26 11:15:39

Jamal Tuschick - Frankfurter Spielregeln


mehr


2024-11-25 21:39:48

Jamal Tuschick - Marianne

Marianne ermutigte Hannes, aus sich herauszugehen; zweifellos war es seine Unsicherheit, die dem Treiben ein Ende bereitete. Hannes folgte der Schweißspur ihrer Empfindungen. Er witterte einen Hauch von Enttäuschung. Manifester war das Erstaunen über seine Zurückhaltung.
mehr


2024-11-24 17:33:38

Jamal Tuschick - Epochale Episode

August Fleckenstein ist außerdem ein Gespenst aus Nasenschweiß' Jugend, insofern ein Würzburger Gespenst. Nasenschweiß kehrt den zuvorkommenden Gastgeber heraus. Er bittet Tanja da noch einmal zu fegen, wo gerade noch traulich auf die Dielen geascht wurde.  
mehr


2024-11-24 10:42:09

Jamal Tuschick - Heimspiel am Berger Hang


mehr


2024-11-23 20:54:36

Jamal Tuschick - Offenes Zeitfenster

Hasi gießt das Gestrüpp vor dem ersten Ansturm. Mit einer Zange, die nicht richtig greift, liest sie Kippen im Garten auf. Die ersten Gäste freuen sich, ein besseres Leben zu haben als Hasi. Sie haben keine Ahnung. Das Leben in der Burg bedeutet Arbeit und Völlerei. Man kann davon ergriffen werden wie von einer Religion.
mehr


2024-11-22 18:20:22

Jamal Tuschick - Reiche Eltern


mehr


2024-11-22 11:45:55

Jamal Tuschick - Keimende Leidenschaft

Hasis Atem stockt. Sollte dies das Ende einer langen Liebesdurststrecke sein? Babu tastet sich vor. Jeden Millimeter Raumgewinn unterziehen seine Finger einer gewissenhaften Prüfung. Seit Jahrzenten träumt er von einem Augenblick wie diesem. Er kann es kaum glauben und überhaupt nicht fassen, dass er der aktuell Schönsten in Kurts Königreich so nahekommen darf. Unmerklich kommt Hasi ihm entgegen.
mehr


2024-11-22 11:10:42

Jamal Tuschick - Soziale Null

Hasi muss für Kurt Zigaretten ziehen, angeblich gehört Geselligkeit nach Feierabend zum Job. Unbemerkt lässt sich Hasi vom Gespräch der Eingesessenen einweihen. Wieder und wieder werden Eigentumsverhältnisse durchgegangen. Wem was gehört und seit wann.   
mehr


2024-11-22 08:22:40

Jamal Tuschick - Das Burggespenst

All die Zufallsfunde, erotischen Kleinwunder ... Berührungen beim Friseur. Von einem alten Meister in der Mercatorstraße lässt er sich das Haar bis auf die Haut schneiden. Das Geschäft funktioniert nur noch wegen der alten Frauen, die sich dort gewohnheitsmäßig Dauerwellen errichten lassen … silberblaue Aufbauten. Sie haben ihre Welt im Prüfungsblick.
mehr


2024-11-21 17:27:30

Jamal Tuschick - Verschleppte Aufbrüche

Im Dunstkreis des Buffets (hessisch für Tresen) hängt kein Geschirrtuch am Haken, das folgt einer Absicht und hat Tradition. Jana weiß von der Tradition nichts, sie wundert sich. Wie kann es sein, dass ihre kleine Frage den König zu Heftigkeit veranlasst, als hinge sonst was davon ab. Ihr doch egal, dass die Gläser nass ins Regal kommen. Der Dynast Kurt Wundersamen ...
mehr


2024-11-20 13:20:59

Jamal Tuschick - Gerissener Faden

Alles scheint gut, doch plötzlich reißt der Faden. Unter einer fadenscheinigen Ausrede sagt Hannes eine Verabredung ab. Tanja ist schockiert. Zum ersten Mal seit drei Tagen ist die Verbindung auf dem Drahtseil der sexuellen Spannung unterbrochen. Erst jetzt wird Tanja bewusst, dass sie die ganze Zeit erregt war, sogar zehn Minuten nach dem letzten Orgasmus und im Schlaf.
mehr


2024-11-20 11:56:20

Jamal Tuschick - Verkaterter Engel

Drei Jobs, aber keine Existenz. Zu Tanjas ausufernden Tageslichtverpflichtungen gehört die ambulante Altenpflege. Die Bedürftigen staunen über Tanjas Verabredungsgenauigkeit. Manchmal kommen sie in den Genuss einer reizenden Schwergängigkeit; wenn Tanja den Feierabend in der Burg einmal wieder bis in die Morgenstunden ausgedehnt hat.
mehr


2024-11-19 13:05:49

Jamal Tuschick - Delphine beim Daimler

Ich träume von einem Delphinritt im gefluteten Stuttgart. Die Delphine sind so plastisch wie Skulpturen. Obwohl die Stadt unter Wasser steht, fahren Straßenbahnen. Tine ist bei mir, zumindest nicht weit weg. Ich gebe mir Mühe, sie an meiner Begeisterung zu beteiligen. Sie soll verstehen, was ich empfinden. Ich bin wenig gereist, das bedauere ich im Traum.
mehr


2024-11-19 10:48:55

Jamal Tuschick - Galaktisches Taschentuch

Tanja findet Gefallen an unseren allnächtlichen Havarien. Für noch einen vorletzten Lütten ist sie stets zu haben. Sie kommt vom Ort und ist daran gewöhnt, von Geburt an allen entscheidenden Leuten bekannt zu sein. Heimlich leidet Tanja unter der Kohlekapitale an einem überlaufenden Bach namens Main. Im Dunnast (Rausch) verlegt sie Frankfurt zu den Kühen ihrer Verwandten in der Boddenmarsch bei Ahrenshoop. Sie zeichnet ihren Strand mit Asche auf den Tresen.
mehr


2024-11-19 09:46:43

Jamal Tuschick - Kein Spiel für höhere Chargen

Der Zug sickert in eine Kraterlandschaft. Anspannung verwandelt versehrte Bäume in Totempfähle. Corporal Clay Raymond aus Laramie, Wyoming, schaltet einen Scharfschützen aus. Er findet ein totes Mädchen da, wo er die Leiche eines Mannes vermutete. Jemand zieht unter Leichen ein lebendes Kind hervor. Sergeant Amsterdam Coogan sorgt dafür, dass dem Kind nichts geschieht. Die Männer finden Verschonung falsch. Clay bleibt für sich, er camoufliert ein Interesse.
mehr


2024-11-18 12:45:52

Jamal Tuschick - Melancholische Treseninschrift

Mit der Plötzlichkeit eines Überfalls und so verspätet wie die Bundesbahn kehrt der Sommer im Nordend ein. Noch einmal putzt sich alles heraus, wie um der Erkenntnis Vorschub zu leisten, dass alles nur für den Augenblick gemacht ist. Wir wenden uns, wie man in sparsamen Zeiten abgetragene Garnituren wendet, und leuchten ein bisschen mit.
mehr


2024-11-17 18:01:27

Jamal Tuschick - Ein Hauch von München

„Ich habe als Kind auf Dinge gepinkelt, die schlauer waren als du“, behauptet Leonie. „Das war“, kontert Babu ungerührt, „als die Gummistiefel noch aus Holz waren und der internationale Terrorismus in den Kinderschuhen steckte.“
mehr


2024-11-17 13:25:26

Jamal Tuschick - Reizempfindliche Phasen

Nasenschweiß verstellt gern Personalwege. Letzte Gäste hätten gern ein neues Teelicht. Ein einsamer Nussknacker auf der Durchreise wüsste gern wie spät es ist. Trapperesk trägt er einen Fuchskragen auf dem Kopf. Babu würde gern Dave Dude hören, der Wunsch bleibt unbeachtet. Ich erinnere Zeiten, da hörten wir ständig die obsoleten Surf- und Countrysachen, die Babu direkt aus Amerika von einem Scharfschützenausbilder ...
mehr


2024-11-17 11:48:47

Jamal Tuschick - Scheineifer

In monumentaler Wiederholungsbereitschaft seiner Vorurteile verlangt Nasenschweiss verkündungslaut, dass ich mit ihm gemeinsam meinen Cousin Babu für die Nummer Eins unter unseren Crashdummies halten soll. Selbst in seinen schlichten Ablehnungen wirkt der Gernegroß-Gründer belehrend. Ich speise ihn mit einer Notdurft von Zustimmung ab, mein Opportunismus rollt mir die Zehennägel auf.
mehr


2024-11-16 18:43:36

Jamal Tuschick - Einpersonenrandgruppe

Mein Cousin Babu redet so, auch wenn ihm keiner zuhört. Um elf sind bei ihm schon alle Lampen an. Er ist als Gast im Gernegroß. Das macht nichts besser. Ich registriere die Signale der Gereiztheit bei den Kolleginnen. Lauter Ausrufezeichen der Verachtung. Besonders ausdrucksstark in ihrem Willen zur Abfälligkeit ist Tanja ...
mehr


2024-11-16 11:30:14

Jamal Tuschick - Bembelherz

Der König treibt seine Scherze, das kennt man. Er geht gern zu weit und striezt gern und richtet gern hin oder zumindest ab. Er stichelt solange, bis Nasenschweiß sekundierend in die unterste Schublade greift und das herrschaftliche Gebaren allgemein nicht mehr von Bösartigkeit zu unterscheiden ist.
mehr


2024-11-15 14:47:18

Jamal Tuschick - In der Kelter

Die Haustür steht offen, die Wohnungstür auch. Jugendstile, so weit das Auge reicht. Unangefochten gelange ich in einen Korridor mit verhängten Spiegeln. Dreißig Leute in vier Räumen … und kein Mensch braucht eine Auskunft. Man lagert in Rauchwolken. Ich könnte mich irgendwo dazusetzen. Ich setze mich ins Treppenhaus.
mehr


2024-11-14 13:04:00

Jamal Tuschick - Rechtschreibschwäche

An genaueren Tagen endet die Welt bereits in Bornheim, im ehrwürdigen Wirtshaus Holz beispielsweise. Den Laden schmeißt noch nicht lange der Christian Gaube als Schwiegersohn und Eingeheirateter. Der Makel angeborener Mittellosigkeit wird ihm immer anhaften und auch noch die Position seiner Nachkommen belasten. Christian ist kein Holzer, er hat bloß eine Holzerin geheiratet. Mit solcher Schleich- aka Schlechtbabbbelei können wir uns ewig aufhalten.
mehr


2024-11-13 11:37:21

Jamal Tuschick - Ewige Debütantin

„Du hast das Nordend nicht kapiert.“ Es geht immer noch verdrehter und gerade um die Sonderstellung des „es“ in der Grammatik, wenn ich das richtig verstanden habe. Valerie diskutiert mit Britta. Diese beiden zählen sich auf sehr unterschiedliche Weise zur indigenen Bevölkerung des Nordends. Britta findet daran nichts Besonderes, während Valerie sich für das Schmuckstück am Nabel der Welt hält. Für Valerie ist Bornheim weit weg, das ist der Stadtteil auf der anderen Straßenseite.
mehr


2024-11-13 11:34:27

Jamal Tuschick - Micki

Micki pflegt ihren Ruf als „lebende Festung“. Die Höhe des Trinkgelds legt sie schon mal selbst fest. Niedrige Arbeiten lässt die Wirtin von einem Gast verrichten, der als Aschenbecher-Kralle, gegebenenfalls auch nur als „Aschebescher“ durchgeht. Er zieht für die Chefin jederzeit gern Zigaretten.
mehr


2024-11-12 13:49:19

Jamal Tuschick - Geschwisterliche Erbitterung

Drei Sätze in den blauen Dunst von Peter Stuyvesant und schon sind die Schwestern Toni und Franz (Antonio und Franziska, geborene Steinschneider) wieder „beim Thema“. Das Thema hat zwei Etagen. Oben verhandelt es die Nachbarschaft und darunter spricht Es. Wer mit wem vor allem damals. Als die Schwestern noch blutjung und kaum eine Ahnung. Aber die Soundso schon. Die Steinschneiderinnen können vor Verachtung glühen. Jedes Urteil nimmt sie aus ...
mehr


2024-11-11 10:50:22

Jamal Tuschick - Theatralisches Misstrauen

Der schönste Einwand gegen das von Alexander dem Großen zum Verwaltungszweck seiner Eroberungen eingeführte Amtsattisch lautete: „Damit kannst du die Welt regieren, aber keine Gedichte schreiben“.
mehr


2024-11-10 13:40:10

Jamal Tuschick - Nächtliche Rauschschwüre

Valeries fideler Familiensinn trudelte in Übertreibung. Sie und ihr Bruder ließen sich herrichten und mitschleifen. Sie apportierten aufs Niedlichste sämtliche Insignien unserer Lebensart. Der Nachwuchs wurde wie bei einem Dressurwettbewerb vorgeführt, bei jeder Matinee im Hessischen Rundfunk und bei sämtlichen Premieren im Volkstheater, in der Komödie und ...
mehr


2024-11-09 18:02:41

Jamal Tuschick - Adenauer

Mein Cousin fiel überall mit militantem Selbstbewusstsein auf. Seine Schwester war eine fidele Narzisstin. Ich beobachtete sie. Ich gefiel Valerie als Spiegel ihrer närrischen Eigenliebe. In der Liebe debütierte sie im Duett mit dem Ankermann-Junior, einem frühreifen Millionärssohn. Er war der Vierte in unserem Bund. Seine Leute besaßen etwas, das gab es in Frankfurt vermutlich nicht noch einmal ...
mehr


2024-11-09 17:20:31

Jamal Tuschick - Kammermusik der pornografischen Literatur

New York 1961 - Amerikas Avantgarde entspannt im Village. Robert Zimmerman trifft ein, aber noch nicht als Bob Dylan auf. Erste Gigs in einem „Basket House“. Im Gaslight Cafe spielen Musiker ohne Gage. Nach der Show kursiert ein Hut im Schankraum. Zimmerman begegnet einem musikalischen Matrosen der niederländischen Handelsmarine. Der Mann nennt sich Brasil Damon. Er übernachtet bei arrivierten Progresssiven auf der Gästecouch.
mehr


2024-11-09 17:16:36

Jamal Tuschick - Tender Precision

The basic organic error of humanism was that it wanted to lecture the people from above, instead of trying to understand them and learn from them. These academic idealists thought they were already ruling because their empire was far-reaching, because they had their servants, envoys, and legates in all countries, courts, universities, monasteries, and churches. But this empire embraced only a thin upper class and was weakly rooted in reality.
mehr


2024-11-08 20:41:44

Jamal Tuschick - Das Sprachschloss

Sie klimpert ein bisschen mit ihrem Erfahrungskleingeld. Die Liebe verbannt sie in die Dimensionen eines Fingerhuts. Persephone schmückt der Chic einer obsoleten Eleganz. Die geborene Rostockerin trägt ein himmelblaues Kleid mit V-Ausschnitt und unregelmäßigem Saum aus Crêpe Georgette.
mehr


2024-11-08 19:01:29

Jamal Tuschick - Terrestrisches Beispiellebewesen

Zaristisch geprägte Kavalleristen der Roten Armee treiben ihre Pferde in den Salon eines requirierten Schlosses, um die Tiere vor dem Regen zu schützen. Lahmt sein Pferd, reitet Babel auf dem Pferd eines Divisionskommandeurs weiter. Er versäumt es nicht, die Pflaumenfülle an Bäumen in einem ausgestorbenen Dorf zu erwähnen.
mehr


2024-11-08 15:19:47

Kaiserschmarrn-Tadsch Mahal

Im Frühjahr 1828 heuert Rosa Brugger als Dienstmädchen in einem Palais im zweiten Wiener Bezirk an. Die bis eben nur mit dem Allerdürftigsten vertraute Tochter eines Müllers wähnt sich in einem Kaiserschmarrn-Tadsch Mahal, während der Hausherr gerade das Notwendigste von den örtlichen Verhältnissen gewährleistet findet.
mehr


2024-11-08 11:02:26

Jamal Tuschick - The Deserts of Europe - The nights when the machines were running hot

Father and I were never alone on the nights when the machines were running hot. Three or four lemur-like workers, who after years in the company were treated like day laborers, performed menial tasks in high masses of quiet self-evidence. Not being exposed to the weather, like the people working in construction and agriculture, was an advantage they could tell.
mehr


2024-11-07 20:19:00

Jamal Tuschick - The Deserts of Europe

Grandpa was an exceptional figure - healer, seer, soul berserker. So much for the blessing. The genius was ideally combined with a genius loci. His magic box stands well on safe ground in the healing garden. A meadow full of opium poppy, flea and cat's weed, celery, agrimony, yarrow, radish and iris still fulfills the requirements of a living pharmacy of the Middle Ages to this day.
mehr


2024-10-30 15:21:38

Jamal Tuschick - Persephone

Persephone - The parents undoubtedly had something incredibly ambitious in mind when they named her: the mythical Persephone was the result of divine incest. Demeter, her perhaps not so well-known mother, owes her birth to an erotic collision between the Titans Kronos and Rhea. Kronos was notorious for eating his offspring. He did not always succeed. Persephone was born from the sibling union of Demeter and Zeus. Consequently, Persephone stands for power on a divine scale.
mehr


2024-10-28 14:00:11

Jamal Tuschick - Kosmischer Lockstoff

Persephone entzieht sich auf einer eskapistischen Gedankenspur der akademischen Ernsthaftigkeit. Sie sucht einen erotischen Mehrwert in der Szene. Der von pompösen Ehrbegriffen hochgehaltene Vater, die Dirne in einem fadenscheinigen Pelz. Alles gehorcht der Not. Die Lust ist keinen Groschen wert.
mehr


2024-10-27 18:30:30

Jamal Tuschick - The Language Castle - Chamberplay II.

Her shyness is genuine. She is now a bride in the regalia of expecting an immaculate conception. Her eyes half-closed, refusing to make eye contact. Ned lets her gently slide onto the table on her stomach. Carefully he unzips her dress, pulling it off her body in one fluid movement. She knows, his gaze rests admiringly on her shapely bottom, narrow waist and delicate shoulders.
mehr


2024-10-26 13:00:45

Jamal Tuschick - Der Lustritter

Persephone liebt es - exquisit gekleidet und in einer Aura teurer Düfte - in Literatur zu baden. Die Rostocker Professorentochter ist eine Überfliegerin - ein akademischer Kongressstar. Ihr ist es zu verdanken, dass wir die vermeintliche Urmutter aller Dominas - Aurora-Wanda von Sacher-Masoch – mit modernen Augen sehen. Koryphäen berufen sich auf Persephone. Sie wird ständig in wissenschaftlichen Publikationen zitiert. Sie schwebt über den Dingen.
mehr


2024-10-26 10:33:14

Jamal Tuschick - The Language Castle - Chamberplay I.

"Under certain circumstances, my body is a ticket. It grants me access to the most exclusive spheres. I dress myself, maybe I undress myself ... and I never lose the feeling that I am using and developing my personality, which is first and foremost a sexual personality. As paradoxical as it may sound. For me, this always has something to do with my intelligence."
mehr


2024-10-25 13:56:31

Jamal Tuschick - Trapped in the Galaxies of Modernity

She plays herself and at the same time creates intensity in her role and distance from the character she is playing. She dresses, she undresses. She is so affected by herself that her own lingerie she arouses.
mehr


2024-10-25 10:53:33

Jamal Tuschick - Schändliche Leichtigkeit

1980 - Der Mercedes mit dem DDR-Kennzeichen IS 00-37 hält vor einer Baracke. Endstation Herleshausen. Ein spitzbübisch in die Jahre gekommener Mann steigt aus, Peter S., in Bautzen II ergrauter Industriespion. Auch das gibt es, ein Silicon Valley der DDR nahe Erfurt. Er habe immer gewusst, dass ihn „sein Dienst“ herausholen würde, wird S. bald Journalisten gegenüber angeben. Locker sei er geblieben ...
mehr


2024-10-24 15:12:07

Jamal Tuschick - Mord unter künstlerischen Gesichtspunkten

In seinem essayistischen Meisterwerk „Der Mord als eine schöne Kunst betrachtet“ plauderte Thomas de Quincey aus dem britischen Upperclass-Nähkästchen. Er offenbarte die Existenz einer „Gesellschaft zur Förderung des Lasters“. Der „Höllenfeuerklub“ wurde von Sir Francis Dashwood (1708 - 1781) gegründet und diente ähnlichen Gesellschaften als Vorbild. Der Politiker Dashwood, 11. Baron le Despencer, war vor allem als radikaler Libertin bekannt. Das Ziel seines Hellfire Club war die sexuelle Perversion. Die Eingeweihten praktizierten satanische Rituale.
mehr


2024-10-18 10:00:37

Jamal Tuschick - Schneisen der Verwüstung

Didier Eribon lehrt: Alle Kampagnen „sind Kämpfe um die Wahrnehmung der Welt“. In den sozialen Medien schalten sich die Legionen der traditionell Ungehörten ein. Die Heftigkeit der Auftritte kommt aus ungeschultem Durchsetzungswillen. Sie bewirkt eine Herabsetzung der Standards. Die Akteure überschätzen ihre Bedeutung, vor allen jedoch ihre Originalität als Dreckschleudern.
mehr


2024-10-17 17:27:14

Jamal Tuschick - Gefangen in den Galaxien der Moderne

Nur dreißigtausend ursprüngliche Australier überlebten die britische Invasion im ersten Durchgang von 1778 bis 1805. Ihnen begegneten die Verdammten Großbritanniens. Vornehmlich waren es junge Leute aus Elendsquartieren. Die Krone exportiert den Youth Bulge.
mehr


2024-10-16 17:12:00

Jamal Tuschick - Katholisches Heidentum

Nachspiel der Saison - Der Feuilletonist erlebt das Oktoberfest als Nachspiel der Saison. Die kulturellen Großereignisse des Jahres sind abgefeiert. Jetzt grast man das Pleinair-Glück der goldenen Tage ab. Keyserling schildert den Wiesenbetrieb. „Heiter und gespenstisch“ zugleich erscheint dem Beobachter der Buden-Parcours. Er will die Sache kulturell einordnen und sich davon distanzieren. Das Vertraute stellt sich ihm verzerrt dar.
mehr


2024-10-14 16:30:46

Jamal Tuschick - Sexueller Notdienst

New York 1961. Amerikas Avantgarde entspannt im Village. Robert Zimmerman trifft ein, aber noch nicht als Bob Dylan auf. Erste Gigs in einem „Basket House“. Im Gaslight Cafe spielen Musiker ohne Gage. Nach der Show kursiert ein Hut im Schankraum. Zimmerman begegnet einem musikalischen Matrosen der niederländischen Handelsmarine. Der Mann nennt sich Brasil Damon. Er übernachtet bei Leuten auf der Gästecouch. Die Couch zählt zu den festen Einrichtungen in Kreisen des karitativen Folk. Die Kreise rekrutieren sich aus Akademikern, die Volksmusik reizvoll finden. Die Musik liefert den Soundtrack zu einem sexuellen Notdienst.
mehr


2024-10-13 17:18:32

Jamal Tuschick - Berliner Moderne

Auch wenn der Expressionismus sie prägt, Valeska Gert nennt ihn ihr „einziges Verständigungsmittel“, erkennen manche in ihr eine Ikone der Neuen Sachlichkeit. Ihre Erscheinung zählt zu den Signets der Berliner Moderne. Es geht um weibliche Ermächtigungen. Zunehmende soziale Bewegungsfreiheit und ihre Reflexe in Kunst und Mode liefern Valeska Gert Steilvorlagen. Auch der Fitness-Flow spielt eine Rolle. Valeska Gert beteiligt sich nicht an den Kokain-Eskapaden der hauptstädtischen Demi-Monde.
mehr


2024-10-07 08:30:36

Jamal Tuschick - Die Romy Schneider der Literatur

Ingeborg Bachmann ist die Romy Schneider der Literatur. Schneiders Spiel mit Michel Piccoli löscht Karlheinz Böhm aus. Die Verwandlung von Sissi in eine von Sehnsucht Ausgehöhlte geht dramatisch über die Bühne. Gemessen an den Margen des Literaturbetriebs absolviert Bachmann eine kongeniale Karriere auf den Feldern der Anerkennung und der bedeutenden Männer so wie in den von psychischen Einbrüchen verheerten Kellern der versuchten Selbstmorde.
mehr


2024-10-06 10:19:25

Jamal Tuschick - Vernichtet

Bachmann hielt den Frieden nur für ein Echo des Krieges. Frischs Indiskretionen riefen ältere Traumatisierungen auf. Sie büßte ihre Empfänglichkeit in einer Produktionslücke bis zum Tod und fand doch wieder und wieder die Kraft, die eigene Position im Geschlechterkampf zu veredeln. Ihre splitternden Ichs sind epochale Porzellandamen. Eine gerät an einen diabolischen Psychiater, der sie zum Selbstmord anstiftet.
mehr


2024-10-05 08:40:31

Jamal Tuschick - Das Kind Gesine

Seine Einsichten gewinnt Cresspahl in Jerichow. Das Jerichow der „Jahrestage“ liegt im Mecklenburger Klütz. Es gibt keine biografische Verbindung zwischen Johnson und Klütz. Das erstaunt in Anbetracht der Präsenz, die Klütz in Johnsons Werk hat. Der Autor prägt im Präsens seiner Produktivität die Klützer Topografie seiner fiktiven Hauptstadt Jerichow ein.
mehr


2024-10-04 07:52:47

Jamal Tuschick - Mecklenburger Marilyn Monroe

Gesine Cresspahl ist Uwe Johnsons Marilyn Monroe im auffliegenden Kleid über dem New Yorker U-Bahnschacht. Die Mecklenburgerin mit dem geraden Herzen betrachtet die Welt mit den Augen ihres Schöpfers. Johnson veredelt sie im Geist des sozialdemokratischen Antifaschismus. Er leiht seiner Gesine jede Menge kleidsame Ansichten. Er macht aus ihr eine Weltbürgerin. So verwandelte der Autor die Not, nicht daheim in Mecklenburg leben zu können, in etwas frühlingshaft Verwehtes.
mehr


2024-10-03 12:38:51

Jamal Tuschick - Eingebildete Heimat

Uwe Johnsons sperrige Erzählgenauigkeit ist nicht frei von Effekthascherei. Er schildert das amerikanische Abenteuer Vietnam mit einer gedimmten Faszination für Dschungelkriegsbilder und den Creedence Clearwater Revival - Run Through The Jungle - Soundtrack. Akkurat nach zeichnet er die Choreografie der Luftschläge, der Bomber- und Bombenwellen und Geländerasuren mit Napalm. Gesine mischt mentale Betriebstemperaturangaben des US-Südens mit Stimmungen des bürgerlichen Widerstands gegen den Vietnamkrieg überall auf der Welt und ihrem klischeehaft vorbildlichen familiengeschichtlichen Antifaschismus.  
mehr


2024-10-02 10:22:33

Jamal Tuschick - Die New Yorker Familien

Die Mafia-Stars der Stunde heißen Carlo Gambino und Joseph Bonanno. Gesine macht sich über die Spitznamen der Kriminellen lustig. Bonanno firmiert in Johnsons Übersetzung als „Joe die Banane“. Die Erzählung wird ihm nicht gerecht. Gesine Joseph Bonanno war ein in Castellammare del Golfo auf Sizilien geborener Glückspilz, dessen Zugehörigkeit zur Bruderschaft der Castellanos lange außer Frage stand. In dreifacher Hinsicht sprengte er den Rahmen seiner Verhältnisse. Erstens war er der jüngste Boss einer New Yorker Familie.
mehr


2024-10-01 11:26:20

Jamal Tuschick - Begehrende Genauigkeit

Die „Jahrestage“ beginnen mit New Yorker-Alltagsschilderungen im August 1967. Die Stadt am Hudson ist so gestresst wie ihre Bewohner, die vielfach so unbürgerlich überleben, dass Gesine sie kaum als Bürger wahrnimmt. Der Dreck auf den Straßenufern bestätigt die Wählerische. Die Erlesenheitssucht teilt sie mit ihrem Liebhaber. Denn das ist Uwe Johnson in erster Linie: der Liebhaber seines Geschöpfes. Die erotische Dimension löst sich in der Erzählgenauigkeit auf. Aber das ist eine verehrende und begehrende Genauigkeit.
mehr


2024-10-01 08:19:54

Jamal Tuschick - Mecklenburger Seelenplatte

In der Ära ihrer Erstveröffentlichung waren die „Jahrestage“ ein literarisches Ereignis ersten Ranges. Im Zentrum des vierbändigen Werks, dessen Vollendung Uwe Johnson (1934 - 1984) nur um ein Jahr überlebte, steht eine expatriierte Mecklenburgerin - modelliert nach den Idealmaßen des Autors, der mit dem Erzähler identisch ist. Das Romangeschehen datiert auf den Zeitraum vom August 1967 bis August 1968. Es dreht sich um die vierunddreißigjährige deutsche Bankangestellte Gesine Cresspahl ...
mehr


2024-09-30 10:09:10

Jamal Tuschick - Search and Destroy

Am 6. November 1967 berichtet ein Reporter vom Betrieb auf dem Flugzeugträger Constellation, der als Flaggschiff des nautischen Expeditionscorps vor der vietnamesischen Küste kreuzt. Ralph W. Cousins befehligt das Schiff der Kitty-Hawk-Klasse. Die New York Times (NYT) schildert ihn als einen Mann der leisen Töne, der französische Kriminalromane im Original liest und ...
mehr


2024-09-27 18:47:24

Jamal Tuschick - Bella Ciao

Im Zug beanspruchte ich so wenig Platz wie möglich, während Madeleine mit ihren Sachen das Abteil okkupierte. Sie kam aus einer Familie von Benson & Hedges-Rauchern. Sogar die Klos in Madeleines Elternhaus hatten originelle Formen und erinnerten an S. Dalis zerlaufene Uhren. Der alte Benson trug Protzuhren und die weißen Hemden mit der schwarzen Rose der Markenbewussten. Er hatte Schuhe für zuhause, um nicht zum Pantoffelhelden zu werden.
mehr


2024-09-27 17:44:12

Jamal Tuschick - Dornenkronen des evangelischen Verzichts

Das Wohnzimmerauditorium sah aus wie das Volk von Grassland. Da waren lauter Kapitäne mit König Ahab-Bärten sowie Erhard Epplers und Siegfried Lenze mit ihren knochigen Gattinnen aus dem höheren Schuldienst, die ihre Dornenkronen des evangelischen Verzichts trugen - zur Feier des Abends.
mehr


2024-09-27 17:01:26

Jamal Tuschick - Essen auf Rädern

Einen Vater hatte sie nie gehabt und entbehrt. Simone war als zehnjährige Berlinerin und einzige Tochter der alleinerziehenden Stadtplanerin Margot S. in den ältesten Siedlungsraum des Kasseler Beckens geraten. Simones Mutter war einem akademischen Ruf nach Kassel gefolgt. Sie löste meinen Vater an der Spitze des SPD-Ortsvereins ab. Zehn Jahre behielt Margot den Vorsitz. Das waren die letzten Schmidt- und noch eine Menge Kohljahre.
mehr


2024-09-27 09:28:35

Jamal Tuschick - Dialektik

Rainer Werner Fassbinder hatte ein Faible für Klatschspalten, Demimonde- und High Society Tratsch. Er fand Johannes Mario Simmel und den schon wieder vergessenen Willi Heinrich als Erzähler vorbildlich. Im Jahr der Verhaftung von Andreas Baader drehte Fassbinder einen Film an den Themen der Zeit vorbei. Wenig konnte der Willy-Brandt-Ära („Mehr Demokratie wagen“) mit ihren Berufsverboten und dem Radikalenerlass ferner sein als „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“.
mehr


2024-09-27 08:58:07

Jamal Tuschick - Maurische Festung

Mit dem Journalisten Egon Bahr als jungem Skeptiker wäre auch der Spion, der aus der Kälte kam, gut besetzt gewesen. Bahr war ein Schattenmann im Kalten Krieg - der Garant für die Unantastbarkeit seines Chefs Willy Brandt, dem regierenden Bürgermeister von Berlin. Damals, in den 1960er Jahren, glich die Frontstadt einem Vulkan vor dem Ausbruch. Über den rauchenden Kratern ging Tag und Nacht ein Informations- und Desinformationsgewitter nieder. Es gab mehr Agenten als Gastwirte in diesem „Schaufenster des Westens“.
mehr


2024-09-27 00:52:56

Jamal Tuschick - Lustschießer

1978 zog die Besatzung eines deutschen Frachters vierhundertfünfzig Vietnamesen aus dem Südchinesischen Meer. Die Landesflüchtlingsverwaltungen, bis dahin vor allem für Aussiedler zuständig, hatten ein neues Thema. Der Motor einer neuen Migrationsdebatte war Ernst Albrecht. Der niedersächsische Ministerpräsident regierte gern aus seinem Dorf Beinhorn bei Hannover in die Welt hinein.
mehr


2024-09-26 18:59:12

Jamal Tuschick - Die Schrankfrau

Katja saß im Schrank, ein Türflügel stand offen. Das war ein Erfolg, der sich meinem guten Einfluss verdankte. Jedenfalls behauptete das Katja, die einigermaßen bequem in ihrer Holzhöhle auf einem Omakissen saß, mit angezogenen Knien. Ich saß davor auf einem Schawellsche. So sagt man in Frankfurt zur Fußbank.
mehr


2024-09-18 08:00:17

Jamal Tuschick - Babyklappe

Im Zuge der Reformation löste Landgraf Philipp der Großmütige das Zisterzienserkloster Haina auf und stellte die Anlage 1533 in den Dienst der Heilfürsorge. Ferner stiftete der Landesherr das „Hohe Hospital“ Haina und das Landeshospital Merxhausen. Der Beiname Philipps bezog sich nicht auf ein mildes Wesen. Philipp I. war der oberste Waffenmeister der Reformation und spielte eine Schlüsselrolle bei der Niederschlagung der Bauernaufstände. Brecht sagt ...
mehr


2024-09-17 12:27:19

Jamal Tuschick - Protestantische Herrschaft

Im Zuge der Reformation löste Landgraf Philipp der Großmütige das Zisterzienserkloster Haina auf und stellte die Anlage 1533 in den Dienst der Heilfürsorge. Ferner stiftete der Landesherr das „Hohe Hospital“ Haina und das Landeshospital Merxhausen. Der Beiname Philipps bezog sich nicht auf ein mildes Wesen. Philipp I. war der oberste Waffenmeister der Reformation ...
mehr


2024-09-17 08:29:59

Jamal Tuschick - Das Zuchthaus als Manufaktur

Als im 17. Jahrhundert in Brandenburg ein Zuchthaus in Betrieb genommen wurde, war bei der Einweihungsfeier vom Strafrecht nicht die Rede. Sinn der Sache war die Nutzung billiger Arbeitskräfte - das Zuchthaus als Manufaktur. Der Landesherr gab die Ausbeutung der Insassen in private Hände, die Pächter setzten den Sanktionskatalog der Haftordnung zur Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen ein.
mehr


2024-09-11 10:53:52

Jamal Tuschick - Kokura

Am 9. August 1945 ist Nagasaki lediglich ein Ausweichziel. Wäre bei der Mission des Never-regret-Majors Charles W. Sweeneys alles nach Plan verlaufen, trüge Kokura gemeinsam mit Hiroshima die Menetekellast nuklearer Verdammung. Kokura kursiert bald als Synonym für unverschämtes Glück. Der Herrensitz Kokura stammt aus dem frühen 17. Jahrhundert. Zuerst residierte Hosokawa Tadaoki, ein Daimyō der Edo-Epoche, in der Festung. Zur ästhetischen Aufwertung der Militärarchitektur zählt ein opulentes Kirschbaumensemble. Der Garten gehört zu den historisch prominenten Zielen der Blütenpilger.
mehr


2024-09-09 09:56:32

Jamal Tuschick - Herzohr

In der Endphase ihrer Selbständigkeit ließ Oma die Freiflächen vor ihrem Haus asphaltieren, um eine kleine Autobahn für ihre Rollator-Spritztouren zu haben. Sie kämpfte um jeden Tag der Mündigkeit. Erst in der späten Einsicht aller möglichen Endlichkeit begreife ich ihre Entschlossenheit. Es ging immer nur um noch einen Tag in vertrauter Umgebung, mit dem Kaffee morgens um vier.
mehr


2024-09-05 09:48:25

Edgar Allen Poe/Jamal Tuschick - Schamlose Dürftigkeit

In einer Oktobernacht zuzeiten von Eduard III. (1312 – 1377), dessen Herrschaft, so Edgar Allan Poe, eine galante Angelegenheit war, trieben zwei Matrosen auf Landgang in einem Wirtshaus im Sprengel von St Andrew-by-the-Wardrobe auf. Die Säuferampel zeigte einen „Lustigen Seebären“ an, aber das Kneipenregime war dezidiert prosaisch.
mehr


2024-09-04 09:49:30

Jamal Tuschick - Tille

Milieu und Gesinnung der im öko-pazifistischen Weltrettungs- und Chorleitungswahn abstoßend wirkenden Eltern zwangen auch den heranwachsenden Tillmann „Tille“ Freischmidt auf Gegenkurs. Er wünschte sich konsumorientierte, markenbewusste Versorger.
mehr


2024-09-03 08:52:46

Jamal Tuschick -


mehr


2024-09-02 08:53:48

Jamal Tuschick -


mehr


2024-09-02 08:26:40

Jamal Tuschick - Pyjama der Vertraulichkeit

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - Es kam der 2. Juni im Jahr Siebenundsechzig. Der Tag endete in der Todesnacht von Stammheim zehn Jahre später. Bis dahin hatten wir zu tun. Wir kamen an die Regierung und mussten uns da halten.
mehr


2024-09-01 07:29:45

Jamal Tuschick - Sozialdemokratische Sonnenverehrung

Im März 1974 wurde die Volljährigkeitsgrenze herabgesetzt. Das ging als Reform durch, der in Kassel geborene und in Immenhausen aufgewachsene Gerhard Jahn zeichnete verantwortlich. Der soziale Rückstoß war gewaltig. Was vorher mit achtzehn möglich war, erschien nun in Reichweite der Vierzehnjährigen. Sie verwandelten ihre Elternhäuser in Wohngemeinschaften – im Geist einer grandiosen Verspätung. Ästhetisch waren wir noch auf dem Stand von Easy Rider, als die Sex Pistols ihren ersten Auftritt hatten.
mehr


2024-08-30 08:10:09

Hannah Arendt/Rachel Varnhagen - Gestaltete Träume

Varnhagens Salon vergesellschafte den „Augenblick einer sozialen Utopie“. Er endete 1806 mit dem Berliner Auftritt Napoleons. Die Löwin führte ihren Salon schriftlich weiter. Die Gastgeberin avancierte zur Femme de lettres. Arendt zeichnet den Weg aus dem warmen Regen eines Hoffnungsüberschusses hin zur resilienten Festungsexistenz in der 1955 erschienenen Abrechnung „Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft“.
mehr


2024-08-30 07:45:17

Türkisches Tabu

Jene meist bei Verwandten zurückgelassenen Gastarbeiterkinder, die ihre Versorger oft als Eltern wahrnahmen und zu ihren leiblichen Eltern erst im oder kurz vor dem Schulalter aufschlossen, nennt man „Koffer- oder Pendelkinder“. „Kofferkinder“ bezeichnet ursprünglich einen Exodus aus dem faschistischen Deutschland nach England – tatsächlich einen lebensrettenden Kinderzug voller Tragik, denn die zurückgebliebenen Eltern erwartete der Tod in den Instanzen des Rassenwahns. Willkommen waren die Kinder in einer kurzen Spanne nach den Novemberpogromen von 1938.
mehr


2024-08-29 07:04:44

Jamal Tuschick - Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - Zentrale Randerscheinung

Monika Zeiger war eine zentrale Randerscheinung in der Gegend meiner Kindheit. Sie verkaufte Frikadellen, die sie Buletten nannte, und Currywürste in einem Imbiss an der Nürnberger Straße. Sie war in der SPD als unruhiger, frei assoziierender Geist.
mehr


2024-08-28 07:47:35

Paul Celan - Außerhalb jeder Logik

Eine von schweren Prüfungen erschütterte Liebe verband Paul Celan (1920 – 1970), mit der Künstlerin Gisèle Celan-Lestrange (1927 – 1991). Sie vollzog sich im Schatten der großen Nähe zwischen Celan und Ingeborg Bachmann. Sie wurde ferner überschattet von der zunehmenden seelischen Zerrüttung des Lyrikers aus der Bukowina, der erst in den späten vierziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts in Paris einen Ort zum Leben fand.
mehr


2024-08-28 07:02:27

Jamal Tuschick - Der Hofladen als Geschäftsidee

Unbekümmert fläzten wir uns auf der Veranda der Schillings und hörten das Klirren der Ketten in Waldemar Ferdinands Kuhstall. Am Tor klemmte eine Fleischbank, die zu meinen Lebzeiten gewiss nicht einmal heruntergeklappt worden war. Für ein halbes Reh hatte ich Ferdinands Hinterland am Bach mit der Sense gemäht ...
mehr


2024-08-26 16:32:41

Bernward Vesper - Gravitätische Verlierer

Sie nannten ihn den Irren von Triangel - Bernward Vesper bemühte sich um die Veröffentlichung der Schriften seines NS-Vaters, während er zugleich „Schriftsteller gegen den Atomtod“ mobilisierte. Gudrun Ensslin gab es damals auch noch als Braut in Weiß.
mehr


2024-08-24 09:14:33

Jamal Tuschick - Apokalyptische Zuspitzung

„Es gibt Schlimmeres (als Blut an den Händen)“, fand Harry Truman, nachdem er - unangenehm berührt - zum Zeugen eines seelischen Aufbruchs seines Chefphysikers Robert Oppenheimer geworden war. Seinem Staatssekretär Dean Acheson befahl er, ihm „dieses Individuum“ fortan vom Hals zu halten. Schließlich habe der Wissenschaftler lediglich das Ding gebaut. „Ich (Truman) habe sie explodieren lassen.“
mehr


2024-08-24 07:59:31

Jamal Tuschick - Berliner Gentrifizierungsbourgeoisie II.

Mercy ist das Einzelkind einer alleinerziehenden, prekär beschäftigten Spätgebärenden aus der Boomer-Generation. Ihre Deklassierung ertrug Elaine Shackleton in batikbunten Kleidern. Sie verwandte ihre Kreativität auf Weltanschauungstheater, das ihre Chancenlosigkeit kaschieren sollte. Mercy verkörpert die Tochter einer in jeder Hinsicht Überforderten wie aus einem Bilderbuch geplatzter Träume. Elaine klapperte mit ihr in einem schrottreifen Austin Morris Vintage-Messen ab. Sie ertrüffelte jeden Secondhand-Schatz eines Kofferraumverkaufs.
mehr


2024-08-23 09:33:57

Christopher Isherwood - Flieder der Empfindungen

Zweifellos wollte Christopher Isherwood die Heuchelei seiner Eltern und Lehrer geißeln und die eigene Indolenz nicht verschweigen. Der Autor riet dazu, „Lauter gute Absichten§ als „verspäteten viktorianischen Roman“ zu lesen, denn er erinnert an eine Zeit, als Eltern noch mächtige Gegner waren“.
mehr


2024-08-21 14:03:46

Jamal Tuschick - Kalligrafisches Fragezeichen

Als Essayist unterscheidet der Dichter Adam Zagajewski zwischen modern und wahr. „In diesem Sinne war Józef Czapski (1896 - 1993) nicht modern. Er suchte beharrlich nach der Wahrheit.“
mehr


2024-08-20 12:42:30

Jamal Tuschick - Moderner Tempelbau

Bis ins 17. Jahrhunderts redete man über Sexualität roh, unanständig und freimütig. Das Unziemliche fragte nicht nach Duldung, die Schamlosigkeit fand Platz in den Verlautbarungen der Volksseele. Erst mit Beginn der Moderne wurde über die Lust in unseren Breiten ein einigermaßen blickdichter Mantel geworfen. Die Praktiken gehörten in ein Schlafzimmer, das obendrein ehelich zu sein hatte. Alle geschlechtlichen Freuden standen im Dienst der Fortpflanzung. Michel Foucault (1926 - 1984) erklärt die Prüderie zum Medium der Lust.
mehr


2024-08-19 12:29:07

Jamal Tuschick - Berliner Gentrifizierungsbourgeoisie I.

Das Epochenereignis der elisabethanischen Renaissance war die Zerschlagung der Armada. Sie beendete die spanische Vormachtstellung auf den Weltmeeren. Die maritime Suprematie ging über auf das Vereinigte Königreich. 'Britannia, rule the waves!' Kein anderer Vorgang wirkte so stark auf die Zeit, in der Shakespeare wirkte. Trotzdem ist an keiner Werkstelle direkt davon die Rede.
mehr


2024-08-19 09:42:41

Sigmund Freud - Mimischer Einwand

Bemerkungen zu Sigmund Freuds fleißig gesammelten und in Spielarten anekdotischer Evidenz illustrierten „Beispielen von Versprechen“ - Freud entdeckte den „störenden Einfluss von etwas außerhalb der intendierten Rede“, so wie ein unbewusst gebliebener Gedanke, der sich vorgeblich zusammenhanglos einmischt. Er erzählt von seiner Tochter. Noch ist Anna ein kleines Mädchen ...
mehr


2024-08-18 08:45:00

Jamal Tuschick - Die Neuerfindung Amerikas im Geiste Humboldts

Die Gewalt der Sprache - Edward Said hebt den Feldzugcharakter überseeischer Benennungskampagnen hervor. Die christliche Namensgebung richtete sich Kultur vernichtend gegen Kolonisierte auch noch in der Prägung von Landschaftsbegriffen. Höhen und Täler verloren ihre ursprünglichen Bezeichnungen oft an Verballhornungen, in denen sich Spott, Hohn oder Gleichgültigkeit aussprachen.
mehr


2024-08-17 18:01:38

Gianfranco Calligarich - Europäischer Irrtum

Die kolonialen Abenteuer des 19. Jahrhunderts waren Zeitreisen zu Anfängen, über deren historische Einordnung gestritten wurde - nur ganz bestimmt nicht mit den Gastgeber. Deren Bedeutung erschöpfte sich darin, Gegenstände von Betrachtungen und Maßnahmen zu sein. Unter günstigen Umständen befanden sie sich in Mündelpositionen.
mehr


2024-08-17 11:35:50

Thomas Bernhard - Kolossalgroteske

Sein Halbbruder Peter Fabjan zeichnet das Bild eines stämmigen und trittsicheren Knaben. Bernhard weiß sich zu helfen. Bei einem Ringkampf setzt er unnötige Härte ein. Der Ältere verkleidet den Jüngeren. Thomas trichtert Peter einen Humorbegriff ein, der von Bösartigkeit kaum zu unterscheiden ist. Bereits nach den ersten Veröffentlichungen Mitte der 1960er Jahre und der ersten Auszeichnung (Bremer Literaturpreis) erwirbt Bernhard einen heruntergekommenen Hof, der einst als landwirtschaftliche Außenstelle des Frauenklosters Traunkirchen am See genutzt wurde und siebenhundert Jahre in Betrieb blieb.  
mehr


2024-08-16 13:38:52

Jamal Tuschick - Die Zukunft hinter Schleiern

Die hessische Regentschaftsgeschichte ging so los: Heinrich II. von Brabant heiratete Sophie von Thüringen, Tochter des Landgrafen von Thüringen (aus dem Haus der Ludowinger) und der Heiligen Elisabeth. Nach dem Ende der Ludowinger, ihr Mannesstamm erstarb mit Heinrich Raspe 1247, ging der westliche Teil (heute Hessen) des Ludowinger Erbes an Sophie. Ihr Sohn Heinrich das Kind (H. von Brabant) wurde erster hessischer Landgraf. Er machte Kassel (damals Cassel) zu seiner Residenz. Er unterwarf die Stadt seinen Interessen. Sein letzter regierender Nachkomme war Kurfürst Friedrich Wilhelm I.
mehr


2024-08-16 13:23:14

Jamal Tuschick - Berliner Ostbrachen

Als Berliner Ostbrachen nach 1989 zu Partykulissen avancierten, schlug Simons große Stunde. Der fähige Autodidakt zimmerte das Clubinterieur im Stil der elegisch ruinierten Brandmauer zusammen und glänzte als Liebhaber in einem Dauerfeuer der Gelegenheiten. Mit Isabel zeugte er Marion. Das Paar heiratete. Die Ehe hielt nicht. Isabel verließ die Familie. Ohne solide Existenzgrundlage ist der alleinerziehende Vater dauerhaft überfordert.
mehr


2024-08-15 17:13:37

Jamal Tuschick - Sprachgymnastik auf der Wortmatte

Sie badet in einem Hotelschwimmbad. Das ist der letzte Schrei in dieser kleinen Stadt, die Jahrhunderte ein zentraler Schauplatz kurhessischer Landesgeschichte war. Der Pool ist in einer Dachterrasse eingelassen. Die zehn High Potentials, die den Ederthaler Kuchen unter sich aufteilen, genießen die schöne Aussicht. Nana genießt die Aufmerksamkeit. Sie badet auch in den Blicken. Sie balanciert auf einem erotischen Hochspannungsseil.
mehr


2024-08-15 12:14:19

Jamal Tuschick - Das Schweigen, das dem Scheitern folgt

Die Bedienung knackt Kronkorken mit einem Feuerzeug vom Flaschenhals. Sie reicht die Flaschen wie am Fließband an, es ist fünf Uhr am Nachmittag, der gemeine Malocher begeht seinen Feierabend gewohnheitsmäßig mit Bier und nur ausnahmsweise aus der Flasche. Die Zapfanlage ist ausgefallen, Nana und Mick hocken im Moritzeck.
mehr


2024-08-15 11:09:58

Jamal Tuschick - Ewig taumeln wir auf der Abbruchkante der Geschichte

Cornelius sitzt an seinem Institutsschreibtisch. Vor dem Fenster prunken drei Eichen nicht zuletzt als Evokationsgaranten druidischer Phantasien. Den Bäumen sagt man ein sagenhaftes Alter nach. Manchmal begibt sich der Unsterbliche nachts in ihren Bannkreis und liefert sich magischen Heimsuchungen aus.
mehr


2024-08-14 19:13:57

Jamal Tuschick - Deckgebirge der Verheißung

Nach den (in der DDR gültigen) Lehren des Historischen Materialismus ist der Geschichtsverlauf unumkehrbar. Unaufhaltsam strömt er dem Kommunismus entgegen. DDR-Dichter wie Volker Braun arbeiten „gegen die Deckgebirge der Verheißung“. „Und wenn Sie mich nach einer Moral fragen, dann wäre die Blochsche Formulierung über die moralische Überlegenheit des Kommunismus auch meine: Der Kommunismus hat für den einzelnen keine Hoffnung. Aber das ganze System der Marktwirtschaft beruht darauf, dem einzelnen zu suggerieren, dass gerade er eine Hoffnung hat.“
mehr


2024-08-07 10:48:05

Jamal Tuschick - Thermischer Aufschwung

Der Sommer probt sein Stück. Die kleine Hafenstadt mit der großen Vergangenheit streckt sich wie ein Tier ... ein Organismus, der auf Licht reagiert. Im thermischen Aufschwung triumphiert das Vegetative. Alles und jeder wird angehoben. Schön soll der Abend gewesen sein, als die Royal Air Force mit 420.000 Bomben und Luftminen ein Fegefeuer in der Altstadt von G. entzündete. Die Glocken der Martinskirche glühten. Die Türdichtungen der Bunker schmolzen. Der Sauerstoffbedarf des Feuersturms war so groß, dass den Menschen nur noch dicke Luft blieb. Manche suchten danach ihre Häuser und fanden nur einen Löffel.
mehr


2024-08-06 09:52:29

Jamal Tuschick - Das gläserne Versteck

Begegnet Marcel Prousts Baron Charlus jemand mit der unangenehmen Vertraulichkeit eines gottlos-geschwätzigen Kirchgängers, knickt der Vornehme stets ein, bevor ein Elender seine Messe der Peinlichkeit auf Charlus' Kosten fertiggelesen hat.
mehr


2024-08-05 12:34:29

Jamal Tuschick - Kristallbegriffe

Nana lockt Branwell in den toten Trakt. Sie trägt ein schwarzes, asymmetrisch geschnittenes Kleid mit schräger Knopfleiste aus Yohji Yamamotos „karg-eleganter Sommerkollektion“ (aus der Werbung). Japanische Haut Couture mit einem androgyn-dekonstruierenden Ansatz. 
mehr


2024-08-05 10:12:32

Hans Mayer - Akademische Arabeske

In der deutschen Nachkriegskulturtopografie hinterließ er Meilensteine. In seinem Meisterwerk „Außenseiter“ tritt Hans Mayer mit der Behauptung an, „dass die bürgerliche Aufklärung gescheitert“ sei. Seit Jahr und Tag hören wir Beschwörungen der Aufklärung, während der abschlägige Bescheid längst zugestellt wurde.
mehr


2024-08-04 07:45:06

Jamal Tuschick - Die Heimspiele hessischer Herzdamen

Die Aue gibt einer Sehnsucht das Recht und die Ruhe, die Welt so zu erfahren, als sei sie neu. Eine pietistische Täuferbewegung nahm von da ihren Weg nach Amerika. Ein Fadenmolch zeigt sich. Lale bemerkt Nana bei einer gymnastischen Andacht. Wie sehen zwei hessische Herzdamen in lauter Heimspielen.
mehr


2024-08-03 08:01:33

Jamal Tuschick - Schmerztau

Sprachmeister ist ein historischer Titel. Seit der Berufung des ersten Professors für neue Sprachen an die Landgraf-Philipp-Universität in der nordhessischen Kleinstadt Ederthal firmiert der Leiter des Germanistischen Seminars in einem klandestinen Ritus als "Sprachmeister". Zu den Insignien seiner Autorität gehören Zeichen und Geräte, die an Freimaurer-Praktiken erinnern. Der Sprachmeister-Kult hat aber einen anderen Ursprung, der im Verlauf des Romans aufgedeckt wird. Der amtierende Sprachmeister heißt Cornelius Blattschneider. Ihm begegnet in der Gestalt der Post-Doc-Stipendiatin Nana von Eisenreich eine Unsterbliche.
mehr


2024-08-02 12:05:11

Jamal Tuschick - Der gebildete Eros

Nana verzehrt ein Post-Doc-Stipendium an einer hessischen, im Mittelalter gegründeten und von bedeutenden Absolventen geadelten Universität. Die Zeit läuft ab zwischen Langeweile und Zerfall. Kein Schimmer vergangener Größe hellt den Betrieb auf. Der pompös-marode Festungsbau ist ein Phantom der Grandiosität. Es gibt einen toten Trakt voller Staubwunder und mumifizierter Mäuse. Ein Garn der Gleichgültigkeit webt dem Klandestin-Labyrinthischen einen Schutzmantel. Nana schlüpft täglich durch ein Knopfloch wie durch ein Fenster der Zeit und erkundet im toten Trakt die Schichten einer versunkenen Welt.  
mehr


2024-08-01 08:51:44

Jamal Tuschick - Die Verbesserung der Lust

Erweiterung des Spektrums - Nana brachte Wörter wie Divination in Umlauf, Divination und Idiosynkrasien. Sie las James Joyce und Walt Whitman, froh darüber, mit ihren Vorlieben auf allgemeines Unverständnis zu stoßen. Sie las und lernte auswendig und genoss - wie schwebend - Übergänge von der Sprache über die Kleidung zum Begehren. In den Verkleidungen einer Studierenden ... das Gewand, die Brille, der Pferdeschwanz ... erkundete Nana Randlagen und Höhengrate ihrer Lust.  
mehr


2024-07-31 07:08:49

Jamal Tuschick - Erotisches Arrondissement

Nana von Eisenreich verlässt nie die Räume ihrer Klasse. Sie bleibt in dem sozialen Rahmen ihrer Herkunft, ohne das je zu bedenken. Jedes erotische Arrondissement entsteht aus Geld, Bildung, Zugehörigkeit. Nana entledigt sich einer Handvoll schwarzer Spitze. Benwell Jackson nimmt die Sache wie ein Pfand entgegen. Er stopft er es in die Tasche für das pochette de costume.
mehr


2024-07-30 12:04:51

Jamal Tuschick - Kultische Enthaarung

Der Orient ist eine westliche Erfindung. Reisende des 19. Jahrhunderts spekulierten an der Börse ihrer Phantasie. Was auf sie wie Opium wirkte, war in Wahrheit ein europäisches Fieber. Am 4. November 1849 schifften sich Flaubert und Mallarmé in Marseille ein. Ägypten enttäuschte Gustave, er bemerkte eine Gleichzeitigkeit von Prachtentfaltung und Elend.
mehr


2024-07-29 08:39:43

Jamal Tuschick - Der Feind, den du begehrst

Tarek und ich waren in Gefahr. Lara erkannte das und hatte es wohl vorausgesehen. Ich glaube, sie erwartete, das Ende meiner Arroganz nun live mitzuerleben. Sie hasste mich gewissenhafter als sie mich liebte. Ich war der Westmann, der an sich nie das Vergnügen mit ihr haben sollte. Ich war der Kanake, den ihre in einem Muldetal verbreitete Verwandtschaft fürchtete und verachtete.
mehr


2024-07-29 08:28:15

Jamal Tuschick - Gibt es falsches Begehren im richtigen Leben?

Janis und Seymour kennen sich fast ihr ganzes Leben lang. Einer Kinderfreundschaft gaben sie den Glanz und das Geheimnis adoleszenter Schwurgemeinschaften. Gemeinsam justierten sie ihre Skalen in allen Phasen. Ihr Körpergedächtnis bewahrt Momente, in denen sie sich gegenseitig aufrichteten oder vernichteten. Das erinnerte und das gegenwärtige Geschehen vollzieht sich halbwegs in der Wildnis. Mit Siedlungsmarken aus der Pilgrim-Ära. Ornithologischen Beobachtungen. Ozeanischen Sensationen. Atlantischen Abenteuern.
mehr


2024-06-30 08:11:56

Jamal Tuschick - Die Verlässlichkeit des Begehrens

Um ein subtiles Angebot zu unterstützen, trägt Persephone vor einem Klospiegel Lippenstift auf. Sie verschiebt den Hemdkragen so, dass es aussieht, als gäbe sie versehentlich etwas preis.
mehr


2024-06-29 09:03:04

Jamal Tuschick - Persephone und der Dozent

Stellen Sie sich einen steigenden Hengst vor, der auf seinen Hinterhufen bramarbasiert. Der mächtige Rumpf, die starken Vorderläufe ragen auf. Enorme Kräfte werden freigesetzt und dem vierbeinigen Fortbewegungsprogramm entzogen. Der aufrechte Gang erlaubte dem Menschen, sein größtes Gelenk freier zu nutzen als zuvor. So gelangte er an die Spitze der Pyramide: in einer Verbindung dieser Freiheit mit einem Gegenstand. Mit dem Speer erreichte der Steinzeitmensch Distanzen und Geschwindigkeiten, die erst in der Neuzeit übertroffen wurden.
mehr


2024-06-29 08:58:06

Jamal Tuschick - Schattenkrieger

Sie sahen aus wie Araber und sie sprachen arabisch nicht anders als die Mehrheitsgesellschafter in ihren Geburtsorten. Als sich Mizrachim in den 1940er Jahren ...
mehr


2024-06-28 16:08:54

Jamal Tuschick - Persephone und der Dozent

Persephone schreibt mit, eine Studierende, verliebt in einen (gewiss nicht) unerreichbaren Dozenten … in einer abgetakelten Kleinstadt, in der abends die Bordsteine ​​hochgeklappt werden. Sie trägt ein schlichtes schwarzes Satin-Camisole und einen geschlitzten grauen Kaschmir-Bleistiftrock. Persephone spricht stark an auf Neds Stimme, sein expressives Deutsch, die Mulden und Hügel seiner Aussprache.
mehr


2024-06-27 09:38:15

Jamal Tuschick - Kosmische Vertrautheit

Geboren und aufgewachsen in Rostock. Die Eltern - beide Professoren mit Ostprägung - hatten bei der Namensgebung zweifellos etwas monströs Ehrgeiziges im Sinn: Die mythische Persephone war das Ergebnis göttlichen Inzests. Demeter, ihre vielleicht nicht so bekannte Mutter, verdankt ihre Geburt einer erotischen Kollision zwischen den Titanen Kronos und Rhea. Kronos war dafür berüchtigt, seine Nachkommen zu fressen. Er hatte nicht immer Erfolg damit.
mehr


2024-06-26 20:53:00

Jamal Tuschick - Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD I.

Die SPD meiner Kindheit war ein Relikt aus der Zeit vor dem Godesberger Programm. Sie bestand tatsächlich aus Arbeitern, wenn auch nicht nur. Kein Lehrer, kein Arzt, kein Anwalt gehörte dazu. Nach oben aus riss allein der Unternehmer Brinkmann, der nach dem Supermarktleiter Wagner mein zweiter Arbeitgeber wurde.
mehr


2024-06-24 19:09:58

Jamal Tuschick - Kein Prinz

Am ersten Tagungsabend beschwerte sich Madeleine über meine Zurückhaltung. Ich hatte es vermieden, mit den richtigen Fragen und Einwürfen die Diskussion in Gang zu bringen. Das hatte sich Madeleine selbst zuzuschreiben. In einer Troika gemeinsamer Interessen und Idiotien war es Madeleine, Roland und mir zwei Jahre gelungen, unsere Freundschaft nicht der Liebe wegen aufs Spiel zu setzen.
mehr


2024-06-24 12:14:22

Jamal Tuschick - Side Thrill

Sie klimpert ein bisschen mit ihrem Erfahrungskleingeld. Die Liebe verbannt sie in die Dimensionen eines Fingerhuts. Aine schmückt der Chic einer obsoleten Eleganz. Die geborene Dublinerin trägt ein himmelblaues Kleid mit V-Ausschnitt und unregelmäßigem Saum aus Crêpe Georgette.
mehr


2024-06-24 07:33:48

Clarice Lispector - Feministisches Harem

Irgendwo erzählt Clarice Lispector von einem offensivem Bigamisten. Xavier hat die Macht, sein Milieu für sich einzunehmen. Eine überwältigende, manche sagen diabolische Kraft, die den Mann förmlich aufkochen lässt, reicht aus, ihm einen Dispens vom nachbarschaftlichen Sittenkodex zu verschaffen. Xavier darf, wovon andere nur träumen können.
mehr


2024-06-23 11:27:17

Jamal Tuschick - Baader als bundesdeutscher Baal

Brecht versteht Baal als einen, der besingt den Sommer im Herbst und nimmt sein Publikum wie es kommt. Seine Abrichtung war ein Schlag ins Wasser.
mehr


2024-06-23 08:20:32

Jamal Tuschick - Linkes Erfolgspaar mit Eigenheim

Demnächst flippt die Republik aus. Eine bleierne Zeit liegt in den letzten Zügen. Die Adenauer-Restauration hat sich überlebt. Die Ehe der Premium-Kolumnistin Ulrike Meinhof und des hanseatisch-smarten Publizisten Klaus Rainer Röhl ist ein Politikum. Stefan Aust beschreibt die beiden als „linkes Erfolgspaar mit Eigenheim und Urlaubsreisen nach Sylt“.
mehr


2024-06-22 11:33:57

Jamal Tuschick - Schwarzer Büstenhalter

Unsere Vorfahren waren Prärietiere und Höhlenmenschen zugleich. Die ältesten Verehrungsgegenstände sind Darstellungen von Geschlechtsorganen. Die Religionen zogen ihre Linien im Erkennen des Zusammenhangs zwischen ...
mehr


2024-06-22 08:38:23

Jamal Tuschick - Nantucket Community

Bevor das Mittelmeer zum Massengrab wurde, gab es vor Lampedusa keine Wolfsbarsche mehr. Die Rückkehr des Branzino, sein starkes Aufkommen in Küstennähe, zeigt an, was auf Lampedusa keinem entgehen kann: dass ein paar Kilometer vor dem europäischen Festland stündlich Menschen ertrinken und diese Ernte einige Kreisläufe beschleunigt. Das erzählt Davide Enia in „Schiffbruch vor Lampedusa“
mehr


2024-06-21 05:50:15

Jamal Tuschick, Walter Hartmann - Freunde für eine Nacht

Morgens um eins, die Stadt dunkel erst seit drei Stunden, geht Kötter zu einem Kollegen und lässt mich allein. An einem Tisch vor seiner Küchenkneipe. Ich habe noch ein Getränk, der Mond spielt hinter einer Esse verstecken, kaum Kühle webt sich zur Luft.
mehr


2024-06-20 07:05:23

Jamal Tuschick - Pharaonischer Überfluss

Bob Dylan kam in einem 57er Chevy Impala nach New York. So steht es geschrieben in den Chronicles. Die Autobiografie ist voller Spott und Hohn für jene, die am Autor die Apotheose vollzogen - oder auch nur der Hobo-Legende auf den Lenin krochen, die Dylan verbreitete. Dem Traditionalisten aus Minnesota gefiel der Typus des amerikanischen Helden am Boden nur als poetisches Sujet: so wie ihn Jack London und John Steinbeck beschrieben und Hank Williams und Woody Guthrie besungen haben. 
mehr


2024-06-19 20:03:43

Jamal Tuschick, Walter Hartmann - Art déco des Post-Beat

Morgens um eins, die Stadt dunkel erst seit drei Stunden, geht Kötter zu einem Kollegen und läßt mich allein. An einem Tisch vor seiner Küchenkneipe. Ich habe noch ein Getränk, der Mond spielt hinter einer Esse verstecken, kaum Kühle webt sich zur Luft. Gut war auch In the mood vom Glenn Miller’s Orchestra und diese anderen Sachen aus den Vierzigern, du weißt, was ich meine, der Big Band Bar Sound, zu dem Fotografen redeten, während ihre Geländewagen auf dem Asphalt weideten.
mehr


2024-06-19 07:00:02

Michel Foucault - Sexualität und Wahrheit

Die Antwort auf alle Unwägbarkeiten lautet Erziehung. Das stellt Michel Foucault beinah am Ende seiner Reise zu den Quellen des Nils der „Sexualität und Wahrheit“ im vierten Band fest. Er beschreibt das Projekt des Christentums als eine post-antike Verbesserung des Menschen in Glauben und Verzicht. Foucault zeigt, dass die Ökonomisierung der Sexualität, die sich bis in den Regelvollzug fortsetzt, nicht erst vom Christentum ausgelöst wurde, sondern vorher da war.
mehr


2024-06-19 06:08:49

Jamal Tuschick - Sina

Sina wollte für sich wenig mehr als das Nötigste, sie gehörte einem Armutsorden an. Sie arbeitete als Aufsicht in einem Museum und in der ambulanten Altenpflege. Sie ließ sich außerdem für alles Mögliche engagieren. Man nahm sie gern, ihre Gewissenhaftigkeit war beispiellos. Es dauerte, bis ich in Sinas Mienenspiel einen Widerschein ihrer Verbohrtheit entdeckte. Sina schwelgte in der Opulenz von Aldi. Unauffällig machte sie sich schick, wenn wir in die Alte Oper oder in die Festhalle gingen. Sie verbarg nicht ihr Rasierzeug, aber den Lippenstift und ein paar andere Dinge aus der Drogerie bekam ich lange nicht zu sehen. Auf ihre Art verschleierte sich Sina.
mehr


2024-06-13 15:24:03

Hans Mayer - Judith und Salome

Hans Mayer erklärt auch Frauen zu Außenseitern der bürgerlichen Gesellschaft. Den Einstieg verkleidet er rhetorisch: Der „Übertritt in Abseits“ mag Titanismus (Don Juan), einem Pakt mit dem Teufel (Faust) oder Gehorsam (Jeanne d’Arc) geschuldet sein; doch was, wenn ihn „die Geburt auferlegt“?
mehr


2024-05-13 14:08:21

Jamal Tuschick - Wien oder was? Für Flaco

Zagajewski schildert Rilke als Obdachlosen, jedenfalls Unbehausten bis hin zur geografisch marginalen Herkunft. Zwar wurde Rilke in Prag geboren. Doch wurde er da als Österreicher geboren.
mehr


2024-05-07 14:17:01

Craig Shreve - Machtloser Kaiser

Bei seinen vatikanischen Manövern heiligt der Zweck die Mittel: Valignano setzt die überwältigende Wirkung Yasukes ein, um dem Christentum in Japan eine Bresche zu schlagen. Seine Mission startet er im Herrschaftsgebiet von Ōmura Sumitada (1533 - 1587). Nach heutigen Topografie-Begriffen beherrscht der Daimyō die Agglomeration Nagasaki.
mehr


2024-05-06 21:51:25

T.C. Boyle - I Walk Between the Raindrops


mehr


2024-05-06 18:13:45

Craig Shreve - Vatikanischer Vorteil

Valignano sucht den vatikanischen Vorteil im Streit der japanischen Parteien auch mit den Mitteln eines Feldherrn. Zu seinem Gefolge gehört ein Schwarzer Sklave. Yasuke aka Isaak dient dem Diplomaten als Leibwächter. Der olympisch Dimensionierte erregt überall Aufsehen. Einmal löst er einen Tumult aus.
mehr


2024-05-05 15:19:10

Jamal Tuschick - Schwäbischer Flow-Markt

Eine der Standardschoten, mit denen Motivationstrainer ihre Klientel einstimmen, verdankt sich dem Ausnahmegewichtheber Wassili Alexejew (1942 – 2011). Ich verzichte auf die Einzelheiten, die hier wohl niemanden interessieren, und konzentriere mich auf den psychologischen Kern. 1974 übertraf Alexejew eine Marke auf Weltrekordniveau vermutlich nur deshalb, weil er ausgetrickst worden war.
mehr


2024-05-04 08:28:17

Jamal Tuschick - Hochtrabendes Elend

Zum Schluss erzähle ich etwas, dass Adem nie jemandem erzählt hat. Auch mir nicht. Ich habe es herausgehört. Wenn Adem als junger Mann zum ersten Mal Sex mit einer Frau hatte, duschte er danach nicht. Er konnte willkürlich Sex haben, emotionale Klarheit erlangte er jedoch erst in einer post-koitalen Klärung. Das olfaktorische Urteil gab den Ausschlag.
mehr


2024-05-03 16:52:22

Jamal Tuschick - Wohnzimmersonntag

Ein öder Wohnzimmersonntag in den 1970er Jahren. Die Schokoladentorte versöhnt Adem mit der Langeweile. In der Plattentruhe steigen und fallen die Schallplatten in einem magischen Geschehen. Rudi Schuricke ist Oma Erikas Mann am Mikrofon. Rudi Schuricke war ein Star von „Hitlers Hitparade“ - so der Titel eines Films von Oliver Axer und Susanne Benze. Erika Hölzenbein ist natürlich nicht Adems Oma, sondern die Schneiderin seiner Mutter.
mehr


2024-04-26 19:46:10

Craig Shreve - Leibeigener Leibwächter

1579 erreicht Alessandro Valignano (1539 - 1606) Japan. Offiziell trägt der Delegierte des Papstes den Titel Apostolischer Visitor. Im fernen Osten kommt sein Mandat der päpstlichen Unfehlbarkeit gleich. Der ranghöchste Missionar der Societas Jesu erscheint als Modernisierer des Bekehrungswesens. Zwar will auch Valignano die Christianisierung in Japan rigoros vortreiben und unumkehrbar machen - dies jedoch im Einklang mit den lokalen Gepflogenheiten. Seine Ambitionen koinzidieren und kollidieren mit den Absichten und dem Ehrgeiz einheimischer Territorialfürsten.
mehr


2024-04-22 15:31:17

Heinrich von Kleist/Jamal Tuschick - Vereist auf einem Gipfel der Förmlichkeit

Der versöhnliche, in den Niederungen einer trivialen Auflösung changierende Novellenschluss, wirkt wie angepappt. Die Permanenz der Krise mündet in familiärer Gemütlichkeit. Juiletta bringt „eine ganze Reihe von jungen Russen“ zur Welt. Sie vollendet sich in einem konventionellen Rahmen, der das Vorangegangene, zumal den individuellen Aufruhr, in eine degradierende Klammer zieht.
mehr


2024-04-21 17:05:46

Heinrich von Kleist/Jamal Tuschick - Subalterne Standfestigkeit

Von seinen Geschäften in Neapel festgehalten, schreibt Graf F... der Marquise zwei Mal. Gewunden bereitet er Julietta auf jenes mysteriöse Ereignis vor, die sie längst aus der alten Bahn in ein neues Leben geworfen hat. Gepeinigt von der Einsicht in die Folgenschwere seiner Tat, deliriert er förmlich um den heißen Brei.
mehr


2024-04-20 21:39:29

Heinrich von Kleist/Jamal Tuschick - Narrativer Coup

Nach dem übereilten Tod ihres Gatten kehrt die Marquise von O…, kurz Julietta, in ihr Elternhaus zurück. Die Eltern bewohnen das Kommandantenquartier einer oberitalienischen Zitadelle. Die wird gelegentlich von russischen Truppen gestürmt. Die Soldaten des Zaren sind auf dem Rückzug. Sie verlieren gerade einen Krieg, während sie manches Scharmützel gewinnen.
mehr


2024-04-19 17:50:39

Heinrich von Kleist/Jamal Tuschick - Kinder als Beute

Der als Schwan aufkreuzende Zeus verhält sich so, als sei er auf Ledas Zustimmung nicht angewiesen. Der mythologisch-misogynen Zuspitzung setzt Kleist keinen kritischen Punkt entgegen. Am Ende suggeriert der Autor die nachträgliche Zustimmung der Vergewaltigten.
mehr


2024-04-18 13:04:24

Jamal Tuschick - Vorgetäuschte Entrückung

Aus einem mit Kopfsteinpflaster verniedlichten Oval ragt eine Stele. Ein Protegé von Therese hat das Werk verbrochen. Der Künstler ist in der weiten Welt vollkommen unbekannt.
mehr


2024-04-16 13:33:34

Jamal Tuschick - Gelockerte Leibeigenschaft

Er besprach sich mit der Großmutter, die noch nicht Vierzig war und keine Gelegenheit bekommen hatte, vor lauter Daseinsverdruss fett zu werden. Im Grunde ihres Herzens war sie die übertrieben starke Minderjährige geblieben, die einem zurückhaltenden Jungen anvertraut worden war. Der Junge hatte bis zu seinem unnatürlichen Tod keinen Eifer, aber einen tiefen Ernst gezeigt. Die Großmutter riet Luciano, seine Familie als Scherenschleifer zu ernähren.
mehr


2024-04-15 17:36:57

Christoph Hein/Heiner Müller/Jamal Tuschick - Transitstrecken des melancholischen Eigensinns

Die Konvergenztheorie erwartete eine Annäherung der beiden deutschen Staaten als einer Angelegenheit bürgerlichen Behagens. Sie ging von Konsumgemeinschaften aus. Abstimmungen in der Warenwelt sollten die ideologische Differenz vermindern. Christoph Heins „Fremder Freund“ („Drachenblut“) zeigt die DDR als fortgeschrittene, zugleich lethargische Gesellschaft.
mehr


2024-04-12 15:52:23

Jamal Tuschick - Kaltherzige Tatkraft

Jahrzehnte ist die Tochter einer russischen Zwangsarbeiterin, die ihren Vater nie gesehen hat, landfahrerisch unterwegs, eine Nomadin des Unheils, die sich in Kleingärtner-Kolonien einnistet und die Unbeholfenheit randständiger Jugendlicher nutzt, um sich mit drakonischer Fürsorge eine Gefolgschaft zu sichern. Ihre Mündel verwendet sie auch zuhälterisch. Sie vermietet sie an Drücker- und Putzkolonnenführer.
mehr


2024-04-11 20:02:24

Jamal Tuschick - Ewige Hinterkopf-Litanei

Jeden Abend untersucht sie ihre Töchter. In den Achselhöhlen und im Schambereich fahndet sie nach den Verursacherinnen von Hirnhautentzündungen. Die Angst vor Frühsommer-Meningoenzephalitis sitzt tief im mütterlichen Fürsorgekörper. Sie mischt sich mit diffusen und konkreten Befürchtungen und einer ewigen Hinterkopf-Litanei.
mehr


2024-04-11 12:21:02

Heinrich von Kleist/Jamal Tuschick - Rumorende Ungewissheit

Der Vater der Marquise akzeptiert den russischen Rittmeister als Bräutigam. Die Mutter reibt sich die Hände. Sie lässt den Grafen aus dem Gästebett holen. Der Angeforderte beeilt sich zu erscheinen und mit den leidenschaftlichsten Bekundungen seine Bereitschaft zu beglaubigen, das Urteil des Prüfungsregimes nicht anzufechten.
mehr


2024-04-10 16:31:09

Heinrich von Kleist/Jamal Tuschick - Die Ehre der Marquise

Umgehend entledigt sich der eigenmächtige Gast seiner Reisegarderobe. Er legt seine Galauniform an und rauscht ab zum Gouverneur, wo er den Rest des hellen Tages verbringt. Sein Gebaren versetzt Juliettas Familie in „Unruhe“. Der Forstmeister schildert sich als Zeuge eines Coups. Nach seinen Beobachtungen sind die sozialen Manöver des Grafen vorbedacht, eben so wie bei einem in die Tat umgesetzten Plan.
mehr


2024-04-09 13:20:12

Heinrich von Kleist/Jamal Tuschick - Dramatische Performance

Ein von den Toten wieder auferstandener Rittmeister hält mit dubioser Dringlichkeit um die Hand der Marquise von O. an. Jene Julietta kam ebenso dubios in andere Umstände. Das ist im Augenblick der Ereignisse noch nicht offiziell. Der Skandal steht noch aus.
mehr


2024-04-08 14:16:01

Heinrich von Kleist/Jamal Tuschick - A Porous Line of Defense

Julietta versucht ihrer Mutter klarzumachen, dass sie schwanger ist, ohne eine Ahnung, wie das passieren konnte. Die schöne junge Witwe hatte schon seit Ewigkeiten keinen Sex mehr. Heinrich von Kleist verdreht die verkrampfte Zwiesprache. Den gründlich düpierten Hausherrn macht er zum ahnungslosen Schlusspunktsetzer.
mehr


2024-04-07 12:47:20

Heinrich von Kleist/Jamal Tuschick - Historischer Wimpernschlag

Heinrich von Kleist wählte zur Unterhaltung des Publikums ein historisches Wimpernschlagereignis. Die zaristische Streitmacht marschiert ihrer Verdrängung entgegen. Kleist wollte genau den Punkt setzen. In einem Augenblick politischer Folgenlosigkeit erleidet das Individuum sein Schicksal, ohne sich mit einer geschichtsmächtigen Marke schmücken zu können. Die von Kleist heraufbeschworene Szene wird von einer grotesken Unterströmung im Fluss gehalten.
mehr


2024-04-06 11:38:10

Heinrich von Kleist/Jamal Tuschick - Teufelskerl mit Manieren

Den an einen äußeren Rand der Entscheidungsfreiheit gedrängten Kommandanten der angegriffenen Zitadelle treibt keine Hoffnung mehr an. Juliettas Vater ergibt sich nur deshalb nicht, weil er den Eroberern den Großmut des Pardons nicht zutraut. Mit „sinkenden Kräften“ zieht er sich auf eine letzte Linie zurück. Nun tritt der Russe, von dem wir schon so viel gehört haben, vom Kampfgeist glühend, vor seine Leute und fordert ...
mehr


2024-04-05 17:01:45

Jamal Tuschick - Rationalisierter Aberglaube

Gletscherschmelzen treiben Pandemien an. Achtundzwanzig bis eben unbekannte Virus-Gruppen fanden Wissenschaftler im Tauwasser. Dazu kommen steinalte Spielarten von Pocken, Spanischer Grippe und Beulenpest.
mehr


2024-04-05 11:09:26

Heinrich von Kleist/Jamal Tuschick - Verschonter Palastflügel

„Eben als die russischen Truppen, unter einem heftigen Haubitzenspiel, von außen eindrangen, fing der linke Flügel des Kommandantenhauses Feuer und nötigte die Frauen, ihn zu verlassen.“
mehr


2024-04-04 11:28:02

Heinrich von Kleist/Jamal Tuschick - Sieg der Verlierer

In einem späten Augenblick des 18. Jahrhunderts stürmen russische Truppen eine oberitalienische Zitadelle. Sie tragen die historische Flüchtigkeit eines Sieges davon, von dem nur die Leidtragenden Notiz nehmen. Das Missverhältnis von blutigem Getöse und politischer Wirkung löst Unbehagen im Themenpark der Peinlichkeit aus. Der folgenlos aufschäumende Betrieb wirkt abstoßend. Heinrich von Kleist spekuliert auf den Effekt, indem er den militärischen Radau dem weiteren Novellengeschehen mit viel Liebe zum Detail vorsetzt.
mehr


2024-03-28 15:15:21

Percival Everett - Verbale Camouflage

„Dass die tiefste kulturelle Revolution durch den Einzug der Marginalisierten in die Repräsentation ausgelöst wurde - in der Kunst, der Malerei, der Literatur, überall in den modernen Künsten, in der Politik und im sozialen Leben im Allgemeinen. Unser Leben wurde durch den Kampf der Marginalisierten um Repräsentation verändert.“ Die Feststellung von Stuart Hall gibt Percival Everetts Roman die Richtung vor.
mehr


2024-03-27 11:35:31

Jamal Tuschick - Die Erfindung der Schweiz


mehr


2024-03-27 11:28:15

Jamal Tuschick - Lächerlicher Frohsinn

Meine Eltern erwarten nicht viel von mir. Zumal gemessen an dem, was ich erben werde. Trotzdem fällt es mir jedes Mal schwer, keine Ausreden zu gebrauchen und meinen wenigen Verpflichtungen ihnen gegenüber nachzukommen. Früher war mir kein Vorwand zu durchsichtig: ich fürchtete die Blößen nicht. Doch jetzt erscheint jede Lüge wie ein Frevel.
mehr


2024-03-26 21:17:07

Aris Fioretos - Prekäres Genie

Der aus dem kleinstädtischen Delaware gebürtige Timothy ‚Tim‘ Middler wählt als angehender Rockstar den nom d‘artiste Ache Middle. Das unterschlagene r nimmt den angestammten Platz schließlich wieder ein. Im Vollbesitz seiner Mittel nennt sich der Künstler als nicht mehr ganz junger Mann Ache Middler. Ache verliert seinen Zwillingsbruder, mit dem ihn nicht viel verband, außer manchmal eine rasende, jedoch vollkommen aussichtslose Nähe.
mehr


2024-03-22 16:43:20

Aris Fioretos - Rimbauds Erben

Ihre Songs sollen klingen wie „freigelegte Nerven“. Doch wenn Tim Middler aka Ache Middle singt, klingt es eher so „als würde mich jemand würgen“. Ache und seine Mitstreiter fühlen sich als „Rimbauds Erben“. Ihre Performance erinnert an „bösartige Chorknaben“. Doch schon die erste Besprechung des Debütkonzerts ist eine „lodernde Huldigung“. Die Rezensentin kennt die Innen- und Kehrseiten der Newcomer-Band. Trish Kelly liebt Ache. Vielleicht verleiht ihr das prophetische Gaben.
mehr


2024-03-16 10:54:58

Jamal Tuschick - Erotisches Junkfood

Die Redundanz des Vitalen … evolutionäre Ladenhüter und Evergreens … erotisches Junkfood. Entscheidend ist doch, was passiert, wenn man sich eine Woche lang nicht die Haare gewaschen hat. Wie gut kann man sich nach zehn gemeinsamen Stunden im Auto noch riechen. Wie sehr kann man sich dann noch leiden, beziehungsweise wie sehr leidet man dann.
mehr


2024-03-15 10:18:13

Jamal Tuschick - Epigenetischer Telegrammstil

Amitava Kumar beschreibt eine soziale Evolution. Die Angst der Hirsche gibt nicht nur Pflanzen Raum, sondern auch den Hirschen Anhaltspunkte, wie sie unter verschärften Bedingungen überleben. Die erholten Pappelbestände des Yellowstone Parks rufen Biber auf den Plan, die da weitermachen, wo die Hirsche aufgehört haben. Sie nehmen freigewordene Plätze ein.
mehr


2024-03-14 21:42:03

Ronald Reng - Diese langen Haare wollten mehr

Am 11. September 1973 stürzt General Pinochet in Chile den weltweit ersten demokratisch gewählten sozialistischen Präsidenten. Salvador Allende quittiert den Staatsstreich mit Selbstmord. Pinochet errichtet eine Diktatur, die weltweit Schockwellen der Empörung auslöst. Zur Signatur der Pinochet-Pression werden in Straflager umgewandelte Fußballstadien. Viele Regimegegner fliehen in die DDR. Neun Monate und elf Tage nach dem Putsch spielt die chilenische Nationalmannschaft im Berliner Olympiastadium vor 17.400 Zuschauern gegen Australien.
mehr


2024-03-13 20:24:19

Zeruya Shalev - Momentanes Ich

„Ich kann nicht beschreiben, wie wichtig mir dieser Sieg war, mir, die ich noch bei keinem Spiel gesiegt und die ich schon so viel Scheiße gefressen hatte.“
mehr


2024-03-12 15:02:58

Uta Bretschneider/Jens Schöne - Spielzeug für Erwachsene

Die Autor:innen haben vollkommen recht, ihr Thema für bahnbrechend und beinah schon touristisch wegweisend zu halten. Bretschneider und Schöne liefern ihrer These großartige Belege. Sie entdecken das Sensationelle knapp über den Bodenwellen von Land- und Dorfstraßen. Sie haben auch im Westen und in ostdeutschen Großstädten recherchiert, die schönsten Geschichten verbinden sich aber mit Schauplätzen in Brandenburg und Sachsen, die wie halbwegs aufgegebene Vorposten einer kränkelnden Zivilisation dem unbefangenen Durchreisenden das Gefühl einer Geisterbahnfahrt geben.
mehr


2024-03-11 13:05:41

Muhammad Ali/Jonathan Eig - Fiktive Anekdoten

Am 25. Februar 1964 verliert Sonny Liston in der Miami Beach Convention Hall den Weltmeistertitel im Schwergewicht an einen Olympiasieger von 1960. Muhammad Ali (1942 - 2016) heißt noch Cassius Clay. Gern wäre er der jüngste Schwergewichtsweltmeister aller Zeiten geworden. Den Rekord hält Floyd Patterson, der 1956 im Alter von einundzwanzig Jahren den halbgreisen Archie Moore schlug. Erst dreißig Jahre später wird ein zwanzigjähriger Herausforderer Pattersons Rekord brechen.
mehr


2024-03-10 20:09:00

Jamal Tuschick - Der Zauberkasten

Ich verstand nicht, warum mein Bruder nicht arbeitete. Rolf hatte das Recht aus der Reihe zu tanzen. Ihm gehörte ein Zugang zu den mütterlichen Abteilungen. Mich fügte man in den betrieblichen Baukasten wie einen Gegenstand ein. Auf mich ließ sich zurückgreifen. Zwei Fragen drängten sich vor. Was unterschied mich von meinem angeblich schwermütigen und hochbegabten Bruder und warum widerstand mein Vater nicht seinem Vater?
mehr


2024-03-06 07:55:23

Jamal Tuschick - Die Schwarte im Gras

Täglich schließt Keno die Kreuzworträtsellücken seiner Oma am gravitätischen Schreibtisch im Großraumwohnzimmer. Stille könnte einen Moment der inneren Einkehr begünstigen. Doch brüllt der Maximalfernseher von morgens bis abends, während so gut wie keine Sendung Betty die seelisch so notwendige Zustimmung gestattet. Vertrauenswürdig erscheinen ihr nur autoritär auftretende Männer, die sie ...
mehr


2024-03-04 12:07:45

Jamal Tuschick - Das Ohr der Oma

Erst zwangen „körperliche Einbußen“ Betty zu immer längeren Pausen. Inzwischen unterbricht die Hofherrin nur noch selten die Ruhephasen. Tagsüber ist sie zu schwach für beinah jede Beschäftigung und nachts kann sie nicht schlafen. Als das Ohr seiner Oma kennt Keno alle Nuancen.
mehr


2024-03-03 18:44:51

Jamal Tuschick - Der Ayatollah von Bornheim

Der Himmel seiner Kindheit war eine Reverenz starker Empfindungen. In der Wüste wurde jede Regung des Gemüts einem Gemeinschaftsdienst zugeführt. Nur für Ideale gab es einen Markt. Man hatte zu glühen. Doktor Mansour erlöste sich davon in Frankfurt am Main, während Kommilitonen einen bewaffneten Kampf gegen ihren Staat erwogen. In den besetzten Häusern des Westends nannte man ihn Kalaschnikow, da er sich mit Maschinenpistolen bereits auskannte als deutsche Studenten waffentechnisch noch in der Steinzeit lebten.
mehr


2024-03-02 21:37:49

Jamal Tuschick - Verstaatliche Villa

Den gesellschaftlichen Verwerfungen zum Trotz glückt Marianne eine tadellose Kindheit und Jugend. Sie absolviert das Höhere-Tochter-Programm. Einmal gesteht sie ihre Faszination für Prinz Pfahl - Kazıklı Bey. So nannten die Osmanen den rumänischen Aristokraten Graf Dracula aka Fürst Vlad der Pfähler.
mehr


2024-03-02 20:55:38

Dana Grigorcea - Fröhlicher Wortsalat

Eine Person, deren Weltläufigkeit das Polyglotte entbehrt, scheint gleichwohl alles zu begreifen, was man ihr auf Italienisch, Deutsch, Englisch und Französisch vorträgt. Noch erstaunlicher ist die Fähigkeit, mit einem „fröhlichen Wortsalat“ dem anspruchsvollen Publikum zufriedenstellende Entgegnungen zu liefern.
mehr


2024-03-02 17:28:36

Jamal Tuschick - Der Zauberkasten

Bei uns daheim am Küchentisch hieß es stets: Türken können so was nicht. Das ist der Lase im Großvater. Doch auf dem Schauplatz der Erfolgsgeschichte gab es sonst keinen, der wusste, dass es Lasen überhaupt gab.
mehr


2024-03-02 17:19:26

Jamal Tuschick - Verstolperte Anfänge

Aus der Vorstadt am Rosenthaler Tor kam nichts Gutes nach bürgerlichen Maßstäben. Ringvereine entstanden außerhalb der Ringmauer. Bald nach Neunundachtzig wurde das angestammte „Hauptquartier des Pöbels“ schick in einer überraschenden Wende nach der Wende. Die Gentrifizierung schob das Rotlichtmilieu vor sich her. Die Flurbereinigung erfolgte nach Schema F.
mehr


2024-03-02 14:21:35

Jamal Tuschick - Uns kann nur noch ein Unglück helfen

Mit Containern, Stein- und Schutthaufen wurde eine Kreuzung aus dem Verkehr gezogen. Die Baustelle sah aus wie ein Feldlager. Goya und Gunda liefen durch Gassen einer Budenstadt, an deren Jahrmarktsrändern ein Dorf aus gestapelten Blechschachteln lag. Auf Trampelpfaden gelangte man dahin und hinein über verwinkelte Treppen, die an Rundstiegen alter Häuser erinnerten.
mehr


2024-03-02 13:25:07

Jamal Tuschick - Bierfilzarchäologie

In der Hochzeit der Afrika-Expeditionen und der spekulativen Ethnologie befasste sich der Journalist Henry Mayhew (1812 - 1887) mit der Armutsarchaik vor der eigenen Haustür. Er trieb Völkerkunde in den Gassen von London und …
mehr


2024-03-01 20:21:05

Jamal Tuschick - Übertrieben bissig

Erratische Felsen. Bizarre Treibgutassemblagen. Die Tiefsee der Metaphorik. Ron markiert den Mythensüchtigen. Er strapaziert die Sirenen in der Literatur des 19. Jahrhunderts. Aileen gibt die paradox vor dem Meer sich ängstigende Schaumgeborene im Stil der Venus von Botticelli. Die kunstgeschichtlichen Echos wirken mechanisch. Jeder ergreifende Blick und alle erotischen Degustationen werden zu Stichwörtern in einer mangelhaften Performance.
mehr


2024-03-01 17:26:29

Lydia Lewitsch - Kein Licht des Begreifens mehr

Zunächst halten sich Sympathie und Reserve die Waage in dem Abhängigkeitsverhältnis. Die Abhängige muss durch ein Nadelöhr, um auf die universitäre Speck- und Sonnenseite zu gelangen. Fragt man Miriam, dann entsprechen ihre Beiträge einer einzigen Einladung. Manche Momente deuten sogar eine keimende Freundschaft an, obwohl die Ältere weiß, wie trügerisch das alles ist.
mehr


2024-03-01 12:04:55

Jamal Tuschick - Komatöses Nickerchen

Betty räuspert sich furios in ihrem futuristischen Fernsehsessel. Somnambul verschiebt sie die Brille auf dem Nasenrücken. Die Fernbedienung entgleitet der Sitzfläche und landet auf dem Teppich. Bettys Kopf sinkt unbequem auf einen Sesselwulst. Kenos Oma wird gleich mit einem steifen Nacken aus ihrem komatösen Nickerchen erwachen.
mehr


2024-02-29 21:04:37

James Meredith/Martin Luther King/Jonathan Eig - Eine Reise ans Ende der amerikanischen Nacht - Soziale Energie

Sein Anlauf währt zehn Jahre. So lange übt James Meredith die staatsmännische Attitüde, mit der er in die Geschichte eingehen will. Zugleich soll ihn die gravitätische Pose vor direkten Übergriffen bewahren. Er orientiert sich an einem Heerführer, der sich von seiner Truppe absetzte, um nach einer Eroberung dem Publikum das Schauspiel eines solistischen Einzugs zu gewähren.
mehr


2024-02-29 18:43:45

Jamal Tuschick - Linkes Erfolgspaar mit Eigenheim

Demnächst flippt die Republik aus. Eine bleierne Zeit liegt in den letzten Zügen. Die Adenauer-Restauration hat ausgedient. Die Ehe der Premium-Kolumnistin Ulrike Meinhof und des hanseatisch-smarten Publizisten Klaus Rainer Röhl ist ein Politikum. Stefan Aust beschreibt die beiden als „linkes Erfolgspaar mit Eigenheim und Urlaubsreisen nach Sylt“.
mehr


2024-02-28 12:07:34

Jamal Tuschick - Die Gießordnung

Keno stromert seiner Oma Betty hinterher über den Friedhof von Ö … Er lauscht dem Gemurmel seiner Vorfahren. Vom Rascheln der Blätter fühlt er sich ins Gebet genommen. Keno ist vorerst der letzte männliche Nachkomme einer schwäbischen Dynastie von Schmieden. Kein Familienname kommt in dieser Gegend häufiger vor als Schäufele. Betty ist eine geborene Schäufele. Das bedeutet hier viel. Schäufeles wurden in Ö … schon unter die Erde gebracht, als der Friedhof noch gar nicht existierte.
mehr


2024-02-27 17:20:06

Jamal Tuschick - Aus einer göttlichen Hutschachtel der Überfülle

Jedem Spatzen-Pieps entnimmt Anton philosophische Prisen. Schopenhauer definiert Genialität, als „die Fähigkeit, sich rein anschauend zu verhalten“. Elegisch gestützt auf eine Forke, präsentiert sich der kaum alphabetisierte Millionär im blütenweißen Seidensticker Hemd, mit schlohweißer Mähne.
mehr


2024-02-27 15:16:32

Martin Luther King/Jonathan Eig - Leuchtfeuer der Bewegung

Das Wesen jeder feudalen und aller bürgerlichen Ordnung ist Repräsentation. Nach Stuart Hall ergibt sich im 20. Jahrhundert „eine kulturelle Revolution mit dem Einzug der Marginalisierten in die Repräsentation“.
mehr


2024-02-27 11:10:43

Jamal Tuschick - Der Siegeszug der Leichtbauweise

In den 1960/70er Jahren verzweifelten die Kommunen am Bedarf und besserte im Containerstil nach. Die Kinderrepublik Westdeutschland platzte aus allen Nähten. Jeder Hort war überfüllt. Überall bildeten sich Schlangen. Pensionierte Handarbeitslehrerinnen wurden reaktiviert, um in den Freigehegen der Bildungsreform die Grenzen ihrer Leidensfähigkeit kennenzulernen. Das war egal, hatten doch die Zukunftsfähigen die beste Zukunft aller Zeiten vor Augen. Die Renten waren sicher und das Gesundheitswesen war kostenlos.
mehr


2024-02-26 11:31:04

Jamal Tuschick - Auf Saumpfaden der Verschwiegenheit

Am Ziel ihrer Träume angekommen wähnt sich die schwäbische Backpackerin Doris Steinbrecher, als sie auf Honolulu einen traumhaften Luxus-Retreat entdeckt. Als Schwangerschaftsvertretung für eine Yogalehrerin dockt sie an. Bald darauf wird sie selbst schwanger - von einem greisen kenianischen Guru, der die Geburt seines Sohnes nicht mehr erlebt. Keno wächst in einem Regime uferloser Weiblichkeit und in einer Riesenkrippe auf. Ein Dutzend lediger Mütter managt den spirituellen Hotspot.
mehr


2024-02-25 21:11:39

Martin Luther King/Jonathan Eig - Ekstatischer Kirchenkosmos

Die Weigerung der Afroamerikanerin Rosa Parks, ihren Platz im Bus einem Weißen zu überlassen führte erst zu ihrer Festnahme und dann zu einem Boykott der Busse. Der schwarze „Busboykott von Montgomery“ startete 1955 das Civil Rights Movement. Ein Motor dieser Bewegung war die „Southern Christian Leadership Conference“ (SCLC). Deren charismatischer Führer, ein Baptistenprediger aus Atlanta namens Martin Luther King, wurde 1964 Friedensnobelpreisträger.
mehr


2024-02-24 14:25:56

Jamal Tuschick - Verschwiegener Lustgewinn

Anton Steinbrechers Auftritt verspricht großspurige Gutsherrlichkeit. Wer käme auf die Idee, dass dieser schneeweiß ergraute Langhaarige in seinen butterweichen Reitstiefeln kein studierter Grandseigneur ist, sondern ein Elektriker mit fünfjähriger Volksschulbildung.
mehr


2024-02-20 21:13:37

Haruki Murakami - Phantasmagorische Zwiesprache

Im Zentrum der gemeinsam ausgestalteten Fiktion steht eine Stadt, gesäumt von einer acht Meter hohen Mauer. Ein Fluss teilt sie. Seine Ufer sind paradiesische Auen. Gehörnte Fabelwesen weiden von früh bis spät vor den Toren. Die menschlichen Bewohner sind Internierte. „Wer die Stadt betritt, darf keinen Schatten haben, doch wer keinen Schatten hat, darf die Stadt nie mehr verlassen.“
mehr


2024-02-20 13:12:15

Jamal Tuschick - Traurigkeitstrophäen

Die Königin von Saba hätte den Laufsteg bis ganz nach oben beschreiten können. Sie ging lieber mit der Bagage aus, mit Jungen, die es fertigbrachten auf einem Klo über ihrer Scheiße einzuschlafen. Die Väter waren nichts. Die Mütter waren die Mütter, was soll man da noch sagen.
mehr


2024-02-19 17:26:22

Jamal Tuschick - Der Kolonialismus im Spiegel des britischen Imperialismus - Weißer Klugscheißer

Gruffydd begleitet den Jäger Yayan zu einem See im Norden von New South Wales. Die Lebensweise seines Führers erscheint ihm gemütlich. Gruffydd schreibt: „Fast alles unterwirft Y. seinem Belieben. Das Beschwerliche überträgt er seiner Frau.“
mehr


2024-02-19 15:42:02

Jamal Tuschick - Hass auf die Scheißer

Vor Schmerz kurz vor dem furiosen Irrsinn rudert Murat im Schweiß. Annalena hält er für den letzten Lichtblick seines Lebens. Er hat sich selbst eingeliefert, der Welt schon fremd im Schlafanzug. Annalena hat ein feines Gesicht und eine gleichgültige Art. Ihr Leben beginnt nach der Arbeit. Sie erzählt davon.
mehr


2024-02-19 15:15:22

Jamal Tuschick - Wasserkunden

Die Patienten separieren sich an ihrem Tisch, wo sie ihre Krankengeschichten durchhecheln von den frühen Symptomen über das Stadium der Ungläubigkeit nach den Diagnosen, den vergeblichen und den hilfreichen Operationen bis zu den ersten und den sich daran anschließenden Erlebnissen der Invalidität, die sie zu Kennern der Materie und der Wartezimmer gemacht haben, so wie zu Spezialisten der Fernsehprogramme, zu gewieften Zeitungslesern und umsichtigen, jede Veränderung ihrer Umgebung skeptisch aufnehmenden Spaziergängern. Alle Patienten teilen die Erfahrung ...
mehr


2024-02-17 17:46:14

Jamal Tuschick - Gonzojournalistisches Brainstorming

Heinrich Tremper sah aus wie Heinrich George und trat auch so auf. Der Braubacher Gastwirt hatte einen Sohn, der ihm nach Berlin davonlief, da Bonvivant studierte und den Boulevard brutalistisch aufmischte. Will Tremper (1928 - 1998) verfügte über die Reflexe eines Boxers und das sanguinische Temperament einer Balinesischen Tempeltänzerin. Fit hielt er sich mit Getränken.
mehr


2024-02-17 17:07:12

Jamal Tuschick - Die Wahl zwischen Abstand und Tod

Das Habsburger Reich erwehrte sich der Pest erfolgreich mit einer Befestigung seiner Außengrenzen: einer Sperrzone von Kroatien bis Moldawien. Das Osmanische Reich stellte es mit militärischen Mitteln unter Quarantäne.
mehr


2024-02-17 16:30:12

Jamal Tuschick - Demografische Katastrophe

In ihrer Blütezeit übertraf Tenochtitlan alle anderen Städte Amerikas an Größe und Pracht. Wie „Dorftölpel“ staunten die Konquistadoren unter der Führung von Hernán Cortés 1519 über Avenuen und Kanäle zwischen den Einschüchterungsmonumenten in der Kapitale des Aztekenreichs. Paris, damals Europas bedeutendste Metropole, war kleiner und weniger glanzvoll.
mehr


2024-02-17 12:36:57

Jamal Tuschick - Eingeflogener Firmennachwuchs

Montagnachmittag kommen die Patienten zu Grete, Fünfzigjährige, die Wasser trinken. Hinter ihnen liegen Ehen und Krankheiten, an denen man sterben kann, und das Gefühl der Unverwüstbarkeit. Die Männer waren früher gut beieinander, man ahnt es noch. Sie bekleideten Posten. Sie sind nun ausgesteuert. Das sagen sie so. Sie arbeiten nicht mehr, abgesehen von Willi, der Taxi fährt, weil er das braucht. Willi erfüllt besondere Aufgaben in der Gemeinschaft.
mehr


2024-02-17 11:30:38

Jamal Tuschick - Phobisches Phänomen

Die ersten Abriegelungen erscheinen in ihren Übertragungen wie Dreharbeiten zu Filmen, die erschrecken sollen. Dann wird die Mailänder Modewoche abgesagt. Eine Flugzeugträgerin der italienischen Wirtschaft läuft nicht aus.
mehr


2024-02-16 18:23:07

Jamal Tuschick - Der Kolonialismus im Spiegel des britischen Imperialismus - Willkommen in der Steinzeit

Scherzend passierten Ordonnanzen vom Wind bewegte Gehängte im gestreckten Galopp. Der aus Ysgubor-y-coed/Cardiganshire gebürtige Llewelyn verzog sich, begleitet lediglich von zwei im ozeanischen Stil skarifizierte Spitzbuben Richtung Wales. Ein paar hundert Jahre später reist ein Nachfahre des Verlierers um die halbe Welt nach Australien. Substanzlos jung ist dieser Lord Gruffydd of the Marches. Er tritt als Journalist auf.
mehr


2024-02-16 18:21:09

Jamal Tuschick - Der Kolonialismus im Spiegel der Französischen Revolution - Ozeanische Blutfeste

Beim Abendessen in Kings Haus lernt Pechstein den Walfahrer und Robbenschlächter Mayhew Folger kennen. 1808 war es Folger gelungen, Pitcairn wieder einmal zu entdecken und den einzigen weißen Überlebenden einer Mordserie, den auf Blutfesten bis zum Wahnsinn gläubig gewordenen John Adams, im Kreis seiner Liebsten zu treffen.
mehr


2024-02-16 18:19:21

Jamal Tuschick - Der Kolonialismus im Spiegel des britischen Imperialismus - Die spanische Plage

Ich las eben, dass von zwölf Kauffahrten vor 1612 acht unglücklich verliefen. Dennoch ergab sich ein durchschnittlicher Gewinn von zweihundert Prozent. Dabei kamen zum kauf- und seemännisch-regulären Gelingen illegale Erwerbungen. Raub und Diebstahl zu Lande und auf See bestanden gleichmäßig neben geschäftsförmigen Abwicklungen und wurden ordentlich vermerkt. Die irrwitzig hohe Ausfallrate bei Seeleuten war egal.
mehr


2024-02-16 18:04:00

Nora Krug - Visueller Journalismus

„Jahrzehntelang hat die Welt das revisionistische russische Narrativ geduldet, dadurch indirekt Russlands expansionistische Politik und genozidale Vorgehensweise unterstützt und damit das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine untergraben.“
mehr


2024-02-16 15:00:20

Jamal Tuschick - Systemrelevanter Bullshit

Noch halten viele Leute Corona für etwas, dass nur die anderen kriegen. Westliche Experten stufen das Corona-Risiko in ihren Ländern als „mäßig“ ein. Gemeinsam mit dem Rest der freien Welt kritisieren sie die Chinesen. Aus China erreichen uns Bilder von gespenstisch leeren Straßen. Wir wissen natürlich, da ist alles gefiltert und von der Partei geklärt, vor allem jedoch auf Asien beschränkt ...
mehr


2024-02-16 14:15:53

Jamal Tuschick - Der Kolonialismus im Spiegel des britischen Imperialismus - Berittene Präriemonarchien

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts karikieren drei gleichzeitig waltende Päpste das christliche Weltbild. Die Anarchie von oben eliminiert Sicherungen und Stabilisatoren der Herrschaft. Sie zerstört das Fundament der mittelalterlichen Gesellschaft. Die ritterliche Gefolgschaftstreue verliert ihre grandiose Dimension. Die Scholle verliert ihre Bindungskraft für die Leibeigenen. Das Patriziat verliert seine Sperr- und Riegelfunktionen.
mehr


2024-02-16 12:41:53

Jamal Tuschick - Gemeinschaftstopfpflanzen

Die schottischen Neumieterinnen beschimpfen ihre Besucher auf dem Balkon. Sie haben einen Hampelmann mit Strapon (Anschnalldildo) an ihrer Balkonbrüstung aufgehängt. Wayne hört die ratlose Entrüstung junger Männer, eben waren sie noch obenauf. Die Wohnung ist an sich zu klein für vier Rabaukinnen. Die Spiele-Entwicklerinnen machen die Nacht zum Tag im Treppenhaus. Sie gießen Gin in die Gemeinschaftstopfpflanzen. Sprotte kichert auf ihrem Horchposten, der Engländer schaltet sich ein, Wayne versteht kein Wort.
mehr


2024-02-15 21:22:27

Hanns-Josef Ortheil - Impfeuphorie im Freundeskreis

„Von nahen Dingen und Menschen“ betitelt eine Glossensammlung. Dreh- und Angelpunkt der ausgebauten Notizen ist die Pandemie ab Februar 2020. Ortheil beschreibt die Impfeuphorie im Freundeskreis nach einer Zeit der bangen Separation. Er rezensiert die Manier der Sportberichterstattung und kritisiert den häufig unsinnigen Gebrauch des Wortes „definitiv“.
mehr


2024-02-15 13:09:54

Jamal Tuschick - Ghettoblaster für den Mittelstand

Karolin hat die Schublade entdeckt, in der Wayne Streichholzschachteln versammelt. Karolin hält Streichhölzer für Gebrauchsgegenstände.
mehr


2024-02-14 16:48:42

David JP Phillips - Transmittergewitter

„Wer kennt das nicht: Ein wichtiger Termin steht bevor, aber vor lauter Aufregung bringen Sie keinen klaren Gedanken zusammen. Die Botenstoffe im Körper sind falsch eingestellt, statt sympathisch und kompetent kommen Sie gestresst und fahrig herüber, und so hilft nur ein falsches Lächeln. Oder gibt es einen anderen Ausweg? Was, wenn es eine Methode gibt, die Ihnen zielgerichtet erlaubt, gewisse Stimmungen herzustellen? Was, wenn wir Ängste, Aufregung, Lustlosigkeit einfach überwinden könnten, um unsere beste Leistung abzurufen?“
mehr


2024-02-14 11:56:59

Jamal Tuschick - Gefühlsniederlagen in den Grauzonen des Möglichen

Antigone studiert noch. Sie ist als Schwangerschaftsvertretung mit von der Partie. Für sie sind Nudeln manchmal schon das Beste, was ein Abend bieten kann. Manchmal langweilt sich in der Gesellschaft älterer Schwadroneure und merkt wohl, wie verschwenderisch sie ihr Leben ausgibt.
mehr


2024-02-13 12:31:35

Jamal Tuschick - Westdeutsches Grundgefühl

Wenden wir uns kurz dem aus Lübeck gebürtigen Ex-Handball-Halbprofi und Arzt Gerkan B. zu. Zu Hause erwartet Gerkan die Unternehmerin Dara R. gestiefelt und gespornt für einen Ausritt im Offroader. Das Paar lebt im Urlaubsparadies Meckpomm. Im lautlosen Faktencheck vergleicht Gerkan die Arzthelferin Angelika mit Alena, einer Assistentin seiner Frau. Im Osten heißen die Arzthelferinnen Schwestern.
mehr


2024-02-13 07:56:35

Jamal Tuschick - Unbürgerliches Unglück

Der Gegenwind stemmt Hartmut fast von der Maschine. Er erlebt einen fadenscheinigen Moment der Freiheit. Das ist natürlich lächerlich. Spielarten der bürgerlichen Lebensangst und Selbstentfremdung lassen sich aus den Introspektionen des häuslichen Selbst gewinnen. Das ist wie Keschern im Aquarium; man hat alles in einer Pfütze.
mehr


2024-02-12 08:09:59

Jamal Tuschick - Ankauf von privat

Wayne kaufte sie 1982 für fünfzig Mark. Ankauf von privat. Die Hausfrau erklärte umständlich, warum sie sich von dem guten Stück zu trennen bereit war. Sie hatte sich mit einer modernen Maschine ausgestattet und wollte mitfühlend eine junge Familie mit der alten Maschine versorgt wissen. Einkleiden und bekochen waren für sie zwei Seiten einer Medaille.
mehr


2024-02-11 08:42:01

Jamal Tuschick - Schampfütze

Schade um den schönen Durst sagte man in Waynes Kindheit, wenn einer „ein Cola“ bestellte oder, was noch zweifelhafter war, Zitronensprudel. In Pilsstuben hatte man Pils zu trinken, aus Nullzweilitergläsern, mit abnehmender Trinkgeschwindigkeit. Allein die ersten drei waren im Nu zu leeren, anderenfalls ergaben sich Nachfragen, etwa, ob man „vorgetrunken“ habe. Das folgte einem strikten Reglement.
mehr


2024-02-10 07:35:28

Ann Napolitano - Eisbäder der Lieblosigkeit

Julia entscheidet sich für William. Kurz wähnen sich beide am Ziel ihrer Träume. Dann erkennt jeder seinen Irrtum.
mehr


2024-02-10 07:31:25

Jamal Tuschick - Komparsen-Hartz IV

Wayne lebt auf dem Grund eines ozeanischen Beckens, auf einer vor hundertfünfzig Millionen Jahren gesunkenen Scholle. Das Nordend war die längste Zeit ein namenloses Flussbett, bis der Main und die einst amazonasbreite Nidda es freigaben. An Khans Kiosk hängt ein Bembel in seinem grünen Kranz. Das ist ein Sakrileg. Der Kranz ist das Zeichen selbst kelternder Wirte.
mehr


2024-02-09 08:06:55

Jamal Tuschick - Ugly Casting

Für dauerhaft gelten kurze Fristen. Wer zwölf Monate durchgehalten hat, kriegt einen Traditionswimpel ins Fenster gestellt, das ist Karolins fünfte Einnahmequelle. Als Malteserengel gibt sie am Cityring Methadon ab und nimmt Urinproben an. Sie wacht über die Dinosaurier im Senckenberg Museum, hilft im Steinweg Seniorenstift, jobbt in der Burggaststätte und ...
mehr


2024-02-08 07:59:27

Jamal Tuschick - Antike Registriermaschine

Karolins Mutter animiert ihren Mann zum Jodeln. Karolins Ziehvater kann die Registrierkasse in Money jodeln. Karolins jüngste Halbschwester ist zum zweiten Mal schwanger. Das wird weiter nicht erwähnt und gilt als heikles Thema. Was heißt, weiter nicht erwähnt. Karolins Mutter hat kein anderes Thema und muss sich ständig auf die Zunge beißen, weil ihre Älteste noch kinderlos ist.
mehr


2024-02-07 09:30:44

Jamal Tuschick - Akkurater Einzelgänger/Luschiges Paar

Wenn Karolin genug hat von einem Abend, sagt sie: „Wir sind müde“, egal, ob Wayne müde ist. Sie merkt sich die Geschichten der Dinge nicht, die sich im Museum versammeln. Einen ausrangierten zur Dekoration abgestiegenen Bembel hat sie wieder in Dienst gestellt. Jede Veränderung, die nicht auf seinem Mist gewachsen ist, findet Wayne verkehrt. Nie würde er den Kleiderbügel belasten, der aus der Zeit stammt, als die Familie eine Gaststätte mit Pension betrieb. Lange existierte der Bügel gesondert von der Garderobe.
mehr


2024-02-06 10:43:10

Jamal Tuschick - Keine Funzelgemütlichkeit

Wayne bläst einer Kerze das Licht aus. Funzelgemütlichkeit ist stets verdächtig. Sie führt direkt einen Gulag studentenblöder Lebensart. Wayne findet auch die Tischdecke zweifelhaft. Er findet, dass Karolin vorhin zu viel von der Aldi-Lasagne gegessen hat. Plötzlich fällt Wanne ein, dass Karolin nach der ersten gemeinsamen Nacht einen Aidstest von ihm ...
mehr


2024-02-05 12:40:26

Jamal Tuschick - Nächtliche Havarien

„Man stumpft ab“, führt eine Schauspielerin aus. Die Figur ist ein Kampfresultat, aber was, um alles in der Welt, macht man mit müder Haut. Der Haut ist das Kampfgeschehen doch Jacke wie Hose, die könnte sich auch an ein gelasseneres Skelett hängen, so evolutionär indifferent ist die Haut zu ihrem Glück.
mehr


2024-02-04 13:34:50

Jamal Tuschick - Im Kittel der Unantastbarkeit

Wayne sitzt in einer unterirdischen Kabine vor zerfledderten Magazinen. Sein Vater starb im Bürgerhospital, gewiss wäre er gern früher gestorben, mit mehr Mark in den Knochen. Eine verhärmte Frau, von der Wayne noch nie gehört hatte, hielt an seinem Bett aus bis zum Schluss. Die Sexszenen helfen kaum, die Hefte wurden Wayne von einem weiblichen Alberich im Kittel der Unantastbarkeit zur Verfügung gestellt. Vor der Tür lauern Gespenster. Karolin ist im Kinderladen.  
mehr


2024-02-03 12:23:28

Jamal Tuschick - Saharasand

Karolin fällt ein Ball vor die Füße, sie spielt Wayne ungeschickt an. Kinder holen sich den Ball zurück, mit Blicken, die deutlich zeigen, wie sehr sie an der Welt zweifeln, angesichts solcher Erwachsener. Karolin sagt etwas zu ihrer Entschuldigung, das sollte sie lassen.
mehr


2024-02-02 12:36:36

Jamal Tuschick - Weicher Fels

Mandelstam ist ein weicher Fels und Knapp-vorbei-Mann bei allen Hauptrollen, die im alten Nordend zu vergeben waren. Alt in der Perspektive von Vierzigjährigen. An der Vergangenheitsform lässt sich nicht rütteln. In der Gegenwart dieser Geschichte sind alle Verfehlungen endgültig.
mehr


2024-02-01 10:59:07

Jamal Tuschick - Überseeische Sieger

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es in Frankfurt am Main - wie in anderen deutschen Städten auch - zu Kooperationen zwischen eingesessenen und amerikanischen Gangstern, die als GIs ins Land gekommen waren. Über Nacht entmachteten die überseeischen Sieger die alten Gebietsfürsten. Das Frankfurter Nordend übernahmen mexikanische Kalifornier.
mehr


2024-01-31 11:15:50

Jamal Tuschick - Blood in blood out

Die Verachtung schoss mit der Muttermilch auf das weiche Ziel des Säuglings. Sie wohnte mit den Leuten zusammen wie Schwamm im Gebälk. Sie saß fest im Sattel der Verhältnisse, die ganz natürlich nach Gärung rochen und nach Fremden, die sich willkommener fühlen sollten als der Sohn. Auch der Vater des Königs hieß Michael. Man nannte ihn Diamant-Michel ...
mehr


2024-01-31 10:19:54

Jamal Tuschick - Der Süße aus der ersten Pressung

Der König spricht vom Notstand „in der Latrine“. Die Ansprache trieft vor Verachtung für das kleine Licht im Klo der armen Leute. Königlicher Dünnschiss bekäme jederzeit eine Audienz in den gediegenen Verhältnissen des ersten Stocks. Da sagt kein Namensschild den Bewohner an. Dass weiß man, wer da wohnt, es sei denn, man weiß gar nichts.
mehr


2024-01-30 17:52:26

Jamal Tuschick - Subtiler Snobismus

Das Viktorianische Zeitalter entmündigte Frauen. In Michigan scheiterte Sarah bei dem Versuch, als Frau allein zu leben. In der Konsequenz dieser Erfahrung präsentierte sie sich als Mann. Interessant ist, wie einfach das war. Sarah schnitt ihr Haar, band die Brüste ab und zog Hosen an. Maskuline Attribute in der Preisklasse eines billigen Anstrichs garantierten Bewegungsfreiheit.
mehr


2024-01-30 12:22:13

Jamal Tuschick - Der Kolonialismus im Spiegel der Renaissance - Ohne Zustimmung der spanischen Krone

Pedro de Mendozas war Oberschenk der spanischen Krone. Er konnte seine eigene Flotte auf den Grund des Meeres schicken, ohne Pleite zu gehen. Am 24. August 1534 spuckte Mendoza zum letzten Mal in das Hafenbecken von Sevilla. Er startete mit vierzehn „stolzen Gallionen“ (Pero Vaz de Caminha) und hundertfünfzig Deutschen (und Holländern) an Bord. Insgesamt brachte Mendoza zweiundsiebzig Pferde und die Blüte seines Landes in die Neue Welt ...
mehr


2024-01-30 10:33:08

Jamal Tuschick - Fremde Vertrautheit

Viel zu viel Milch ist in dem Milchkaffee, den Hans Hegemann persönlich schäumt, noch verquollen vom Feierabend, der vorhin erst zu Ende gegangen ist. Die Frühschicht schon wieder zu spät. Der launisch-mürrische Hinweis darauf, läuft auf die Vorformulierung einer Kündigung hinaus, in vorsichtiger Vorläufigkeit.
mehr


2024-01-29 11:09:54

Jamal Tuschick - Der Kolonialismus im Spiegel der Romantik - Glühender Auswurf

Alexander von Humboldt sah, wie ein erdgeschichtlicher Hochofen rasend schnell den eigenen Krater vom Schnee befreite.  „In dunkelroter Gluth erhob sich die Feuersäule des aufsprühenden Schlackenregens zu gewaltiger Höhe. Der Berg empörte sich so furchtbar, dass man seine Beschwerde (im kolumbianischen) Honda vernahm“ - eine Entfernung von achthundert Kilometer in der Luftlinie.
mehr


2024-01-28 09:17:44

Jamal Tuschick - Der Schädel des Triceratops

Beim Frühstück auf dem Balkon memoriert Wayne eine Phase, in der er im Bademantel seine Nachtasyle abgeklapperte. Das war verrückt, denkt er. Wenn man Geld hat, werden einem die Erscheinungen des Wahnsinns als Grillen ausgelegt. Unter ihm kreuzt die neue Erzieherin auf. Sie sucht ihr Feuerzeug ...
mehr


2024-01-27 11:24:36

Jamal Tuschick - Diktatur der Bäume

Die Tänzer schwelgen auf einer sinnlos betonierten Fläche. Ein Einkaufswagen wird über den Platz geschoben. Wayne träumt von einer Diktatur der Bäume. Die Sorgfalt der Abstände. Vor Jahrhunderten in Reihen gepflanzt und jetzt stehen sie ganz groß da.
mehr


2024-01-27 10:28:02

Jamal Tuschick - Verfolgungsjagden im Nordend

Müßiggänger bleiben vor der Kneipe hängen. Der Ire könnte als Sizilianer alten Schlags besetzt werden. Immer wieder gerät Jim in sagenhafte Schwierigkeiten, dann finden im Nordend Verfolgungsjagden statt. Jim räumt Stühle und Schirme ...
mehr


2024-01-26 14:24:10

Jamal Tuschick - Greisengroll

Opa sitzt die Restzeit ohne Freude an seiner Weitsicht ab und kommt lediglich zum Sterben nach Hause. Bis zum Schluss erwartet er von den Nachkommen Unterwerfung und Einsicht in ihre Unzulänglichkeit. Beim Streuselkuchen nach der Beerdigung sagt Vater: „Gut, dass er tot ist.“
mehr


2024-01-26 11:58:45

Jamal Tuschick - Fremdgehen unter Aufsicht II.

Eines Abends versteinerte Oves Frau bei der Anhörung einer Liebeserklärung ihres Mannes, die nicht für sie bestimmt war. Sie brach sofort auf und wurde im Auto von einem Herzschlag tödlich getroffen. Am nächsten Tag stand Ove mit einem Koffer bei Nanna vor der Tür.
mehr


2024-01-26 11:18:34

Jamal Tuschick - Fremdgehen unter Aufsicht I.

Ove war verheiratet und Vorsitzender des Festausschusses, Frankensteins drittwichtigstem Zusammenschluss. Er warb offensiv um Nanna, sie ging so weit, sich mit mir zu beraten und ich ging so weit, sie zu ermutigen. Sie ging dann unter Aufsicht fremd. Meine Eifersucht brachte mich fast um.
mehr


2024-01-25 20:56:29

Jamal Tuschick - Häusliche Erotik

Im Sauerland gab es zwei Kinder und eine an Dennis nicht mehr interessierte Angela. Der Ex-Major zeigte Familienfotos. Höhepunkte der Kollektion waren - nach der Rammstein-Ästhetik inszenierte - Modellaufnahmen der Ex-Ehefrau. Sie stammten von einem Friseur, der sich auf häusliche Erotik spezialisiert hatte.
mehr


2024-01-25 16:13:21

Jamal Tuschick - Kein Himmel für Höhenflüge

Alima und Said sind viel zu höflich, um mir meine Provinzialität vor Augen zu führen. Said ist in England zur Schule gegangen. Er liebt den englischen Nebel und die Zauberstimmungen keltischer Landschaften. Er hat schon früh gelernt, alles für vorläufig zu halten. Ich flüchte vor meinen Allgemeinplätzen in die Rolle des guten Zuhörers.
mehr


2024-01-25 11:15:07

Jamal Tuschick - Entzündete Existenzzahnhälse

Die Familie ist in G... so aufgeschlagen, als wäre in Berlin kein Platz mehr gewesen. Sie hat nichts mitgebracht, was vor Ort zählt. Hanna fühlt sich trotz entzündeter Existenzzahnhälse großstädtisch überlegen. Das fasziniert mich.
mehr


2024-01-25 09:20:59

Jamal Tuschick - Süßgespritzt mit Cola

Auf Nebenwegen und Friedhöfen, vor mythischen Wasserhäuschen und Höhleneintrittsstellen beschwören die Eingeschweißten die Gesetze ihrer Gemeinschaft. Wayne riecht Rauch. Rauch im Sommer bedeutet, der König verbrennt illegal Kram im Kamin der Burg.
mehr


2024-01-24 20:00:03

Jamal Tuschick - Andachten der Selbstverleugnung

Ein Vierteljahrhundert nahm Vater keinen Tag Urlaub. Darauf war er stolz. Nachts goss er Aluminiumformen. So versicherte er sich gegen eine instabile Stromversorgung, die tagsüber drohte. Die Trafostation am Ende der Straße war ein Schwachpunkt. Stets bot sie sich dazu an, der nächsten Katastrophe den Weg zu ebnen. Stromausfall war die Höchststrafe. Die Station stand in einer Fertiggarage und war modellhaft für das ...
mehr


2024-01-24 17:24:44

Jamal Tuschick - Schlafender Staub


mehr


2024-01-24 16:35:11

Jamal Tuschick - Nuklearer Winter

Auf dem Grund einer Tiefkühltruhe, die ich 2005 vor ihrer Verschrottung enteiste, lagerten Erdbeeren, die 1971 unter Koteletts von 1980 und einem Beutel mit Geschmeide eingefroren worden waren. Meinen Eltern war es unmöglich, etwas wegzuschmeißen. Es wurde alles verarbeitet und aufgehoben. So entstanden Saftflaschenkolonien, auf die der Staub von Jahrzehnten sank.
mehr


2024-01-24 15:33:52

Jamal Tuschick - Giftige Materialien

Das Herrenzimmer, in dem ein Kamin bis heute nicht fertig gemauert ist, konnte stromfrei geschaltet werden. Ein rotes Licht zeigt das futuristisch an. Seit über dreißig Jahren wird die Wohnung als Lager genutzt, Staub begräbt den Schick einer anderen Zeit. Die Stromsperre funktioniert noch. Der Geist des alten Zauberers materialisiert sich im illuminierten Schalter.
mehr


2024-01-23 11:19:27

Jamal Tuschick - Lieblose Fürsorge

Honoka Yukishiro Sensei unterrichtet in einem Wolkentheater. Um ihr Dōjō zu erreichen, muss man sich von einem Hubschrauber abseilen. Die Meisterin erscheint dem geblendeten Auditorium wie eine melancholisch in die Jahre gekommene Prinzessin. Alles ist Fluidum, Sendung, Zen - archaisch und aristokratisch.
mehr


2024-01-22 12:40:56

Jamal Tuschick - Hermetische Höflichkeit

Azita G., eine Frankfurterin mit kurdisch-iranischen Wurzeln, ist durch und durch Kampfsportlerin. Sie lebt Budo. Kein Tag ohne Training. Azita erweitert ihr Repertoire in Lehrgängen. Sie ist die Frau in der Highend-Version eines Trainingsanzugs, mit der monströsen Umhängetasche und Jumbowasserflasche, die ihre Wochenenden in Vorstadtturnhallen verbringt ...
mehr


2024-01-22 10:48:42

Jamal Tuschick - In der Sitzhölle

Die Fleisch- und Fischlieferanten treten in urtümlichen Szenen auf. Manchmal kommt ein Jäger mit dem Wildschwein quer auf dem Motorradtank. Es gibt keine städtischen Verblendungen bei der Verarbeitung von Lebensmitteln.
mehr


2024-01-15 08:59:19

Jamal Tuschick - Kleine Kadaver

Ariane schob sich einen Ring auf den rechten Zeigefinger, sie kannte den Namen seines Steins. Es war ein Amethyst.
mehr


2024-01-15 08:11:18

Jamal Tuschick - Aus sicherer Entfernung

Am 28. Januar 1986 endete der NASA-Weltraumflug STS-51-L gleich nach dem Start. Die Raumfähre zerbrach in einem Bild. Ein vielfach gewundener Explosionsschweif mäanderte über den Himmel. Das hatte die Welt noch nicht gesehen. Zu den Opfern des Unglücks zählte Judith Arlene ‚Judy‘ Resnik, deren Eltern aus der Ukraine nach Ohio gekommen waren.
mehr


2024-01-09 10:35:05

Der Kolonialismus im Spiegel der niederländischen Expansion - Lateinischer Despotismus

Die Niederlande rivalisierten mit den Supermächten Spanien und Portugal und waren doch selbst spanischer Herrschaft unterworfen. Niederländer rückten in den Kolonien nach und auf. Sie profitierten vom lateinischen Despotismus, der ganze Völker in die Halsstarrigkeit trieb und sie zugleich empfänglich machte für angenehmere Umgangsformen.
mehr


2024-01-08 20:19:05

Der Kolonialismus im Spiegel der Französischen Revolution - Akademien der Liederlichkeit

Die ungenaue Küstenlinie Australiens wurde noch auf Karten des 17. Jahrhunderts neuholländisch genannt. Die Niederlande rivalisierten mit den Supermächten Spanien und Portugal und waren doch selbst spanischer Herrschaft unterworfen. Niederländer rückten in den Kolonien nach und auf. Sie profitierten vom lateinischen Despotismus, der ganze Völker in die Halsstarrigkeit trieb und sie zugleich empfänglich machte für angenehmere Umgangsformen.
mehr


2024-01-07 12:23:27

Der Kolonialismus im Spiegel der normannischen Renaissance - Die Feder im Anschlag

1813 stellt Napoléon in Dresden seinen Egoismus über französische Interessen. Er erklärt sich in der Gesellschaft des Fürsten Metternich. Anders als ein geborener Fürst, dessen Rang am unglücklichen Ausgang einer Schlacht keinen Schaden nehme, so Napoléon, dürfe er (als Sohn des Glücks) nicht verlieren.
mehr


2024-01-06 12:25:21

Der Kolonialismus im Spiegel der Französischen Revolution - Revolutionäre Regierungsgremien

„Banalitäten feierlich gesagt, einfache Vorgänge barock dargestellt.“ - In einem Feuilleton von 1929 analysiert Kurt Tucholsky das Genre der Sexschmonzette. Der Kritiker stellt eine „Betrachtung mit dem Spazierstock“ darüber an, „wie man es nicht machen soll“. Er scheidet „geniale Psychopathen“ von jenen Laumännern, deren „erhitzte Impotenz“ schwüle Niederschläge zeitigt.
mehr


2024-01-05 13:08:05

Der Kolonialismus im Spiegel der Aufklärung - Revolutionäre Blutfeste

Im August 1793 fällt Toulon von der Revolution ab und übergibt sich royalen Kräften. Eine britisch-spanische Allianz zieht vor der Hafenstadt Schiffe zusammen, sie prahlt mit neuntausend Kanonen. Die Bedränger des republikanischen Frankreichs setzen sich mit achtzehntausend Mann hinter respektablen Mauern fest.
mehr


2024-01-04 15:53:55

Der Kolonialismus im Spiegel der Romantik - Fürstliche Sommerfrische

„Dürfen darf man alles - man muss es nur können.“ Kurt Tucholsky
mehr


2024-01-03 17:55:55

Der Kolonialismus im Spiegel der Französischen Revolution - Gelungenes Scheitern

Rodrigo Borgia gab seiner Epoche das Gesicht, er war der Renaissancefürst. In der Frage, wie funktioniert Macht, bot sich Borgias Sohn Cesare B. Niccolò Machiavelli als Zentralgestirn der Inspiration an. Was aber geschah der königlichen Kirchenmaus Elisabeth in ihrem Armenhaus England? Wollte sie Querelen vermeiden, brauchte sie eine eigene Route zu den Gewürzinseln und allem, was sagenhaft war im Fernen Osten.
mehr


2023-12-27 12:38:35

Der Kolonialismus im Spiegel der Renaissance - Hochspannung des Geistes/ Plebejischer Erzwingungswille

„Dutzende Male haben Luther und Erasmus die gleichen Gedanken ausgesprochen, aber was bei Erasmus bloß einen feinen … Reiz auf die Geistigen ausübt, eben das gleiche wird bei Luther dank seiner mitreißenden Art sofort Parole, Feldruf, plastische Forderung, und diese Forderungen peitscht er so grimmig wie die biblischen Füchse mit ihren Feuerbränden in die Welt, dass sie das Gewissen der ganzen Menschheit entzünden.“ Stefan Zweig, „Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam“
mehr


2023-12-27 12:34:06

Stefan Zweig über Erasmus von Rotterdam - Geistiger Weltraum

„Niemals würde ich mir um der Wahrheit willen den Kopf abschlagen lassen.“ Erasmus von Rotterdam; zitiert nach Sandra Langereis
mehr


2023-12-27 11:28:04

Die Renaissance im Spiegel des Kolonialismus - Administrative Floskeln

Zum Schluss will er nur noch eine Weltreise machen; ein typisches Seniorending bis heute. Im Juni 1502 erreicht Kolumbus Martinique. Beim letzten Durchgang hatte er „Westindien“ (auf Geheiß des Gouverneurs Francisco de Bobadilla) in Ketten gelegt verlassen.
mehr


2023-12-27 11:22:02

Mehr über Erasmus von Rotterdam und die Renaissance - Sinnliche Resignation

Wir alle tragen in uns Informationen, die eines Tages mit anderen Rekordhalterinnen der geologischen Zeit in den Weltraum fliegen werden. Was die Filter der menschlichen Zeit passiert, ist erfolgreich, auch da, wo man den Sinn der Übung nicht begreift.
mehr


2023-12-27 11:17:07

Sandra Langereis über Erasmus von Rotterdam - Humor als Waffe

„Denn Humor und Übertreibung bildeten zusammen eine mächtige Waffe, die den eigentlichen Ernst der Sache bagatellisierte.“ Sandra Langereis
mehr


2023-12-27 11:11:34

Sandra Langereis über Erasmus von Rotterdam - Beklagenswerter Tatendrang

„Die Erfolge der großen Eroberer und Könige sind nichts gegen die Wirkung, die ein einziger großer Gedanke ausübt.“ Egon Friedell
mehr


2023-12-27 10:59:20

Sandra Langereis über Erasmus von Rotterdam - Prekäres Genie

Noch die gelehrtesten Theologen des Mittelalters beschränken sich auf das Studium der Bibel in lateinischer Sprache. Alle berufen sich auf die von Sophronius Eusebius Hieronymus aus dem Griechischen und Hebräischen nicht wort- sondern gedankengetreu übertragene, seit dem Jahr 400 unserer Zeitrechnung verfügbare Vulgata. Erst in der letzten Generation vor Erasmus taucht die Idee einer Notwenigkeit von Quellengenauigkeit auf.
mehr


2023-12-26 15:17:10

Sandra Langereis über Erasmus von Rotterdam - Zugempfindliche Schreibtischpersönlichkeit

„Kühn und ängstlich, vordringend und doch unentschlossen vor dem letzten Stoß, kämpferisch im Geiste, friedliebend mit dem Herzen, eitel als Literat und tiefdemütig als Mensch, Skeptiker und Idealist, bindet er alle Gegensätze in lockerem Gemenge in sich zusammen.“ Stefan Zweig über Erasmus von Rotterdam
mehr


2023-12-26 15:07:55

Stefan Zweig über Erasmus von Rotterdam - Kraftträger der Welt

„Denn Verstehen und immer besser Verstehen war die eigentliche Lust dieses merkwürdigen Genius.“ Stefan Zweig über Erasmus von Rotterdam
mehr


2023-12-26 10:53:32

Der Kolonialismus im Spiegel der Romantik - Brennende Gletscher

Die Reisenden geraten in ein verschneites Gebiet, wo es keine Durchgänge gibt, so sie nicht von Wasserkraft in den Felsen gesprengt wurden. In einer Seilschaft übersteigen Kammschneider und Alfonso Eisfelder. Die Bergsteiger gelangen zum Papallacta-Pass, wo sie in einer Köhlerklause willkommen sind.
mehr


2023-12-25 15:55:54

Der Kolonialismus im Spiegel der Romantik - Ohne Zustimmung der spanischen Krone

Karl V. hatte seinen Oberschenk Mendoza zum Statthalter der Gegend am Río de la Plata bestimmt, doch bedurfte es weit größerer Gemeinheit, als sie ein schlichter Brutalist wie Mendoza aufbringen konnte, um Paraguay für die ursprüngliche Bevölkerung in eine Strafkolonie zu verwandeln.
mehr


2023-12-25 12:19:20

Der Kolonialismus im Spiegel der Renaissance - Durchdachte Erniedrigungen

Pedro de Mendozas weiches Fleisch faulte im Fieber. Der Flottenführer erschlug einen Jungen mit dem beinernen Schuhlöffel. Eine kritische Bemerkung kostete einen Bootsmann den Schmerz und die Schmach von fünfzig Hieben. Mendoza ließ Delinquenten zur Abschreckung an Pranger stellen und in den Vorrichtungen auf Deck verrotten. Einen zu geringen Grad der Unterwürfigkeit deutete er als Insubordination. Meutereien beugte man am besten mit durchdachten Erniedrigungen der Mannschaft vor.
mehr


2023-12-24 16:43:25

Stefan Zweig über Erasmus von Rotterdam - Poetischer Geniebeweis

„Die Eltern sterben früh, und begreiflicherweise zeigen die Verwandten größte Eile, den … (Illegitimen) möglichst kostenlos von sich wegzuhalten; glücklicherweise ist die Kirche immer geneigt, einen begabten Knaben an sich zu ziehen. Mit neun Jahren wird der kleine Desiderius (in Wahrheit: ein Unerwünschter) in die Kapitelschule von Deventer geschickt.“ Stefan Zweig, „Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam“
mehr


2023-12-24 13:08:24

Der Kolonialismus im Spiegel der Romantik - Kurfürstlicher Auftrag

Zu jener Zeit wollten alle dahin, wo der Pfeffer wächst - hin zu den Gewürzinseln. Weiterhin richteten sich königliche Erwartungen auf den „Seeweg nach Indien“. Kapitäne erkundeten die südamerikanische Ostküstenlinie. Die monumentale Mündung hieß noch Solís-Fluss, als Sebastian Cabot sie zum Ankerplatz bestimmte.
mehr


2023-12-23 19:58:41

Sandra Langereis über Erasmus von Rotterdam - Atmende Biografie

Langereis beginnt ihre Biografie mit der Schilderung einer Expedition, die 1598 im Hafen von Goeree-Overflakkee ihren Anfang nimmt. Die Autorin beschwört den „protestantische(n) Unternehmergeist (und) evangelische(n) Optimismus“ der Rotterdamer Kaufleute Pieter van der Hagen (einem Sklavenhändler) und Johan van der Veeken. Sie vertrauen ihre Investitionen Admiral Jacques Mahu (1564 - 1598) an.
mehr


2023-12-23 15:17:44

Der Kolonialismus im Spiegel der Romantik - Versprengte der Menschheit

Vor Anbruch des Tages ließ Kommandant Krömer Boote ausrüsten und besetzen. Er unterstellte die Abordnung dem Kasseler Hauptmann Friedrich von Zierenberg, während die Leute am Strand nicht müde wurden, „Englishmen, come on shore“ zu rufen. Bald stellte sich heraus, dass sie mehr „in einer zivilisierten Sprache nicht zu sagen wussten“.
mehr


2023-12-22 11:43:32

Der Kolonialismus im Spiegel der Romantik - Archaisches Kunstgewerbe

Erst verliert Cornelius Kammschneider sein Pferd und dann seinen Stiefelknecht Alfonso Gramci in einem entlegenen Winkel des Oriente von Ecuador. Das ist eine trostlose Gegend. Glücklose Goldgräber vegetieren in aufgegebenen Stollen. Manche sind wilder als „die Wilden“. Vereinzelt erinnern Avocado- und Zimtbäume an Plantagen, die im Goldfieber aufgegeben wurden. Ein Fluss rauscht wie ein Siegeszug durch die versehrte Landschaft.
mehr


2023-12-21 12:27:18

Der Kolonialismus im Spiegel der Romantik - Dramatische Schatten

Halb tot, doch gut gelaunt erreicht der Kasseler Reiseschriftsteller und Hobbyornithologe Cornelius Kammschneider eine Missionsstation im Oriente von Ecuador. Die jesuitischen Missionare trotzen ihrer von Misstrauen gekrönten Abneigung die notdürftigste Gastfreundschaft ab. Der deutsche Protestant erscheint ihnen verdächtiger als alle „Heiden“, einschließlich der getauften.
mehr


2023-12-20 19:07:28

Jamal Tuschick - Der Kolonialismus im Spiegel der Romantik - Erdgeschichtlicher Hochofen

Cornelius Kammschneider erwartet einen Ausbruch des Cotopaxi. Der Krater trägt einen weißen Kragen. Feuer und Schnee treffen auf unwahrscheinliche Weise zusammen. Den Eindruck verstärkt Psilocybin, der Kasseler Dichter und Botaniker hat sich Magic Mushrooms besorgt, gerade fühlt er sich wie auf einer Zeitreise zum Anfang der Schöpfung.
mehr


2023-12-19 11:41:49

Die Renaissance im Spiegel des Kolonialismus - Reinheit der Absichten

Vargas steigt auch in der Kirchenhierarchie auf. Endlich dient er dem Bischof von Lima als Consigliere. Das ist ein Superjob mit hohem Stressfaktor. Die Kirche kämpft gegen Kolonisten, die Nicht-Weiße auf eine Stufe mit ihren Maultieren stellen. Vargas beaufsichtigt die Beachtung von Bestimmungen zum Schutz „der I…freiheit und der religiösen Rechte von N…sklaven“. Er legt sich zu Verpesteten ins Bett und erzählt ihnen von der Heiligen Rosa ...
mehr


2023-12-18 14:11:35

Die Renaissance im Spiegel des Kolonialismus - Rasender Verfolgungseifer

Der Mörder so vieler stirbt selbst einen gewaltsamen Tod. Im Sommer 1541 unterliegt Francisco Pizarro González seinen Feinden endgültig. An seiner Seite fällt Francisco Martín de Alcántara, ein Halbbruder des Vizekönigs von Neukastilien. Diego de Almagro aka Diego el Mozo, Sohn eines von Pizarro aus dem Verkehr gezogenen Rivalen ...
mehr


2023-12-17 12:52:47

Die Renaissance im Spiegel des Kolonialismus - Die Sache eines Verlierers

Als der normannische Ritter Verlaine, genannt Longue Èpée - Langschwert, in Peru 1538 die Sache des Verlierers Diego de Almagro vertritt, kennt außer ihm kein Europäer die Gepflogenheiten der Bushi (Samurai). Die Wikinger erreichten amerikanische Gestade lange vor Kolumbus; Verlaine strandete bloß ein Vierteljahrhundert vor den ersten altweltlichen „Entdeckern“ auf der japanischen Insel Tanegashima nahe Kagoshima.
mehr


2023-12-16 12:03:35

Die Renaissance im Spiegel des Kolonialismus - Die Ermordung Atahualpas

Die Ermordung Atahualpas löst das Inkareich auf. Francisco Pizarro González setzt ein Kind auf den Thron, das bald zu Schaden kommt und für die Farce nicht mehr zur Verfügung steht. Der „Eroberer“ und seine Schergen ziehen eine Blutspur durch Peru. Sie foltern jeden Kaziken, um ganz sicher zu gehen, dass er kein Gold zurückhält.
mehr


2023-12-15 19:15:40

Stefan Zweig über Erasmus von Rotterdam - Dürre Seelen/Wie Erasmus von Rotterdam Antonio Gramscis Idee von der kulturellen Flutung des vorpolitischen Raums antizipierte

„Der organische Grundfehler des Humanismus war, dass er von oben herab das Volk belehren wollte, statt zu versuchen, es zu verstehen und von ihm zu lernen. Diese akademischen Idealisten glaubten schon zu herrschen, weil ihr Reich weithin reichte, weil sie in allen Ländern, Höfen, Universitäten, Klöstern und Kirchen ihre Diener, Gesandten und Legaten hatten … aber im tiefsten umfasste dies Reich doch nur eine dünne Oberschicht und war schwach verwurzelt mit der Wirklichkeit.“ Stefan Zweig
mehr


2023-12-15 16:58:35

Die Renaissance im Spiegel des Kolonialismus - Entrepreneure versus Konquistadoren

Schon spekulieren dynastische Kaufmannsfamilien auf amerikanische Gewinne. Sie rüsten militärisch gestraffte Expeditionen aus. Das Kommando übertragen sie allein ihnen rechenschaftspflichtigen Feldhauptmännern. In ihrer Regie spielen staatenbildende Maßnahmen keine Rolle. Die Interessen der Entrepreneure kollidieren mit den Interessen der Konquistadoren, die offiziell für Gott und Vaterland antreten.
mehr


2023-12-15 16:42:36

Die Renaissance im Spiegel des Kolonialismus - Abstrakte Ausstrahlung

Die „Eroberer“ müssen ihre Ausflüge selbst finanzieren. Pizarro und seine Brüder sind Verpflichtungen eingegangen, während ihre Haudegen und Laufburschen ohne Besitz und Belastungen an Land kamen. Sie brachten bloß ein Schwert und die Badehose mit.
mehr


2023-12-15 16:34:54

Die Renaissance im Spiegel des Kolonialismus - Wilde Kraftnaturen

In seiner Erasmusiade „Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam“ exponiert Stefan Zweig den Gegensatz zwischen der zarten, wenn nicht dürftigen Konstitution des epochalen Gelehrten und den „wilden Kraftnaturen der Renaissance und der Reformation“.
mehr


2023-12-14 10:10:25

Die Renaissance im Spiegel des Kolonialismus - Die Adlerfront in den Anden

Pizarro weiß, dass Atahualpas Gefangenschaft die gottkönigliche Autorität untergräbt, man kennt das Phänomen aus Mexiko. Der von Cortés gekidnappte Azteke Moctezuma war von seinen eigenen Leuten gesteinigt worden. Die hatten einem Unfreien schlicht und ergreifend nicht mehr abgenommen, dass er ein Gott ist.
mehr


2023-12-13 15:00:45

Die Renaissance im Spiegel des Kolonialismus - Aus den Erinnerungen eines Dreschflegels

Wenden wir uns kurz Francisco Pizarro zu, der im Herbst 1531 von einem Grat der peruanischen Westkordilleren auf einem erschöpften Pferd in ein Hochtal absteigt. Sein Ziel ist ein bewehrter Marktplatz. Kein Mann in seinem Gefolge hat mit so starken Befestigungen irgendwo im Nirgendwo (aus der europäischen Perspektive) gerechnet.
mehr


2023-12-12 11:16:12

Sandra Langereis über Erasmus von Rotterdam - Fromme Aversionen/Erfundene Autobiografie

Erasmus kritisiert das „fromme Bibellesen“ im Rahmen blühender Volksfrömmigkeit. Er plädiert für ein Studium der Evangelien „auf der Grundlage humanistischer Kenntnisse“. „(Gut) informierte Gläubige (seien) bessere Christen.“ Seine Ansichten provozieren den Widerspruch jener, die Lektüre mit Gebet gleichsetzen.
mehr


2023-12-07 16:33:06

Mehr zu Erasmus von Rotterdam und zur Renaissance - Nobilitierung eines Wiesels

1464 stiftete König Ferdinand von Neapel den Hermelinorden als ritterliche Auszeichnung in Nachahmung eines französischen Vorbildes. Siehe Ordre de l‘hermine. Mit dem Wappentier assoziierte die Renaissance Reinheit, Fruchtbarkeit und Kampfgeist. Die Devise „Malo mori quam foedari - Lieber sterben als (dem Sinn nach) verunstaltet leben“ folgte einer Nobilitierung des Wiesels zur Edelkreatur. So kursierte der von Ferdinand mit dem Hermelinorden geehrte Mailänder Herzog Ludovico Sforza (1452 -1508) als „weißes Hermelin“.
mehr


2023-12-06 18:53:22

Stefan Zweig über Erasmus von Rotterdam - Der selbstermächtigte Mensch

„Im Lateinischen war (Erasmus) … ein zweites Mal geboren worden. Das war die einzige wahre Sprache für Menschen, die sich für ein Schriftstellerleben entschieden.“ Sandra Langereis
mehr


2023-12-04 18:37:43

Sandra Langereis über Erasmus von Rotterdam - Der Sohn des Kopisten

Das bibelfeste Latein und die gotische Handschrift sind Insignien eines besonderen Gottesdienstes. Jahrhundertelang entstehen in den Skriptorien der Klöster Abschriften bedeutender Werke der Christenheit in einer bis auf den letzten Punkt kodifizierten Praxis. Die Kopisten verrichten Frondienste des Geistes.
mehr


2023-12-03 18:53:31

Stefan Zweig über Erasmus von Rotterdam - Europäisches Zerwürfnis

Der Autor verknüpft das europäische Zerwürfnis der Kirchenspaltung mit dem Aufbruch nach Amerika. Für den Autor beweist der Kolonialismus die altweltliche Zukunftsfähigkeit um 1600.
mehr


2023-12-02 17:49:27

Stefan Zweig über Erasmus von Rotterdam - Akademischer Schlachtruf und apokalyptische Landschaften

„Das Bewusstsein, dass unsere Worte die ganze Welt auf einmal erreichen können, ist ein Impuls, der unbewusst die Art und Weise beeinflusst, wie wir uns ausdrücken, und ein Reichtum, den nur die größten Giganten des Geistes ungestraft ertragen können.“ Johan Huizinga
mehr


2023-12-01 11:52:15

Stefan Zweig über Erasmus von Rotterdam - Die wilden Abenteurer des Geistes

„Die Geschichte aber ist ungerecht gegen die Besiegten. Sie liebt nicht sehr die Menschen des Maßes, die Vermittelnden und Versöhnenden, die Menschen der Menschlichkeit. Die Leidenschaftlichen sind ihre Lieblinge, die Maßlosen, die wilden Abenteurer des Geistes und der Tat.“ Stefan Zweig über Erasmus von Rotterdam
mehr


2023-11-30 11:04:01

Stefan Zweig über Erasmus von Rotterdam - Protestantischer Sprengsatz

„Wenn Sie, meine Herren, (...) das unzählbare Gewirre der Sterblichen vom Monde herab sehen könnten, so würd es Sie dünken, Sie sehen Heere von Mücken oder Schnaken, die sich untereinander erzanken, bekriegen, belauern, berauben, spielen, Mutwillen treiben, geboren werden, fallen, sterben.“ Erasmus von Rotterdam
mehr


2023-11-29 10:58:33

Stefan Zweig über Erasmus von Rotterdam - Überhörter Ruf

“Knowing is not enough.” Bruce Lee
mehr


2023-11-28 10:36:17

Sandra Langereis über Erasmus von Rotterdam - Atmende Biografie

Ist es statthaft, Stefan Zweigs Anverwandlung „Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam“ einzuordnen als kongeniale Vorzeichnung der atmenden Biografie von Sandra Langereis? Zweig schildert seinen Helden als „übernationales“ Genie. Er assoziiert mit dem Weltmann die Heimatlosigkeit einer - nach den Margen der Erasmus-Epoche - unordentlichen Herkunft.
mehr


2023-11-27 17:20:05

Sandra Langereis über Erasmus von Rotterdam - Orthografische Nonchalance

Erasmus Desiderius (ca. 1466 in Rotterdam - 1536 in Basel) wächst in Gouda auf. Als unehelicher Sohn eines Priesters und dessen Haushälterin entbehrt er die zunfttaugliche Ehrbarkeit in einem burgundischen Winkel des Heiligen Römischen Reichs. Die sozialen Aussichten des zukünftigen Fürstenerziehers sind erst einmal lausig.
mehr


2023-11-23 17:13:34

Jeannette Walls - County-König

In Sallie pulsiert eine wilde Lebensfreude. Sie tobt als menschlicher Wirbelwind durch die Gegend. Die Vorzüge einer ländlich-ungebundenen, vom Wohlstand überkronten Kindheit genießt sie in vollen Zügen, bis zu dem Tag, als sie mit ihrem Halbbruder Eddie eine Spritztour im Bollerwagen unternimmt und in einen Unfall mit Personenschaden verwickelt wird.
mehr


2023-11-17 10:16:34

Jamal Tuschick - Steinzeitliche Hasengemeinschaft

Ich werde nie vergessen, wie Tante Erika Omas Bedenken vom Tisch fegte, aufgehellt vom mitgebrachten Likör, dem sie ausdauernd zusprach. Ich sehe Oma noch mit hochgezogener Oberlippe hasenherzig nippen. Erika kippte. Sie schloss den Vorgang ab, indem sie sich mit dem Handrücken tatkräftig über den Mund fuhr.
mehr


2023-11-17 09:11:35

Kirmen Uribe - Dystopische Vorzeichen

Mit der Absicht, einen Roman über Rosika Schwimmer zu schreiben, sichtete Kirmen Uribe Archivkisten im Rose Main Reading Room der New York Public Library - und zwar als Stipendiat dieser Einrichtung. Rief ihn jemand an, zog er sich mit seinem Smartphone in eine antike Holzzelle am Fuß einer Marmortreppe zurück. Ihrer Funktion beraubter, zu Attrappen degradierter Ex-Telefonkabinen boten hinter Schwingtüren nostalgische Rückzugsräume.
mehr


2023-11-17 09:04:43

Kirmen Uribe - Im Halbdunkel einer Morgendämmerung

„Jede Vorstellung (einer Migrantin von der ursprünglichen Heimat) … verwandelt sich in eine Beschwörung … und schließlich in Fiktion.“ Auf diese Erfahrung bewegt sich Rosika Schwimmer im Januar 1920 als blinde Passagierin zu. Unter einer Plane versteckt, reist die zur Fahndung ausgeschriebene, weltberühmte Aktivistin in Eiseskälte mit einem Donaudampfer von Budapest nach Wien. Sie flieht vor ...
mehr


2023-11-17 08:12:34

Kirmen Uribe - Das Gedächtnis der Worte

„Schließlich ihre perfekt gezeichneten Lippen, wie die Umrisse eines spitzen Zirkuszelts im Halbdunkel einer Morgendämmerung.“ So beschreibt der Erzähler den Anblick seiner schlafenden Frau.
mehr


2023-11-17 08:11:18

Åsne Seierstad - Der geborene Krieger

“The Arabs had marked their tents out in white so that they would stand out. He asked them why. ‘We want them to bomb as. We want to die.’” Alex Strick van Linschoten, Felix Kuehn, “Enemy We Created: The Myth of the Taliban-Al Qaeda Merger in Afghanistan”
mehr


2023-11-16 14:06:23

Åsne Seierstad - Der geborene Krieger

„Es gab nur zwei Regeln. Der Gewinner nimmt alles. Und nichts währt ewig.“
mehr


2023-11-16 13:39:23

Åsne Seierstad - Globaler Dschihad

„Die Märtyrer waren in Baschirs Geschichten präsenter als die Lebenden. Sie kehrten in den Heldensagen wieder. Manchmal sprach Baschir über sie, als weilten sie noch unter ihnen.“
mehr


2023-11-16 08:26:33

Jamal Tuschick - Kollabierende Sterne III.

Until the 19th century you only had to insult someone in order to be able to legally kill him in a duel. This as an extreme example of contraction compulsion.
mehr


2023-11-14 09:39:59

Jamal Tuschick - Kollabierende Sterne II.

Intelligence is intent. As soon as the connection between your intention and your center of equilibrium is disrupted, you no longer act intelligently. You can't use your intelligence if the balance center is shaken. Jamal Tuschick
mehr


2023-11-13 10:26:47

Jamal Tuschick - Kollabierende Sterne I.

„Mystery creates wonder and wonder is the basis of man’s desire to understand”. Neil Armstrong
mehr


2023-11-12 15:12:34

Jamal Tuschick - Poesie des Unsichtbaren

Das Paar zählte zum In-vitro-Jetset. Wartelisten umging es mit Geld. Der Vorgang vollzog sich in einer Sphäre, in der viel Geld erst einmal wenig bedeutet. Geld erfüllt nur die leichteste Zugangsvoraussetzung. Wichtiger sind Beziehungen.
mehr


2023-11-11 18:57:46

Shi Heng Yi - Im Kellerloch des Himmels

„Das Geschenk des Lebens besteht darin, sich als Gestalter und nicht als Opfer … zu begreifen.“ Shi Heng Yi
mehr


2023-11-09 09:46:42

Alexander Kluge, Stefan Aust - Mörderische Mätzchen

„Auf jede Überforderung hin suchen Menschen nach einer Erzählung.“ Alexander Kluge
mehr


2023-11-09 08:23:13

Alexander Kluge, Stefan Aust - Teilnehmender Beobachter

„Als die Russen aus Afghanistan abgezogen sind, weil sie den Krieg gegen die Taliban dort nicht gewinnen konnten, hat das den Untergang der Sowjetunion eingeleitet. Als die Amerikaner sich zurückgezogen haben aus Afghanistan, haben die Russen gedacht: Die sind auch nicht stärker als wir. Das hat sicher bei den Überlegungen von Putin, in die Ukraine einzufallen, eine Rolle gespielt.“ Stefan Aust
mehr


2023-11-08 17:23:44

Alexander Kluge, Stefan Aust - Nachrichten in Echtzeit

„Karin Mölling hat mir von einem Element in unserem Erbgut erzählt. Das ist ein über fünf Millionen Jahre altes Virus. Das ist übergelaufen zu den Vorfahren von uns, als wir noch nicht Menschen waren. Es sitzt in uns und verteidigt uns immer noch wütend und träumend gegen Gefahren von Bakterien und Viren von vor fünf Millionen Jahren. Die Gegner unserer Vorfahren, die hier abgewehrt werden, gibt es längst nicht mehr. Wenn wir mit diesem Urvirus und Überläufer, der wie ein Hugenotte nach Preußen in unser Erbgut überlief, sprechen könnten, hätten wir vermutlich Zugang zu einem Universalimpfstoff.“ Alexander Kluge
mehr


2023-11-08 08:48:11

Stefan Aust, Alexander Kluge - Mörderische Mätzchen

„Weil das geklappt hat, denkt man, es ist perfekt gewesen. In Wirklichkeit war das eine improvisierte Angelegenheit.“ Stefan Aust über die Ermordung der Begleiter von Hanns Martin Schleyer „in einem Blutrausch“.
mehr


2023-11-05 12:56:15

Clarice Lispector - Inventur der Gefühle

In Lispectors literarischen Kolumnen (mondän publiziert im Jornal do brasil) dominiert das Episodische, Flüchtige, Vergebliche. Die Miniaturen entsprechen einem portugiesischen und brasilianischen Genre: der Crônica. In „Unsterbliche Liebe“ bekennt die Autorin ein von Skrupeln belastetes Verhältnis zu den poetischen, wohl auch dem Erwerbsdruck geschuldeten Glossen.
mehr


2023-11-05 12:05:43

Clarice Lispector - Leidenschaftliche Ahnungslosigkeit

Sie „stirbt für den Duft von Wildrosen“. Sie träumt von einem Fisch, der „aus seinen Kleidern schlüpft“. Sie verliert sich in einem „scharlachroten Sonnenuntergang (und in) hellsichtiger Schlaflosigkeit“. Sie feiert ihren eigenwilligen Gebrauch von Satzzeichen. Sie schwelgt und schweift aus. Sie erspürt und ertastet. Beschwörend spricht sie von der Liebe. Bewohnt fühlt sie sich von einem ebenso wilden wie zärtlichen Rappen. Gleichzeitig bedenkt sie die strukturelle Vernichtung der indigenen Bevölkerung Brasiliens. Sie fragt: „Wohin mit dem betagten Kleinbürger?“ Was begreifen Säuglinge von der Welt in ihren Wiegen?
mehr


2023-11-05 08:20:04

Clarice Lispector - Irrsinn als Mittel der Erkenntnis

„Jetzt eine Bitte (an den Setzer): Sehen Sie davon ab, mich zu verbessern. Die Interpunktion ist der Atem des Satzes, und meine Sätze atmen so.“
mehr


2023-11-02 12:25:31

Clarice Lispector - Zerstreute Ohren

In Lispectors literarischen Kolumnen (mondän publiziert im Jornal do brasil) dominiert das Episodische, Flüchtige, Vergebliche. Die Miniaturen entsprechen einem portugiesischen und brasilianischen Genre: der Crônica. In „Unsterbliche Liebe“ bekennt die Autorin ein von Skrupeln belastetes Verhältnis zu den poetischen, wohl auch dem Erwerbsdruck geschuldeten Glossen.
mehr


2023-11-01 10:44:35

Clarice Lispector - Inventur der Gefühle

„Wir haben Kathedralen errichtet und sind dann draußen geblieben, weil wir fürchteten, die von uns selbst errichteten Kathedralen könnten sich als Fallen erweisen.“
mehr


2023-10-31 12:00:41

Thomas Meyer über Hannah Arendt - Der Wille zur Freiheit

„Wo Tatsachen konsequent durch Lügen und Totalfiktionen ersetzt werden, stellt sich heraus, dass es einen Ersatz für die Wahrheit nicht gibt. Denn das Resultat ist keineswegs, dass die Lüge nun als wahr akzeptiert und die Wahrheit als Lüge diffamiert wird, sondern dass der menschliche Orientierungssinn im Bereich des Wirklichen, der ohne die Unterscheidung von Wahrheit und Unwahrheit nicht funktionieren kann, vernichtet wird.“ Hannah Arendt
mehr


2023-10-30 09:43:08

Christopher Wallis - Spiritueller Raketentreibstoff

Dem Autor gelingt es, spirituelle Erfahrungen anschaulich zu schildern. Er beschreibt eine Erleuchtungspraxis vom Erwachen bis zur Befreiung. Ich folge ihm bereitwillig, mit der Vorstellung, Zeuge einer Offenbarung zu sein, die meinen Horizont sprengt.
mehr


2023-10-30 09:28:52

Thomas Meyer über Hannah Arendt - Stalinistische Seifenopern

„Man … (kann) sich nur als das wehren … als was man angegriffen wird. Ein als Jude angegriffener Mensch kann sich nicht als Engländer oder Franzose wehren.“ Hannah Arendt
mehr


2023-10-29 15:25:05

Thomas Meyer über Hannah Arendt - In unendlich erhabener Ferne

Adorno bezeichnet den Antisemitismus als „Planke in der Plattform“ des Nachkriegsrechtsradikalismus. Ihrem Mann schreibt Arendt 1949 aus Deutschland: „Weißt Du eigentlich, wie recht Du hattest, nie wieder zurückzuwollen?“ Arendt deprimieren die rasanten Restitutionen zum Vorteil der nationalsozialistischen Funktionselite. Es werde im großen Stil investiert, schreibt sie. „Entnazifizierte SS-Führer“ kämen mit viel Geld in das Casino der neuen Zeit. Raubgoldgerüchte kursieren. Investigationen in diese Richtung hält Arendt für lebensgefährlich.
mehr


2023-10-28 13:19:14

Thomas Meyer über Hannah Arendt - Grelle Analyse

„Wo Tatsachen konsequent durch Lügen und Totalfiktionen ersetzt werden, stellt sich heraus, dass es einen Ersatz für die Wahrheit nicht gibt. Denn das Resultat ist keineswegs, dass die Lüge nun als wahr akzeptiert und die Wahrheit als Lüge diffamiert wird, sondern dass der menschliche Orientierungssinn im Bereich des Wirklichen, der ohne die Unterscheidung von Wahrheit und Unwahrheit nicht funktionieren kann, vernichtet wird.“ Hannah Arendt
mehr


2023-10-26 20:42:12

Thomas Meyer über Hannah Arendt - Mit allen Wassern der Konspiration

In den ersten Jahren ihres Exils hält Hannah Arendt Vorträge an der Pariser Volkshochschule. In diesem Umfeld begegnet ihr im Sommer 1936 erstmals Heinrich Blücher (1899 - 1970), ein so Meyer, mit allen Wassern der kommunistischen Konspiration gewaschener, autodidaktisch beschlagener, mit „intuitiver Intelligenz“ gesegneter Kader. Der schon zweimal verheiratete, vom Kommunismus allmählich abgerückte ...
mehr


2023-10-26 20:30:05

Thomas Meyer über Hannah Arendt - Apostel der Antimoderne/Hochtrabendes Gemurmel/„Rücksichtslose Güte“

Entscheidend bleibt, dass Heidegger mit seinem Programm durchkommt; dass ihm die Nachkriegsfürsten, denken sie an Rudolf Augstein, das hochtrabende Gemurmel und die wegwerfenden Bemerkungen durchgehen lassen. Die bundesrepublikanische Restauration koinzidiert mit dem Achtundsechziger-Aufbruch. Zeitgenössisch Gewendete ...
mehr


2023-10-26 11:53:46

Thomas Meyer über Hannah Arendt - Der Fall Heidegger/Heideggers Glanzschülerin

Die Liebesgeschichte beginnt im Wintersemester 1924/1925. Bald schreibt der verheiratete, vom „jähe(n) Blitz“ getroffene Universitätslehrer: „Das Dämonische hat mich getroffen … noch nie ist mir so etwas geschehen“.
mehr


2023-10-24 11:06:29

Thomas Meyer über Hannah Arendt - Blitzlichter der Erinnerung

„Wer dies Gespräch hört und Dich sieht, wird nicht ausweichen können. Selbst Deine Feinde werden, wenn sie neue Argumente gegen Dich daraus holen, betroffen sein.“ Karl Jaspers nach der Ausstrahlung eines TV-Interviews, in dem Günter Gaus Hannah Arendt befragte. Die Aufzeichnung fand am 16.09. 1964 in einem Münchner ZDF-Studio statt.
mehr


2023-10-23 10:21:17

Thomas Meyer über Hannah Arendt - Jüdische Monade

„Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, dass der Ausnahmezustand, in dem wir leben, die Regel ist.“ Walter Benjamin
mehr


2023-10-22 10:11:04

Thomas Meyer über Hannah Arendt - Naturalistischer Aberglaube

„Der Einbruch des Lichts erfolgt in die allertiefste Dunkelheit.“ Bertolt Brecht
mehr


2023-10-21 11:01:39

Matti Friedman - Der Star in der Wüste

Leonard Cohen sang im Jom Kippur Krieg vor israelischen Soldat:innen. Für den Reporter eines Musikmagazins war der Star in der Wüste nur ein „besserer Tourist“. Die Überspannung des Augenblicks an einem äußersten Punkt des Lebens, in dem keine Suggestion die Vortragsmagie in der sagenhaften Wüste Sur übersteigt, und Cohen so konkurrenzlos wie der Messias erscheint, evoziert einen Bildersturm des Elementaren. Kongenial charakterisiert Friedman den Typus der hingerissenen Verteidiger:innen Israels „Sie waren die erste Generation einheimischer Israelis - nicht geflohen, keine Minderheit, nicht religiös, nicht wirklich Juden, vielmehr aus Sonnenlicht und Salzwasser erstandene Wesen.“
mehr


2023-10-21 10:15:44

Matti Friedman - Theoretische Alarmbereitschaft

Seine eigene Erzählung beginnt Friedman auf dem 1968 als Stützpunkt der israelischen Luftwaffe angelegten, heute in Ägypten liegenden Flughafen Sharm El-Sheikh. Friedman schildert den koedukativ-zivilen Duktus der Mannschaft einer Radarstation im Modus „theoretischer Alarmbereitschaft“. Ein Foto zeigt Adoleszenten im Hippie-Look. Die rekrutierten Teens & Twens baden nackt. Sie langweilen sich, spielen Gitarre, grillen und rezitieren Gedichte.
mehr


2023-10-16 07:43:56

Matti Friedman - Bewaffnete Eidechsen

Leonard Cohen sang im Jom Kippur Krieg vor israelischen Soldat:innen. Für den Reporter eines Musikmagazins war der Star in der Wüste nur ein „besserer Tourist“. Die Überspannung des Augenblicks an einem äußersten Punkt des Lebens, in dem keine Suggestion die Vortragsmagie in der sagenhaften Wüste Sur übersteigt, und Cohen so konkurrenzlos wie der Messias erscheint, evoziert einen Bildersturm des Elementaren. Kongenial charakterisiert Friedman den Typus der hingerissenen Verteidiger:innen Israels. „Sie waren die erste Generation einheimischer Israelis - nicht geflohen, keine Minderheit, nicht religiös, nicht wirklich Juden, vielmehr aus Sonnenlicht und Salzwasser erstandene Wesen.“
mehr


2023-10-15 10:53:09

Matti Friedman - Der Star in der Wüste

Für den Reporter eines israelischen Musikmagazins ist der Star in der Wüste nur ein „besserer Tourist“. Er verspottet den von einer Schaffenskrise gebeutelten Künstler als „großen Pazifisten“. Dass einer Katharsis da sucht, wo andere verbluten, lässt sich leicht degoutant finden. Der Kanadier Leonard Cohen (1934 - 2016) wähnt sich auf den Kriegsschauplätzen an einem genealogischen Ursprung. Israel deutet er als „mythische Heimat“; während seine einzigartige Truppenunterhaltung selbst zum Mythos wird.
mehr


2023-10-14 10:34:38

Jamal Tuschick - Magische Diagnostik

“The conquest of cultural power takes place before the assumption of political power. This is achieved through a concerted action of intellectual ‘organic’ appeals. They infiltrate every form of communication, every form of expression, and the academic media.” Antonio Gramsci
mehr


2023-10-13 08:46:55

Jamal Tuschick - Mumifizierte Fliege

Als ich William Sung zum ersten Mal traf, war er bereits über neunzig. Er amtierte als Doyen einer Kampfkunstlinie, zu der ich mich jetzt nicht äußern will. Obwohl er so lebhaft wirkte wie eine mumifizierte Fliege und auch nicht mehr aus dem Bett kam, verblüffte er mich mit Skizzen von überraschenden Bewegungsabläufen, die er zittrig in die Luft zeichnete.
mehr


2023-10-12 10:50:35

Heinrich von Kleist - Das Witwengelübde

„Es bedurfte eines Wahnsinnigen, um die Farce in ein Trauerspiel zu verwandeln.“ Konrad Engelbert Oelsner über die Ereignisse rund um den 20. Juni 1792, als bewaffnete Sansculotten in die Tuilerien eindrangen, wo Ludwig XVI. und Königin Marie Antoinette in ihrem Palast das Dasein von Festgesetzten fristeten, die den revolutionären Furor artig begrüßen mussten. Der degradierte König sagte zu allem Ja und Amen, was ihm am Leben zu bleiben versprach. Der vormals absolutistische Herrscher figurierte als Hampelmann mit Krone. Oelsner sah ihn gute Miene machen zum bösen Spiel der Stürmer:innen und Dränger:innen.
mehr


2023-10-10 15:44:05

Solidarität mit Israel - „Leere Signifikanten“

„Auch Worte sind wichtig. Aber der marxistische Politologe Ernesto Laclau hat einmal den Begriff des ‚leeren Signifikanten‘ verwendet. Ich finde, das passt ganz gut auf das Diktum der Sicherheit Israels als deutscher Staatsräson.“ Carlo Masala in der 'Jüdischen Allgemeinen'
mehr


2023-10-10 10:44:18

Annette Mingels - Hedonistische Prisen

In ihrem Roman „Der letzte Liebende“ verknüpft Annette Mingels deutsche Geschichte mit zumindest halbwegs amerikanischen Lebensläufen. Ihre Zentralfigur absolviert den Parcours der Kindheit und Jugend in der DDR. Karl/Carl startet als Spross einer ‘Umsiedler‘-Familie. Er wird von der Konfirmation abgehalten und zur Jugendweihe gedrängt. Er trägt nicht schwer an der Schuld ...
mehr


2023-10-09 10:18:48

Joan Didion - Die verräterischen Zeichen der Einsamkeit

In Maria Wyeths Welt gelten „Versagen, Krankheit, Angst … als übertragbar, ein ansteckender Mehltau auf glänzenden Pflanzen“. In der Bürosphäre ihres Agenten begegnet sie einem Schauspieler. Gnadenlos konstatiert die erzählende Instanz: „Der Blick, den er Maria schenkte, war pflichtschuldig aufgeladen mit sexueller Wertschätzung, die nicht Maria galt.“
mehr


2023-10-07 09:55:13

Wolfgang Wissler - Das selbstgefällige Grauen

„Die Ein- und Ausschlusslinien der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft“ (Samuel Salzborn) verlieren in der Bundesrepublik nicht ihre Geltung. Die NS-Ästhetik geht unerkannt als Unschuld vom Land und langweilt die künftigen Achtundsechziger:innen mit ihrem Kitsch. Niemand käme auf die Idee, den Heimatfilm für etwas anderes als eine Reaktion auf Verluste zu halten. In Wahrheit tarnt sich der Faschismus im Heimatfilm ...
mehr


2023-10-06 09:24:43

Janka Oertel - Sunzi-Machiavellismus

Zwei Punkte bestimmen die chinesische Staatsdoktrin maßgeblich: das Verhältnis zum einzigen Konkurrenten, der China militärisch gefährlich werden kann, und die Auswertungen des Kollapses der Sowjetunion. In ihrer Analyse überliefert Janka Oertel eine Pekinger Einschätzung nach der „die Kommunistische Partei der Sowjetunion die Macht verlor, weil niemand Manns genug war, für ihren Erhalt zu kämpfen“.
mehr


2023-10-04 09:31:01

Susie Yang - Herkunftshorizont

Ivy wächst in Boston und New Jersey auf. Sie erlebt eine Reihe von Liebespleiten im Dunstkreis reicher weißer Kandidaten. Obsessiv erscheint eine Fixierung auf den Irisch-Katholischen-Kennedy-Typus. Auf einer Party studiert sie den Einrichtungsstil der Gastgeberin. Sie registriert das Preisschild eines unscheinbaren Holzstuhls: 3950 Dollar.
mehr


2023-10-01 11:48:38

Susie Yang - Soziale Mutation

Großmutter Meifing führt ihre Enkelin Ivy in Feinheiten des Ladendiebstahls ein. Den Klau von zwei Schals tarnt die Versierte mit einem Etikettenschwindel. Ein von ihr selbst im Preis herabgesetzter Pullover lässt sie an der Kasse als reguläre Kundin erscheinen. Die Lektion lautet: „Du musst mit einer Hand geben und mit der anderen nehmen. Niemand wird auf beides gleichzeitig achten.“
mehr


2023-09-29 11:02:50

Susie Yang - Echte Momente

Susie Yang erzählt eine paradoxe Geschichte. Während in der Volksrepublik China der Wohlstand ausbricht, und Leute, die sich eben noch über ein Fahrrad zu freuen in der Lage waren, Kataloge nach Luxusartikel durchforsten, die sie für einen Augenblick nur an die Spitze des Konsumwettbewerbs setzen, konkurrieren chinesische US-Migrant:innen mit anderen Minderheiten um Nebenstellen und Randpositionen des Mainstream-Flows. Sie isolieren sich in ethnisch definierten Gemeinschaften. Für Susie Yangs Heldin Ivy geht es stets darum, dem Community-Knast und seinen Ideologien zu entkommen. Ivy fühlt sich ganz und gar als Amerikanerin.
mehr


2023-09-28 11:28:13

Jamal Tuschick - Zähneknirschendes Schweigen

Auch Valeries erster Weltmann, Josh, genannt Hamlet (den Spitznamen findet Valerie nun prätentiös), macht jenseits des Atlantiks einen auf unsterblich. In der Zeit ihres vollen Glanzes hielten Valerie und Hamlet im Schwarzwald Voodoo-Séancen ab, die das kosmische Gleichgewicht erschütterten, Sterne in Trance versetzten und Jahwe mit Shiva versöhnten. Zwei Tage nach einer spirituellen Himmelfahrt flog Valerie im Auftrag ...
mehr


2023-09-27 11:12:18

Jamal Tuschick - Der Enkelprinz

Ein Vorstadtsonntagvormittag im Flutlicht des magischen Frühlings Neunundsechzig. Die dahinplätschernden Routinen am Saum der Seligkeit enden je. Vom Anblick der neuen Nachbarin gedopt, legt Irmen Gerold eine (seinen Sohn Merlin) erschreckende Hilfsbereitschaft an den Tag. Dorothea G., eine so perfekt ins Bild passende Person, das sie eine Jeans für sich nicht passend findet, beobachtet die Szene am Küchenfenster. Vier Monate später vereint die erste bemannte Mondlandung die Welt vor den Bildschirmen. John Updike stellte den ...
mehr


2023-09-26 11:40:21

Jamal Tuschick - Trügerische Großzügigkeit

Zu Beginn unserer Zeitrechnung erntete man im Schärenverbund an der Mündung des Yuejiang Salz und Perlen. Ein chinesisches Tortuga bot sich Briganten als An- und Auslauffläche an. Dann kamen schon die ersten Migrant:innen, die ein Leben unter mongolischer Herrschaft vermeiden wollten. In der Neuzeit machten Portugiesen Hongkong zu einem Außenposten ihres Imperiums, bis sie von den Briten verdrängt wurden.
mehr


2023-09-25 11:44:14

Jamal Tuschick - Evolutionäre Mechanik

The purposeful exploitation of an affect to load an uninteresting muscular work with feelings of pleasure. In the sense of: Thoughts drive physiological processes.
mehr


2023-09-24 10:21:15

Jamal Tuschick - Transgenerationale Schlüsselgewalt

In den 1950er Jahren beginnt Samuel Beckett das eigene Werk in seine Muttersprache zu übertragen. Er übersetzt sich selbst aus dem Französischen, so wie er sich in den 1920er Jahren ins Französische zu übersetzen begann. Er synchronisiert seine Denksprachen zunächst mit dem Ehrgeiz im Französischen ...
mehr


2023-09-23 11:52:49

Jamal Tuschick - Westfälischer Blutsbruder

„Der Konkurrenzkampf der kulturellen Evolution drängt uns zu Werten, die in der jeweiligen Phase der Energiegewinnung am besten funktionieren“, sagt Ian Morris. Menschliche Werte haben biologische Wurzel und genetische Anker. Sie sind Anpassungsprodukte. Werte entstehen in funktionaler Rivalität zu evolutionären Anforderungen. Morris unterscheidet drei Generallinien unserer Entwicklung – Freibeuter:innen - Landwirt:innen - Nutzer:innen fossiler Brennstoffe. Margaret Atwood schätzt in ihrem Aufsatz „Wenn die Lichter ausgehen“, dass nach einem Energiekollaps kein Tag vergeht, bis das Regime der Straße die Herrschaft an sich gerissen haben wird.
mehr


2023-09-22 07:56:01

Jamal Tuschick - Stoisch träumend

Ist es nicht der Überfluss, der zum Verdruss führt? Jedem Spatzenlaut entnimmt Anton philosophische Prisen. Schopenhauer definiert Genialität, als „die Fähigkeit, sich rein anschauend zu verhalten“. Elegisch gestützt auf eine Forke, präsentiert sich der kaum alphabetisierte Selfmade-Millionär im blütenweißen Seidensticker Hemd, mit schlohweißer Mähne. Anton umgibt eine Aureole.
mehr


2023-09-21 07:55:22

Jamal Tuschick - Leider nur Brustschwimmer

Bir traktör en zayıf halkası kadar iyi olabilir - Jeder Traktor ist so stark wie sein schwächstes Glied. Zwei Merkmale limitieren den osmanischen Supermann. Tayfun kann nicht zeugen und er kann nicht kraulen. Als unfruchtbarer Brustschwimmer neigt er zu operettenhaften Formulierungen seiner Vorsätze. An jedem Workout-Morgen schwört Tayfun seinem Schweiß, sich niemals so viel Schwäche zu gestatten, dass er die Gewalt (Verdrängungswucht) der Nachkommenden bloß noch zahnlos weglächeln kann.
mehr


2023-09-20 05:30:20

Jamal Tuschick - Schwäbische Schmiede

„Um Qi zu verstehen, müssen wir uns die frühesten Schriften darüber ansehen und verstehen, was die chinesischen Schriftzeichen bedeuten. Die Schriftzeichen beziehen sich auf Dampf (Luft) und Reis (Nahrung). Die Verbindung von Nahrung und Luft erzeugt Energie. In der westlichen Medizin wird dies als Zellatmung bezeichnet. Ihre Körperzellen nutzen den Sauerstoff, den Sie einatmen, um Energie aus der Nahrung zu gewinnen, die Sie essen.“ Michael Watson
mehr


2023-09-19 07:09:37

Jamal Tuschick - Die Reifeprüfung auf Schwäbisch

Alissa, kurz Issa, hasst die Superpower ihrer penetrant siegreichen Mutter. Die promovierte Hausfrau Veronika springt vor lautet Esprit und Elan im Dreieck. Als ehemalige Springreiterin (manche sahen in ihr eine Regionalausgabe von Helena Weinberg) ist die mit dem Privatklinikchef Tayfun Yıldız verheiratete Lieblingstochter des Selfmade-Millionärs Anton Steinbrecher über den Landkreis hinaus so berühmt, dass sie sogar in Stuttgart auf der Straße lobende Ansprachen über sich ergehen lassen muss.
mehr


2023-09-18 07:42:58

Jamal Tuschick - Erotische Lässigkeit

Das restaurierte Milchhäuschen. Die Wiederbelebung dörflicher Gemeinschaftsbacktraditionen. Wochenmärkte und Hofläden. Gelangweilte Hausfrauen in Hotpants vor antiken Eiscafés. Tayfun erregt es zuverlässig, in seinem 1963er Porsche 901 (ab 1964 911) die Landstraße direkt unter dem Bodenblech zu spüren. Von dem Oldtimer (mit einem luftgekühlten Sechszylinder-Boxermotor) wurden bis zur Umbenennung lediglich zweiundachtzig Exemplare verkauft. Wer weiß sowas überhaupt noch?
mehr


2023-09-17 07:42:42

Jamal Tuschick - Verschleierte Selbstbeschädigung

„Ich habe … wiederholt Proben dafür geben können, dass die Dichter Fehlleistungen ebenso als sinnvoll und motiviert auffassen, wie wir es … vertreten.“ Sigmund Freud
mehr


2023-09-16 10:20:31

Jamal Tuschick - Schwäbische Superwoman

Täglich schließt Navin die Kreuzworträtsellücken der Ahne am gravitätischen Schreibtisch im Großraumwohnzimmer. Stille könnte einen Moment der inneren Einkehr begünstigen. Doch brüllt der Maximalfernseher von morgens bis abends, während so gut wie keine Sendung Betty die seelisch so notwendige Zustimmung gestattet. Vertrauenswürdig erscheinen ihr nur autoritär auftretende Männer, die sie an die leitenden Herren ihrer Jugend erinnern. Dazu gehörte der verstorbene Bernhard Grzimek. Betty trauert Leuten nach, denen sie nie persönlich begegnet ist.
mehr


2023-09-15 11:22:23

Jamal Tuschick - Komatöses Nickerchen

Elisabeth ‚Betty‘ Steinbrecher räuspert sich furios in ihrem futuristischen Fernsehsessel. Somnambul verschiebt sie die Brille auf dem Nasenrücken. Die Fernbedienung entgleitet der Sitzfläche und landet auf dem Teppich. Bettys Kopf sinkt unbequem auf einen Sesselwulst. Navins Großmutter wird gleich mit einem steifen Nacken aus ihrem komatösen Nickerchen erwachen.
mehr


2023-09-14 09:35:23

Jamal Tuschick - Extraterrestrischer Aggressor

Der offiziell spukresistente Tayfun Yıldız neigt heimlich zu abergläubischen Spekulationen. Navin Steinbrecher, der siebzehnjährige Neffe seiner Ehefrau Veronika, kommt ihm immer mehr wie ein gut getarnter Alien vor; wie ein Bruder im Geist von E.T. oder Alf, der in den Weiten des Weltraums sozialisiert - und mit maximaler Kaltblütigkeit auf die Menschheit losgelassen wurde.
mehr


2023-09-13 09:58:12

Jamal Tuschick - Brotdosenbräsigkeit und Gefühlsnippes

Doris und Raimund kennen sich aus Poona. Sie hätten sich auch beim Kraichgauer Weinfest über den Weg laufen können. Raimund stammt aus Knittlingen (der Geburtsstadt des Magiers Johann Georg Faust). Doris wurde im Kreiskrankenhaus Mühlacker geboren. Siebzehn Autofahrminuten verstreichen zwischen den Städten, wenn man sich an die Straßenverkehrsordnung hält.
mehr


2023-09-12 10:30:10

Jamal Tuschick - Sommeryoga

In einem späten Augenblick des 18. Jahrhunderts stürmen russische Truppen eine oberitalienische Zitadelle. Sie tragen die historische Flüchtigkeit eines Sieges davon, von dem nur die Leidtragenden Notiz nehmen. Das Missverhältnis von blutigem Getöse und politischer Wirkung löst Unbehagen im Themenpark der Peinlichkeit aus. Der folgenlos aufschäumende Betrieb wirkt abstoßend. Heinrich von Kleist spekuliert auf den Effekt ...
mehr


2023-09-11 09:02:26

Jamal Tuschick - Geheimnisse der Jauchegrube

Im Schweiße seines Angesichts stemmt Navin mit dem Schlagbohrer eine Betondecke auf. Es ist neun Uhr am Vormittag und schon brüllend heiß. Nahe der Baustelle striegelt Navins Cousine Alissa, kurz Issa, die älteste Stute ...
mehr


2023-09-10 10:01:27

Jamal Tuschick - Eine Hölle weniger

Anton Steinbrecher geriert sich als Nonkonformist. Er prahlt mit seiner Unabhängigkeit. Zurück blickt er auf eine Vergangenheit als Kommunarde ...
mehr


2023-09-09 10:11:00

Jamal Tuschick - Magisches Brecheisen

Die Drachentodfama-Spindel dreht sich um einen Kampf in der karmisch-epischen Dimension. Der Sieger stand von vornherein fest, entpuppte sich dann aber als Verlierer.
mehr


2023-09-08 10:23:20

Jamal Tuschick - Provinzielle Deutschfreuden

The fate of the overpowering enemy was to achieve a result with superpower, that you would otherwise only be able to achieve with idiots. Jamal Tuschick
mehr


2023-09-07 10:35:36

Jamal Tuschick - The Bigger Splash auf Schwäbisch

Endlich begriff Navin, dass er es mit Leuten zu tun hatte, die schlechter als er in dem Spiel waren, dass sie vorgeschlagen hatten.
mehr


2023-09-06 12:06:09

Jamal Tuschick - Verlässliche Wunder

Auf eine tyrannische Weise wohltuend erscheint Veronika heute Morgen die kalte Dusche, die sie sich vor ein paar Wochen erstmals verordnet - und sich nun doch erst zum dritten Mal zugemutet hat. Die schwache Bereitschaft zur Überschreitung ihrer Komfortzone wertet die promovierte Archäologin als Menetekel. Sie erkennt Vorboten künftiger Schwächen; herbei befürchtete apokalyptische Reiterinnen am Existenzhorizont.
mehr


2023-09-05 09:20:23

Lou Reed, Laurie Anderson - Empty your mind

„Die Kultur von Tai Chi ist … ein riesiger Entwurf des Lebens. Lou (Reed) war imstande, sich innerlich damit zu verbinden.“ Chen Bing, Tai Chi-Meister
mehr


2023-09-04 09:42:44

Lou Reed, Laurie Anderson - Die karmische Dimension der Kampfkunst

„Von dem Moment an, als ich Meister Ren Fajin machen sah, dachte ich: das werde ich ewig studieren.“ Lou Reed
mehr


2023-09-03 11:16:58

Lou Reed, Laurie Anderson - Im Vorraum der Verheißung

“(Lou Reed) nahm täglich (Tai Chi-)Stunden … Jeden Tag lernte er etwas Neues … ihm ging ständig ein Licht auf.“ Daniel Richman, Arzt
mehr


2023-09-02 10:48:15

Lou Reed, Laurie Anderson - Mentales Stehvermögen

„Das Einzige, was ich nicht tun durfte, war Meister Ren (Lou Reeds Tai Chi-Lehrer) aus Lous Kalender zu streichen. Tai Chi fand jeden Tag statt. Von Montag bis Montag. … Lou sagte: Das ist das Wichtigste. Das muss ich tun. Das ist mein Leben.‘“ Elis Costa, Lou Reeds persönliche Assistentin in den 2000ern
mehr


2023-09-01 08:55:46

Lolá Ákínmádé Åkerström - Prekäre Blase

Auf der Modedesignschule stach Brittany als Schönheit heraus. Ein Textildesignlehrer erklärte sich zu ihrem Manager. Er verführte die in Atlanta, Georgia, geborene Tochter jamaikanischer Migrant:innen nicht nur zum Modeln. Nach einer nie richtig in Gang gekommenen Laufstegkarriere fand Brittany ihr Auskommen als Flugbegleiterin. Gemeinsam mit dem Wirtschaftsanwalt und Ex-Basketballer Jamal lebte Brittany in Alexandria, Virginia, bis der Wirtschaftskapitän Jonny das Ex-Model in seinen Bann zog.
mehr


2023-08-31 09:20:44

Lolá Ákínmádé Åkerström - Dekadenter Dynast

Auf den ersten Blick übersehbar ist die White-Supremacy-Komponente eines subtil gefilterten Rassismus. Ein Codewort lautet nordisch. Einer nigerianischen Spitzenkraft fehlt angeblich die Kompetenz für das Nordische. Das behauptet nicht nur der Tycoon Jonny, der mit seinen Angestellten wie mit Kegeln spielt, sondern auch sein engster Vertrauter. Ragnar personifiziert den Übergriff. Er verkörpert einen Dominanzanspruch, der jede Konstellation auflädt, an der er beteiligt ist.
mehr


2023-08-30 08:08:32

Lolá Ákínmádé Åkerström - Faszinierende Leere

Johan ‚Jonny‘ Lundin ist ein Produkt alten Geldes, sein Familienname ein skandinavischer Türöffner. Die Lundin-Dynastie hütet einen privilegierten Zugang zum schwedischen Königshaus. Von jeher engagiert sie sich philanthropisch. Sie fördert die Kultur ihres Landes in einer transgenerationalen Weitergabe des Verantwortungsstabes. Sie ist lange genug reich, um Maßstäbe für Diskretion und Gediegenheit zu setzen. Ihre Distinktionsmarken sind Muster der Dezenz.
mehr


2023-08-29 09:09:59

Klara Blum - Revolutionäre Romanze

Im Januar 1938 erhält der konspirative Kader Nju-Lang von der Komintern den ehrenvollen Auftrag, ein Buch über das Sowjettheater zu schreiben. Eine Hospitanz am Stanislawski-Theater gewährt ihm privilegierte Einblicke. Nju-Lang erklärt sich Hanna. Eine arrangierte, inzwischen aufgelöste Ehe machte ihn zum Vater eines Sohns. Als Mitglied der KPCh gehorcht er Parteibefehlen. Seine erste europäische Station war Paris.
mehr


2023-08-28 08:49:06

Klara Blum - Träumerische Selbstverspottung

„In der Menschheit … sind Möglichkeiten verborgen … die niemand ohne Liebe erraten kann.“
mehr


2023-08-27 10:08:19

Klara Blum - Treffen auf der Milchstraße

„Der chinesische Bauer blickt selbstbewusst zum Himmel auf, nennt die Milchstraße den Silberstrom und hält sie für eine Fortsetzung des Hoang-Ho, an dessen Ufern sein Dörfchen liegt.“
mehr


2023-08-26 08:01:57

Jamal Tuschick - Offizier der Staatssicherheit II.

So ging das den ganzen Abend. Ich wusste was, Heinz wusste es besser. Selbst da, wo ich zuhause bin, überblickte er die Kontinente. Das Einzige, was Heinz wirklich wurmte, so kurz vor dem nächsten Frühjahr, war der „lieblose Zustand“ der Hecken vor dem ehemaligen Gaswerk an der Danziger Straße. Die wären unter Honecker mit größerer Sorgfalt gestutzt worden.
mehr


2023-08-25 09:30:04

Jamal Tuschick - Offizier der Staatssicherheit I.

Heinz kreuzte die Arme wie ein Ringer. Er ließ keinen Zweifel daran zu, dass er mit sich im Reinen war. „Ich war Offizier der Staatssicherheit.“ Die Sieger:innen der Geschichte hielt er für vorläufig, Heinz zitierte Fatzer: „Von nun an und für eine lange Zeit wird es auf dieser Welt keine Sieger mehr geben.“ Ich half mit Heiner Müller aus: „Das Scheitern, das den Siegern bevorsteht.“
mehr


2023-08-24 09:27:51

Jamal Tuschick - Rationalisierter Aberglaube

Gletscherschmelzen treiben Pandemien an. Achtundzwanzig bis eben unbekannte Virus-Gruppen fanden Wissenschaftler:innen im Tauwasser. Dazu kommen steinalte Spielarten von Pocken, Spanischer Grippe und Beulenpest.
mehr


2023-08-23 09:53:55

Lia Louis - Trost im Trubel

Regelmäßig setzt sich Natalie an ein öffentliches Klavier, das in einem Bahnhof steht. Eines Tages findet sie da die Noten ihres Lieblingsliedes - Fast Car von Tracy Chapman.
mehr


2023-08-22 09:40:05

Hilary Mantel - Protestantische Häme

„Meine frühe Welt war synästhetisch, und ich werde von den Geistern meiner eigenen Sinneseindrücke verfolgt; sobald ich zu schreiben beginne, tauchen sie auf und erbeben zwischen den Zeilen.“
mehr


2023-08-21 11:00:00

Angela Bubba/Delphine Horvilleur/Robert Oppenheimer/Heiner Müller - Verlässliche Wunder

„Es gibt Schlimmeres (als Blut an den Händen)“, fand Harry Truman, nachdem er - unangenehm berührt - zum Zeugen eines seelischen Aufbruchs seines Chefatomphysikers Robert Oppenheimer geworden war. Seinem Kammerdiener (im Rang eines Staatssekretärs) Dean Acheson befahl er, ihm „dieses Individuum“ fortan vom Hals zu halten. Schließlich habe der Wissenschaftler lediglich das Ding gebaut. „Ich (Truman) habe sie explodieren lassen.“
mehr


2023-08-20 10:39:17

Heiner Müller/Bertolt Brecht - Marionetten des Weltgeistes

„Bertolt Brecht und Caspar Neher haben einen ganz eigenen Darstellungsstil geschaffen, dessen Hauptmerkmal im Verzicht auf Illusionswirkung besteht. Es soll nichts vorgetäuscht werden.“ Walter Becherer 1948
mehr


2023-08-19 08:27:50

Bertolt Brecht - Panzerschrank des Seelenlebens

„(Im Berliner Ensemble) herrscht … das Bemühen, vollständig natürlich zu sprechen, nicht mehr zu geben, als man hat, nicht den Eindruck zu erwecken, man habe mehr, als man hat, sondern eben in der natürlichsten und einfachsten Weise die Texte der Dichtungen zu gestalten.“ Bertolt Brecht im Gespräch mit Maximilian Scheer am 22. Dezember 1951; im Beisein von Käthe Rülicke, Wera geb. Skupin, verh. Küchenmeister, Peter Palitzsch, Lothar Creutz und Egon Monk
mehr


2023-08-18 08:46:59

Bertolt Brecht - Kaltschnäuziger Kunstbegriff

„Aber ich glaube, dass nirgends so wenig Theorie getrieben wird wie gerade bei uns im Berliner Ensemble, weder während der Proben noch während unserer Diskussionen, sondern bei uns wird einfach praktisch gearbeitet.“ Käthe Rülicke
mehr


2023-08-17 06:33:33

Bertolt Brecht - Girlanden des Begreifens

Brechts Kampf gegen den Faschismus macht ihn zur Jahrhundertfigur. Die amerikanische Journalistin Anne Hornemann deutete Brecht 1945 als Leitstern der Emigration: „Eine künstlerische Flamme, die der Hitlerismus nicht ersticken konnte.“
mehr


2023-08-16 08:36:44

Bertolt Brecht - Impotenter Distinktionshochmut

Am Donnerstag, den 13. November 1823 traf Johann Peter Eckermann Goethes langjährigen Kammerdiener vor Weimar auf der Straße nach Erfurt. Obwohl der Chronist den Namen verschweigt, kann kein Zweifel daran bestehen, dass Eckermann dem geschäftstüchtigen und umtriebigen, von Goethe mit Wohlwollen bedachten Christoph Sutor (1776 - 1795) begegnete. Der Erfurter Bäckersohn machte etwas aus sich und starb nobilitiert als Weimarer Ratsdeputierter.
mehr


2023-08-15 08:18:34

Bertolt Brecht - Morgue-Kälte

„Als Brecht den Physiker Leopold Infeld, ehemaliger Mitarbeiter Albert Einsteins, im Mai 1955 in Warschau traf, warnte ihn dieser: ‚Einstein ist nichts fürs Drama, er hat keinen Partner, mit wem wollen Sie ihn reden lassen?‘“
mehr


2023-08-14 07:23:51

Bertolt Brecht - Strategische Konzilianz

„Der Kampf der fortschrittlichen Kunst - also auch des Theaters - muss zuerst gegen die Dummheit geführt werden.“ Bertolt Brecht 1945
mehr


2023-08-13 09:13:09

Bertolt Brecht - Ein Brieffreund bedeutender Menschen

„Für Brecht ist Kultur nur lebendig, wenn sie wie ein Löwe für ihre Rechte kämpft.“ Sten Hellsten
mehr


2023-08-12 08:14:37

Bertolt Brecht - Draußen vor der Tür

„Es gibt … Bevölkerungsschichten, die ein ungeheuer praktisches Interesse am Lernen haben, aber unzufrieden mit den aktuellen Bedingungen sind. Die sind die besten und eifrigsten Lernenden. Die Wissbegierde hängt also von mehreren Faktoren ab – aber es gibt bei all dem ein Lernen voller Freude, voller Spaß, ein militantes Lernen. Wenn es kein solches unterhaltsames Lernen gäbe, dann könnte das ganze Theater nicht lehren.“ BB
mehr


2023-08-11 07:43:59

Bertolt Brecht - Unterhaltsames Lernen

1935 besucht Brecht gemeinsam mit Margarete Steffin wieder die Sowjetunion. Der aus Magdeburg gebürtige, in die UdSSR migrierte, kurz vor seiner Verhaftung stehende, schließlich in den Gulag-Labyrinthen verschollene, 1989 rehabilitierte Schriftsteller und Funktionär Abraham Brustawitzki charakterisiert Brecht: „Ein ‚Literat bis in die Knochen, ein Intellektueller par excellence‘. (Er) sucht wie Stendhal ‚immer le mot juste‘ und ‚berechnet jede Phrase‘ … Nur ‚seine Halsstarrigkeit macht ihn manchmal einseitig‘.“
mehr


2023-08-10 08:54:53

Bertolt Brecht - Militantes Lernen

„Die Sowjetunion ist ein wunderbares Land für Lyriker. Die historisch berichtende Lyrik tritt noch (zu wenig) in den Vordergrund. In jeder Metrostation sollte in Stein (gemeißelt) ein literarischer Bericht über die Geschichte des Baues und über seine Helden zu lesen sein.“ BB 1935
mehr


2023-08-09 08:27:32

Bertolt Brecht - Kunst im kleinen Kreis

„Der Fahrradkurier kennt den Surrealismus nicht, aber pfeift Mackie (Messers) Song vor sich hin.“ Jeanine Delpech
mehr


2023-08-08 08:24:25

Bertolt Brecht - Plausch im Blaumann

„Die Aufführung meiner Stücke konnte wohl verboten werden, aber die Polizei kann nichts Neues schaffen, und wo wir (1933) … aufhörten, werden wir (nach dem Krieg) wieder weitermachen.“ BB in einem Interview mit Henry Marx.
mehr


2023-08-07 08:23:09

Richard Russo - Verzerrter Stillstand

Am langen Ende des Industriezeitalters verödet auch jene Kleinstadt im New Yorker Dunstkreis, die Richard Russo zum Schauplatz seines 1986 erschienenen Romandebüts machte. In Mohawk sicherte die Lederindustrie bis zum Zweiten Weltkrieg das Auskommen vieler Arbeiter:innenfamilien. Die Eingesessenen arrangieren sich mit dem in den 1940er Jahren einsetzenden Niedergang. Sie schnallen die Gürtel enger, entschlossen die Marathondurststrecke durchzustehen. Ihr Verhalten variiert das Boiling Frog Syndrom. Sie passen sich an und harren aus. 
mehr


2023-08-06 07:34:02

Kotaro Isaka - Martialische Bruderschaften und skarifizierte Straßenritterorden

Bauchladenverkäufer machten im frühen 17. Jahrhundert den Anfang. Die Erwerbsnomaden rangierten unter den Ärmsten. Ihre Deklassierung war eine Totalität. Bis heute nennt man diese Schicht Burakumin. In der Bezeichnung erreicht die Entwürdigung ihren Gipfel.
mehr


2023-08-05 11:38:32

Bobby Gillespie - Frontalangriff auf die Sinne

Zur Welt kommt er im historischen Stadtkern von Glasgow. Schon als Baby nimmt Bobby auf den Armen seiner aktivistischen Eltern an Demonstrationen teil. Die Mutter verfertigt Transparente an ihrer Nähmaschine. Bobby wächst in Springburn auf. In dem Arbeiterbezirk stand - bis zur Abschaffung einschlägiger Regelungen - das städtische Armenhaus (Barnhill Poorhouse). Eine „Atmosphäre von Flucht und Verlassenheit“ deprimiert die Bewohner:innen.
mehr


2023-08-04 10:37:59

Gabriel Zuchtriegel - Pompeji-Parlando

Im 19. Jahrhundert entreicherten Altertumsforscher:innen Pompeji planmäßig, um die Schätze im Nationalmuseum von Neapel zu konservieren. Zuchtriegel stellt fest, dass sie so ihrer wissenschaftlichen Sorgfaltspflicht genügten. Der Modus Operandi entsprach dem technischen Standard unter Open-Air-Bedingungen. Die Leser:innen erfahren, dass alliierte Luftstreitkräfte im Zweiten Weltkrieg Pompeji mit der Idee bombardierten, die Wehrmacht bunkere Munition in vorchristlichen Lagerräumen.
mehr


2023-08-03 10:41:00

Gabriel Zuchtriegel - Sakraler Schrott

„Der Ritus ist wie eine eigene Sprache, die alle Bereiche der Gesellschaft gliedert und deren Grammatik und Vokabular untrennbar mit dem verbunden sind, was sich in dieser Gesellschaft kommunizieren lässt.“
mehr


2023-08-02 11:03:27

Beate Sauer - Idyll am Fuschlsee

In den 1950er Jahren gibt es im Bonner Hotel Königshof „Speisekarten für Damen“. Darin werden Speisen und Getränke ohne Preisangaben offeriert. Die im Roman als Schauplatz eines Tête-à-Tête der Heldin mit ihrem Verehrer Paul Voss fungierende Spitzenherberge im Dunstkreis der rheinisch-katholischen Machtzentralen dient Adenauers Wiederaufbau-Crème de la Crème als Hort vertraulicher Begegnungen und dem Kölscher Klüngel als Refugium.
mehr


2023-08-01 10:46:44

Beate Sauer - Speisekarten für Damen

Die nationalsozialistische Ästhetik verlor in der Wirtschaftswunderrepublik ihr martialisches Kleid. Sie ging unerkannt als Unschuld vom Land und langweilte die künftigen Achtundsechziger:innen mit ihrem Kitsch. Niemand wäre damals auf die Idee gekommen, den Heimatfilm für etwas anderes als eine Reaktion auf Verluste zu halten. In Wahrheit tarnte sich der Faschismus im Heimatfilm mit Harmlosigkeitsbehauptungen. Vordergründig fehlte der NS-Bezug, wie Samuel Salzborn in seiner Analyse „Kollektive Unschuld“ feststellt.
mehr


2023-07-31 10:20:39

Marie Vieux-Chauvet - Koloniale Kastenregeln

Marie Vieux-Chauvet rückt die revolutionär-karibisch brodelnden Romanereignisse in einen historisch verbürgten Rahmen. Zu den Personen der Zeitgeschichte, die in dem „Tanz auf dem Vulkan“ ihren Auftritt haben, zählt der eingewanderte Entrepreneur François Mesplés. In der 1750 gegründeten Kapitale Port-au-Prince lässt er 1777 ein Theater mit 750 Sitzplätzen erbauen und nach sich benennen - Salle Mesplés. Sein unternehmerisches Engagement trifft einen Nerv der Zeit.
mehr


2023-07-30 09:35:24

Marie Vieux-Chauvet - Verweigerte Kommunion

„Ihr Leben lang hatten sie ihren Unmut verheimlicht, so fiel es ihnen nicht schwer, ihren Gegnern mit gelassener Miene entgegenzutreten, während sie zugleich einen Schlachtplan entwarfen.“
mehr


2023-07-29 08:51:42

Marie Vieux-Chauvet - Prophet des Aufstands

Am 1. Januar 1804 warfen die Revolutionäre von Saint-Domingue das koloniale Joch ab „und erklärten ihre Inselnation zur souveränen Republik Haiti“. Kaiama L. Glover bezeichnet in ihrem Nachwort die politische Eruption als „außerordentlichen Akt absoluter Verweigerung“. Daraus ergab sich die „erste erfolgreiche Sklavenrevolution der Welt, (der erste) unabhängige Staat der Karibik und (die erste) Schwarze Republik des amerikanischen Kontinents“.
mehr


2023-07-27 07:37:14

Gabriella Engelmann - Liebeskummer und Kummerspeck

Alles könnte so schön sein, wäre da nicht eine plötzlich aufgetretene Schreibblockade, die Caro aus der Bahn zu werfen droht. Die Autorin ist im Verzug. Die Programmleiterin hat sie bereits ins Gebet genommen. Außerdem braucht Caro eine neue Bleibe ausgerechnet im teuren Hamburg. Dazu kommen Liebeskummer - und Kummerspeck in der Konsequenz zu vieler Tröstungen mit Röstaromen.
mehr


2023-07-26 08:03:03

Jamal Tuschick - Unfruchtbare Koryphäe

Der unfruchtbare Kardiologe Tayfun Yıldız, eine Koryphäe mit internationalem Ruf, bedacht mit Dankesbriefen aus aller Welt, sieht seiner Stieftochter wunschgemäß nicht so unähnlich, dass ihre außereheliche Herkunft offensichtlich wäre.
mehr


2023-07-25 07:47:35

Jamal Tuschick - Tägliches Super-High

In the first evolutionary cycle is no right to spare. If you're too slow, that's your problem. What does this lead to? It causes you to be faster and stronger at sixty than you were at thirty.
mehr


2023-07-24 09:34:59

Jamal Tuschick - Exerzitien-Exzess

As soon as you come into contact with superpower, everything is like in 'The Da Vinci Code'.
mehr


2023-07-23 10:02:09

Jamal Tuschick - Straßenranddschungel

Space gives you time. Time gives you space. If I take the space for myself in a fight to be closer to the enemy, I have to ask myself whether I am not stealing my time advantages.
mehr


2023-07-22 10:20:24

Jamal Tuschick - Rapide verlangsamt

The most elementary evolutionary mechanism runs out in a dualism of pressure and adaptation. In the first evolutionary cycle there is no difference between enemy and opportunity.
mehr


2023-07-21 10:09:30

Jamal Tuschick - Tahiti Touch

Boxing was developed in the fencing schools. That's why it's so effective. The deadly core is still in the art.
mehr


2023-07-20 09:18:31

Jamal Tuschick - Meine Mutter, die Schamanin

An jedem Familienast schwingen Gymnastinnen, Esoterikerinnen, pietistische Protestantinnen und Naturheilkoryphäen. Die Verwandten initiieren Navin mit einem Mix aus bodenständigem Materialismus (alle leben im Eigentum; zur Miete wohnt man nicht; das ist anrüchig) und einer jenseitigen Klopfzeichenkunde.
mehr


2023-07-19 08:46:05

Jamal Tuschick - Schwäbisches Voodoo

Anton trifft eine Serie glücklicher Entscheidungen. Für seine Treffsicherheit sucht er eigenwillig-esoterische Begründungen. Er beruft sich auf das Tibetische Totenbuch und die ägyptische Mythologie. Vorbildlich findet er Sven Hedin, Thor Heyerdahl, Peter Scholl-Latour, C. W. Ceram, Werner Höfer, Jacques-Yves Cousteau, Heinrich Harrer, Luis Trenker und den normannischen Kleiderschrank Curt Jürgens.
mehr


2023-07-18 08:23:05

Richard Russo - Akademische Unterschicht

Sie sind Außenseiter unter den höheren Töchtern im piekfeinen Minerva College. Teddy Novak, Mickey Giradi und Lincoln Moser bilden die akademische Unterschicht in einer Edelbildungsstätte im US-Bundesstaat Connecticut. Sie jobben da, wo andere ihre Privilegien genießen. Teddy und Lincoln bedienen ihre Kommilitoninnen in einem Verbindungshaus, das sie nur durch den Hintereingang betreten dürfen. Mickey putzt lieber Töpfe in der Küche. Der bullige Zweimetermann ...
mehr


2023-07-17 09:40:59

Julia Whelan - Modernes Malheur

Auf einem Flug nach Las Vegas unterbricht die Neugier der fast fünfjährigen Hannah Sewanee Chesters professionelles Abhören eines Tonträgers. Die nach einem Unfall gehandikapte Hörbuchsprecherin muss sich von Hannah eine unverfrorene Bemerkung zu ihrer Augenklappe gefallen lassen. Mit Mühe beamt sich Sewanee auf ihre private Raumstation zurück.
mehr


2023-07-16 09:59:55

Igal Avidan - Koexistenz und Identität - Wie geht gemeinsam?

Zwischen Topografie und Ethnologie: Igal Avidan ergründet Voraussetzungen für spannungsarme, beide Seiten befruchtende jüdisch-arabische Stadtgesellschaften in Israel.   
mehr


2023-07-15 10:12:33

Anuradha Roy - Geniale Fußdrehscheibe

„Ihn faszinierte die Vorstellung, dass der Himalaya einmal unter Wasser gestanden hatte … und zwar vor nur … sechzig Millionen Jahren. Es fiel ihm leicht, sich vorzustellen, wie die afrikanische und die europäische Platte in Zeitlupe gegeneinanderstießen, wie unter dem Bersten und Krachen titanischer Wellen neue Berge in die Höhe wuchsen und keuchende Fische und Kalmare mit sich nahmen, die langsam versteinerten.“
mehr


2023-07-14 10:09:38

Virginia Hartman - Das Herz der Schönheit

In Rückblenden erzählt Loni Mae Murrow von ihrem fabelhaften Ranger-Vater. Sein Totemtier war der Schlangenhalsvogel. In der Marsch von Tallahassee (im US-Bundesstaat Florida) lehrte Boyd Murrow seine Tochter das Waldläufer-ABC und Trapper-Einmaleins. Sein Programm changierte zwischen engagiertem Umweltschutz, relaunchtem Hillbilly-Pathos, Wildhüter-Weisheiten, Anglerlatein und handfestem Überlebenstraining.
mehr


2023-07-13 10:39:44

Virginia Hartman - Forcierte Unverwüstlichkeit

Alexander the Great was born in 336 BC; Frederick the Great was born in 1712 of our era. In between are roundabout 2000 years. Nevertheless, both rode and both fought with edged weapons.
mehr


2023-07-12 10:30:55

Virginia Hartman - Ungerührter Zugriff

The beginning never tells us anything about what will become of it. It depends on how we tell ourselves the story. People who are not the tellers of their own story are inferior to people who actively tell their own story.
mehr


2023-07-11 10:18:28

Virginia Hartman - Hassende Hillbillys

Loni Mai Murrow liebt ihre Arbeit als Zeichnerin in der ornithologischen Abteilung eines Museums. Ihr Dasein entspricht dem sprichwörtlichen Glück im Winkel. Ein Unfall ihrer an Demenz erkrankten Mutter Ruth erzwingt eine Unterbrechung angenehmer Routinen. Mit gemischten Gefühlen fährt Loni in ihre Geburtsstadt im Marschland von Florida. Ihr Bruder und dessen Frau haben Ruth in einem Seniorinnenstift untergebracht.
mehr


2023-07-10 10:55:51

José Alvarez/June Newton/Helmut Newton - Tatortfotonostalgie

Helmut Newton antizipiert ein ikonografisches Momentum des 21. Jahrhunderts. Superreiche, die in verbotenem Luxus schwelgen, leben mit den Drohungen einer „moralisierenden Gesellschaft“.
mehr


2023-07-09 09:49:48

José Alvarez/June Newton/Helmut Newton - Zeitliches Rollfeld

Er kriegt Carte blanche bei der Vogue France. Sein Stil trifft den Nagelkopf der Swinging Sixties. Die Ära zündet seine Ladung. Sie setzt das Potential frei. Wie Phönix aus der Asche steigt Helmut Newton kometenhaft auf.
mehr


2023-07-08 09:25:19

José Alvarez/June Newton/Helmut Newton - Genug Fuck-You-Money

Helmut Newtons Inszenierungen bebildern den Rausch des gesellschaftlichen Aufbruchs der 1960er Jahre. Newton illustriert die Libertinage der Bourgeoisie ... Er liegt auf einer Linie mit Luis Buñuel und Claude Chabrol. Den Kristallisationsmomenten des Lebens liefert er surreale Kommentare in einem Mix aus tatortikonografischen Konnotationen in Film-noir-Manier und Fetisch-Accessoires. Auch Yves Saint Laurents Damensmoking verleiht Newtons Schick eine Signatur.
mehr


2023-07-07 07:00:35

Jamal Tuschick - Lose Liaison

Ulrike Meinhof erlaubt es der ‚Gruppe‘, die Zukunft ihrer Kinder „zu planen“. Die beiden 1970 siebenjährigen Zwillinge Bettina und Regine sollen in einem palästinensischen Kinderguerilla-Ausbildungslager untergebracht werden. Klaus Rainer Röhl, Vater der dem Wahnsinn Anheimgefallenen, schaltet Interpol ein. Die Ermittler:innen ermitteln vergeblich. Die kaum geschulten Politkrieger:innen halten Bettina und Regine vorläufig auf Sizilien versteckt.
mehr


2023-07-06 07:37:01

Jamal Tuschick - Entzündete Existenzzahnhälse

„Natürliche Selektion ist ein rein mechanischer, automatischer Vorgang. Die Welt füllt sich ständig mit Gebilden, die gut überleben können, und wird von denen befreit, die dazu nicht in der Lage sind.“ Richard Dawkins
mehr


2023-07-05 08:12:43

Jamal Tuschick - Hochämter der stillen Selbstverständlichkeit

Vater und ich sind nie allein in den Nächten der heiß laufenden Maschinen. Drei, vier lemurenhafte Handlanger, die trotz ausdauernder Betriebszugehörigkeit wie Tagelöhner abgefertigt werden, verrichten in Hochämtern der stillen Selbstverständlichkeit niedrige Dienste.
mehr


2023-07-04 11:18:24

Jamal Tuschick - Erinnerte Gegenwart

Der Horizont „absorbiert und verflüssigt Schiffe“ aus dem Hafen einer vom Erzähler imaginierten Gemäldegalerie. „Der Bug und das Tauwerk“ sind aus dem Material des Himmels. Dessen Blau gewinnt die Konsistenz von Baustoffen.
mehr


2023-07-03 11:21:46

Jamal Tuschick - Geschulte Infamie

Das Habsburger Reich erwehrte sich der Pest erfolgreich mit einer Befestigung seiner Außengrenzen. Es verschanzte sich hinter einer Sperrzone von Kroatien bis Moldawien. Das Osmanische Reich stellte das Wiener Regime mit militärischen Mitteln unter Quarantäne. „Auf der türkischen Seite des Balkans wütetet die Pest noch bis 1840, auf der österreichischen ward sie nie mehr gesehen“.
mehr


2023-07-02 08:40:45

Jamal Tuschick - Tyrann in der Strickjacke/Flow Amplifier

In der Hochzeit der Afrika-Expeditionen und der spekulativen Ethnologie befasste sich der Journalist Henry Mayhew (1812 - 1887) mit der Armutsarchaik vor der eigenen Haustür. Er betrieb Völkerkunde in den Gassen von London und unterschied Stämme von Klans. In der boddenbaltischen Ländlichkeit lebt der aus Mühlheim am Main gebürtige Einar Ehrentraut wie in Traum und Nebel. Er betreibt seine eigene Ethnologie, wenn er zum Friseur geht oder sich eine Zeitung holt.
mehr


2023-07-01 10:24:16

Jamal Tuschick - Das große Verscherbeln

Im Fall von Olof Palme funktionieren sämtliche Verschwörungstheorien. Der schwedische Ministerpräsident wurde nah der U-Bahnstation Rådmansgården in der Stockholmer City erschossen. Zum Täter erklärt man bald den polytoxikomanen Beschaffungskriminellen Christer Pettersson. Er wird erst schuldig und dann freigesprochen. Daraus macht er eine Nummer, mit der er bis zu seinem Tod im Jahr 2004 tingelt.
mehr


2023-06-30 09:38:44

Jamal Tuschick - Postproletarische Performance/Gepierctes Meerschwein

Sandra und ich besiedelten einst gemeinsam den Kontinent der körperlichen Liebe. Wir knüpften keine zarte Bande. Vielmehr holzten wir durch das Neuland. Die Bettwäsche unserer vom Kinder- zum Jugendzimmer aufgestockten Labore roch in beiden Elternhäusern Aprilfrisch. Frühlingsduft auch im Herbst. Jahre sollten ins Land gehen, bis man das wieder hatte: die sich im Geruch aussprechende häusliche Sorgfalt.  
mehr


2023-06-29 10:46:01

Jamal Tuschick - Alter Adel versus neues Geld

Selten war ein Tag heißer. Mir ist, als fingen meine Beine Feuer. Ich treffe Alecia im Brentanopark. Auf den Bänken liegen Leute wie aufgebahrt. Picknickszenen erinnern an heruntergebrannte Feuer; an (von einer Epidemie) geräumte Feldlager unter einem in Flammen stehenden, wie von einem Flamen im 17. Jahrhundert gemalten Himmel.
mehr


2023-06-28 09:35:51

Jamal Tuschick - Beleidigend sachlich

Er macht es ihr leicht, so dass sie sich erst gar nicht in die Pflicht genommen sieht, eine Entscheidung zu treffen und eigenmächtig eine Schamgrenze zu überwinden. Schon beim Vorstellungsgespräch ist Caroline Gaulle alles klargeworden. Maître de Lussac, Professor für Strafrecht mit eigener Kanzlei im eigenen Pariser Stadthaus, hätte sie auch eingestellt, wenn sie mit einem Sprachfehler aufgekreuzt wäre.
mehr


2023-06-27 11:21:11

Jamal Tuschick - Weiblicher Schönheitssinn

Mimikry und Mimese: Gute Tarnung wirkt sich positiv auf den Fortpflanzungsbetrieb aus. Camouflage-Virtuos:innen konkurrieren mit Hochleistungsnachahmer:innen. „Die Hainschwebfliege ahmt mit ihrer gelb-schwarzen Färbung eine wehrhafte Wespe nach, um sich gegen Fressfeinde zu schützen. Sie selbst hat keinen Stachel und ist völlig harmlos.“
mehr


2023-06-26 13:56:05

Jamal Tuschick - Machiavellistische Intelligenz

In einer seiner letzten Publikationen vergleicht Hans Magnus Enzensberger den Limes mit einer „Membran, die einen osmotischen Austausch zwischen verschiedenen Kulturen und Verkehrsformen beförderte“. Die Römer:innen seien zu klug gewesen, um sich abzuschotten. Jede Verriegelung erschafft eine Verarmung.
mehr


2023-06-25 16:20:05

Jamal Tuschick - Pharaonische Totenstille

Die Prozesse der Welt schienen in Krasnokamensk zum Erliegen gekommen zu sein. Die Geschichte gähnte. Die Zivilisation machte sich dünn. Die Zeit floh westwärts.
mehr


2023-06-24 16:48:32

Jamal Tuschick - Between Cosmic Force and Stone Age

“All of the body’s reactions have a genetic root that goes back billions of years. As soon as we leave the thermoneutral zone, everything revolves around restoring homeostasis. Almost all genetic variants have their origins in evolutionary events long before our journey starts.” Texas ‘Double Action’ Thunderbolt
mehr


2023-06-23 07:19:36

Jamal Tuschick - Aufgegebener Lieblingsplatz

Elke hat ihre Seniorinnenform gefunden. Sie reüssiert als Grande Dame mit Kunstvereinabonnement und als handfest-humorvolle Gartenfreundin. Da steht eine Fünfundfünfzigjährige, so straff und elastisch, dass man mit ihr einen Fit-ab-Fünfzig-Unterichtsfilm drehen könnte.
mehr


2023-06-21 08:06:01

Jamal Tuschick - Kokura Kaltbeat

An einem Frühlingstag im Jahr 1612 duellierte sich Miyamoto Musashi mit Sasaki Kojirō auf Ganryū-jima, einer Insel in Rufweite der Burg. Zur Poesie der Begegnung zählt ein langer Riemen über psychologische Kriegsführung. Musashi, damals ein alter Hase von dreißig Jahren, ließ seinen Gegner warten, das heißt schmoren. Er trat mit einem Holzschwert an, geschnitzt aus einem Ruder.
mehr


2023-06-20 10:07:17

Jamal Tuschick - Der Schamane in der Soutane

Der untypische Edamer fällt nicht nur mit hellseherischen Fähigkeiten auf. Er verfügt über Gaben, wie man sie im europäischen Kulturkreis der Hexerei zurechnet. Tatsächlich versucht Jakobs leiblicher Vater, der sagenhafte Captain Cannonball, via Voodoo eine Fernverbindung aufrecht zu erhalten. Geprägt vom calvinistischen Geist in einer Spielart des niederländischen Provinzpuritanismus ...
mehr


2023-06-19 11:27:56

Jamal Tuschick - Social Nutritional Value

1989 trennt sich Elke von Einar. Knall auf Fall heiratet sie ihren Führungsoffizier Wotan ‚Stalin‘ Freiling. Das Paar lebt zunächst in Berlin. 2000 lässt es sich an der baltischen Riviera nieder und steigt da in das von Ex-MfS- und Stasi-Leuten kontrollierte Immobiliengeschäft ein.
mehr


2023-06-16 11:07:32

Jamal Tuschick - Kontrollierende Wahrnehmung

„Nach der Handicap-Hypothese haben die Männchen mit den auffälligsten Farbtrachten schon deshalb gute Chancen bei den Weibchen, weil sie noch am Leben sind.“ Axel Buether
mehr


2023-06-15 11:46:18

Jamal Tuschick - Unerprobtes BRD-Gefühl

„Wir haben das große Gehirn, um herauszufinden, was andere gegen uns im Schilde führen“, sagt Gerhard Roth. Der Hirnforscher nennt das „machiavellistische Intelligenz“. Alle Handlungsbegründungen ergäben sich aus unfreien, da im Gehirn vor-geschriebenen Legitimationsabsichten gegenüber der Horde.
mehr


2023-06-14 12:46:44

Jamal Tuschick - Enjoy the sound of a hitting target (Allgemeinplatz unter Kuydoka)

An manchen Tagen nahmen wir zehn Millionen Dollar ein. Nicht nur Akteure der Trump-Liga beschworen uns, ihr Geld zu nehmen, sondern auch die Roy Blunts und Tom Cottons dieser Welt. Wir waren so übersteuert, dass wir es nicht nötig fanden, jedem etwas anderes zu erzählen. Wir hatten einen Standardtext, den wir vor allem June abspulen ließen. Sie figurierte als Königin im Bienenstock des ...
mehr


2023-06-13 12:20:28

Jamal Tuschick - Kognitives Vorurteil

“‘Ti’ (手) means to connect two perfect points with one perfect movement.” Onaga Yoshimitsu Kaichō
mehr


2023-06-12 08:29:19

Jamal Tuschick - Futuristischer Fernsehsessel

Gerda hat ein klugscheißendes Kind ohne natürlichen Charme am Hals, und einen verschrobenen Mann, der vor seinem Vater buckelt. Sie hat einen Schwiegervater, der sie hartnäckig und vulgär begehrt, und eine Schwiegermutter, deren Leidensmiene sie kaum erträgt. Ihre eigenen Eltern sind unbrauchbar. Sie platzen aus allen Nähten der automatischen Anpassung und des guten Willens. Sie sind der Bundesrepublik fremd geblieben, als leblos-gescheite Ex-Persönlichkeiten.
mehr


2023-06-11 12:36:46

Jamal Tuschick - Operation Eichhörnchen

Eines Tages bemerkt Kressin Reste eines Lagers. Eine Plane, die dem Windschutz dient, weht von einem Ast. Weggeworfenes und Liegengebliebenes vermehrt sich schlagartig. Die Spuren der Verwahrlosungen führen zu weiteren Schlaf- und Feuerstellen, die mit Müll möbliert sind. Plötzlich zieht das auf der unteren Stufe des Mittleren Miozäns der Landschaft eingeprägte Becken menschliches Elend an.
mehr


2023-06-10 13:19:16

Jamal Tuschick - Hymnisch betrauert

June kommt aus der Depression einer nordenglischen Bergarbeiter:innenstadt, die in der Keimzeit des britischen Neoliberalismus gegen die Wand gefahren wurde. Sie wuchs in einer sterbenden Gemeinschaft auf. Die proletarische Kultur gehörte zum Hörensagen und Sagenhaftem. Wettbüros, Spielhallen und Telefonläden okkupierten traditionelle Schauplätze einer im Verschwinden begriffenen, von betrunkenen Altvorderen hymnisch betrauerten Lebensform.
mehr


2023-06-09 12:25:43

Jamal Tuschick - Tennis in der DDR

Ausgerechnet beim Tennis, einer Randsportart in der DDR, zieht sich Arina Nikola eine Sehnenentzündung am Innenschenkel zu. In der Physiotherapie verfällt sie einem Kindgreis mit goldenen Händen. Eine Adduktoren-Tendopathie spielt die hauptamtliche MfS-Mitarbeiterin (mit der Legende einer Designerin) dem Physiotherapeuten (und Yoga-Terminator) Binh in die Arme.
mehr


2023-06-08 11:30:18

Jamal Tuschick - Geschälte Stimmbänder

Brandt regierte gegen Wehner. Wehner wollte keinen Wandel durch Annäherung. Ihm gingen die Ostverträge zu weit. Er förderte die Aufrechterhaltung des Status quo. Er stand Erich Honecker näher als Brandt. Wehner hatte in Moskau mehr begriffen als Honecker im Zuchthaus Brandenburg-Görden.
mehr


2023-06-07 09:45:10

Jamal Tuschick - West-Ostdeutsche Lovestory

“Relaxation is more important than information. Relaxation is the reward for successful adaption.” Das verkündet die Berlin-Rangers-Ausbilderlegende Tecumseh-Texas Thunderbolt. „Das Wesentliche im Universum ist nicht das Organische, sondern die Information“, widerspricht Heiner Müller. Im Weiteren sei „Optimismus nur ein Mangel an Information“. „Information ist Information, weder Materie noch Energie“, erklärt Norbert Wiener.
mehr


2023-06-06 10:37:18

Jamal Tuschick - Der Tote vor der Tür

Zu den mysteriösen Todesfällen, die mit einem direkt von der DDR-Führung autorisierten Mordkommando in Verbindung gebracht werden, gehört der vorgebliche Unfalltod von Benedikt Achtleben. Der DDR-Außenhändler kam in der Nacht auf den 19. März 1984 im Treppenhaus seines Leipziger Messequartiers (sprich Barbaras Wohnung) ums Leben. Die polizeiliche Rekonstruktion des ‚Unfallhergang‘ ...
mehr


2023-06-05 13:58:26

Max Claro - Mit Sondersignalen zum Pizzaholen

Wie leicht ist es, in unserem Rechtsstaat einen Bürger in die Psychiatrie zu verfrachten? Diese Frage beantworten sich die Münchner Rettungssanitär Peter Pfeifer und Thomas Baumann im Praxistest. Sie veranlassen einen Krawattenträger zum Krawall, übermannen, fixieren und sedieren den aller Wahrscheinlichkeit nach Unbescholtenen, ziehen einen Polizisten zur Bestätigung der Rechtmäßigkeit ihres Übergriffs heran und liefern jemanden auf einer geschlossenen Abteilung ab, der sich Doktor Uwe Bärlauch nennt.
mehr


2023-06-05 12:21:07

Jamal Tuschick - Gesellschaftlicher Irrläufer

Niklas Luhmann beschreibt Vertrauen als „einen Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität“. Tillmann leuchtet die mechanistische Erklärung ein. Er ist ein Freund simpler Lösungen - Simplicity is the ultimate sophistication.
mehr


2023-06-04 09:31:49

Jamal Tuschick - Trockengewohnte Ewigkeit

Die Renaissance trennt die Kulturräume, sagt Heiner Müller. Die Neuzeit beginnt mit der Pest, sagt Egon Friedell. Der Hauptzweck der bürgerlichen Gesellschaft ist die Verdrängung des Todes, sagt Walter Benjamin. Das 19. Jahrhundert wohnte „die Ewigkeit trocken, in Räumen, die rein vom Sterben geblieben sind“. Beatles versus Rolling Stones. Ständig wird Tillmann gefragt und danach beurteilt, welcher Band er mehr Sympathie entgegenbringt.
mehr


2023-06-03 12:07:28

Jamal Tuschick - Die Faust des Westens

In den 1950er Jahren tarnt sich der Revolutionsromantiker Heiner Müller als Materialist. Er ersetzt Liebe mit Leib, er fürchtet den Vorwurf der Dekadenz. Er übt seine Unterschrift. HM geißelt „eine plebejische Tradition“, macht Brecht Vorwürfe, kritisiert Schiller: „Seine Balladen sind Bildungsballaden, geschrieben von einem Gebildeten, nicht von einem Bildner.“
mehr


2023-06-02 10:55:27

Jamal Tuschick - Realsozialistische Romantik

„Er war kein tüchtiger Mensch.“ Das sagt Heiner Müller über seinen Großvater. Für den sächsischen Schuster hatte alles sein Gutes. „Gezwungen, trockenes Brot zu essen, lernte man es zu schätzen.“ Ein Leben lang duckt er sich weg, doch als es ans Sterben geht, verliert er die Geduld und will sein Brot mit Butter streichen. Seine Frau wähnt ihn ob der Hoffart schon auf der Schwelle zur Hölle ...
mehr


2023-06-01 09:36:13

Jamal Tuschick - Frontstadt-Bouncer

Bis zu seiner Republikflucht vor drei Jahren leitete Asbeck die von ihm im Auftrag der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) gegründete Asimex. Die Firma der „Firma“ stattet das Luxussegment der Intershops und Interhotels aus und versorgt Politbüromitglieder mit westlichen Spitzenprodukten. Asbeck war der erste Eventmanager der DDR. Reich machten ihn Schmiergelder von Westkonzernen, die in das DDR-Geschäft drängten. Die HVA ließ Asbeck gewähren. Von Asbeck erfuhr der BND, dass die DDR mit 26 Milliarden DM im Westen verschuldet ist.
mehr


2023-05-31 11:26:12

Jamal Tuschick - Romeo in einer Spielart des Westens

Irgendwann in den späten 1970er Jahren. In Leipzig war Herbstkleinmesse. Ich erinnere einen zum Bersten gutgelaunten Zweimeterbrocken in seinem Wurstwagen. Eine Kumpel-Riege belagerte die ambulante Bude. Alle waren aufgekratzt. Sie ließen mich erstmal nicht weiterziehen. Überwiegend heiter zogen sie den dahergelaufenen Westbürger auf. Sie verglichen ihre Errungenschaften mit Versionen aus dem kapitalistischen Ausland. In der westlichen Warenwelt kannten sie sich besser aus als ich.
mehr


2023-05-27 12:01:14

Jamal Tuschick - Nicht gleich am ersten Abend

Der Westberliner Chemielaborant (und IM des Berliner Verfassungsschutzes) Tillmann Eisenstein lernt 1984 auf dem Weg zur Leipziger Messe die im Modeinstitut der DDR beschäftigte, aus der DDR-Hauptstadt gebürtige Designerin Arina Nikola kennen. Die beiden verabreden sich für den nächsten Abend im Mitropa-Restaurant des Leipziger Hauptbahnhofs. Da bestätigen sie sich den ersten Eindruck. Die Chemie stimmt. Arina und Tillmann fliegen aufeinander.
mehr


2023-05-26 12:20:33

Jamal Tuschick - Gehobene Mangelwirtschaft

Der beruflich ständig in der DDR beschäftigte und deshalb mit einem Dauervisum versorgte Chemielaborant und Berlin Ranger Tillmann Eisenstein begegnet Anfang der Achtzigerjahre auf einer Fahrt von Westberlin nach Leipzig der Designerin Arina Nikola. Die beiden gefallen einander in ihren Autos: einem Ford Mustang Fastback GT 390 in Dark Highland Green. Steve McQueen strapaziert den Schlitten als Lieutenant Frank Bullitt in der längsten Verfolgungsjagd der Filmgeschichte. Das Auto ist Tillmanns Ein und Alles. Arina cruist im Volvo 244 DL, einem Sondermodell, produziert seit 1977 für die DDR, eingeführt von Genex.
mehr


2023-05-25 11:00:33

Jamal Tuschick/Rick Rubin - Ein Kind des Kalten Krieges

Der .. März 1982 ist ein Samstag, der den Sommer ankündigt. Noch wärmt die Sonne nicht; ein Kaltstrahler am wolkenlosen Himmel. Den Vormittag verbringe ich mit Wochenendbeschäftigungen. Ich drehe meine Runden mit dem Staubsauger, dann werfe ich einen, von jedem Staubkorn abgelenkten Blick in den ...
mehr


2023-05-24 11:35:28

Serhii Plokhy - Exekutierte Renaissance

Charkiw ist die zweitgrößte Stadt der Ukraine und ein Bildungsballungszentrum des Landes. Der Beschuss traf eine russisch geprägte Bevölkerung. Die Russen attackierten Bürger:innen, „die größtenteils Russisch sprechen, auf Russisch denken und auf Russisch träumen“ (Sergej Gerassimow, „Feuerpanorama. Ein ukrainisches Kriegstagebuch“).   
mehr


2023-05-23 14:36:11

Jamal Tuschick - Deutungsfrostphase

„Es ist ein Jammer, aber ich glaube nicht, dass ich weiterschreiben kann.“ Das notierte Robert F. Scott kurz vor seinem Tod am 29. März 1912 auf dem antarktischen Ross-Schelfeis. Der Polarforscher unterlag dem Norweger Roald Amundsen in einem Rennen zum Südpol. In den ersten fünfzig Jahren nach der ‚heroischen Niederlage‘ stilisierte ihn die Nachwelt zum Helden. Dann begann die Deutungsfrostphase. “The British ideal of plucky defeat.”
mehr


2023-05-22 10:28:54

Serhii Plokhy - Mehr Freiwillige als Waffen

Plokhy schildert Szenen aus der invasiven Frühphase, als überforderte Angehörige des Expeditionsheers sich darüber beklagten, dass sie schon seit mehr als einer Woche im Einsatz waren. Ihre Kommandeure hatten ihnen einen dreitägigen Ausflug in Aussicht gestellt. Das Ziel ihrer Mission kannten sie nicht.
mehr


2023-05-21 10:25:41

Serhii Plokhy - Europäische Gretchenfrage

„Der Kampf findet hier statt; ich brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit.“ Selenskyjs Reaktion auf das amerikanische Angebot, ihn aus Kyjiw zu evakuieren; zitiert nach Serhii Plokhy
mehr


2023-05-20 10:08:18

Serhii Plokhy – Hybride Kriegsführung

„Die acht Jahre der hybriden Kriegsführung Russlands gegen die Ukraine … verwandelten die Ukraine in ein anderes Land, als sie es 2014 gewesen war, und veränderten auch ihre Gesellschaft.“
mehr


2023-05-19 10:30:42

Serhii Plokhy - Sprungbrett der Geschichte

Putin deutet den historisch feststehenden Begriff „Neurussland“ um. Im 18. Jahrhundert bezeichnete das - von Katharina II. deklarierte - Gouvernement Neurussland die schwach besiedelte Gegend nördlich des Schwarzen Meeres. Das Territorium bot sich zaristischen Kolonisierungskampagnen an, die auch einer Befestigung der Grenze zum Osmanischen Reich dienten. In einer ahistorischen Ableitung nutzt Putin „Neurussland“ als Kampfbegriff.
mehr


2023-05-18 10:53:36

Serhii Plokhy - Korrektur des Wählerwillens

In den ersten Morgenstunden des 27. Februars 2014 stürmen Uniformierte in Simferopol das Parlament der Krim. Die Usurpatoren tragen keine Hoheitszeichen. Ministerpräsident Anatolij Mohiljow interpretiert den Vorgang richtig als machtergreifende Maßarbeit von Spezialisten. Die höchste Autorität der Krim, eingesetzt von dem nach Russland geflohenen, mit Haftbefehl gesuchten, frisch abgesetzten ukrainischen Staatschef Wiktor Janukowytsch, informiert telefonisch eine Regierungsstelle. Kyjiw enthält sich „klarer Anweisungen“. Die Administrator:innen sind quasi seit gestern erst im Amt. „(Sie) haben noch nicht die volle Kontrolle über die Streitkräfte und den Sicherheitsapparat.“
mehr


2023-05-17 10:16:11

Serhii Plokhy - Putins Pan-Russisches Projekt

Der Harvard-Professor Serhii Plokhy zählt zu den Supererklärer:innen der Voraussetzungen jener gegen die Ukraine gerichteten, russischen Aggression, die manche Autor:innen als „Konflikt zwischen der Ukraine und Russland“ beschreiben. Auch der ehemalige Bundesrichter und SPIEGEL-Kolumnist Thomas Fischer deutet das einschlägige Verhältnis als „Konflikt der Ukraine mit Russland“.
mehr


2023-05-16 10:38:21

Claudia Ley - Stibitzter Pfefferkuchen

Zum Gut des Barons Dietrich von Westkamm gehören „Felder und Wälder bis zum Horizont“. Die Gutsherrntochter Gerda wächst in einem amerikanisch oder australisch dimensionierten Großbetrieb auf; isoliert gelegen in den Weiten Westpreußens. Das drei Zugstunden von der Provinzkapitale Danzig entfernte, protestantische Kirchspiel Lapienen gibt dem Anwesen seinen Namen.
mehr


2023-05-15 11:44:39

Abdulrazak Gurnah - Der englische Patient

Mombasa 1899. Viele Bürger:innen haben noch nie einen Weißen gesehen. Sie werden von Leuten beherrscht, ausgebeutet und geringgeschätzt, die weit jenseits ihres sozialen Horizonts existieren. Zwei Briten repräsentieren vor Ort das Empire. Als Vertreter seiner Majestät fungiert Frederic Turner an erster Stelle.
mehr


2023-05-13 11:01:24

Abdulrazak Gurnah - Schwarzer Sieg

Jeden Morgen eröffnet Hassanali den Moscheebetrieb. Er reinigt die Stufen zum Gotteshaus und ruft die Leute zum Gebet. Gewissenhaft versieht der Krämer sein Muezzin-Ehrenamt. Eines Morgens findet Hassanali auf dem Platz seiner anspruchsvollsten Wirkung ein erschöpftes Gespenst, das bald seine dämonische Dimension verliert und sich als ein heruntergekommener, im Augenblick ohnmächtiger Europäer entpuppt.
mehr


2023-05-12 10:16:46

Anna Caritj - Sexistischer Campus-Code

Sexistische, mit rüdem Selbstverständnis perpetuierte Camp-Codes irritieren Leda. Sie prüft die Valeurs, entschlossen jede unbestreitbar erforderliche Anpassung an die herrschenden Verkehrsformen zu vollziehen. Aufgewachsen mit einer alleinerziehenden, im Handlungsjetzt vor drei Jahren verstorbenen Mutter, unterstellt sich Leda auf der ganzen Linie soziale Defizite. Ständig bezweifelt sie ihre Kompetenz.
mehr


2023-05-10 20:54:26

Max Claro - Keine Hemingway-Lösung

Im Alter von siebzig Jahren beschließt der 1990 in Gmund am Tegernsee geborene Walter Fabricius, seinem Leben ein selbstbestimmtes Ende zu setzen. Die Hemingway-Lösung verwirft er, weil er seinen Kindern nicht zumuten möchte, das väterliche Hirn „von den Wänden zu kratzen“.
mehr


2023-05-10 09:49:16

Angelika Overath - Elegische Verdichtung

In einer elegischen Verdichtung bedenkt Baran die ruinöse Verfassung seiner Verhältnisse. Ein eskapistischer Lebensentwurf vergammelt in der rissigen Hülle der fortgeschrittenen ersten Lebenshälfte.
mehr


2023-05-08 10:14:14

Carley Fortune - Sonnige Auszeiten

Gemeinsam navigierten sie durch die Untiefen des pubertären Begehrens. Persephone Fraser aka Percy aka Pers aka P. und Samuel ‚Sam‘ Florek entdeckten und erkundeten die Liebe vor allem im Rhythmus und in den Routinen von Percys Sommerferien. In der Retrospektive verschmelzen die sonnigen Auszeiten zu einem ewigen Sommer der Liebe.
mehr


2023-05-07 11:36:43

Carley Fortune - Die Schaumkronen seiner Ekstase

Persephone - Zweifellos haben sich die Eltern bei der Namensgebung etwas ungeheuer Ambitioniertes gedacht: Die mythische Persephone ging aus einer göttlichen Inzestzeugung hervor. Demeter, ihre vielleicht nicht ganz so bekannte Mutter, verdankt sich einer erotischen Kollision der Titanen Kronos und Rhea. Kronos war dafür berüchtigt, seine Nachkommen zu fressen. Das gelang ihm nicht in jedem Fall. Persephone entstand in der geschwisterlichen Verbindung von Demeter und Zeus. Folglich steht Persephone für Power im göttlichen Maßstab.  
mehr


2023-05-06 10:18:43

Carley Fortune - Power im göttlichen Maßstab

Ein trauriger Anlass führt Persephone an einen Sehnsuchtsort ihrer Jugend. Sie fährt zur Beerdigung von Sue Florek nach Barry’s Bay. Telefonisch informiert vom Tod seiner Mutter wurde sie von Charlie. Der Anruf vom falschen Bruder beendete eine Funkstille von zwölf Jahren. Er rüttelte an Persephones existenziellen Grundfesten. Die Dreißigjährige war nie länger als sieben Monate mit einem Mann zusammen. Sie lässt es gern locker angehen. Ab und zu braucht sie eine „Abwechslung von ihrem Vibrator“.
mehr


2023-05-05 09:55:01

Heiner Müller - Sakraler Schrott

Teichmann schläft beruflich mit einer hauptamtlichen Stasi-Mitarbeiterin. Die leidenschaftliche Tschekistin und promovierte Psychologin Inge Schneider verkehrt nicht genauso professionell mit dem West-Romeo. Bis über beide Ohren ist sie in den (in Texas geborenen und in Frankfurt am Main aufgewachsenen) Superlover aus dem Westen verliebt. Inge unterwandert gemeinsam mit ihrem (echten) Ehemann Klaus, genannt ‚Nico‘, die Pankower Kunst- und Kulturszene. Das Ehepaar I. und K. Schneider, wohnhaft in der Dimitroffstraße, unterhält einen der exklusivsten Ostberliner Salons.
mehr


2023-05-04 11:00:39

Geträumte Alpen - Von der Eiszeit zum Brühwürfel - Die Stasi verhaftete auch im Ausland

Der junge Heiner Müller schreibt Gedichte, wenn ihm für dramatische Arbeiten der Atem fehlt. Die poetische Produktion hat eine gymnastische Funktion. Müller als Akrobat Schön. Er turnt auf der Grammatikmatte. Er exekutiert Streck- und Dehnübungen. - Aufschwünge und pointierte Abgänge. Das alles stets vor dem Hintergrund eines antiken Prospekts wie vor geträumten Alpen.
mehr


2023-05-03 08:31:19

Till Teichmann - Calm in a burning building

Eine Sächsin zeigt mir ihr Berlin. In der Rückerklause am Rosenthaler Platz hängen Jungen und Mädchen aus allen mitteldeutschen Provinzen ab. Sie haben das Nachtasyl im Blut. In Berlin klumpen sie sich zu einem Haufen und saufen. Sie sind auf Trebe und machen Platte, obwohl es das in der DDR gar nicht gibt. Doch gibt es da nomadische Zustände und eine Poesie für Stromer:innen aus Passion. Oft sind sie Heimen entsprungen und bis zur Flucht vom Gruppendruck der Schlafsäle unsanft erzogen worden.
mehr


2023-05-02 10:43:19

Randgemarkung

Am liebsten trieben sich Studiosos Collegii Carolini im Reinhardswald und in anrüchigen Randgemarkungen herum. Da lagen Wüstungen schon lange in ritterlicher Schwermut brach- und danieder. Zerfallene Kirchen und Burgen - die Studierenden gingen in Ruinen auf Sauenhatz. Sie jagten mit schrecklichen Hunden, wahren Bestien, die mit dem wilden Dasein liebäugelten. Nach alter Art jagten die Studierenden mit Lanzen. Sie gingen sich gegenseitig an die Gurgel in der Festlichkeit eines andauernden Rausches.
mehr


2023-05-01 13:13:39

Gwendolyn Brooks - Intelligente Mimose

Gwendolyn Brooks (1917 - 2000) erzählt die erstmals 1953 veröffentliche, in den 1940er Jahren angesiedelte Geschichte von Maud Martha in ergreifenden Miniaturen, die an Votivmalerei erinnern. Zum Zeitpunkt der Niederschrift verkörperte die Autorin den Stolz und die Emanzipationserwartungen vieler Schwarzer Amerikaner:innen. Drei Jahre zuvor war Brooks‘ - als erste Schwarze Dichterin - mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet worden.
mehr


2023-04-30 08:16:12

Gwendolyn Brooks - Ergreifende Miniaturen

“I’m from the south side of Chicago. That tells you as much about me as you need to know.” Michelle Obama
mehr


2023-04-29 07:45:15

Aya Cissoko - Brillante Banlieue-Biografie

Wieder und wieder beschwört die Autorin den Namen ihrer Mutter - Massiré Dansira. Deren Geburtsdorf - Kakoro Mountan - erscheint als verlorenes Paradies und Schauplatz einer verlorenen Zeit der eindeutigen Bambara-Identität; obwohl die Ursprungskultur von den französischen Kolonisatoren in einer permanenten Abwertungskampagne geschwächt wurde. „Die Sieger hatten die Geschichte umgeschrieben.“
mehr


2023-04-28 07:35:33

Daniel Schulz - Kombattantin im Informationskrieg

„Time“ handelt Olga Rudenko als „Next Generation Leader“. Das amerikanische Nachrichtmagazin widmete der ukrainischen Journalistin eine Coverstory. Im Mai 2022 trifft Schulz den publizistischen Shooting Star in Kyjiw. Die Chefredakteurin der Kyiv Independent, einer Sezession der Kyiv Post, gilt als Garantin einer quellenbasierten, streitfest recherchierten Berichterstattung. Aktivistischem Haltungsjournalismus bietet ihr Periodikum kein Forum. „Wir erlauben es uns selten, emotional zu werden.“
mehr


2023-04-27 07:21:52

Daniel Schulz - Krieg abseits der Kämpfe

Ihn interessiert „der Alltag des Krieges abseits der Kämpfe“. Seinen ersten Alarm - als einer peripheren Folge von Vladimir Putins „Spezialoperation“ - erlebt der Journalist Daniel Schulz am 7. März in Tscherniwzi. Die Bevölkerung der weit vom Schuss im Westen der Ukraine gelegenen Stadt, reagiert indifferent. Schulz schlägt vor, einen Bunker aufzusuchen. Ihm wird erklärt, dass es keine Bunker gibt.
mehr


2023-04-26 10:14:17

Max Claro - Freifallfieber

Da Nang im Dezember 1971. Michael Miller, ein in München geborener Fallschirmjäger, Einzelkämpfer und Sanitäter der 101st Airborne Division, begegnet Captain Winslow „Barry“ Meeker in einem Zelthospital. Ohne Einsicht in die bevorstehende amerikanische Niederlage strebt Barry zurück an die Front. Fast zwei Meter groß, raucht und trinkt der polyglotte, zweimal angeschossene, mit einem donnernden Ego gesegnete Hubschrauberpilot alle Teufel unter den Tisch, um „auch noch nach zehn Dosen Bier stocknüchtern“ aus dem „Steppenwolf“ zu zitieren.
mehr


2023-04-26 07:14:26

Sergej Gerassimow - Bombardiertes Bildungsballungszentrum

Schnell ändern sich die Routinen. Die Belagerten avancieren zügig zu Kenner:innen der Kriegsmaterie. Eben noch waren sie vollkommen zivil. Jetzt weiß Sergej Gerassimow, wo der Hase im Pfeffer liegt, wenn ein Mann erzählt, dass sein Haus von einer Rakete getroffen wurde, die zum Glück nicht explodiert sei; aber trotzdem „drei Stockwerke durchschlagen habe“.
mehr


2023-04-24 10:38:14

Sergej Gerassimow - Sowjetische Kindheit

Entgangen zu sein scheint Sergej Gerassimow, dass er auch von einem Namensvetter angegriffen wurde. Auf der anderen Seite des Geschehens agierte Witali Petrowitsch Gerassimow im Rang eines Generalmajors als stellvertretender Kommandeur der 41. Armee.
mehr


2023-04-23 11:18:54

Alois Berger - Die Bielski-Partisan:innen - Mit dem Mut der Verzweiflung

In Föhrenwald nutzte die Haganah eines ihrer ureigensten Kampfmittel. Deutschstämmige Kombattant:innen konnten mit den Verhältnissen vor Ort verschmelzen. Denken Sie an die orientalische Variante - die Mista'aravim. Das war zunächst eine Weiterentwicklung jüdischer Selbstverteidigungsformate im Geist von HaSchomer, der im frühen 20. Jahrhundert im osmanisch beherrschten Palästina als „Wächter“ agierte und als Vorgänger der Haganah historisch wurde.
mehr


2023-04-22 11:04:11

Alois Berger - Jüdischer Freistaat im Freistaat Bayern

Das als letztes Schtetl Europas in die Geschichte eingegangene Displaced-Persons-Camp Föhrenwald (in Wolfratshausen) war die Schrumpfversion eines jüdischen Freistaats im Freistaat Bayern. David Ben Gurion hatte 1945 vom amerikanischen Militärgouverneur Dwight D. Eisenhower für die Sh'erit ha-Pletah, die Shoa-Überlebenden, einen Landstrich als eigenstaatlichen Raum gefordert. Die Enklave sollte als Reparationsleistung verstanden werden.
mehr


2023-04-21 09:37:41

Alois Berger - Israel in Bayern

“Security will not exist if our nation’s women to not know how to fight.” David Ben Gurion
mehr


2023-04-20 10:04:50

Alois Berger - Die Umsiedlerin auf Bayrisch

Alois Berger verschränkt die Geschichte des oberbayrischen Displaced-Persons-Camps Wolfratshausen-Föhrenwald mit seiner eigenen Biografie. Er wuchs in Wolfratshausen auf. In seiner Kindheit und Jugend entging ihm die mehrheitsgesellschaftliche Überformung einer historischen Präzedenz im Holocaustkontext. In der Konsequenz administrativer, von der katholischen Kirche dynamisierter Strategien wurden städtische Schicksalsspuren von Shoa-Überlebenden dem Vergessen anheimgestellt. Einvernehmlich breiteten die Bürger:innen den Mantel des Schweigens über ein Kapitel ihrer Stadt- und Schuldgeschichte.
mehr


2023-04-19 09:51:46

Sophie Cousens - Ein Koffer als Faustpfand

Laura Le Quesne, 29, verkörpert die Post-Boomer-Tochter wie aus einem Bilderbuch geplatzter Träume. Die alleinerziehende Mutter klapperte mit Laura in einem klapprigen Mini „Flohmärkte und Vintage-Messen“ ab. Sie fand jeden „Schatz“ eines Kofferraumverkaufs. „Mit den Augen einer Elster“ inspizierte sie aufgegebene Bestände. Für Laura erfand sie Legenden, die sich um den Ramsch der Anderen rankten. Je häufiger der Schrott die Besitzerin wechselte, desto größter sollte seine Bedeutung sein.
mehr


2023-04-18 10:24:57

Giuliano da Empoli - Der Sotschi-Coup

In einem langen Monolog definiert Putins privatisierender Ex-Berater Wadim Baranow den historischen Rahmen, in dem der russische Präsident handelt. Putin verfolgt eine Traditionslinie von Stalin bis zu Iwan IV., dem ersten Moskauer Großfürsten, der sich (im 16. Jahrhundert) zum Zaren ausrufen ließ. Er argumentiert mit einer tausendjährigen Reichshistorie und einer russischen Welt, die nur vorübergehend als Sowjetunion firmierte, indes ewig ist in ihren weit gesteckten Grenzen.
mehr


2023-04-17 10:12:21

Das tote Glück der Vergangenheit - Frei nach Wanda Sacher-Masoch

Das ist die Quintessenz: Der Pelz und die Peitsche verleihen Aurora keine Macht. Sie ist bloß Erfüllungsgehilfin eines Kolossalphantasten, dessen Ruhm die Epoche überstrahlt. Er hält ihr mangelndes Engagement vor. Aurora ist ihm nicht genug behilflich. Sie verweigert jeden „energischen“ Liebhaber, mit dem sie L. in einer Inszenierung effektvoll betrügen soll. Sie versagt in der Rolle einer tätigen Muse. Leopolds obsessives Dauerfeuer zerstört die Leichtigkeit ihres Seins. Aurora erlebt ihren Alltag als Strapaze.
mehr


2023-04-16 10:43:23

Die Dialektik von Skandal und bourgeoiser Gleichschaltung - Frei nach Wanda Sacher-Masoch

„Zu solchem Pelz und solchen Stiefeln gehörte ein Liebhaber. Es war unbegreiflich, dass ich keinen finden konnte! Ich war ja eine reizende Frau ... woran lag es? An den Männern natürlich. Man wagte sich nicht an mich heran, weil mein Gemahl den Ruf eines Kampfhahnes hatte … Wie sollte man den Männern begreiflich machen, daß sie nichts zu fürchten hätten?“ Wanda von Sacher-Masoch in ihren Memoiren
mehr


2023-04-15 10:24:18

Im Brustton der Verzagtheit - Frei nach Wanda Sacher-Masoch

Als nächstes fasst L. den Besitzer einer Zuckerfabrik als „energischen“ Liebhaber seiner Frau ins Auge. Die Rede ist von Bruno Bauer, Husar der Reserve. Auch diese Konstellation zerschlägt sich. Damit wir uns richtig verstehen, L. möchte „die Geschichte aus einer gemeinen Untreue zu einem poetischen Erlebnis gestalten“. Dieser Entwurf überfordert die Schmierenkomödianten und Knallchargen in den königlich-kaiserlichen Kulissen. Sie kennen nur das Casino-Gedöns, den Café-Schmäh, die Billardsaal-Vendetta und Kasernenhof-Ranküne.
mehr


2023-04-14 10:25:36

Huldvolle Verachtung - Frei nach Wanda von Sacher-Masoch

Zuhause bereitet Aurora ihrem maladen Mann mit dem Schlossrapport und Reisebericht eine Enttäuschung. Wieder einmal zerschlägt sich für L. die Hoffnung, seine Frau könne ihm das Vergnügen der Zeugenschaft eines - mit einem Dritten energisch vollzogenen - Geschlechtsaktes gewähren. „Ich brachte meinem Dichter wieder eine Enttäuschung nach Hause“, sagt sie selbst lapidar, aber nicht lieblos.
mehr


2023-04-13 09:24:09

Polnischer Pascha - Frei nach Wanda von Sacher-Masoch

Aurora und ihre Freundin Anna-Catherine Strebinger genießen die pikante Gastfreundschaft des weitgereisten und hoch aufgestiegenen polnischen Grafen Ladislaus Koszielski, der nach Jahrzehnten im militärischen und diplomatischen Dienst eines Sultans als Sultan von eigenen Gnaden - mit einer sagenhaften Prachtentfaltung - in der Steiermark auf Schloss Bertholdstein residiert.
mehr


2023-04-12 09:20:46

Konfabulation - Frei nach Wanda Sacher-Masoch

So einen Gebirgssultan von eigenen Gnaden kann sich die zur Konfabulation begabte, in Graz gestrandete, mit den Sacher-Masochs auf vertrautem Fuß stehende Abenteuerin Anna-Catherine Strebinger nicht entgehen lassen. Sie schreibt dem Pascha.
mehr


2023-04-11 08:34:17

Kontinentaler Viktorianismus - Frei nach Wanda Sacher-Masoch

Die Freiheitsversprechen der Kunst funktionieren wie Druckventile. Die Psychoanalyse munitioniert bourgeoise Rebell:innen. Der Radical Chic gebietet es, sich zu exaltieren. Seine Herolde verehren den Schreibritter Leopold von Sacher-Masoch. Dessen Gattin, unsere Heldin Aurora, begrüßt die Groupies aller Geschlechter in ihrem Haus.
mehr


2023-04-10 06:43:53

Hingebungsvolle Missachtung - Frei nach Wanda Sacher-Masoch

Nichts reizt L. mehr als eskapistische Manöver. Was den bürgerlichen Instinkt verstört, das zieht ihn an. Er will verführt werden und unterdessen die ganze Bandbreite zwischen Liebreiz und Infamie erleben. Ihn lockt die böse Kraft begnadeter Tentatrices. Der Webfehler in dieser Konstellation besteht darin, dass L. selbst für andere zum Versucher wird. Er ist ein Matador der Manipulation, klingend frei von jedem Verantwortungsgefühl. Wer sich der Gewalt seines Begehrens nicht gewachsen zeigt, geht auf eigene Rechnung vor die Hunde.  
mehr


2023-04-09 09:52:26

Väterlicher Exorzist - Frei nach Wanda Sacher-Masoch

Das ist die Quintessenz: Der Pelz und die Peitsche verleihen Aurora keine Macht. Sie ist bloß Erfüllungsgehilfin eines Kolossalphantasten, dessen Ruhm die Epoche überstrahlt. Er hält ihr mangelndes Engagement vor. Aurora ist ihm nicht genug behilflich. Sie verweigert jeden „energischen“ Liebhaber, mit dem sie L. in einer Inszenierung effektvoll betrügen soll. Sie versagt in der Rolle einer tätigen Muse. Leopolds obsessives Dauerfeuer zerstört die Leichtigkeit ihres Seins. Aurora erlebt ihren Alltag als Strapaze.
mehr


2023-04-08 14:04:57

Spießer der Unmoral - Frei nach Wanda Sacher-Masoch

Charles Baudelaire nannte George Sand eine „Spießerin der Unmoral“. Er unterstellte ihr die Urteilstiefe einer „Gardienne“. Darüber würde ich kein Wort verlieren, wäre es nicht Baudelaire gewesen, der, so erklärt es Hans Mayer, „die Dialektik von Skandal und bourgeoiser Gleichschaltung im Fall Georg Sand“ aufdeckte. War Leopold von Sacher-Masoch ein Bruder Sands im Geiste einer Revolte der nackten Persönlichkeit?
mehr


2023-04-07 09:53:17

Radical Chic im Fin de siècle - Frei nach Wanda von Sacher-Masoch

Das Habsburger Bürgertum existiert im Spannungsfeld zwischen feudaler Restauration und bürgerlichem Aufbruch. Spielarten eines kontinentalen Viktorianismus konkurrieren mit dem alpinen Biedermeier-Puritanismus unter der Glocke des Königlich-Kaiserlichen Imperialismus. Der Monarch, das adlige Gefolge und die Bourgeoisie sind sich so weit einig. Soziale Ingenieur:innen basteln am psychologischen Rahmenprogramm für den Gründerzeitturbo. Sie montieren Sicherheitsgurte an die Sitzschalen für den Gesellschaftsexpress. Überall vernimmt man schon den Motorengalopp der Zukunft.
mehr


2023-04-06 09:41:48

Seelische Insolvenz und anarchische Apotheosen - Frei nach Wanda von Sacher-Masoch

Der Marquis de Rochefort ... lässt es auf der ganzen Linie einer ausgebauten Persönlichkeit krachen. Der Zeitungsmann zieht sich seine Debütblessuren beim Figaro zu. Er gründet La Lanterne und sorgt mit dem Blatt für den Spiegel-Skandal seiner Zeit. Für seine Überzeugungen geht er ins Gefängnis. Nach seiner Freilassung exiliert Rochefort nach Brüssel, wo er ein europäisches Periodikum in Französisch, Englisch, Spanisch, Italienisch und Deutsch unter die Völker bringt. Bei jeder Gelegenheit duelliert er sich.
mehr


2023-04-04 10:41:00

Talentierte Melancholie - Frei nach Wanda von Sacher-Masoch

Die Kurstadt an der Mur ist ein Hotspot der feinen Habsburger Gesellschaft am Vorabend einer dramatischen Zeitenwende. Schnitzlers „Reigen“ in der Endlosschleife - Artefakte des Ancien Régime bröckeln zwischen den Emanationen der Belle Époque. Es herrscht aber auch Gründerzeitfuror und Fin de Siècle. In der Gleichzeitigkeit von Hausse und Baisse stehen die Sacher-Masochs mit bedeutenden Persönlichkeiten der Epoche auf vertrautem Fuß, während Aurora gleichzeitig fürchten muss, nicht genug zu essen für ihre Kinder auf den Tisch zu kriegen.
mehr


2023-04-03 09:17:03

Habsburger Herrenstil - Frei nach Wanda Sacher-Masoch

1876 verbringt die Familie ihre Sommerferien in Frohnleiten. Die obersteirische Kurstadt liegt zwischen Bruck, wo die Sacher-Masochs zurzeit leben, und Graz, wo Aurora als Tochter eines württembergischen Militärbeamten, und Leopold als Sohn des landeshauptstädtischen Polizeichefs aufwuchsen, direkt an der Mur in einem hochalpinen Durchbruchstal. Die Kombination von genretypischem Panorama, provinzieller Urbanität und komfortabler Erreichbarkeit mit der Eisenbahn macht Frohnleiten zu einem touristischen Ziel ersten Ranges.
mehr


2023-04-02 09:55:09

Im Laufrad der Hoffnungen - Frei nach Wanda von Sacher-Masoch

Leopold von Sacher-Masoch ist über seine biografische Person hinaus eine Spielfigur des Habsburger Biedermeiers. Seine Obsessionen haben die Sprengkraft von Feuilletons.
mehr


2023-04-01 09:51:19

Schöne Gespenster - Frei nach Wanda von Sacher-Masoch

The leopard has the solution in its blueprint. If you are not a leopard, you will not solve the problem. You can‘t pet anyone to victory.
mehr


2023-03-31 09:43:32

Kompromittierende Korrespondenz - Frei nach Wanda von Sacher-Masoch

Aurora rechnet damit, dass Guinevere wie ein Vulkan ausbrechen wird. Die Schriftstellerin vermutet eine verborgene, gleichsam erdgeschichtliche Rücksichts- und Schrankenlosigkeit. Schlummert in Guinevere eine Kraft, die das Schwert aus dem Stein löst? Siehe Excalibur/Artussage. 
mehr


2023-03-30 10:37:33

Erschöpfte Dämonen - Frei nach Wanda von Sacher-Masoch

„Mit Schrecken musste ich erkennen, dass ich meine stärksten Hoffnungen auf Irrtümern gebaut hatte. Seine große Liebe zu mir, die Liebe zu seinen Kindern, sein häuslicher Sinn - Irrtümer. Nichts würde ihn halten, wenn ihm fern von uns Befriedigung seiner Phantasien winkte.“
mehr


2023-03-29 11:42:18

Banale Bindungen - Frei nach Wanda von Sacher-Masoch

In Leopolds erotischer Sphäre dreht sich die größte Spindel um die Ausstattung. Der Renaissancekamin und die klassische Lektüre gehören zum physischen und psychischen Interieur. Der Schriftsteller L. agiert wie ein Schaufensterdekorateur, der in dicken Socken durch die Auslage wuselt. Eine marmorweiße Venus lässt er sagen: „Ja, Sie waren ganz verliebt in diese Toilette.“
mehr


2023-03-28 10:56:33

Der gebildete Eros - Frei nach Wanda von Sacher-Masoch

Almost all genetic variants have their origins in evolutionary events long before our journey starts. And this is where epigenetics begins. If you understand that, you can rebuild yourself massively. “There are no limits. There are plateaus, but you must not stay there, you must go beyond them. If it kills you, it kills you. A man must constantly exceed his level.” Bruce Lee
mehr


2023-03-27 09:53:40

Feuilletonistische Festanstellung - Frei nach Wanda Sacher-Masoch

Aurora wirkt wie eine Schauspielerin in Leopolds Stücken mit. Ihre Dominanz ist so fadenscheinig wie ihre Alltagskleider. Während sich L. in seiner Prosa als solventer Edelmann spreizt, ist er in Wahrheit eher knapp bei Kasse; wenn auch - zunächst zumindest - gut betucht nach den Maßstäben der ins Elend gefallenen und mit Leopolds Hilfe ins bürgerliche Lager zurückgekehrten Aurora. Aus Dankbarkeit will sie L. die Möglichkeit „eines ehrenvollen Rückzugs“ bieten.
mehr


2023-03-26 09:09:25

Avancierte Nähmamsell - Frei nach Wanda von Sacher-Masoch

Zweifellos führt L. Regie. Er formt Aurora nach seinen Vorstellungen. L. ist, und das wird oft übersehen, u.a. Ausstattungsfetischist. Interieur und Inszenierung sind wesentliche Elemente seines Begehrens. Er baut Tableaus auf auch in seinen Briefen, die man richtig als Anweisungen für eine künftige Routine versteht. L. weist Aurora die Rolle zu, in der allein sie reüssieren kann. Will sie sich gesellschaftlich verbessern, muss sie sich nach Leopolds Wünschen richten.
mehr


2023-03-25 10:12:04

Strenge Post - Frei nach Wanda von Sacher-Masoch

Entschlossen, sich dem Ritter auf der Stelle „hinzugeben“, eilt Aurora R. (nach einem langen schriftlichen Anlauf) zur Wohnung ihres Brieffreundes und Wohltäters Leopold, den sie bis auf den Tod erkältet anzutreffen erwartet. Tatsächlich begegnet ihr L. in elegischer Aufgeschlossenheit. Ihn entzückt die juvenile Bravour der Besucherin. Revidieren muss er die Vorstellung, die ihm eine strenge Post eingab. Er hatte mit einer starken Dame gerechnet; mit einer angenehm furchteinflößenden Person.
mehr


2023-03-24 08:28:12

Über Brecht und Brasch

„Mutter Courage ist schuld am Tod von all ihren Kindern. Man darf nicht zu viel Mitleid mit ihr haben.“ Helene Weigel 1954
mehr


2023-03-23 08:05:03

Cole von Pechstein - Epochentrash

„Nun streitet sich das Publikum seit zwanzig Jahren, wer größer sei: Schiller oder ich, und sie sollten sich freuen, dass überhaupt ein paar Kerle da sind, worüber sie streiten können.“ Goethe zu Eckermann
mehr


2023-03-22 09:20:24

Marianne und Cole von Pechstein - Die lukrativste Substanz der Welt

Im 18. Jahrhundert waren Reisen nicht mehr nur feudales Vergnügen. Es gab die Grand Tour für den bürgerlichen Nachwuchs. In Kassel (Cassel) besuchte der Geck den Höhenpark mit dem Herkules auf der Spitze und begriff die Anlage als Sensation im englischen Stil. Beinah mühelos gelangte er in die Wohnung S.K.H. In einem Kabinett fand die Prüfung der Penelope statt - so wie sie Johann August Nahl der Jüngere (1752 - 1825) aufgefasst hatte.
mehr


2023-03-21 08:36:56

Khalil Diallo - Verirrter Sternenstaub

Sembouyane beschreibt Verhältnisse, in denen die Hölle verblasst. Der Erzähler sucht Zuflucht bei seinem Großvater, der sich in einem majestätischen Kapokbaum inkarniert hat. 2013 erlebt er zum ersten Mal die Liebe, wenige Stunden vor dem Beginn seiner Initiation in dem Wald, der sein Dorf einschließt. Als Sembouyane zurückkehrt, findet er den Schauplatz seiner Kindheit verheert. Unter den von Freischärlern Ermordeten sind seine Eltern und seine Liebste.
mehr


2023-03-20 09:34:18

Zain Khalid - Erzählender Paria

„Wenn es zu Ende ist, falls wir tatsächlich an unser Ende gelangen, hast du vielleicht eines Tages die Chance zu erkennen, wer wir gewesen sind. Und doch wird die Qual mich immer begleitet haben, und ich werde mich ewig fragen: Hätte ich dir noch mehr erzählen müssen?“ Youssef zu einer Tochter seines ‚Bruders‘ Iseul
mehr


2023-03-19 08:47:57

Giuliano da Empoli - Handlanger im Ruhestand

Der Erzähler beruft sich auf den Schriftsteller Jewgeni Iwanowitsch Samjatin. Jener habe in einer literarischen Auseinandersetzung mit der jungen Sowjetunion weit über seine Gegenwart hinausgegriffen und genau die Zukunft beschrieben, die sich im Roman-Jetzt entfaltet. Mit Samjatins erfüllten Prophezeiungen verbindet sich die mysteriöse Existenz eines grandiosen Einflüsterers, der lange an den Ohren eines Zaren unserer Zeit kaute und sich nun als „Handlanger (der Macht) im Ruhestand“ betrachtet.
mehr


2023-03-18 09:01:39

Joy Williams - Polierter Schrott

Gravitationslose Biografien in namenlosen Landschaften - Leere Räume mit surrealen Säumen - Das assoziiere ich mit Joy Williams‘ amerikanischen Szenen. Die Autorin kombiniert topografische Präzision mit vager Geografie. Eine Siedlung im waldreichen Nirgendwo dient sieben Müttern berühmter Mörder:innen als Refugium. Eine stirbt an Krebs, dann waren es nur noch sechs. Sie erschaudern künstlich, während sie sich erzählen, dass Gegenstände aus dem vormaligen Besitz ihrer Kinder auf Ebay als Devotionalien gehandelt werden. In einem David-Hockney-A-Bigger-Splash-Arrangement leuchten Grapefruits „anmutig zwischen … von Spinnmilben- und Blattlausbefall gekräuselt(en Blättern)“.
mehr


2023-03-17 10:07:37

Inge und Nico Schneider - Melancholische Grundierung

Das Geschrei von Brunst und Frustration auf dem Trottoir. Ein Destillat der Einfachheit steigt auf. „Gedichte sind Gegenstände, die alles aufnehmen können“, sagt Meckel in Schneiders Küche. Inge und Klaus Schneider, hauptamtliche Staatssicherheit, getarnt als Gelehrte und Freunde der lyrischen Intelligenz. Wohnhaft hoch über der Dimitroff.
mehr


2023-03-16 08:26:34

Joy Williams - Delirierende Erwachsene

Die Autorin schildert Verhältnisse von grotesker Dürftigkeit und notdürftiger Normalität. In der ersten Geschichte holt ein Prediger kurz vor Weihnachten seine Frau (zum Sterben in vertrauter Umgebung) aus dem Krankenhaus. Am Ende seiner Lebenslaufbahn erwartet das Paar nur noch die Tochter der einzigen Tochter. Die Mutter des sechs Monate alten Kindes folgte einem Befehl der Sterne nach Mexiko. Das Baby tröstet die Alten mit seiner schieren Existenz.
mehr


2023-03-15 06:24:31

Teresa Simon - Schwabinger Sommer

Die Autorin trifft jeden Nostalgienagel auf den Kopf. Die Zeitmarken sind exakt gesetzt. Mit Liebe zum bayrischen Detail beschwört Teresa Simon Stimmungen der jungen Bundesrepublik zwischen Adenauer-Restauration und gesellschaftlichem Aufbruch.
mehr


2023-03-14 08:15:12

Knotenpunkt handfester Geselligkeit

Jörg träumt von der Bekanntschaft mit einem gutaussehenden Mann, der gern geschlachtet, portioniert und gegessen werden möchte.
mehr


2023-03-13 05:05:06

Passivität wird Europas Untergang sein

Die interessanten Antworten kriegte ich von Leuten, die bleiben wollten. Sie hielten Verzerrungen des Systems für Schmerzfolgen eines immer noch nicht abgeschlossenen Geburtsvorgangs. Die sozialistische Republik kam langsam zur Welt, sie gebar und erbrach sich in Jahrzehnten aus den Fehlern von Jahrtausenden. Das Bild einer Zangengeburt drängte sich auf, Willi Sitte hätte das Bild malen können.
mehr


2023-03-12 10:24:30

Kressin Gerster - Ökumenische Selbstentleibungen

„Das Material bestimmt die Gestalt. Blech und Draht haben die höchsten Freiheitsgrade.“ Eberhard Fiebig
mehr


2023-03-11 05:42:15

Bertolt Brecht - Preaching to the saved

Adorno bringt ein amerikanisches Sprichwort an, um Brechts erzieherische Effizienz im Kampf gegen Hitler zu bestimmen: preaching to the saved. Das Zweckmäßigkeitsgehabe gehört zum Ornament des Lehrstücks. Brecht bleibt in der Form stecken, sagt Adorno. Im Lehrstückcharakter steckt ein Instrument der Abwehr institutioneller Kritik. Brecht weiß, dass er nicht mit Hitler abrechnen muss. Er tarnt sich und verschleiert, dass „ihm das Theater wichtiger als jede Veränderung der Welt ist“.
mehr


2023-03-10 07:18:21

Seymour Winchester - Der Promotionsverzicht

Die gehobene Familiengeselligkeit eines deutschen Ablegers der englisch-schottischen Winchester-Dynastie entgleist fahrplanmäßig bei Curryhuhn-Indisch und stürzt zum Nachtisch in einen unvorhergesehenen Abgrund.
mehr


2023-03-09 13:31:14

Goya Wagner - Nächtliche Wochenmärkte

In jedem Ensemble gibt es einen Iraner, der deutsche Tugenden rühmt, und einen Sven auf der Flucht vor seinen Gläubigerinnen. Den Boris im Alimente-Rückstand, ungefragt Besserung gelobend. Es gibt falsche Fröhlichkeit und echten Neid. Soziale Wucherungen, die Bildung von Randgewächsen und ein vehementes Aufkommen von Verfallserscheinungen auf nächtlichen Wochenmärkten. Kegel von Flakscheinwerfern unterhalten sich über den Leuten. Die Zeit hat einen Sprung in der Schüssel, Genossinnen nehmen die Hitze zum Vorwand, um das Bekleidungsminimum zu unterschreiten.
mehr


2023-03-08 09:18:53

Bertolt Brecht - Deutsche Psychologie auf amerikanischem Boden

„Fritz Lang, das ist deutsche Psychologie auf amerikanischem Boden.“
mehr


2023-03-07 10:55:32

Tranchierter Schädel

Alwin handelt mit der Rationalität des Paranoikers. Wo keine Angst ist, gibt es keinen Verlass. Alwin nennt sich Christ, doch heißt seine Religion Angst. Sie zu verbreiten, hält Alwin für seine Pflicht. Deshalb schwang er den triefenden Kopf am Schopf vor Rosamund zu ihrem Entsetzen. Alwin wollte ihren Willen lähmen, sie sollte sich ihm niemals widersetzen. Er hätte Rosamund sonst töten und auf ihren Stammbaum verzichten müssen.
mehr


2023-03-06 11:08:50

Goya Wagner - Irritierender Horizont

„Im Sommer 1921 bin ich einmal, in Kampen, unbemerkt einen langen Spaziergang hinter Ihnen hergegangen und habe mir ausgedacht, wie es wäre, wenn Sie mit mir sprächen.“ Adorno in einem Brief an Thomas Mann
mehr


2023-03-05 10:45:16

Michael Thumann - Russischer Revolverstil

Das Zukunftsdesign der EU sowie der NATO gestalten Gesellschaften, die nach dem Ende des Warschauer Pakts - in einer „Parade der Souveränitätserklärungen“ (Michael Thumann) - ihre Unabhängigkeit erlangten. Sie verstehen nicht, weshalb der alte Westen auf den Ohren sitzt. Im Mai 2022 fand die ukrainische Vize-Ministerpräsidentin Irina Wereschtschuk deutliche Worte: „Warum wurde Nord Stream 2 gebaut, warum (hat Deutschland) … nicht auf Polen, die Ukraine, Litauen, Estland gehört, die Länder, die Sie gewarnt haben, dass es bei Gas und Öl für Putin um Politik geht, nicht um Wirtschaft?“ Die ukrainische Regierung habe immer davor gewarnt, dass Putin Deutschland „manipulieren“ würde. Aus der WELT vom 04.05. 2022
mehr


2023-03-04 11:34:56

Genügsamer Austausch

Aniela bricht ihren Schwur am Saum der ursprünglichen Uferlinie, wo vor dreitausend Jahren (bis zu einem Strömungsumschwung) Ostseewellen aufliefen. Sie betrügt ihren Mann mit seinem besten Freund in einer Galerie vom Wind gedrückter Kiefern auf dem Kliff. Sie sieht malerisch gewachsene Buchen, Fichten, Eiben, Lärchen, Douglasien und Erlenbrüche. Das Wasser steht im Unterholz wie in den Everglades.  
mehr


2023-03-03 11:10:32

Bertolt Brecht - Ekstatischer Hymnenstil

„In einer Zeit, in der die Größe des Individuums selbst fraglich geworden war, konnten Postamente nichts helfen.“ Herbert Ihering über Klassikeraufführungen, die mit „pathetischen Darstellungen (deren Bedeutung) unterminiert(en), weil sie den menschlichen Inhalt durch eine kolossalische Form diskreditierten. Aus diesem Zweispalt führte weder ein nuancierender Realismus, der alles detaillierte, noch ein ekstatischer Hymnenstil heraus, der alles aufsteifte“.
mehr


2023-03-02 10:22:56

Britta Steglitz/Einar Müller - Ratlose Erektion

So hoch im Kurs zu stehen, sorgt bei Einar für eine ratlose Erektion. Britta fühlt sich angenehm berührt. Gemeinsam kehren sie dahin zurück, wo sie nie zuvor waren. Sie lieben Marginalien der Handfestigkeit sowie unauffällige Verschiebungen der Valeurs; das Kleingedruckte eminenter Vorgänge. „Habt ihr kein Zuhause?“ fragt eine. „Seid ihr ein illegales Paar?“ Britta und Einar erkennen sofort den spielmateriellen Wert der Fragen. Die Erweiterung heben sie sich für später auf.
mehr


2023-03-01 10:50:58

Yael Adler - Wenn freie Radikale ihr Unwesen treiben

„Im wahren Zellenleben kann die Codeabfolge der DNA schon mal … gestört werden. Dann nämlich, wenn Umweltfaktoren … ihre Wirkung entfalten … Zu Störungen kommt es manchmal auch spontan … weil freie Radikale (überaktive aggressive Sauerstoffmoleküle) ihr Unwesen treiben.“
mehr


2023-02-28 17:09:24

»Beethoven 7« – ein neuer Abend von Sasha Waltz, Uraufführung am 11. März 2023 im Berliner Radialsystem

Am 11. März 2023 kommt der neue, zweiteilige Abend von Sasha Waltz & Guests mit dem Titel »Beethoven 7« zur Uraufführung im Radialsystem, Berlin: eine Choreographie von Sasha Waltz zu dem Auftragswerk »Freiheit/Extasis« des zeitgenössischen Komponisten Diego Noguera sowie zur Musik von Ludwig van Beethovens 7. Sinfonie. Die Vorstellungen im März 2023 sind bereits ausverkauft. Der Vorverkauf für die Vorstellungen am 31. August sowie am 1. bis 3. September 2023 startet voraussichtlich im Juni.
mehr


2023-02-28 09:14:30

Ingeborg Bachmann/Max Frisch - Nierentisch-Biedermeier

1958 begegnet Ingeborg Bachmann dem Kollegen Max Frisch, den sie zunächst nur bewundert, der dann aber Paul Celan in der Rolle des Geliebten folgt. 1963 endet das Verhältnis. Die Trennung legalisiert eine frische Verbindung des Schriftstellers. Frisch beteiligt Bachmann am neuen Glück. Er verlangt geradezu ihr Einverständnis. Seine Beschreibungen der Verlassenen ... erleidet Bachmann als Entblößung
mehr


2023-02-27 12:06:01

Einar Müller - Hustendes Gras

Charlotte und Einar, noch weiß es keiner. Schon morgen werden es alle wissen. Alles Heimliche wird breitgetreten und klein geklopft und in den Kies geharkt. Auf den Nebenwegen, den Spielplätzen und Höhleneintrittsstellen, zwischen geparkten Autos, in den Gärten, auf den Friedhöfen, vor mythischen Wasserhäuschen so wie im Wasserwerk, hört man überall das Gras husten. 
mehr


2023-02-26 11:51:31

Cole von Pechstein - Das Gemurmel Amerikas

Wir schreiben das Jahr 1996. Die Prunktexte der Messebeilagen gelten einem „Großautor der Moderne“ (Gustav Seibt). Es geht um die Etablierung eines weiteren Genies auf dem deutschen Buchmarkt, man hat sich auf Gaddis geeinigt, so wie zuvor auf Gabriele Goettle. Gaddis erscheint in Frankfurt am Main, seine Familie ist seit den Tagen von Peter Stuyvesant in New York tonangebend. Er repräsentiert seine Klasse bis zu den Ziselierungen. Er triumphiert als Klischee eines White Anglo-Saxon Protestant mit Hosenträgern. Er sieht aus wie eine Erfindung von Tom Wolfe.
mehr


2023-02-25 10:34:25

Abel Tasman - Die wiederholte Entdeckung

„Wenn man keine Bezeichnung für Kitsch und Krampf mehr wusste, sagte man das ist erhaben. Jeder Scharlatan und jeder Reaktionär lehnte die Ummontierung der Klassiker mit dem Wort ab, dass die Größe der Charaktere vermindert, die Größe der Form zerstört würde. In Wirklichkeit wurde in allen konservativen Aufführungen, in allen pathetischen Darstellungen diese Größe unterminiert, weil sie den menschlichen Inhalt durch eine kolossalische Form diskreditierten.“ Herbert Ihering
mehr


2023-02-24 13:54:20

Bertolt Brecht - Unausrottbare Sehnsucht nach lascher Bourgeoisie-Bühnenerotik

„Der Nutzen der Klassiker … ist zu gering. Sie zeigen nicht die Welt, sondern sich selber. Persönlichkeiten für den Schaukasten. Worte in der Art von Schmuckgegenständen. Kleiner Horizont, bürgerlich. Alles mit Maß und nach Maß.“
mehr


2023-02-23 13:23:33

Michael Thumann - Alarmanalyse

Putin repräsentiert einen neuen epochemachenden „radikalen Nationalismus“. Thumann widerspricht jenen, die behaupten, Russlands Regression entspränge Reaktionen auf westliche Interventionen im Zuge der NATO-Osterweiterung. Gewiss geht so ein Generalirrtum der westlichen „Kreml-Exegese“ (Claus Leggewie). Thumann erkennt in Putins Position „die Fortsetzung einer kolonialen, imperialen und sowjetischen Tradition, einer prekären geschichtlichen Ungestalt, die von innen kommt“.
mehr


2023-02-22 08:54:30

Dörflicher Brennpunkt

In den 1970er Jahren bestimmte zwar eine sozialdemokratische Agenda den gesellschaftlichen Diskurs, Stichwort „Mehr Demokratie wagen“, die Revanchist:innen waren aber in der Überzahl und nannten die Befürworter:innen der Ostverträge ‚Vaterlandsverräter‘. Mein Vater war nicht nur Vaterlandsverräter, sondern auch Nestbeschmutzer, weil er die deutsche Schuld anerkannte. Dass etwas vollkommen Offensichtliches, sich in der Schläfrigkeit des Alltags mit somnambulen Bewegungen unter dem Debattendeckel halten ließ, frappierte mich.
mehr


2023-02-21 11:48:23

Herzog Thunderbolt - Distinktionsgewinne im Millimeterbereich

Er war ein Flügelmann Gottes, Herzog der Normandie, Konstabler von Frankreich, Richard Löwenherzens Fechttrainer, James Bond in seiner ursprünglichsten Gestalt, Admiral der ersten nautischen US-Expedition und Förster in der Wetterau. Er beteiligte sich an der Erfindung Amerikas, gründete Texas, die Texas Rangers und die Kasseler Gesamthochschule. Er berief sich zum ersten Lehrstuhlinhaber für den Wilden Westen und gewann sieben olympische Goldmedaillen. Vier Mal wurde er zum Sexiest Man Alive gewählt. 1965 veröffentlichte er unter dem Pseudonym Truman „Texas” Capote das von Spezialist:innen als Autobiografie gehandelte Meisterwerk „Kaltblütig”. Viele kannten ihn als Stevie Ray Vaughan.
mehr


2023-02-20 11:48:09

Bertolt Brecht - Motoren, Marx und Muskeln

„Das Theater muss wieder erreichen, dass sich jeder Zuschauer so gut unterhält, wie er es in einem mittleren amerikanischen Film tut.“
mehr


2023-02-19 13:20:28

Goya Wagner - Spielender Staub

Mülltonnengestank zieht in den zweiten Stock. Goya steht im Bad am Fenster. Parterre ist der Kinderladen, in dem er war. Reste ausgewogener Ernährung gären in den Tonnen mit den chemischen Reaktionen von Convenience Food um die Wette. Auf dem Hof rauchen Erzieherinnen. Goya bleibt unbemerkt auf seinem Logenplatz, manchmal feiert die Hausgemeinschaft im Hof.
mehr


2023-02-16 14:04:00

Bertolt Brecht - Antiquierte Moderne

„Das klassische Drama diente zur Bestätigung einer Welt, gegen die es entstanden war. Mit klassischen Versen verlobte man sich, erzog man seine Kinder, kannegiesserte und kegelte man. ‚Das ist das Los des Schönen auf der Erde‘, rief Vollbart und zwickte die Kellnerin.“ Herbert Ihering
mehr


2023-02-15 09:51:43

Christian Haller - Kunstvolle Verfehlung

„Die Quantentheorie ist so ein wunderbares Beispiel dafür, dass man einen Sachverhalt in völliger Klarheit verstanden haben kann und gleichzeitig doch weiß, dass man nur in Bildern und Gleichnissen von ihm reden kann.“ Werner Heisenberg
mehr


2023-02-14 08:34:25

John Williams - Mythische Rechnung

In Briefen, Tagebucheintragungen und Aufzeichnungsfragmenten tragen Zeug:innen der Augustinischen Ära zu einem Darstellungskolossal bei. Nach Caesars Ermordung im Jahr 44 vor unserer Zeitrechnung wähnt sich der animalisch instinktsichere Feldherr Marcus Antonius im Besitz sämtlicher Nachfolger-Vorrechte. Er arrangiert sich mit den Mördern seines Mentors, um sie gleichzeitig zu befehden. Furchtlos tanzt er auf sämtlichen Hochzeiten. Gefährliche Gegner:innen glaubt er unter Caesarianer:innen nicht zu haben. Caesars Adoptivsohn und Großneffe Octavian traut Antonius nichts Staatsmännisches zu.
mehr


2023-02-13 08:59:48

Bertolt Brecht - „Unsere Hoffnung heute ist die Krise“

„Diese Zeit ist voller Dramen. Alle Widersprüche kommen zugespitzt zum Vorschein. Wenn das hier (der Zweite Weltkrieg) vorbei ist, werden wir mehr Material haben als Shakespeare.“ BB
mehr


2023-02-12 09:15:44

Der Herzog von Thunderbolt und die Französische Revolution

„Die Freiheit kann reden, denn ihr ist das Wort zugleich Waffe und Beute; die Macht aber ist verloren, sobald sie anfängt, sich zu rechtfertigen.“ Ludwig Börne
mehr


2023-02-11 09:29:51

John Williams - Toga-Stoizismus

„Es gibt ein Heer kaum bemerkbarer Stöße, Zuckungen und Stillstände, welche der Blick des Beobachters aufgreifen, aber kein Symbol bezeichnen kann“, bemerkt Konrad Engelbert Oelsner in einem Brief vom 20. April 1792 zur Lage im revolutionären Paris. In seinen „Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse“ (1915 - 1917) spricht Sigmund Freud von „Erscheinungen, die Fehlleistungen sehr nahestehen“. Er nennt sie Zufalls- und Symptomhandlungen. Sie sind ephemer. Ihre Signatur ist das Fadenscheinige, Beiläufige, vermeintlich Unerhebliche.
mehr


2023-02-10 08:11:41

Draußen nur Kännchen

Susi und Stefan durchlaufen gemeinsam und unfreiwillig präpubertäre Stadien in einer Stadtrandgegend zwischen Dorf und Neubausiedlung. Man fährt nicht in die Stadt. Der Kindergarten, die Schule, der Verein, der Blockföten- und der Konfirmationsunterricht sowie alles andere vom Bäcker bis zur politischen Jugendgruppe befinden sich an Ort und Stelle. Nominell ist man Städter:in, de facto Landei. In der Enge erscheint jede lokale Eigenart universell. Man spricht Dialekt und glaubt, die Leute, die anders sprechen, sprechen falsch.
mehr


2023-02-09 08:28:17

John Williams - Psychologisches Interieur

In einer Vorbemerkung reklamiert der Autor für sein Werk die literarische Wahrheit in Abgrenzung zur historischen Wahrheit. John Williams (1922 -1994) besteht darauf, der Wirkung nicht alles geopfert zu haben. Als abschreckendes Gegenbeispiel weist er einen Chronisten aus, der in einer Selbstanzeige dem Effekt zuliebe sogar „Pompeius die Schlacht von Pharsalos“ gewinnen lassen würde. Das Beispiel verdient deshalb Beachtung, weil die Auseinandersetzung Epoche machte.
mehr


2023-02-08 08:59:20

Nina Bilinszki - Angstquelle Meer

Eine Haiattacke setzt Alicia Taylor vorübergehend körperlich und länger noch mental außer Gefecht. Das begreift die Supersurferin erst, als sie die physischen Folgen des Angriffs stationär halbwegs verdaut hat. Beim ersten Post-Reha-Kontakt mit dem Meer wird die Traumatisierte von einer Panikwelle erfasst. Sie kann nicht ins Wasser. Alicia scheut vor ihrem ehemaligen Lieblingselement zurück. Sie kollabiert beinah.
mehr


2023-02-07 08:41:57

Ulrike Draesner - Nebelkinder

Als Gerhild Schücking wächst sie in München-Solln auf. Erst als Erwachsene erfährt sie ihren wahren Geburtsnamen - Alessa (Alessja) N.N. - und dass sie 1937 im Haus „Hochland“, einem 1936 gegründeten „Lebensborn“-Heim in Steinhöring bei Ebersberg zur Welt gekommen ist. Offenbar war Alissa nach der Entbindung gemeinsam mit der polnischen Leibmutter entlassen worden, vier oder fünf Jahre später jedoch von einer „Sendbotin“ aus Wrocław/Breslau ins Heim zurückgebracht worden.
mehr


2023-02-06 08:04:49

Goya Wagner - Lebende Fossilien im Nordend

Valerie bringt in einem Satz drei ungewöhnliche Wörter unter: Perpendikel, Parapluie und Schawellche. Unbedingt muss man die Frankfurter Aussprache in Anschlag bringen und jedes Wort auf der ersten Silbe betonen, will man es richtig machen. Valerie kann sogar mit Sauhund-Igor. Sie greift ihm leicht unter die versifften Arme, hilft dem Benehmen auf. Päppelt es.
mehr


2023-02-05 09:09:45

Edith Landmann, Renata von Scheliha - Gebildete Verachtung

Ab 1934 zelebriert RvS ihr akademisches Dasein an einer Peripherie. Studien betreibt sie in einer „schalldichten Zelle“. Ihre Korrespondenz belegt ein „überspannende(s) Verlangen nach … Tempelkunst“ (so äußerte sich Thomas Mann zu Stefan George). Willkommener Besuch macht sich mit dem Glykoneus bemerkbar. „Das fürs Klopfen an der Wohnungstür verabredete griechische Versmaß … klopfte man im daktylischen Rhythmus bei (RvS) an, so öffnete sie, auch wenn man nicht angesagt war.“
mehr


2023-02-04 08:58:30

Das Stadium der Ungläubigkeit

Montagnachmittag kommen die Patienten zu Grete, Fünfzigjährige, die Wasser trinken. Hinter ihnen liegen Ehen und Krankheiten, an denen man sterben kann, und das Gefühl der Unverwüstbarkeit. Die Männer waren früher gut beieinander, man ahnt es noch. Sie bekleideten Posten. Sie sind nun ausgesteuert. Das sagen sie so. Sie arbeiten nicht mehr, abgesehen von Ronny. Er fährt Taxi, weil er das braucht. Ronny erfüllt besondere Aufgaben in der Gemeinschaft. Er vermittelt zwischen den Patienten und den Gesunden, die man sich sonst verächtlich vom Hals hält. Die Patienten separieren sich an der Nebelbank ...
mehr


2023-02-03 09:04:29

Edith Landmann, Renata von Scheliha - Heroische Freundschaft

Adorno bemerkte bei Stefan George (1868 -1933) einen mit Evidenz harmonierenden, fatalen Stilwillen. Für Edith Landmann, auch Edith Landmann-Kalischer (1877 - 1951) war der vertraute Umgang mit George ein Lebenselixier. Die mit dem (bis zu seinem Selbstmord 1931 in Kiel lehrenden) Nationalökonomen Julius Landmann verheiratete, im Exil als Lehrerin an der Baseler Volkshochschule wirkende Philosophin erachtete den Dichter als „Meister“. So lautete die schriftliche Anrede des gebürtigen Bingener „O Meister“.
mehr


2023-02-02 10:22:19

Sigmund Freud - Die zielbewusste Ausbeutung eines Affekts

In seiner 1904 erstmals publizierten „Psychopathologie des Alltagslebens“ überliefert Sigmund Freud ein Beispiel für „die zielbewusste Ausbeutung eines Affekts, um eine an sich uninteressante Muskelarbeit mit Lustgefühlen zu laden“. Freud schlägt um die kleine Geschichte einen großen Bogen. Zuerst erklärt er, dass er die Mitteilungen eines ...
mehr


2023-02-01 08:07:44

Galia Ackerman, Stéphane Courtois - Kontraphobische Distanzierung

„Das Staunen darüber, dass die Dinge, die wir erleben, im zwanzigsten Jahrhundert noch möglich sind, ist kein philosophisches. Es steht nicht am Anfang einer Erkenntnis, es sei denn der, dass die Vorstellung von Geschichte, aus der es stammt, nicht zu halten ist.“ Walter Benjamin
mehr


2023-01-30 10:58:37

Goya Wagner - Zahmer Igel

Ein zahmer Igel macht seine Honneurs am Strand. Vielleicht hält er sich für eine Taube. Er kennt jeden Hund auf dem Platz. Kein Hund kümmert sich kritisch um den Igel, als wären alle in einem Himmel der Eintracht. Nomaden ruhen in der Sonderstimmung aus. Goya beobachtet den Ingenieur, der den Sommer im Park verbringt. Sein verbrannter Rumpf erinnert an ein vertrocknetes Blatt. Das Hemd trägt er auf dem Kopf, ohne der Abweichung eine besondere Bedeutung zu geben. Der Ingenieur war im Bergbau als fundierte Person. Ein falscher Pegel der Normalität nordet ihn ein.
mehr


2023-01-29 09:30:07

Dostojewski - Tödlicher Anmarsch

Nirgendwo hielt sich die Leibeigenschaft länger als in Russland. Der Historiker Tim Blanning deutet sie als „Reaktion auf elementare Lebensbedingungen“. Er bezieht sich auf Jerome Blum, der vierundvierzig Varianten von Frondiensten - Barschtschina unterscheidet. Die Frondienste konkurrierten mit Geld- und Naturalsteuern (Obrok). In den ukrainischen „Schwarzerde-Regionen“ ergab sich ein Verhältnis von „ungefähr drei zu eins zugunsten des Arbeitsdienstes, während in Zentralrussland die Abgabenpflicht dominierte.
mehr


2023-01-28 09:30:20

Galia Ackerman/Stéphane Courtois - Ingenieure der Seele

Putin erlebte den Untergang der Sowjetunion als nationales Desaster. Der Aufbruch von Neunundachtzig war für den gelernten KGB-Agenten eine Niederlage im Kalten Krieg. Die Konditionen der postkommunistischen Frühphase beschreibt Putin mit Schlüsselbegriffen aus dem revanchistischen Diktatfrieden-Vokabular militanter Kritiker:innen des Vertrags von Versailles.
mehr


2023-01-27 10:03:23

Goya Thunderbolt - Abstinente Adoleszenz 

Stammgäste schwören auf Grete und haben sie zur Umsatzkönigin gemacht. Nehmen wir Winnie. Es ist immer gut für zehn dunkle Weizen. Jeden Abend hat Winnie seine dreiunddreißig DM Minimum auf dem Deckel, und wenn Grete Zeit hat und gut aufgelegt ist, lässt sie ihn noch einmal für wenigstens die Hälfte seiner üblichen Zeche komische Sachen sagen. Dabei steigert er sich.  
mehr


2023-01-26 09:56:03

Angela Libal: Zwölf Monate - Zwölf Namen/Twelve Months - Twelve Names

Gab es einen Deal mit den Mördern? In Deutschland fürchtete man sich vor weiteren Terrorangriffen. Die Sicherheitsorgane erkannten darin ein Risiko, dass drei Olympia-Attentäter in einem Münchner Gefängnis einsaßen. Die Terroristen kamen dann merkwürdig reibungslos frei - im Zuge der Flugzeugentführung vom 29. Oktober 1972. Deutsche Behörden schienen vorbereitet. Eilfertig agierten sie im Sinne der Kidnapper.
mehr


2023-01-25 09:36:11

Achim Bogdahn - Aufmerksame Erstleser:innen

Jahrzehnte war der mit Abhörtechnik gespickte Brocken militärisches Sperrgebiet. Die Anlagen dienten dem Warschauer Pakt als Ohr zum Westen. Die Brockenkuppe säumte eine Mauer. Benno Schmidt handelte sich Rügen und Verweise ein, weil er in der bewaldeten Sonderzone wanderte. Seine Leidenschaft machte ihn zu einem Ziel der Stasi. Am 3. Dezember 1989 wurde der Brocken wieder zivil. Von da an war Benno Schmidt nicht mehr zu halten. Notfalls marschierte er nachts zum Gipfel. Ihn stoppte auch kein Orkan.
mehr


2023-01-24 09:01:52

Franzobel - Das Heimweh der Dinge

Franzobel umkreist die Folgen eines Zufalls. Zufällig gerät ein durchschnittlicher Zeitgenosse an eine Genie-Trophäe. Harveys Eigenmächtigkeit beschränkt sich nicht allein auf die Leichenöffnung. Die Hirnentnahme erfüllt einen eigenen Tatbestand. Harvey deponiert den in Formaldehyd badenden „Eiweißklumpen“ in seinem Keller. Einsteins Gehirn präsentiert er Leuten, die am kleinen Einmaleins scheitern.
mehr


2023-01-23 09:37:43

Dana Spiotta - Imperialer Biedermeier

Im Juni erreicht die Stadt ihre „maximale Vegetationsdichte“. Sam Raymond liebt die letzten Wochen vor der vollen Entfaltung. Während sie joggt, rezensiert sie die Sensationen der Blüte. Sie registriert sämtliche Valeurs der Farbexplosionen. Gleichzeitig reagiert Sam auf eine historische Spur, die sich durch Syracuse zieht. Die 1839 gegründete Stadt im Bundesstaat New York wuchs über eine französische Missionsstation ...
mehr


2023-01-22 09:17:02

Cole von Pechstein - Der ewige Hessenmeister III. - Aufgezeichnet vom Ritter Pechstein anno 1853

Ging der Gatte auf Reisen, legte Elisabeth von Thüringen Trauerkleider an. Der Alpenüberquerer Ludwig starb früh in einem maritimen Feldlager der Kreuzfahrer. Die Witwe zog von der Wartburg nach Marburg, während ihre Geschwister, die sie kaum kannte, Gipfelpositionen des europäischen Hochadels einnahmen. Ihr Bruder Béla wurde ungarischer König, ihre Schwester Maria Zarin von Bulgarien. Ihre Halbschwester Yolanda zeugte mit Jakob von Aragon eine charismatische, durch die Jahrhunderte populär gebliebene portugiesische Königin (Rainha Santa Isabel). Elisabeths Tochter - Sophie von Brabant - avancierte an der Lahn zur Stammmutter des Hauses Hessen.
mehr


2023-01-21 08:09:57

Cole von Pechstein - In abgesegneter Heimlichkeit/Ewiger Hessenmeister II.

In den Flammen der Verzweiflung - Im Zuge der Reformation löste Landgraf Philipp der Großmütige das Zisterzienserkloster Haina auf und stellte die Anlage 1533 in den Dienst der Ärmsten und Irrsten unter uns Hess:innen. Philipp stiftete das „Hohe Hospital“ Haina und das Landeshospital Merxhausen (leider noch nach einem heteronormativ-binären Geschlechterverständnis).
mehr


2023-01-20 08:14:44

Yvan Goll - Akademische Skarifizierung

Als Stadt „des Todes“ erscheint ihm Berlin. „Vereist wie die Augen Sterbender“ sind die Fenster, „der Boden (klafft) wie der Schoss einer Gebärenden“. Mit herabsetzenden Absichten vergleicht der Erzähler den überbordenden Brandenburger Mark-Flecken mit der „kochenden Verrücktheit“ Siziliens.
mehr


2023-01-19 08:22:14

Cole von Pechstein - Hessenmeister

Die Lage der Residenz- und Hauptstadt des Kurfürstentums Hessen finde ich so vortrefflich wie meine Schwäger. Ein ferner Verwandter überliefert: „Die Schönheit ihrer neueren Theile, die Seltenheiten, die sie enthalten und ihre reizenden Umgebungen (machen sie) zu einem Gegenstande der Aufmerksamkeit aller Reisenden.“
mehr


2023-01-18 08:08:20

Adam Zagajewski/Jorge Luis Borges/Philoktet - Kalifornische Verbannung

Goethe strotzt im Fett seiner Patriziergewissheiten. Er „erneuert die deutsche Einbildungskraft“ (Adam Zagajewski). Rilke erfindet sich einen Stammbaum und erdichtet sich seine Bedeutung. Zagajewski wähnt Rilke auf einer „unbändigen Jagd nach Erfüllung“. Frankfurt und Weimar sind epochale Hotspots. Noch in den Topografien spiegelt sich Goethes titanische Geltung.
mehr


2023-01-17 08:33:02

Eva Weissweiler - Quiet Days in Sanremo

Die Kulturwissenschaftlerin Liliana Ruth Feierstein greift das Wort vom „Portativen Vaterland“ auf. Sie ergänzt es mit der Unterzeile „Das Buch als Territorium“ und versieht den Zusatz mit einem Hinweis auf Walter Benjamin, der sich, nach einer jüdischen Gedächtnistradition, mit der Absicht trug, lauter Zitate zu einem Buch zusammenzutragen. Dazu Bernd Witte: „Jüdische Tradition und literarische Moderne. Heine, Buber, Kafka, Benjamin“.
mehr


2023-01-16 08:01:54

Tim Blanning - Entstellt genesen

1685 machte Ludwig XIV. Schluss mit dem Protestantismus in Frankreich. Er schuf die reformierte Kirche ab und kurbelte so die Wirtschaft in den Nachbarländern an. Landgraf Carl von Hessen-Kassel (1654 - 1730) rieb sich die Hände, er gewährte Hugenotten Siedlungsfreiheit. Geflüchtete bauten die Kasseler Oberneustadt. Sie revanchierten sich, indem sie in der Residenzstadt den Merkantilismus modellhaft auf die Spitze trieben.
mehr


2023-01-15 06:41:30

Hans Mayer - Winckelmann als Pasolini des 18. Jahrhunderts

In einem Brief an den aus Kattowitz gebürtigen Juristen und Kritiker Franz Goldstein (1898 - 1982) unterscheidet Klaus Mann hierarchisch lyrische von gedanklicher Schönheit zum Nachteil der glücklichen Fügung und des gelungenen Wortes.
mehr


2023-01-14 09:26:03

Kaplan Tayfun - Erschöpfte Ehelichkeit

Michel Foucault beschreibt die Ehe nach Augustinus als paradoxes Projekt. Sie bildet einen frühmittelalterlichen Rahmen für „die Askese der Keuschheit und die Moral“. Sie geht von „freundschaftlichen Beziehungen (aus, die den ehelichen) Frieden gewährleisten“.
mehr


2023-01-13 09:25:20

Tillman Herzog - Yoga-Mumien

Überall haften Pinnwände, vollgekleistert mit Binsen von Jane Fonda, Mihály Csíkszentmihályi und dem Dalai Lama. Begriffe, deren Bedeutungen in unzulänglichen Übersetzungen untergegangen sind, kursieren im blinden Gebrauch. Wer weiß, was Kanyu bedeutet? Ständig erklärt Meinhof, dies und das sei Kanyu. Keine Jüngerin wagt es, den Meister um eine Erläuterung zu bitten, weil jede glaubt, sie habe die Explikation verpennt.
mehr


2023-01-12 09:42:54

Eva Weissweiler - Von einem Kreuz zum anderen

Obwohl sie in einem musischen Milieu sozialisiert wurde, studierte Dora Chemie. 1912 heiratete sie Max Pollak. Die gesellschaftlich avancierte Verbindung konnte auch mit dem „Misstrauen (gegenüber) der romantischen Liebe“ nicht abbruchsicher gemacht werden. Die Ehe wurde einvernehmlich nicht vollzogen. Das distanzierte Paar veränderte sich nach Berlin und quartierte sich in einer japanischen Pension in der Schöneberger Motzstraße ein. Die Autorin schildert einen superdiversen Kiez, in dem allenfalls der Prinz von Theben aka Else Lasker-Schüler auffiel.
mehr


2023-01-11 08:34:31

Bernward Vesper - Gravitätischer Verlierer

Sie nannten ihn den Irren von Triangel* - Bernward Vesper bemühte sich um die Veröffentlichung der Schriften seines nationalsozialistischen Vaters, während er zugleich „Schriftsteller gegen den Atomtod“ mobilisierte. Gudrun Ensslin gab es damals auch noch als Braut in Weiß. *Triangel gehört zu Sassenburg im Kreis Gifhorn
mehr


2023-01-10 09:24:11

Maria Barbal - Pflichtbewusstes Begehren

Elena genießt Armands pflichtbewusstes Begehren. Der verwitwete Rentner gibt seiner Leidenschaft einen soliden Anstrich. Obwohl er von Elena hingerissen ist, beschwert er das Verhältnis nicht mit Forderungen. Er erfüllt ihre Erwartungen auch als aufmerksamer Zuhörer. Sie spricht gern über ihre Zeit als Lehrerin von Vorschulkindern. Ihm käme es nicht in den Sinn, ihr mit handwerklichen Binsen zu kommen.
mehr


2023-01-09 08:50:19

Heiner Müller - Der gotische Brecht

Emotionale Ladungen gibt Heiner Müller oft als Zitate aus. Brecht, Shakespeare, aber auch Wagner: „Die Revolution interessiert mich erst wieder, wenn Paris in Flammen steht.“ So überliefert sich die Reaktion auf einen Theaterfehlschlag im egomanischen Gruß- sprich Großwort. Es gibt Absetzbewegungen: „Im keltischen Nebel“ findet Müller nichts brauchbar, „erst die Renaissance hat die Kulturräume getrennt.“ Womit wir wieder bei der Pest sind - als einer Ouvertüre der globalen Veranstaltung Moderne. Das bricht sich dann an Müllers Vorliebe für das Deutsche. Ihn interessiert „der gotische Brecht“.
mehr


2023-01-08 09:39:27

Kerstin und Wolli Grabowski - Paare in der SPD

Herta Grabowski hatte ihre Briefe an Willi Umbach kurz vor dessen Tod eingesackt und mit seinen Liebesbriefen an sie in einem Bündel vor der nordhessischen SPD-Legende versteckt, mit der sie verheiratet war. Nach Hertas Tod stieg ein Rollkommando der Verwandtschaft durch das Gebirge der Hinterlassenschaft. Hertas Großneffe Nils fand die Briefe. Sie stempelten Herta zur Ehebrecherin und erklärten die notorische Verstimmung ihres, vor Herta verstorbenen Mannes.
mehr


2023-01-07 09:00:13

Hans Mayer/Bertolt Brecht - Breitgetretene Allgemeinplätze

„Gespräche am Stammtisch“ - Unter dieser Überschrift berichtet der SPIEGEL 1954 im Konfrontationsjargon des Kalten Krieges von einer kulturellen Ostwest-Begegnung im historischen Dunstkreis der anstehenden westdeutschen Wiederbewaffnung und Eingliederung in die NATO.
mehr


2023-01-06 09:17:25

Tim Blanning - Berittene Dienstboten

Bis ins ausgehende 18. Jahrhundert besorgten berittene Dienstboten die Post. Erst 1784 etablierte der Theaterimpresario John Palmer eine reguläre Postkutschenverbindung von Bristol nach London. Die englische Reisedurchschnittsgeschwindigkeit war doppelt so hoch wie die niederländische. Englische Reisende beklagten den Kontinentaltrott von drei km/h. Die Niederländer:innen nutzten vor allem Wasserwege. Im Rahmen des ersten planmäßigen Personen- und Güterverkehrs wurden Kähne von Pferden gezogen. Daraus ergab sich ein konkurrenzlos günstiger Linienbetrieb. Besonders bemerkenswert fand man Bordrestaurants.
mehr


2023-01-05 08:42:04

Walter Benjamin - Der Flaneur als Flüchtling

„Das ist die Flucht ins Reservat“, kontere ich. Isolation ist Rückzug. Ist Selbst-Marginalisierung. Die Desintegration in den Milieus der Einwanderinnen hängt zusammen mit dem Umbau der SPD und der Gewerkschaften. Im Zuge eines globalen Industriestrukturwandels verlieren diese Motoren ihre Kraft als Integrationsmaschinen. In die preisgegebenen Räume stoßen Systeme der Selbstorganisation wie Milli Görüs. Islamische Gemeinden setzen der Straße etwas entgegen, sie schaffen Anreizstrukturen.
mehr


2023-01-04 07:40:39

Serhii Plokhy - Der letzte Wikinger

„Jedes Mal wenn die Kosaken hier am Schwarzen Meer auftauchen, erbeuten sie trotz ihrer schwachen Kräfte unglaubliche Reichtümer und verbreiten so viel Angst und Schrecken, dass man die türkischen Soldaten nur mit Knüppelschlägen dazu bringt, gegen sie mit den Galeeren auszurücken, die … der Sultan mit großer Mühe dorthin schickt.“ Graf Philippe de Harlay von Césy 1620 an König Ludwig XIII
mehr


2023-01-03 06:11:35

Ulrike Keim - Berliner Geniekreise

Ulrike Keim erzählt Martin Gumperts Lebensgeschichte in ebenso anschaulicher wie unterhaltsamer Weise. Die Autorin beginnt mit dem Schlusspunkt, den ihr Held gezwungenermaßen in Deutschland setzte. Im Frühjahr 1936 überquerte Gumpert die belgische Grenze bei Aachen.
mehr


2023-01-02 08:04:40

Wayne Raymond - Ornithologische Gewinne/Ein Interesse an erheblichen Verlusten

Wolf hatte die Nacht mit Courtney verbracht. Marianne fand, dass Wolf zu schnell zur neuen Tagesordnung überging. Politisch war er genauso unreif und vernagelt wie Courtney. Jedenfalls war Marianne nicht bereit, Brötchen zu holen, obwohl der Gang zur Bäckerin nicht allein ornithologische Gewinne versprach. Marianne gefielen Spielarten „der gefiederten Stadtbewohnerinnen“. Dies als Beispiel für Mariannes blumigen ...
mehr


2023-01-01 07:14:11

Wölfe in der Mark

Eine gemütliche Runde am Saum der Autobahn. Ein Ensemble aus Bürzeln und unbewusster Eleganz. Ein halbes Dutzend Rehe äst verträumt auf einem dezemberkahlen Feld nahe einem - im Unterholz verpackten - zur Abflussrinne degradierten Bachlauf. Jenseits der Wasserlinie stehen Pappeln Spalier. Die Szene nehme ich in aller Fahrerflüchtigkeit wahr. Im nächsten Augenblick taucht wie (in einer Albtraumsequenz) ein Rudel auf. Es hetzt über die Flur den Ahnungslosen entgegen. Noch haben die Rehe kein Repertoire für den alten, lange abwesenden Feind. Noch haben die Brandenburger Wölfe ihre neuen Reviere nicht in Angstlandschaften für Rehe verwandelt.
mehr


2022-12-31 05:32:45

Serhii Plokhy - Der Spielplatz der Götter als Schauplatz eines Krieges

Das Zukunftsdesign der EU sowie der NATO gestalten Gesellschaften, die nach dem Ende des Warschauer Pakts ihre Unabhängigkeit erlangten. Sie verstehen nicht, weshalb der alte Westen auf den Ohren sitzt. Im Mai 2022 fand die ukrainische Vize-Ministerpräsidentin Irina Wereschtschuk deutliche Worte: „Warum wurde Nord Stream 2 gebaut, warum haben sie nicht auf Polen, die Ukraine, Litauen, Estland gehört, die Länder, die Sie gewarnt haben, dass es bei Gas und Öl für Putin um Politik geht, nicht um Wirtschaft?“
mehr


2022-12-30 07:11:12

Stefan Heym - Die schwache Beweiskraft des Körperlichen

Mit Horst Brasch, der nach England exiliert war, teilte er das Schicksal der „falschen Emigration“. Stefan Heym kam aus dem großen Amerika in die kleine DDR. Da belebte er den sozialistischen Realismus mit Hollywood-Stilmitteln. Er spielte in der Brecht-Liga, geschützt von einem Idealismus, der ihm ständig Gründe gab, auf seiner unergründlichen Linie zu bleiben. Heym war weder Dissident noch SED-Sprachrohr. Was ihm die realsozialistische Ernüchterung nahm, holte er sich aus der Bibel zurück.
mehr


2022-12-29 07:38:46

Hans Mayer - Zwischen Oberschicht und Unterwelt

Befreundet und liiert war sie mit Alfred de Musset, Frédéric Chopin, Prosper Mérimée, Franz Liszt, Honoré de Balzac, Eugène Delacroix, Gustave Flaubert und einem Dumas. Hans Mayer vergleicht George Sand mit Rahel Varnhagen, die in ihrem Berliner Salon „den doppelten Skandal der jüdischen Herkunft und weiblichen Emanzipation überspielen (musste)“. Ihr Urgroßvater zählte zur Riege der unehelichen Söhne von August dem Starken, dem Kurfürsten von Sachsen und König von Polen.
mehr


2022-12-28 07:59:54

Klatschen an der falschen Stelle

Ein Abend in der Berliner Philharmonie. Santtu-Matias Rouvali dirigiert die 5. Sinfonie von Sergei Prokofjew. Nach dem ersten Satz wird geklatscht. Ohne Blickkontakt zum Publikum unterbindet der Dirigent den unerwünschten Zwischenapplaus mit einer kleinen Bewegung der linken Hand. Mit einer einzigen Geste bringt er den Saal zum Schweigen.
mehr


2022-12-27 09:01:42

Ulrike Keim - Tornado des Untergangs

Geboren wird er im selben Jahr und in derselben Stadt wie Gershom Scholem. Der Arztsohn Martin Gumpert (1897 - 1955) zählt zu jener Abteilung des gehobenen Berliner Mittelstandesnachwuchses, die ihre kulturelle Prägung im Stimmungsspektrum zwischen Gründerzeit, Fin de siècle, Belle Époque, Art Déco und Expressionismus erhält. In der väterlichen Praxis geben sich eine kaiserliche Hofdame und Rosa Luxemburg die Klinke in die Hand. Auch Frank Wedekind konsultiert Dr. Ely Gumpert.
mehr


2022-12-26 09:47:40

Tim Blanning - Rekordverdächtige Reisegeschwindigkeit

„Selbst die Hauptstraßen jener Tage würden heute als Waldwege gelten.“ Tim Blanning über viele Verkehrswege auch noch im 18. Jahrhundert
mehr


2022-12-25 09:55:18

Robert Jones Jr. - Mörderische Amme

„Empty“ heißt Maggies Ort der Verdamnis irgendwo in Mississippi. Maggies Stellung im Plantagengefüge fehlt die Eindeutigkeit. Kaum eine Schwarze kommt ihren Eigentümern ständig so nah wie Maggie. Die aus Georgia gebürtige Haussklavin steht mit den intimen Gewohnheiten der Familie Halifax auf vertrautestem Fuß. Man erleichtert sich vor ihr wie vor einem Pferd im Stall. Da gibt es keine Schamgrenze. Deshalb weiß Maggie, dass die Herausgeputzten für Reinlichkeit wenig übrighaben. Als könnte sie nichts beflecken.
mehr


2022-12-24 09:05:16

Kaplan Tayfun - Parfümierter Rotz

Höhere türkische Töchter am Nebentisch. Wahrscheinlich verbringen sie gestohlene Zeit. Ihre Mappen passen Ton in Ton zu Lederjacken, die Stühle vor einer Besetzung sorgfältig bewahren. Die Mädchen würden eher sterben, als sich die Blöße einer unschönen Haltung zu geben. Ihre Disziplin ist kaum zu glauben. Wie vor einer Kamera
mehr


2022-12-23 09:26:41

Joan Didion - New Yorker Kaltstart

„Ich (war) aus dem Westen gekommen und in einer Fata Morgana gelandet … Ich … spürte den weichen Wind an meinen Beinen, der aus dem U-Bahn-Gitter kam.“ Joan Didion über ihren New Yorker Anfang
mehr


2022-12-22 13:55:58

Die Stiftung ZURÜCKGEBEN fördert Jüdisches Leben in Deutschland – 2023 erhalten sieben jüdische Frauen ein Stipendium

Die Stiftung ZURÜCKGEBEN. Stiftung zur Förderung Jüdischer Frauen in Kunst und Wissenschaft gibt ihre Stipendiatinnen für das Jahr 2023 aus den Bereichen Literatur, Film, Theater, Illustration und Kultur bekannt. Projektförderungen in der Gesamthöhe von 30.000 Euro erhalten: Lena Gorelik (München), Liora Hilb (Frankfurt a. M.), Alisa Khaet (Halle), Darja Lewin (Berlin), Yael Peri (Berlin), Sharon Ryba-Kahn (Berlin) und Katharina Hadassah Wendl (Berlin).
mehr


2022-12-22 08:10:26

Tim Blanning - Konfessioneller Pluralismus

„Wenn einen das Schicksal der Ukraine kalt lässt, dann stimmt etwas nicht mit einem.“ Niall Ferguson „über die Lust am Untergang, das Versagen des Westens in der Ukraine-Politik und die Gefahr eines Atomkriegs“ in einem Interview am 15. Dezember in der Süddeutschen Zeitung
mehr


2022-12-21 07:51:23

Randall Schauenburg - Embrace the Process

Ich war schon nicht mehr jung genug, um ganz und gar nicht zu verstehen, was Brigitte meinte. Sie war mein Leitstern. Sie wusste, dass ich ständig an sie dachte. Dafür hatte sie gesorgt, mit lauter kleinen Manövern, die vermutlich auch meinem Vater nicht entgangen waren. Bis heute verstehe ich seine Zurückhaltung nicht. Unser Verhältnis war nie so, dass wir die Frage klären konnten.
mehr


2022-12-20 08:59:34

Peter Sloterdijk - Phantome der Macht

Peter Sloterdijk variiert ein Wort von Paul Cézanne: „Solange man nicht ein Grau gemalt hat, ist man kein Maler - Solange man das Grau nicht gedacht hat, ist man kein Philosoph.“ Sloterdijk addiert „verhangene Novembertage, Elefantenhäute, Mäusefelle, steife Packpapiere, fahle Cashmere-Eleganz“, melierte Public Convenience Floors und Goethes aschfahle Miene kurz vor seinem Tod.
mehr


2022-12-19 08:28:23

Goya Wagner - Virtuosinnen des Unwesentlichen

Beamtinnen richten ihre Schienbeinschützer mit der Konzentration von Spielerinnen, die sich auf ein Match vorbereiten. Ihre Gegenspielerinnen erscheinen nicht weniger uniformiert auf der Bornemann Avenue (vormals Glauburg Straße). Gunda trägt ihren Tiroler Strohhut durch den schwarzen Block, Sorglosigkeit vortäuschend. Die Politpunks sind ihr nicht geheuer. Wo ist jetzt noch mal die Galerie? Nasenschleim sagte doch, man müsse lediglich … die Galerie ist im richtigen Leben ein Geschäft für gehobene Alltagsgegenstände in einem seit Jahren eingerüsteten Haus. Das Haus wirkt betrübt wie ein Eckensteher. Alle haben es schon einmal erst einmal nicht gefunden.
mehr


2022-12-18 09:16:23

Hans Mayer - Mittelmäßige Ehemänner

Man ist vorsätzlich antiquiert. Flaubert bezeichnet den Nationaldichter Pierre-Jean de Béranger als „dreckigen Bourgeois“. Diana Céline, eine Urgroßnichte des Ungeheuers, unterstellt Flaubert auch einen Vorsprung in der Kunst des Obszönen, von der „in Zeiten von „Fifty Shades“ und „Feuchtgebiete“ kein Mensch mehr etwas verstünde. Die Literaturwissenschaftlerin entdeckt eine „raffinierte Anzüglichkeit“.  
mehr


2022-12-17 08:23:13

Katherine Mansfield - Auckland-Existenzialismus

Virginia Woolf bewunderte sie bis zur Eifersucht. D. H. Lawrence gefiel der freie Lebensstil der ledig schwanger gewordenen, früh vollendeten und früh verstorbenen neuseeländisch-britischen Schriftstellerin Katherine Mansfield (1888 - 1923).
mehr


2022-12-16 07:58:45

Heiner Müller erklärt, wie die DDR kapitulierte

Von einem Freund war den ganzen Abend nicht die Rede. Margarete schwärmte für frische Petersilie. Der blaue Johnny sah aus Knastaugen herüber. Der Henker im Himmel köpfte Blüten, die in den Staub auf Tischen und Bänken fielen. Khan stellte sich bündig zu Goya und Margarete, um die neue Frau in seinem Territorium kennenzulernen. Margarete unterhielt sich mit Khan über Gerichte, von denen Goya noch nie gehört hatte. Sie kennt sich in Indien aus. Sie strahlte Khan an, anscheinend eingenommen von dessen vulkanischer Erscheinung.  
mehr


2022-12-15 12:33:01

Uraufführung: »Beethoven 7. Symphonie« (AT). Eine neue Choreographie von Sasha Waltz

Am 9. März 2023 bringen Sasha Waltz & Guests unter dem Arbeitstitel »Beethoven 7. Symphonie« einen neuen, zweiteiligen Abend zur Uraufführung im Radialsystem Berlin: eine Choreographie von Sasha Waltz zur Musik von Ludwig van Beethoven sowie eine Neukreation mit elektronischer Musik von Diego Noguera. Der Vorverkauf startet voraussichtlich am 17. Januar 2023 - weitere Informationen folgen.
mehr


2022-12-15 07:55:52

Maria Schrader - Im Schatten des Schweigens

Am 5. Oktober 2017 veröffentlichte die New York Times unter dem Titel „Harvey Weinstein Paid Off Sexual Harassment Accusers for Decades“ einen Artikel, in dem der Genannte der sexuellen Belästigung beschuldigt wurde. Die Rede war von mindestens acht Vergleichen zur Abwehr gerichtlicher Feststellungen von Delinquenz. Die redaktionelle Freigabe des Textes bildet den Schlusspunkt des Films.
mehr


2022-12-14 07:18:52

Maria Schrader - Barbar im Bademantel

„She Said“ kommt nicht über die Magistralen. Der cineastische Nachgang der ersten großen #Metoo-Erhebung kollidiert nicht mit den Leitplanken des Actionkinos. Reißerische Elemente fehlen. Sogar Weinsteins - von Mike Houston kongenial herausgestellte - Bulligkeit dient lediglich der Virtuosität eines Überspielens. Die Geschichte ging über Weinstein vernichtend hinweg. In der feministischen Triumpherzählung sieht das so aus, als hätte man den abgestürzten Mogul herausgeschnitten und dabei einfach nur zwei, drei Stellen vergessen.
mehr


2022-12-13 08:17:58

Hans Mayer - Neubabylonisch-post-assyrischer Fehdehandschuh

Liberté, egalite, fraternité - Olympe de Gouges erklärte „Die Frau hat das Recht das Schafott zu besteigen, also muss sie auch das Recht haben, die Rednertribüne zu besteigen.“ Man guillotinierte sie am 3. November 1793 mit der Begründung, sie habe vergessen, was sich für ihr Geschlecht ziemt.
mehr


2022-12-12 07:16:18

Goya Wagner - Getrüffelte Kirschquarkcreme

Goya packt Fleischwurst und Sauerkraut auf die in Ascea am Strand gekaufte, floral motivierte Küchentischdecke. Paula begutachtet den Beifang eines prallen Vormittags. Sie trägt einen Ehering, das Gegenstück liegt auf dem Küchentisch. Für den Rest des Tages möchte Paula verheiratet sein.
mehr


2022-12-11 08:35:01

Hans Mayer - Die Frau mit Waffe

Die bürgerliche Familie konstituierte sich im Herrschaftsgefälle. Im „Lied von der Glocke“ besingt Schiller die „züchtige (nimmer ruhende, für die Wäsche zuständige) Hausfrau“. Greift sie denn zu militärischen Waffen, entsagt sie der Weiblichkeit. Die Schiller’sche Heroine handelt soldatisch um den Preis ihrer Weiblichkeit. Die „unweibliche Frau“ erschien im bürgerlichen Diskurs ...
mehr


2022-12-10 08:18:48

Granit Knežević - Rhetorischer Maximalismus

Ins Kneipenklo passt eine Kneipe. Eine Beobachtung, die Granit Knežević beinah jeden Tag aufs Neue erstaunt. Wenn Pissrinnen erzählen könnten.
mehr


2022-12-09 08:06:19

Michael Wolffsohn - Das Buch als prekäre Heimstatt

Die dreitausendjährige Geschichte der Jüdinnen und Juden verankert sich geografisch in Israel über einen Zeitraum von elfhundert Jahren. Das erklärt Michael Wolffsohn in seiner Übersicht „Eine andere Jüdische Weltgeschichte“.
mehr


2022-12-08 08:32:14

Alexander Görlach - Regelgeleitetes Regierungshandeln

„Konfuzianismus als Stütze von Totalitarismus.“ - So lautet eine Kapitelüberschrift in Alexander Görlachs Alarmanalyse. Der Autor erinnert daran, dass Mao die alten Zöpfe des Konfuzianismus von seinen kulturrevolutionären Quälgeistern abschneiden ließ. Maos mächtigster Nachfolger beruft sich wieder auf die chinesischen Klassiker. Xi Jinping ist die Person gewordene Partei in der zweiten Morgenröte der chinesischen Revolution.
mehr


2022-12-07 08:47:36

Jiménez ‚Staline‘ Tyron - Stalins Comeback

Jiménez pfeift. Wie ein Mann geht die Gruppe im Günthersburgpark zu Boden. Liegestütze. Klappmesser. Liegestütze. Die Vorsitzende der Nordend-Kanakster-Laufgruppe (es wird noch nicht gegendert, anderenfalls wäre Jiménez die Erste) zählt krumm: „Bir buçuk, iki buçuk, üç buçuk. Yallah, meine Häschen.“
mehr


2022-12-06 11:01:45

Bridging Boundaries. Iran: Kunst, Politik und Kooperationen

Die derzeitigen Proteste und Revolutionsbestrebungen in Iran, angeführt durch eine junge Generation, die für Freiheit und Menschenrechte einsteht, erfordern universelle Aufmerksamkeit. Die Freiheit der iranischen Bevölkerung sollte nicht nur aufgrund geopolitischer und wirtschaftlicher Interessen von globaler Bewandtnis sein, sondern vor allem auch aus humanistischer Sicht verfolgt werden ...
mehr


2022-12-06 09:55:47

Hans Mayer - Kulturtopografie und Hexenschmauch

„Mich fasziniert, wie glücklich man an den schlimmsten Orten sein kann und wie unglücklich an den schönsten.“ Norris von Schirach in der Süddeutschen Zeitung
mehr


2022-12-05 09:31:13

Goya Wagner - Im Schatten der Bornheimer Sphinx

Eine Lustspielfigur „strebt nach Echtheit und liebt eine Mondäne“. Die Kunstgestalt verachtet ihre Kritiker und beachtet doch jedes kritische Wort. So wird „die Macht des Sozialen“ gerade von ihrer Verächterin anerkannt. Das destilliert Hans Mayer in seinem „Außenseiter“ aus bürgerlichen Maischen. Rousseau charakterisiert er als „publikumssüchtigen Eremiten“. Mayer erinnert an das kümmerlichste, wohl nie vom Autor zur Veröffentlichung bestimmte Shakespeare-Stück - „Timon von Athen“. Der Titelheld verkörpert einen Misanthropen. Hans Mayer erkennt in der Misanthropie gesteigerte Melancholie und in der Melancholie ein fürstliches Privileg.
mehr


2022-12-04 09:01:31

Joan Didion - Medialer Hinterhalt

„Unheilvoll“ nennt Joan Didion eine Gegend, in der „die Gepflogenheiten des Mittleren Westens“ bildbestimmend sind. In dieser „Endstation“ gibt es mehr Selbstmorde, Scheidungen und Trailerpark-Existenzen als im kalifornischen Durchschnitt.
mehr


2022-12-03 09:03:18

Sparflamme bis zum bitteren Ende/Unwichtiger Liebhaber/Amtliche Verhältnisse/Verschwiegener Ausnahmezustand

Nach zwei parallel geschalteten Pannen-, Pech- und Pleitenserien finden sich Herta und Alwin in ihren Vierzigern damit ab, dass sie in beschissenen Ehen so wie in ausweglosen Schuldenfallen sterben werden. Ohne den amtlichen Verhältnissen einen vernichtenden Tritt zu verpassen, verbinden sie sich in einer heimlichen Liebschaft. Sie geben sich das Nötigste ohne Verzuckerung. Die Liebe erwischt sie kalt. Mit allem war zu rechnen gewesen, nur damit nicht, dass einem prosaischen Arrangement die großen Gefühle folgen würden.  
mehr


2022-12-02 08:15:10

Martina Clavadetscher - Elementare Großmächte

Nun zu „La Fornarina“, einem 1518/19 entstandenen Meisterwerk der Hochrenaissance. „La Fornarin - die kleine Bäckerin“ - der Name der barbusig Dargestellten wurde Jahrhunderte als Marginale gehandelt. Man identifizierte die Porträtierte als Tochter eines Bäckers; geboren um 1490 in Siena. Margherita Luti war die als Hausgenossin akkreditierte Geliebte des schon zu Lebzeiten den Unsterblichen zugeordneten ...
mehr


2022-12-01 19:06:16

Boule um halbzehn

Die Tangotänzer sind da. Sie treten festlich auf. In der Nacht sehen die Denkmäler im Park wie erstarrte Lebewesen aus. Wir sind alle nur Möglichkeiten füreinander. Überall werden Verabredungen getroffen, als müsste sterben, wer nichts vorhat. Goya bemerkt Paulas Sohn im Flutlicht der Boulespielerinnen. Die Boulespielerinnen sind unnachgiebig in ihren Gewohnheiten. Der kostbarste Augenblick des Abends hebt seine Lider.
mehr


2022-12-01 05:47:16

Joan Didion - Avisierte Monsterwelle/Amerikanischer Funktionskern

Die strategischen Verknüpfungen von Reichtum, Luxus und maritimer Idylle zeitigten ihre Höhepunkte vor dem Zweiten Weltkrieg. Die ausgeschlossenen Einheimischen wurden abgespeist, während sich die weiße High Society im ‘Royal’ von „der Jagd in Südafrika ausruhte“. Den Honolulu-Hype mit all seinem auf Hawaiianisch getrimmten Nippes lesen wir heute als Cultural Appropriation.
mehr


2022-11-30 05:30:59

Peter Sloterdijk - Von der Vergrauung der Welt und ihrer Begriffe

Nach Peter Sloterdijk zog das Grau als politische Farbe mit dem Kapuziner François-Joseph Le Clerc du Tremblay de Maffliers in das europäische Staatsgeschäft ein. Ohne Absicht begründete Père Joseph (1577 - 1638) eine Dynastie der grauen Eminenzen. Er arbeitete dem weit berühmteren Kardinal Richelieu zu. Gleichzeitig war er, in Umkehrung der Hierarchie, Beichtvater seines Vorgesetzten; eines der potentesten Machiavellisten nicht allein seiner Epoche.
mehr


2022-11-29 07:10:09

Nike von Hainbach/Cole von Pechstein - Mit den Händen treten/Manspreading im Kleid

“There are no limits. There are plateaus, but you must not stay there, you must go beyond them. If it kills you, it kills you. A man must constantly exceed his level.” Bruce Lee
mehr


2022-11-28 07:11:40

Die wiederholte Entdeckung/Vorbewusste Räume der Welt

Der niederländische Kapitän Abel Tasman bezeichnete die begehbaren Flächen im Pazifik als vorbewusste Räume der Welt. Er fand schlafende Länder, Stein- und Traumzeitreservate, die der Empfindung Vorschub leisteten: in einer anderen Zeit gelandet zu sein. Er passierte Inselflure und beschrieb sie als poly nēsoi.
mehr


2022-11-27 07:56:07

Joan Didion - Apokalyptischer Sex

Die Reporterin beschwört den Charme der kalifornischen Bourgeoisie in revolutionären Zeiten. Die High Society von Neunundsechzig kokettiert mit Umsturzphantasien und einem Riot-Phantasma. Sie verkleidet sich als Avantgarde und frönt dem Radical Chic.
mehr


2022-11-26 08:23:16

Joan Didion - Mittagessen um Mitternacht

Ronald „Rea-gun“ Reagan, noch lange nicht Präsident, regiert von 1967 bis 1975 einen der - im Rahmen des Achtundsechziger-Aufbruchs - rebellischsten Bundesstaaten. Der außerparlamentarischen Opposition so wie allen anderen subkulturellen Gegenöffentlichkeitsplattformen gefällt Reagan als Hassfigur. Er gibt bereitwillig den harten Hund. 1969 lässt er Proteste auf dem Berkeley-Campus von der Nationalgarde auflösen. Die Bilder gehen um die Welt. Nancy Reagan liefert mit ihrer Homestory das Kontrastprogramm. Sie stützt ihren Mann, der unter seinesgleichen als „guter Kerl“ kursiert.
mehr


2022-11-25 09:08:23

Konrad Engelbert Oelsner/Sigmund Freud/Paul Virilio - Narrativer Hausgebrauch

Die ganze Geschichte, wie wir sie in Bausch und Bogen für einen Gewinn unter dem Banner der Freiheit zu halten gelernt haben, wogt bei dem Zeitgenossen mächtig hin und her. In Paris macht man Hausdurchsuchungen, um „innere Bundesgenossen des äußeren Feindes“ zu entwaffnen. Um den 30. August 1792 „stürzt ein junger Mensch“ namens Jean-Marie Girey-Dupré (1769 -1793) den „rebellischen Demagogen“ Robespierre, während er selbst von Munizipal-Offizieren der Nationalversammlung bedrängt wird. Der Journalist Girey-Dupré soll Abbitte leisten.
mehr


2022-11-24 08:48:10

Konrad Engelbert Oelsner/Sigmund Freud - Revolutionsfeuilleton

La Fayette soll dem König die Flucht aus Paris (nach Varennes-en-Argonne) erlaubt haben. Oelsner kolportiert im Stil einer Schnurre Folgendes: Ein Aristokrat verkleidet sich in der Nacht vom 20. auf den 21. Juni 1791 als Sansculotte, nimmt eine Pike zur Hand und mischt sich unter die Menge, die zum Palais des Tuileries drängt. Er lässt sich in das Zimmer des geflohenen Königs schieben. Da weist ihm eine Kanaille des Hofs die Stelle, wo eine Geheimtür zu den Gemächern des Bischofs von Clermont, ich tippe auf François de Bonal, und des Abbé de l‘Enfant führt. Der adlige Abenteurer verstellt den Zugang und schützt so Standesgenossen, ohne Aufsehen zu erregen. Das weiß heute kein Mensch mehr.  
mehr


2022-11-23 09:41:03

In der Kufiya zu Hava Nagila getanzt

Auf den Soli-Festen der 1970er Jahre gab es keine israelischen Ess- und Informationsstände. Wohl aber das palästinensische Sendungsbewusstsein in jugendsmarten Erscheinungen. Für die Täterinnen- und Täterenkel:innen im Hanni- und Nanni-Land lag die Agitation auf einer Linie mit der Weltrevolution. Es gab den kubanischen Hasta-Siempre-Übersprung; ein schwarzromantisches Commandante- und Kalaschnikow-Momentum, bei dem arabische Freischärler:innen und lateinamerikanische Guerilla verschmolzen. In vielen bürgerlichen Kinderzimmern hing Alberto Kordas fotografische Guerrillero-Heroico-Stilisierung von Che Guevara als Poster.
mehr


2022-11-22 12:47:11

Martina Clavadetscher - Vagierende Sprachbilder

In neunzehn Miniaturen unternehmen Protagonistinnen des kollektiven Universalgedächtnisses introspektive Ausflüge. Gestern sprachen wir über Leonardo da Vincis 1489/90 geschaffenes Gemälde „Dame mit dem Hermelin“. Es zeigt eine Mätresse des Mailänder Herzogs Ludovico Sforza (1452 -1508), der selbst als „weißes Hermelin“ in die Geschichte einging. Die Porträtierte, Cecilia Gallerani (1473 - 1536), war eine zunächst am Hof ihres Geliebten geschätzte, dann aber von Sforzas Gattin verdrängte Poetin.
mehr


2022-11-21 09:25:07

Martina Clavadetscher - Ikonografie der Neuzeit

Nicht jedes Bilddetail verdankt sich der Intension des Urhebers. Die nachträgliche Verdunklung der Umgebung, aus der Cecilia hervorsticht, suggeriert einen (historisch haltlosen) Menetekel-Charakter. Auch das kritisiert Cecilia: nämlich den Verlust des vermutlich von da Vinci erfundenen Sfumato. Die allegorischen Übersetzungen fürstlicher Macht und Zwiespältigkeit offenbaren sich in sprechenden Äquivalenten. Das Hermelin, sprich der Herzog, schmiegt sich zwar an Cecilia ...
mehr


2022-11-20 11:04:44

Artists against Antisemitism

„Liebe Artists, hallo zum November-Newsletter! Während der Aktionswochen gegen Antisemitismus haben wir uns vor allem auf twitter konzentriert und dort fleißig eure Statements gepostet. Auch wenn aus der frühesten Phase noch die ein oder andere Stellungnahme über ist, gehen uns diese so langsam aus. Deshalb immer wieder unser Aufruf: Schickt uns euer Statement gegen Antisemitismus - am aller liebsten als kurzes Video (30 bis 90 Sekunden ist die ideale Social Media Länge)*, so kreativ wie ihr mögt!“
mehr


2022-11-20 09:44:16

Jennie Fields - Fallout Ekstase

Während des Krieges übernahmen Frauen an Werkbänken und Fließbändern ‚untypische‘ Aufgaben. Nach 1945 erleben sie ihre Verdrängung aus den Sphären der Produktionsprozesse so wie gesellschaftliche Rekalibrierungen nach Maßgabe überkommener Rollenstandards. Auch die Physikerin Rosalind ‚Roz‘ Porter verliert ihre Position in der Herzgegend des Manhattan-Projekts. Fünf Jahre nach Kriegsende arbeitet Rosalind in der Schmuckabteilung von Marshall Field & Company - einer Antebellum-Gründung.
mehr


2022-11-19 07:49:27

María Sánchez - Lyrische Exaltation

Den Seziersaal erlebt die Studierende als Rückzugsraum. Sie erklärt das Sezieren zu einem dem Schreiben verwandte Tätigkeit. Für beides brauche man Geduld. In jedem Fall taste man sich „nach dem Prinzip Versuch und Irrtum vor, bis man am Ende auf etwas stößt, dass einen überzeugt“. Die Prozesse der Aneignung von väterlichem Wissen koinzidieren mit einer „Verschlechterung“ der familiären Kernbeziehung. Das Idol zieht sich vor den Stimmungsinterferenzen der Adeptin zurück. Der Vater verweigert seiner Tochter das Recht auf melancholische Durchgänge und lyrische Exaltation.
mehr


2022-11-18 08:46:08

Louise Nealon - Träumendes Wasser


mehr


2022-11-17 09:26:36

Chloë Ashby - Stummgeschaltete Erinnerungen

„Die Erinnerungen (an Grace) sind nie vollkommen verblasst, aber es gelang mir … sie stumm zu schalten.“ In Rückblenden memoriert die Erzählerin Eve glückliche Momente aus einem Fundus unwiederbringlicher Gemeinsamkeit. Grace, Tochter pädagogisch versierter Eltern, tauchte aus einer unbeschwert-ländlichen Kindheit im London auf. Die Freundinnen inspizierten die Vergnügungsfront. Sie teilten Rausch und Katzenjammer.
mehr


2022-11-16 08:45:44

Zaunkönigliche Saumseligkeit

Herr Lehmann-Zwo verausgabte sich nur bei Nonsens-Bandwurmdebatten. Lag etwas Wesentliches an, verstummte er. Er hielt sich gern bedeckt. Der Kinoverweigerer verfügte über ein (offenbar aus der Luft gegriffenes) film-noir-Repertoire lakonisch-pathetischer Gesten und Ausflüchte. Wäre Herr Lehmann-Zwo, der im Jahr des Mauerfalls genregerecht dreißig geworden war, jünger gewesen, hätte man ihn für einen adoleszenten Spinner halten können. Er war aber zu alt für seine zaunkönigliche Saumseligkeit. 
mehr


2022-11-15 09:58:30

Xiaolu Guo - Viel zu genau

Mit ihrem Doktorvater am Londoner King’s College diskutiert die Stipendiatin kontrovers „Phänomene der Postmoderne“. Kunsthandwerklich seriell arbeitende, auf Meister:innenwerke spezialisierte Kopist:innen sind für Xiaolu Guo keine Fälscher:innen, sondern avancierte Akteure im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit von Kunstwerken. Sie zitiert Roland Barthes poststrukturalistisches Fanal vom „Tod des Autors“ und erwähnt Walter Benjamins bahnbrechende Analyse ...
mehr


2022-11-14 08:36:27

Charles J. Shields - Die Enkel:innen der Pionier:innen

1939 ist Wichita Falls noch nicht lange nur ein Endbahnhof mit Verladestation für den Viehtrieb in Nordtexas. Der Bau des ersten Wolkenkratzers in Texas endete vor Ort als Schildbürger:innen-Posse. Dem Tycoon John G. Hardin verdankt sich immerhin eine Hochschule. „Den Enkeln der Pioniere“ öffnen sich die Pforten von Academia fern der traditionsreichen Universitäten an der Ostküste.
mehr


2022-11-13 11:46:38

Susanne Betz - Oberbayrisches Empowerment um 1886

Schon als Halbwüchsige verdingt sich Vroni als Magd. Beizeiten heiratet sie den kaltherzigen Bauern Grasegger, der einen „einsamen Hof auf dem Geißschädel“ bewirtschaftet. In einer eiskalten Nacht kommt er so blau aus der Kneipe, dass ihn der Heimweg überfordert. Er erfriert zur Erleichterung seiner Witwe.
mehr


2022-11-12 10:59:07

Marianna Kurtto - Unerwartete Liebe

Voller Sehnsucht nach seinem isolierten Hügel aus Ergussgestein und doch längst verloren für die kleine Welt, verherrlicht Marianna Kurttos Held Lars das Glück im ozeanischen Winkel: „Auf meiner Insel ist das Wasser Wasser und der Nebel Nebel und auf den Tischen sieht man die Spuren vom Entschuppen der Fische.“
mehr


2022-11-11 07:56:34

John Williams - „Herz der Finsternis“ auf Amerikanisch

Der Roman spekuliert auf die Prisen einer grauenhaften Vergeblichkeit. Während die Schlächter mit hohen Gewinnerwartungen ein Paradies verwüsten, fallen die Preise für Büffelfelle. 
mehr


2022-11-10 08:18:51

John Williams - Ekstatische Ewigkeit

1939 ist Wichita Falls noch nicht lange nur ein Endbahnhof mit Verladestation für den Viehtrieb in Nordtexas. Der Bau des ersten Wolkenkratzers in Texas endete vor Ort als Schildbürger:innen-Posse. Dem Tycoon John G. Hardin verdankt sich immerhin eine Hochschule. „Den Enkeln der Pioniere“ öffnen sich die Pforten von Academia fern der traditionsreichen Universitäten an der Ostküste.  Zu jenen, die dem bodenständigen Cowboystyle modischen Eigensinn entgegentragen, gehört der Sohn des Hausmeisters im Postamt von Wichita Falls. John Edward Williams (1922 -1994) flaniert mit der Extravaganz eines „englischen Junkers“ im Blazer und mit Seidenschal über die Magistrale ...
mehr


2022-11-09 21:12:15

Fondaco dei Tedeschi

Blick auf Venedig - Das 'Fondaco dei Tedeschi - Lagerhaus der Deutschen' ist ein Kaufhaus mit einer Aussichtsplattform. Der Name erinnert an eine deutsche Niederlassung am Canal Grande, die im 13. Jahrhundert bereits Gegenstand des Schriftverkehrs war.
mehr


2022-11-09 08:09:58

Bugwelle eines Wassertaxis auf dem Canale Grande

Venedig war das New York der Renaissance. Seine Kirchen bilden eine sakrale Skyline.
mehr


2022-11-09 07:42:51

Danielle McLaughlin - Die Räude verlorener Kaufkraft

Nessa McCormack brilliert als Kuratorin. Sie betreut das mit öffentlichen Mitteln kanonisierte Werk des verstorbenen Bildhauers Robert Locke. Niemand steckt tiefer in der Materie als Nessa. Die Deutungswurmfortsätze eines jeden biografischen Splitters und Genese-Fadens sind ihr geläufiger noch als der gralshütenden Witwe Eleanor ...
mehr


2022-11-08 18:33:29

Lumière et espace - Das Texasteam Tuschick in Venedig

Venedig war das New York der Renaissance. Seine Kirchen bilden eine sakrale Skyline.
mehr


2022-11-08 07:50:17

Hochofen der Renaissance/Sakrale Skyline

Venedig war das New York der Renaissance. Seine Kirchen bilden eine sakrale Skyline.
mehr


2022-11-08 07:23:32

Danielle McLaughlin - Rabiate Bittstellerin

Anfang der 1970er Jahre verdingt sich die Kroatin Melanie Petrovic alias Doerr als Putzfrau und Köchin in einer Künstler:innenkolonie auf der irischen Halbinsel Inishowen. Die Dienstleistungen dienen der Tarnung. Ohne Vorbildung möchte Melanie in eine Kunstproduktion einsteigen. Sie nähert sich dem Bildhauer Robert Locke, einem in Irland heimisch gewordenen Schotten. Sie entfacht das Feuer der Kollaboration. Der frisch Verheiratete lässt sich hinreißen. Er initiiert Melanie.
mehr


2022-11-07 08:13:06

Anflug auf Venedig

Venedig war das New York der Renaissance. Seine Kirchen bilden eine sakrale Skyline.
mehr


2022-11-07 07:34:39

John Williams - Verzicht auf Sprachgewalt

Der Autor unterläuft den biblisch-elementar grundierten Epos-Charakter des Einstiegs mit einem Verzicht auf Sprachgewalt. In kargen Worten schildert Williams Stoners erste akademische Krise, ausgelöst von einer Pflichtveranstaltung, die der naturwissenschaftlichen Ausrichtung des Agrarstudiums zuwiderläuft. Die angehenden Ingenieure müssen eine Einführungsvorlesung in Literatur über sich ergehen lassen. Die meisten erleben den Unterricht als Störung.
mehr


2022-11-06 09:10:48

Danielle McLaughlin - Rettende Einsicht

Lange war Irland das Armenhaus Europas. Hunger dezimierte die Bevölkerung im Kahlschlagmodus. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konkurrierten irische Migrantinnen und Migranten in den USA mit den soeben aus der Sklaverei entlassenen Schwarzen. Die irische Diaspora sprengte den Referenzrahmen. Im 21. Jahrhundert drehte sich das Rad. Der keltische Tiger boomte mit atemberaubenden Wachstumsraten.
mehr


2022-11-05 07:22:21

Jean Stafford - Die Trauer einer Kuh

Ralph Fawett ist kaum halbwüchsig und ahnt doch schon „die lieblose Einsamkeit, die auf ihn (im Alter) wartet, wie ein mürrischer Hund“. Der weise Knabe spielt eine Hauptrolle in Jean Stafford 1947 erstmals erschienenen Roman „Die Berglöwin“.
mehr


2022-11-04 07:26:02

Gloria Naylor - Freilassungspapiere für ein Baby

Priscillas Vorgängerinnen waren mit der Erwartung in das Herrenhaus von Linden Hills gezogen, ihre Spielräume als Ehefrauen in Aushandlungsprozessen mit Männern zu bestimmen, die nicht nur stur das Programm ihrer Väter reproduzierten; eine uralte, abweichungsresistente, frauenfeindliche Alltagslitanei.
mehr


2022-11-03 06:39:28

Gloria Naylor - Schwarzer Limes

Auf einem Schauplatz Schwarzen Stolzes, einer Bürgerhochburg, die ihren Charakter nicht dem Zufall, sondern den - im Widerstand gegen die weiße Anmaßung formulierten - Absichten grandios vorausschauender, dynastisch verbundener, und nach einem rituellen Geheimrezept in die Welt gesetzter Bestattungs- und Bauunternehmer verdankt, ergibt sich schließlich die Komplikation, dass der weiße Sohn eines Schwarzen Vaters zum Doyen der Großartigkeit würde, ließe man den Dingen ihren Lauf.
mehr


2022-11-02 07:17:28

Corinna T. Sievers - Sozialer Schlaganfall

Der Abstieg vom Gott zum Gatten ist ein Klacks gegen den finalen Abstieg vom Arzt zum Autor. Nach einem OP-Versagen erleidet der Chirurg Bernard Rohr einen sozialen Schlaganfall. Auf den letzten Metern seines Lebens verpasst Rohr die Abzweigung in die Bescheidenheit. Stattdessen haut der bald Siebzigjährige einen Arztroman mit dem aufrauschenden Titel „Propofol“ raus.
mehr


2022-11-01 07:27:32

Ilja Leonard Pfeijffer - Verlässliche Erinnerung

„Das Wort stellt sich vor die Dunkelheit des Nichts.“ Chaim Nachman Bialik
mehr


2022-10-31 06:21:47

John Burnside - Pompöser Stümper

Kritiker:innen erkannten in Robert F. Scott den pompösen Stümper. Francis Spufford fand „devastating evidence of bungling“. Paul Theroux bezeichnete Scott als „Mysterium für seine Männer … (als einen) Nichtskönner … Scott was insecure, dark, panicky, humorless, an enigma to his men, unprepared, and a bungler, but in the spirit of a large-scale bungler, always self-dramatizing”.
mehr


2022-10-30 05:51:27

Lolana Plantagenêt - Hochöfen der Bildungsreform

… die ins Allgemeine diffundierte, in Academia populäre Idee, man könne der bürgerlichen Karriere ein revolutionäres Krönchen aufsetzen. Ulrike Meinhof avancierte nicht zuletzt deshalb zum Idol. Die Pistole in ihrer Handtasche wirkte ikonografischer als das Emblem der Roten Armee Fraktion. Gleichzeitig symbolisierte die Waffe ein biografisches Desaster.
mehr


2022-10-29 05:48:13

John Boyne - Hitlers Brille

Thérèse und Laurent sind ein heimliches Liebespaar in einem Dreieck mit Thérèses Ehemann Camille. Eines Tages fahren Laurent, Thérèse und Camille nach Saint-Ouen-sur-Seine, einem ländlichen Industriestandort in der Pariser Agglomeration. Das Trio mietet einen Stechkahn. Auf dem Fluss stößt Thérèses Liebhaber den Gehörnten über Bord, einem Vorsatz entsprechend. Das erzählt Émile Zola in „Thérèse Raquin“. Zolas drittem, erstmals 1867 erschienenen, mit Erzählkonventionen brechenden ...
mehr


2022-10-28 07:58:21

Sinnlose Freude

„Ich bin eben gnädig geführt worden von einem Schicksal, das es zwar streng, darunter aber immer grund-freundlich mit mir meinte.“ Thomas Mann
mehr


2022-10-27 09:06:54

Britta Boerdner - Vorgetäuschtes Entgegenkommen

Elena wohnt noch nicht lange an der Hauptstadtmagistrale eines untergegangenen Landes. Der Makler avisierte die ehemalige Stalin-Allee als „Flaniermeile“ der Berliner Gentrifizierungsbourgeoisie in naher Zukunft. Die Erzählerin entdeckt eine „ereignislose Straße“. Die zur Ohnmachtskulisse heruntergekommene, realsozialistische Triumpharchitektur liefert als Beton-Alp dem DDR-Scheitern ein Nachbild.
mehr


2022-10-26 09:43:33

Die Wucht eines entspannten Körpers - To maximize our power output

“We want to make sure all of our movements contain our total body weight in order to maximize our power output.” Maksem Manler
mehr


2022-10-25 06:22:01

Nächtlicher Filmriss - Erste Bemerkungen zum zweiten Band von Gisa Paulys Sylt-Saga

Kari Rensing lebt da, wo andere Urlaub machen. Sie ist ein Kind der Lieblingsinsel aller Sechzigerjahre-Deutschen, diesen keimzeitlichen Bundesrepublikaner:innen* im Spätlese-Rausch des Wirtschaftswunders.
mehr


2022-10-24 07:52:10

Keno Teichmann - Kommunikationsverweigerer im Muskelschrank

Ein Kavalier des 18. Jahrhunderts unterschied nicht zwischen Arbeit und Sklaverei. Das Leben wollte von der passablen Seite genommen werden, die Wände des Pechstein’schen Wohnzimmers waren von carrarischem Marmor, den Plafond trugen acht Säulen. Der Ritter ergab sich dem Raumgefühl auf vierhundert Fuß Länge, sechzig Fuß Breite und zweiundvierzig Fuß Höhe.
mehr


2022-10-23 08:07:04

Dörte Hansen - Das große Frieren

Hanne und Jens Sander nehmen die Wut ihrer Ahnen persönlich, so als wäre die entbehrungsreiche Ära des Walfangs auf Segelschiffen nicht schon seit Jahrhunderten Geschichte gewesen, als sie sich zusammenrauften.
mehr


2022-10-22 08:34:06

Christoph Peters - Troll der Bürgerlichkeit

In seinem jüngsten Roman erzählt der Autor vom hauptstädtischen Haifischbecken im zweiten Jahr der Pandemie. Sein Held, der kratzbürstige Kurt Siebenstädter, schiebt Frühschichten in der Öffentlichkeit einer Rundfunkanstalt. Seine Stimme hören Millionen, während sie sich für den Tag rüsten. 
mehr


2022-10-21 06:12:20

To train the brain

“We are ... training ... to command our movement. In other words, we are reprogramming our body’s ability to follow our intention.” Maksem Manler
mehr


2022-10-20 07:27:07

Kiyoshi Ikizu - Der propriozeptive Sinn*

“The purpose of Siu Nim Tao* is to train the brain to accept the idea of not using force.” Chu Shong Tin, zitiert nach Maksem Manler
mehr


2022-10-19 07:17:31

Lien Beauregard-Lighthouse - Biotensegrity

In Biotensegrity-Systemen gibt es nur Spannung und Kompression.
mehr


2022-10-18 08:03:37

Amos Oz - Jesus als Bourgeois

„Der Kampf zwischen Israel und Palästina ist ein Kampf zwischen zwei Opfern Europas.“ Ulla Berkéwicz
mehr


2022-10-17 07:30:36

Goya Thunderbolt - Ausschreitungen auf dem Papier

„Das Spiel der Könnerschaft beginnt da, wo unter Druck jenes Gleichgewicht entsteht, dass der Druck brechen soll.“ Cole von Pechstein
mehr


2022-10-16 06:55:32

Keno Teichmann - Egokompakte Alleingänge

“First (we) destroy the opponent’s ability to guard his centre.” Dr John Fung --- “My centre is everywhere.“ Chu Shong Tin, zitiert nach Maksem Manler
mehr


2022-10-15 06:59:24

Orlando von Hainbach - … und dann sagt das Leben Ätsch

„Варіантів немає, тільки перемога, тільки вперед. А потім знову, знову і знову! - Es gibt keine Optionen, nur Sieg, nur vorwärts.“ Irina Galay zum Kampf der Ukrainer:innen*
mehr


2022-10-14 06:34:21

Keno Teichmann - Badelatschenmentalität

Paul Mason erzählt irgendwo von seinem Vater, einem Mann, der in seinem Milieu keine herausragende Stellung einnahm und mit der Kumpel-Akzeptanz über die Runden kam, die sich die Bergarbeiter im englischen Leigh gegenseitig einräumten. Der alten Mason hatte die Depression der 1930er Jahre als Kind erlebt und prophezeite 1980 als Großbritannien „in die Rezession schlitterte: Wenn eine weitere Depression kommt, werden die Rassenvorurteile zurückkehren.“
mehr


2022-10-13 07:33:14

Wut auf Eis/Ein schrecklicher Verdacht

Was hat Bruce Lee tatsächlich gesagt, und was wurde Miyamoto Musashi in den Mund gelegt? Ein schrecklicher Verdacht mischte die allgemeine Euphorie auf. Sollten sich die Verschworenen der Karateschule Pechstein mit erfundenen Zitaten aufgepulvert haben? In Zweifel gezogen wurde folgende Ansage von Musashi (angeblich) nicht zuletzt: “Do not sleep under a roof. Carry no money or food. Go alone to places frightening to the common brand of men. Become a criminal of purpose. Be put in jail, and extricate yourself by your own wisdom.”
mehr


2022-10-12 08:55:55

Keno Teichmann - Der englische Vater

Mit mir hatte Frau Banshee nicht gerechnet. Sie trug Holgers Bademantel mit hochgeschlagenem Kragen. Ich half ihr aus der Verlegenheit. In den Sommerferien war Frau Banshee in Rio de Janeiro gewesen, sie erzählte von Straßenjungen, undankbar und wild ... bis ich verstand, dass die Jungen von Ordnungskräften totgeschlagen wurden wie Katzen im Sack. Besitzende zahlten dafür, um dem solventen Publikum den Anblick der Armut zu ersparen.
mehr


2022-10-11 09:33:45

Aktionswochen gegen Antisemitismus

„Vergangenes Wochenende ist in Kassel die 15. Ausgabe der Weltkunstschau documenta zu Ende gegangen. Begleitet wurde die Veranstaltung von einer erbitterten Debatte über den in unterschiedlichen Kunstwerken ausgedrückten Antisemitismus. Vorwürfe gegen das Kurator*innenkollektiv ruangrupa, aber auch gegen andere eingeladene Kollektive, sowie Mitglieder des Artistic Teams waren schon zu Beginn des Jahres ...“
mehr


2022-10-11 07:54:51

Goya Fleckenstein - Biomechanischer Engpass 

Zurzeit beschäftigen wir uns mit der Kombination von Vorwärtsspannung, Bewegungsökonomie, Einheitlichkeit und Gelenkfreiheit mit Mühelosigkeit, Gleichzeitigkeit und Gegenwärtigkeit.
mehr


2022-10-10 07:22:29

Keno Teichmann - Sozialdemokratische Klogenossenschaft

Im Tokioer Rotlichtdistrikt Kabukichō verkörperten Yakuza eine unübersehbar schillernde Ordnungsmacht. Sie schlugen Pfauenräder. Sechzig Prozent ihrer „Söhne“ rekrutieren sich aus dem Elend der Burakumin - Unberührbaren. Ihr Straßenkarate ging auf Ōyama Masutatsu (1923 - 1994) zurück. Ōyama Masutatsu gehörte der koreanischen Minderheit an und hatte gewaltige Akzeptanzprobleme in einer offensiv rassistischen Gesellschaft. Zu den Rivalen der Yakuza zählten die Snakehead, eine chinesische Schlepper:innen*formation ...
mehr


2022-10-09 08:09:36

Cole von Pechstein - Konzeptkunst Karate

Die Mafia versprach Leoluca Orlando den Tod, er sollte sich fühlen wie ein Gast kurz vor Ende der Feierlichkeiten. Leoluca Orlando fühlte sich weiter wohl. Er pfiff auf die Drohungen, er sang sein eigenes Lied. Ich habe viele beeindruckende Frauen und Männer getroffen, aber nicht drei in all den Jahrzehnten der Jagd nach Gesichtern und Geschichten von Leoluca Orlandos Kaliber. Er kam mir selbst wie ein Killer vor. Er hatte nicht nur keine Angst. Die ständige Gefahr, in der er schwebte, verlieh ihm eine Aura.
mehr


2022-10-08 09:49:40

Keno Teichmann - Karateliebe

Auf Instagram lässt sich eine Karateliebe mit internationaler Ausstrahlung verfolgen. Die Liebenden liefern der Glamourmaschine perfekte Bilder. Die Weltklasse-Karateka Sandra Sánchez und ihr Couch-Gatte Jesus del Moral inszenieren sich als ebenso trainingsemsig wie genussfähig.
mehr


2022-10-07 08:48:03

Blandine von Hainbach - Nordhessischer Thrawn

Auch Blandine und Cole verbindet eine Folie à deux. Blandine hält Cole für einen unsterblichen nordhessischen Hochländer. Das in Lubbock, Texas, geborene Karategenie …
mehr


2022-10-06 08:29:46

Cole von Pechstein - Karategenie

The art consists in being able to decompress your joints under pressure. If you can do so, you’re allowed to ask your opponent for more pressure. Give me as much pressure as you like; I turn your blow into my flow. © Jamal Tuschick 
mehr


2022-10-05 09:13:05

Keno Teichmann - Chronophysikalische Offenbarung

Toranaga erschien am kurhessischen Hof als Gesandter und Gartenbauexperte des Shogun Tokugawa Ieyasu (1543 – 1616). Als Unsterblicher überlebte Toranaga Reichseiniger Ieyasu um Jahrhunderte. Er war der Liebling einer Reihe von Fürsten. Er unterstützte schließlich noch unseren Freund Akira Kurosawa beim Abdrehen der „Sieben Samurai“, eine Variation des Märchens von den „Sechs Schwänen“ oder „Sieben Raben“.
mehr


2022-10-04 07:53:47

Keno Teichmann - Unbemannter Kleinflugkörper

Natürlich wussten unsere Genoss:innen*, dass „die Krise die historische Normalität des globalen Turbokapitalismus“ ist, und der Neoliberalismus, der damals noch anders hieß, „das Leben in eine Ware verwandelt“ (César Rendueles). Trotzdem durfte das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet werden.
mehr


2022-10-03 07:00:29

Daniela und Keno Teichmann - Das ewige Weltauge

Im Steckrübenwinter 1915 ging gar nichts mehr. Danach wurde es nicht viel besser. 1917 baumelte einmal ein Hering delinquent über dem Küchentisch im Haushalt meiner Urgroßeltern. Die Kinder durften an der Flosse saugen. Der Fisch kam schließlich im Ganzen jenem zugute, von dessen Arbeitskraft alles abhing. Mein Urgroßvater, der dicke Karl, war für den Einsatz an der Front zu alt. Er starb trotzdem vor Kriegsende.
mehr


2022-10-02 07:33:14

Keno Teichmann - Der Prinz von Hannover

1978 zog die Besatzung eines deutschen Frachters vierhundertfünfzig Vietnames:innen* aus dem Südchinesischen Meer. Die Landesflüchtlingsverwaltungen, bis dahin vor allem für Aussiedler:innen* zuständig, hatten ein neues Thema. Der Motor einer neuen Migrationsdebatte war Ernst Albrecht.
mehr


2022-10-01 07:00:53

Cole von Pechstein - Plapperndes Nachbild

Vor langer Zeit bezeichnete Bodo Morshäuser Berlin als jene Stadt, in der die Dinge kurz vor ihrem Eintreffen schon einmal (wie) zur Probe stattfinden. Das beschreibt Kassel in den 1980er Jahren, soweit es um Karatefeminismus ging.
mehr


2022-09-30 07:26:55

Runa Novalee-Schneider - Never stop the flow/Zwischen Seilschaft und Sekte

Was hatte Max Schmeling gesehen? Der Herausforderer hatte gesehen, dass Joe Louis die Deckung aufgab, sobald er einen kurzen rechten Haken setzte. Unbewusst entblößte der Gigant das Kinn. Der Rest ist Geschichte. Die Deckungslücke machte den Favoriten zum Scheinriesen. Der krasse Außenseiter, die Wetten standen zehn zu eins gegen Schmeling, schlug den Favoriten k.o.
mehr


2022-09-29 08:31:09

Keno Teichmann - Bundesrepublikanische Steinzeit

Karate ist von jeher kein Derivat herrschaftlicher Devisen. Vielmehr waren die ersten Karateka* mehrfach deklassierte (Stichwort: Intersektionalität) und von Mangelerscheinungen geschwächte Bäuerinnen* und Bauern*, die nicht das Recht hatten, sich konventionell zu verteidigen. Sie salzten den gesellschaftlichen Bodensatz mit ihrem Schweiß, und sie hatten die denkbar schwersten Feind:innen*: beritten, bewaffnet und befugt. Armiert an Leib und Seele. Staatlich und halbstaatlich autorisiert. Daraus ergibt sich die Einsicht, dass man keinen Status braucht, um zu kämpfen.
mehr


2022-09-28 08:06:49

Keno Teichmann - Avancierte Kanaille

Gleich nach der französischen Revolution entdeckte frau/man, dass Ansichten, die vorher die herausragenden, bei Hof zugelassene Denkerin gemacht hatten, rasend volkstümlich geworden waren. Die Revolution habe den menschlichen Geist beschleunigt, meldet Karl August Varnhagen von Ense dem Freund Karl Georg Jacob. Antigone von Conrady reichte der Skepsis ihre Feder: „Die avancierte Kanaille treibt bei jedem Wetter Ideenkommerz, bläst sich auf und hat leichtes Spiel. Jeder Unfug vervielfältigt sich wie ein Blitz im Spiegelsaal.“
mehr


2022-09-27 12:53:47

Keno Teichmann - Erheischende Empfindsamkeit

Ich kenne Spitzenjudoka, die von Zen noch nie gehört haben. Mein PSV-Karatelehrer ist ein beamteter Nussknacker, der Zackigkeit für den Schlüssel zum Verständnis seines „Sports“ hält. Der schillerndste Gong-fu-Praktizierende in Kassel qualifiziert sich in den Augen der Gemeinde, weil er sogar den Boxer:innen* überlegen ist.
mehr


2022-09-26 08:20:18

Keno Teichmann - Bella Ciao

In Marburg stieg Hannes Wader zu. Ihm räumte Madeleine Platz ein. Hannes Wader war unser Pete Seeger. Wir sangen „Bella Ciao“, bis wir in Frankfurt am Main einfuhren und uns die Lederjacken der Putzfraktion frenetisch einen großen Bahnhof bereiteten.
mehr


2022-09-25 06:04:11

Hiromi Mühlbach - Originalnierentischinterieur

„Unser Zentralnervensystem ist eine gigantische energetische Bibliothek, in der alles hinterlegt ist, was sich je in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit ereignet hat.“ Thomas Hübl
mehr


2022-09-24 09:03:15

Keno Teichmann - Bizarre Rekorde

“To reach me, you must move to me. Your attack offers me an opportunity to intercept you.” Bruce Lee  
mehr


2022-09-23 08:21:54

Keno Teichmann - Die Angst der Hirsche

The art consists in being able to decompress your joints under pressure. If you can do so, you’re allowed to ask your opponent for more pressure. Give me as much pressure as you like; I turn your blow into my flow. © Jamal Tuschick 
mehr


2022-09-22 08:09:18

護身術の精神的な土台となるもの - Die geistigen Grundlagen der Selbstverteidigung

Ende der 1970er Jahre bot Sensei Maeve von Pechstein den ersten Theoriekurs an. Cole leitete das Repetitorium. Ich schrieb mit. Guten Morgen, mein Name ist Keno Teichmann.
mehr


2022-09-21 08:31:04

Das Freud’sche Es der Kampfkunst © Jamal Tuschick

Das Freud’sche Es der Kampfkunst (© Jamal Tuschick): It’s not me who hits, it’s it, which hits you. (Poetisierter Bruce Lee)
mehr


2022-09-20 08:20:58

Lien Beauregard-Lighthouse - Keep on flowing

“Running water never grows stale. So you just have to keep on flowing.” Bruce Lee
mehr


2022-09-19 08:23:06

Keno Teichmann - Esoterische Freiübungen

Turn effort into desire. © Jamal Tuschick
mehr


2022-09-18 08:22:05

„Sport ist für mich wie Zähneputzen.“ Vitali Klitschko

„In der heutigen Realität ist es so: Wenn du am Leben bist, gesund und nicht verletzt, dann muss es dir gut gehen.“ Vitali Klitschko
mehr


2022-09-17 08:44:49

Keno Teichmann - Yamabushi Beat - The flavour of combat - or simply of life

“A man who has attained mastery of an art reveals it in his every action.” Yamaguchi Gōgen
mehr


2022-09-16 06:35:21

Keno Teichmann - Karatefeminismus und Verdauungsscham

“Muscle Tension overrides your intention” (Sifu Nima King), but thoughts drive physiological processes.
mehr


2022-09-15 05:28:56

Keno Teichmann - Kasseler Karatekönigin

The art consists in being able to decompress your joints under pressure. © Jamal Tuschick
mehr


2022-09-14 07:48:51

Keno Teichmann - Teichmanns Aufzeichnungen

Christoph Martin Wieland gab sich große Mühe, seiner Gönnerin Herzogin Anna Amalia zu schmeicheln, indem er die guten Anlagen ihres Sohnes herausstrich. Er verwandte zwei Schlüsselbegriffe der Kampfkunst. So betonte er: „Ich sage mühelos, denn … das Schwierigste … (ist) bereits geleistet; und … richtige Prinzipien haben in seinem Herzen … Wurzeln geschlagen.“
mehr


2022-09-13 08:05:08

Keno Teichmann - Genoss:innen* in Windeln

Keno erkennt eine Ähnlichkeit zwischen Goethe, so wie ihn Angelica Kauffmann 1787 sah, und John Wayne. Madeleine entzückt die Koinzidenz. Ihre Wangen röten sich im Feuer der Begeisterung für die gute Beobachtung.
mehr


2022-09-12 08:32:48

Keno Teichmann - Frankfurter Freiheit

Hanif Kureishi zitiert André Gide und Pablo Picasso, um seiner Bewunderung für die Beatles einen Rahmen zu setzen. Die Beatles sind nicht bloß ins kulturelle Weltgedächtnis eingegangen, sondern, so wie Goethe und Shakespeare, zum Verbindungsstück zwischen Vergangenheit und Zukunft geworden, zu einer Matrix und eben auch zu einem Darm für den Brei aus dem Fleischwolf der Zeit.
mehr


2022-09-11 07:31:40

Keno Teichmann - Freigang in der Hölle

Am Horizont zeichneten sich Kämpfe in Brokdorf und in Walldorf ab. Die Durchsetzung des NATO-Doppelbeschlusses war ein SPD-Projekt in nächster Zukunft. In der Partei prallten die Gegensätze aufeinander. Die vermittelnden Instanzen erlagen dem Fieber der Empörung auf allen Seiten.
mehr


2022-09-10 07:20:26

Keno Teichmann - Als die Mudschaheddin noch die Guten waren

Unter der Woche reichte die Katzenwäsche. Wasser war mit Vorsicht zu genießen. Wasser tat der Haut nicht gut. Selbstgemachte Marmelade hatte einem besser zu schmecken als gekaufte. Die eingelagerten Äpfel und Kartoffeln schmeckten vor ihrer Neige im Frühjahr nach bitterer Not und ließen sich nur mit schwersten Ermahnungen und Hinweisen auf den Kohldampf der Kriegskinder herunterwürgen.
mehr


2022-09-09 06:53:59

Keno Teichmann - Die Frau im Sozialismus

Alle hatten das Gefühl, sich zu wenig zu engagieren. Im Iran, in Afghanistan und in Nicaragua standen die Zeichen auf Revolution. Bei uns tat sich nichts. Nachmittags widmete sich Madeleine Wieland der Frau im Sozialismus. Der Veranstaltungstitel zitierte ungenau August Bebels theoretischen Vorstoß „Die Frau und der Sozialismus“. Außer Madeleine und mir hatte das Buch keiner gelesen.
mehr


2022-09-08 07:19:32

Keno Teichmann - Verlorene Siege

In einer keineswegs besonders abwegigen Lesart brachte Maeve es fertig, ihr Mündel im zarten Alter von sieben Jahren in Asien ausgesetzt. Sechs Jahre verbrachte Cole als Novize und Kampfkunstlehrling im Dunstkreis verstiegener Asket:innen* und rauschaffiner Senseis und Sifus in Japan und China. 
mehr


2022-09-07 07:36:07

Cole von Pechstein - Politik und Karate

Der SPD-Philosoph Johannes Täufer war ein schräger Vogel mit gutem Riecher. Als Maeve von Pechstein Anfang der 1970er Jahre ihre Karateschule am Lokalbahnhof Wilhelmshöhe eröffnete, trat er da als Kurator einer philosophischen Reihe auf. Wie ein Schwarzwälder Kuckuck schoss der Schrat aus dem Uhrenhäuschen seines Wahnsinns und riss das geistige Rahmenprogramm an sich.
mehr


2022-09-06 07:59:20

Akiko Ozaki - Broken Alignment

Es war die Zeit der ersten Ölkrise, der abflauenden Entspannungspolitik und von Verschärfungen auf dem Arbeitsmarkt, mit denen im Vollbeschäftigungsrausch niemand gerechnet hatte. Willy Brandt erreichte seine Grenzen als einziger Visionär der regierenden Klasse. Das Ansehen des vierten Bundeskanzlers schwand. Seine Gegner:innen*, die ihn Jahrzehnte als Vaterlandsverräter denunziert hatten, witterten Morgenluft. Die Wutbürger:innen* von damals nannten ihn „Asbach-Willy“, während die Molle zum Bauarbeiter gehörte wie die frische Luft, und Führungskräfte sich vormittags mit Sekt und Likör in Form brachten.   
mehr


2022-09-05 07:49:41

Akiko Varis - Life Changing Stuff

Coles Eltern waren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Eine Schwester seiner Mutter, unsere Großmeisterin Maeve von Pechstein, hatte Cole aufgenommen und ihn nach ihrem Ideal geformt. Von seinem siebten bis zu seinem dreizehnten Lebensjahr durchlief er zwei kampfkünstlerische Exzellenzstationen in Asien; zuerst als Novize in einem Karatekloster auf Okinawa und dann als Schüler im ursprünglichen Shaolin Tempel (in Dengfeng). In dieser Spanne erzogen ihn durch Biernebel geisternde Expert:innen*. Monolithische Erscheinungen. Hermetische Existenzen im Orbit ihrer Zazen-Sucht.
mehr


2022-09-04 08:10:54

Natsuki Löwenherz - Martialische Einfalt

Heimlich mochte Maeve den rauen Stil. Sie war in Japan durch drei Karateschulen gegangen. Sie konnte Straßenkarate, eine in Japan diskreditierte Kunst, die man mit Yakuza und mehr noch mit den Zainichi-Gemeinden assoziierte. Ōyama Masutatsu, geboren als Choi Hyung-yee, und Begründer des Kyokushin, gehörte genauso zur koreanischen Minderheit in Japan wie sein Meisterschüler Shokei Matsui aka Moon Jang-gyu.
mehr


2022-09-03 07:58:42

Tomoe Vancouver - Nordkoreanische Personenkultästhetik

Heute kommen die Mitglieder* in einen gigantischen Spa voller wispernder Grotten, buddhistisch bebilderter Nischen, bizarr begrünter Brunnen, Wasserspender, Solen und Entspannungsoasen, die mit Zen-Binsen gepflastert sind. Leistungsträgerinnen leben in dem Wohlfühltempel wie in einem Internat. Überall haben sie Amina vor Augen.
mehr


2022-09-02 07:17:52

Cole von Pechstein - Zurückweisung des Überschwangs

„Ein Pessimist könnte die Geschichte von Paris zusammenfassen in einer ununterbrochenen Folge von Katastrophen: (von) Kriegen, Feuersbrünsten, Massakern, Hinrichtungen, Überschwemmungen, Epidemien, Hungersnöten.“ Ré Soupault
mehr


2022-09-01 07:00:06

Cole von Pechstein - Aus dem Whirlpool direkt aufs Siegerinnentreppchen

Cole beschwor das Wunder der Dehnung. Power comes from stretching, erklärte er. Nicht, dass das eine geglaubt hätte. Und doch war es wahr. Die Exzellenz stellte sich bei Amina wie von selbst ein. Übrigens hieß sie mit zweitem Namen Athirat nach einer ugaritischen Meeresgöttin. Auf einer Metaebene der Betrachtung stieg sie aus dem Whirlpool direkt aufs Siegerinnentreppchen.
mehr


2022-08-31 07:31:41

Mentale Stärke - Die Überlegenheit im Kopf

An der kroatischen Adria kündigt der Tramontana schönes Wetter an. Es erwacht ein Tag, da üben Serena Hideyoshi und Sensei Cole von Pechstein, der als Colt Winchester in Lubbock, Texas, zur Welt kam, im Schatten des Dinarischen Orogens und an einem dalmatischen Strand in einem geschlossenen Harmoniekreislauf eine Form, die in keinem Prüfungsprogramm der Karateschule Pechstein auftaucht.
mehr


2022-08-30 06:48:37

Cole von Pechstein - Impertinenter Kranich

Eine gehemmte und ungelenke Person, die auf die unglücklichste Weise zu reagieren geneigt ist, entdeckt mit bizarren Verzögerungen die Freuden der Leichtigkeit. Irgendwann unterbricht zum ersten Mal ein flockiger Move das alltägliche Trauerspiel. Serena weiß nicht, wie ihr geschieht. Das Glück durchschießt sie. Sie verweigert dem Gefühl die Zustimmung. Dann sieht sie ihren Trainer so lächeln wie noch nie in ihrer Gegenwart.
mehr


2022-08-29 08:21:02

Cole von Pechstein - Karatepädagogik

Maeve und Ruth folgen beinah von Geburt dem Budo Path von Miyagi Chōjun und Ōyama Masutatsu sowie Chiba Shūsakus Hokushin Ittō-ryū. Bald wird die Jüngere und Passioniertere ihr Wissen an uns Nordhess:innen* weitergeben. Ich schalte mich kurz ein, nur um mich vorzustellen. Mein Name ist Nikolaus Graf Speer zu Schauenburg.
mehr


2022-08-28 08:35:03

Cole von Pechstein - Die Vortäuschung schöner Augen

Kameko setzt in der Londoner City Karatedevisen um. Die Brokerin gehorcht Prinzipien, die ihr seit dem dritten Lebensjahr eingetrichtert werden. Das Publikum sieht eine erstklassig gekleidete, nach dem letzten Schrei frisierte Person. Kameko trägt ihren Hosenanzug wie einen Dschungel-Camouflage-Keikogi. Sie lebt in der Vorwärtsspannung. Sie bewegt sich auf dem Budo Path.
mehr


2022-08-27 06:54:02

Cole von Pechstein - Gleichmut als Kunstwerk

Niemand war je glücklicher als ein Bushi (Samurai). Er fürchtete und erwartete nichts. Sein Gleichmut war ein Kunstwerk. Sein Handwerk trieb er auf die Spitze wenigstens einer Kunst. Idealerweise folgte er zwei Wegen: dem Schwert- und dem Schreibweg.
mehr


2022-08-26 11:15:57

Mehr zur Kasseler Geheimgesellschaft ‚Orden der ritterlichen Schwestern‘

Als sich Cole von Pechstein zum ersten Mal einen Schwarzen Gürtel umbindet, ist er sieben. In seinen Adern fließt Karateblut. Daran zweifelt keine Meisterin*, die Maeve von Pechstein konsultiert, um sich Gewissheit über die Prädestination ihres Großneffen zu verschaffen. Die Gründerin der Karateschule Pechstein schickt Cole in ein Karatekloster auf Okinawa. Seine Ausbildung setzt er in China fort. Mit dreizehn hat der in Lubbock, Texas, geborene, in Kassel herangewachsene Cole ...
mehr


2022-08-25 11:59:09

Die Amina-Ära - Nachrichten aus der Kaderkeimzeit

Amina kämpft gern. Das findet sie befremdlich und würde es nie zugeben; ungeachtet eines Mangels an Anstößigkeit. Eine Karateka, die nicht kämpfen will, kann sich überhaupt nicht entwickeln. Nur wer weiß, wie es sich anfühlt, k.o. zu gehen, begreift den Nutzen der Techniken für die Selbstverteidigung.
mehr


2022-08-24 11:25:50

Cole von Pechstein - Mühelosigkeit/Gleichzeitigkeit/Gegenwärtigkeit

„Du kannst alles haben und brauchst dafür nur dich selbst. Du musst dir einen Körper schaffen, der nie verliert.“ Das sagt Koto Shōgiku. Körper bedeutet in diesem Kontext nicht ausschließlich, aber eben auch etwas Metaphorisches. Das Wesen des Sumō umkreist einen zentralen Punkt: das Gleichgewicht. Alles dreht sich darum, das eigene Gleichgewicht zu wahren, und das Gegner:innen*gleichgewicht zu stören.
mehr


2022-08-23 10:39:58

Cole von Pechstein - One Motion two Actions

Aminas Techniken kommen gestochen scharf. Schneller als andere setzt sie flankenstrategische Ansagen um. In der Meditation zeigt sie Anzeichen echter, das heißt lustvoller Entspannung. Wie alle, die auf den Trichter gekommen sind, kriegt sie nicht genug von einer Praxis, die den meisten vollständig verschlossen bleibt. „Wir wissen heute, dass das Atmen nicht nur ein Verbrennungsvorgang ist.“ Antoine Laurent de Lavoisier
mehr


2022-08-22 10:04:04

Cole von Pechstein - Unbemerkte Zeitenwende

Wir bauen mit Energie Strukturen auf, die uns schützen, sagt der britische Physiker Jim Al-Khalili. Er erklärt, wie „Energie und Information die Welt im Innersten zusammenhält“. Das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar. Jeder weiß das, der in Coles Dunstkreis die Challenge angenommen hat. Unser Ziel: die erste Kasseler Karatevollkontaktmeisterin. Anwärterinnen auf den Titel sind Anzu, Lien, Minato, Puma, Taki, Tani, Sakura, Yoshi, und Umi. Sie bilden den Leistungs-A-Kader. Alle trainieren täglich zwei Mal.
mehr


2022-08-21 11:07:39

Nanami Mulligan - Verflucht, verbannt und geächtet

„Früher haben Karate Meister nichts anderes als Karate gemacht ... Jetzt muss ein Mann arbeiten, Geld für seinen Lebensunterhalt verdienen, fernsehen, eine Familie haben. Natürlich kann er nicht die gleichen Höhen erreichen ... “ Tetsuji Murakami
mehr


2022-08-20 10:58:53

Close Range - Auf kurze Distanz

„Die Schilderung, die Sie mir von Frankreich geben, ist mit sehr schönen Farben gemalt. Aber Sie können mir sagen, was Sie wollen, ein Heer, das drei Jahre nacheinander überall geschlagen wird, wo es sich zeigt, ist sicherlich keine Schar von Cäsaren und Alexandern.“ Friedrich an Voltaire 1743
mehr


2022-08-19 06:37:13

Cole von Pechstein - Kraftloser Koloss

Georg Büchner erkannte Bedingungen, „die nur von Marionetten noch zu ertragen sind“. Nanami Mulligan behauptete, dass das klassische Theater durch und durch naturalistisch gewesen - und mit Heinrich von Kleist gar nicht zurande gekommen sei.
mehr


2022-08-18 06:21:37

Cole von Pechstein - Aggressive Nachsicht

Yip Man tauchte aus den Vermutungen und Legenden weltweiter Eastern-Begeisterung als Lehrer von Bruce Lee auf. Das war in den 1970er Jahren, damals trafen sich ‚Gastarbeiter‘ sonntags auf dem Bahnhof, dem Ort ihrer Ankunft in Deutschland. In den Bahnhofskinos lief Strumpfbanderotik und Gong-fu im Wechsel. „Emmanuelle“ und „Seven Steps of Kung Fu“; Laura Antonelli in „Malizia“ und Alan Chui Chung-San in „7 Grandmasters“.
mehr


2022-08-17 06:13:08

Cole von Pechstein - Späte Schmidtjahre

Nicht die Werke der Schwestern Brontë oder eine Schwärmerei für Jane Austen hatten Nanami eine romaneske Existenz nahegelegt. Vielmehr gab Henry James ihren Sehnsüchten passende Betonungen. Nanami wollte Philologin werden und dem Andenken wenig populärer Schriftstellerinnen* dienen.
mehr


2022-08-16 05:28:35

Oguchi Makami - Der göttliche Wolfsbote

Freiwillige Isolation ist eine japanische Spezialität. Die Abschließung Japans vollzog sich in einer Serie außenpolitischer Ausschlüsse. Seit den 1580er Jahren schränkte das Tokugawa-Shōgunat die Verkehrsfreiheit der als Südbarbaren geschmähten Portugies:innen* und Spanier:innen* ein. 1635 verloren alle Japaner:innen* ihre Reisefreiheit. Von 1639 bis 1853 blieb frau/man unter sich und behielt solange die mittelalterlichen Standards bei.
mehr


2022-08-15 07:31:49

Cole von Pechstein - Sensitiv writing

In Rekordzeit fand ein mittelalterlicher Militärstaat Anschluss an die globale Zukunft. Das Tempo war Staatsräson. Die Industrialisierung brachte die Mittel für eine Aufrüstung. Die Kriegsräte frohlockten: Wenn das nächste Mal ein amerikanisches Kanonenboot vorbeischwimmt, schießen wir es mit Gaijin-Knowhow zu Klump.
mehr


2022-08-14 08:15:21

Cole von Pechstein - In der Sitzhölle

Anzu erweitert ihr Repertoire in Lehrgängen. Sie ist die Frau in der Highend Version eines Trainingsanzugs, mit dem skeptischen Blick, der gerümpften Nase und hochgezogenen Braue, der wahnsinnigen Umhängetasche und ewigen Wasserflasche, die ihre Wochenenden in der vollendeten Tristesse von Vorstadtturnhallen verbringt, um bei Welt- und Großmeistern oder israelischen Nahkampfexperten totsichere Messerabwehrtechniken zu lernen.
mehr


2022-08-13 08:29:27

Cole von Pechstein - Intensiv sitzen

Ich nehme Nagai Shihan als Karate-Controller wahr. Nach Jahren des Trainings in einer städtischen Ebene ziehen Danträger:innen* zu ihm in ein Tal des Okuchichibu-Gebirges. Für die Dauer eines Jahres unterwerfen sie sich (in einem Sabbatical) seinem Regime. Die meisten nehmen in ihren Berufen Spitzenpositionen ein und werden von ihren Betrieben zu der Schulung angehalten. Der bedingungslose Einsatz ist für sie selbstverständlich.
mehr


2022-08-12 08:17:15

Cole von Pechstein - Titanischer Tropf

Auf mich wirkt Nagai Shihan wie ein Karatebeamter. Wie eine einfallslose Vorstadtpersönlichkeit. Ich kann bei dem Mann keinen Funken Interesse an uns entdecken. Eine halbe Stunde später überrascht mich Nagai Shihan mit einem superlauschigen Zen-Setting und einem Shiatsu-Wunder. Er möbelt mich auf. Meine Wahrnehmung dreht sich total. Ich beglückwünsche mich zu meiner Meisterwahl.
mehr


2022-08-11 08:31:43

Cole von Pechstein - Mentaler Zaun

Im Dschungel der Städte hat Karate seine große Zeit noch vor sich.
mehr


2022-08-10 08:41:05

In der Kampfkunst kommt die Bewegung zur Intelligenz

Für Lien existiert Schönheit nur in Landschaften, Körpern und Kampfkünsten. Literatur, Tanz, Theater, Musik und Malerei sagen ihr (noch) nichts. Das macht sie zum Lieblingssorgenkind der Dōjō-Chefin und Wilhelmshöher Mittelpunktpersönlichkeit Maeve von Pechstein. Maeve kommt dem Gründer des Augustiner-Chorherrenstift Weißenstein nach.
mehr


2022-08-09 08:24:46

Freerunning - Die Stadt als Parcours

Leute, die sich in der Welt auskennen, bezeichnen Stadtläufe als Freerunning. Unter sich nennen Lien und Cole ihr Programm Geesink-Endurance-Runs. Sie ehren so Anton Geesink. Er war 1961 der erste nicht-japanische Judo-Weltmeister. Er verdankt seinen überwältigenden Erfolg die Ausweitung des traditionellen Judotrainings.
mehr


2022-08-08 08:16:43

Miss Nagasaki - Faustkeil aus dem All

Adorno zieht ein demoliertes Weltvertrauen aus dem Klang. Sein Verhältnis zu Bloch bestimmt die Namensaura nicht zuletzt. „Dunkel wie ein Tor, gedämpft dröhnend wie ein Posaunenstoß“ - das gestattet sich Adorno, um eine Zuneigung deutlich zu machen. Er rückt „Das Prinzip Hoffnung“, das noch in meiner Generation wie ein Aphrodisiakum wirken sollte, in die Nähe jener Versprechen, die ihm „schweinsledern“ gebundene „mittelalterliche Bücher“ machten, solange er als Kind das magische Nostradamuswissen in verstaubten Wohnungswinkeln vermutete.
mehr


2022-08-07 07:26:13

Wilhelmshöher Töchter

Luana sah Lien, ein als Hindernis von der gegen sie anrennenden Menge kaum wahrgenommener Körper; in einem Strom, der sich auf den letzten Metern vor dem Club verjüngte, bis er zwischen Autos und luftschöpfenden Gästen versickerte; dass jeder vor seinem Eintritt durch eine Bewertungsgasse defilierte.
mehr


2022-08-06 07:09:21

Miss Nagasaki - Kokura

Am 6. August 1945 fällt Little Boy auf Hiroshima. Siebzigtausend Menschen sterben in der Unmittelbarkeit des Detonationsgeschehens. Der Atomblitz sorgt für bizarre Formate. Seine unfassbare Helligkeit, das apokalyptische Licht, die grausame Illumination stiftet einen neuen Begriff: Pikadon. Bald wird dem Wort für eine neue Erfahrung ein neues Wort für eine alte Erfahrung wie ein verspäteter Zwilling folgen: Kokura.
mehr


2022-08-05 07:40:26

Marianna Kurtto - Das Glück in einem ozeanischen Winkel

Die Geschichte beginnt mit idyllischen Alltagszenen auf dem entlegensten Flecken unseres Planeten. Marianna Kurtto erkor Tristan da Cunha zum Romanschauplatz. In der Handlungsgegenwart leben dreihundert Personen auf der südatlantischen Hauptinsel des gleichnamigen (von Tristão da Cunha entdeckten und benannten) Archipels. Sie verteilen sich auf dem Kegelkopf eines submarinen Vulkans ...
mehr


2022-08-04 06:50:10

Christian Baron - Ewiges Heimkind

Willy findet Bud Spencer, diesen Pfundskerl mit dem Herzen am rechten Fleck, vorbildlich. Er schwankt zwischen Enttäuschung und Irritation, da seine Töchter Mira und Juli nicht mehr als Indifferenz für Papas Idol übrighaben. Sie sitzen im Kino nur ihre Zeit ab ...
mehr


2022-08-03 07:56:12

Werner Angress - A real Inglourious Basterd

Werner ersetzt eigenmächtig seinen Karabiner. Er rüstet sich mit einer englischen Thompson Maschinenpistole und einer deutschen Luger aus. In einer Douglas C-47 (mit dem Namen Son of the Beach) startet er ins Ungewisse. Ohne Probesprung, unter Beschuss, und mit einer abstürzenden Begleitmaschine vor der Nase tritt Werner am 6. Juni 1944 um 2.15 h aus der Kabinentür ins Leere. „Irgendwie fühlte es sich wunderbar an.“
mehr


2022-08-02 08:05:32

Christian Baron - Abstrakte Feststellung mit Rahmenfunktion

Als Kind im Dritten Reich verleugnete er seine Eltern. Willy Winkler, geboren und wohnhaft in Kaiserslautern, ist der Sohn von Kommunisten, die nie zum Hakenkreuz krochen. Die Mutter lebt noch in der 1970er-Romangegenwart.
mehr


2022-08-01 08:31:16

Werner Angress - Amerikanische Freiheit

Endlich geben die USA ihre Neutralität auf. Die amtliche amerikanische Eintrittsmarke konserviert jene Schmerzwut, die der japanische Angriff auf Pearl Harbor auslöst. Werner kämpft allein an zwei Fronten. Seine in Europa gebliebene Familie durchleidet die nationalsozialistische Verfolgung im Spektrum zwischen Internierung, Ermordung und Überleben im Untergrund. „Somit lebte ich für die Dauer des Krieges in zwei Welten.“
mehr


2022-07-31 07:58:56

Werner Angress - Spielregeln der Segregation

Die strenggläubige Großmutter Amalie Trepp stammt aus einer Familie, die seit dem 15. Jahrhundert in Fulda ansässig war. Folglich lebten ihre Vorfahren in Reichweite der Inquisition. Fulda ging den landgräflich-hessischen Weg der Reformation nicht mit. Die Stadt blieb eine katholische Bastion. Ich fand eben eine Zahl. 1567 gab es in Fulda achtzehn jüdische Hausgenossenschaften vulgo Familien (Quelle).
mehr


2022-07-30 08:22:59

Dany Laferrière - Die politische Dimension Schwarzer Schönheit und Stärke

Der Autor destilliert ein Momentum der Lust. In der lyrischen Skizze „Schau nicht hin“ beobachtet ein Schwarzer eine von Sommergefühlen hochgestimmte, förmlich aufrauschende „große blonde junge Frau/ in einem knappen gelben Seidenkleid“. Sein Blick bleibt an der erregenden Erscheinung hängen. Mit dem Begehren verbindet sich eine Marke des kollektiven Gedächtnisses. Zu anderen Zeiten wäre die Schaulust als Delikt bewertet worden. Man hätte den Delinquenten „ausgepeitscht … bis aufs Blut“. Die überpersönliche Erinnerung „erotisiert den Nachmittag“.
mehr


2022-07-29 07:26:31

Helena Janeczek - Die schönste Leiche der Revolution

Die Geschichte beginnt mit einer lapidaren Feststellung, die bald genauso lapidar zurückgezogen wird. Beschränkt man sich auf die Behauptungen des ersten Durchgangs, ergibt sich folgendes Bild. Bei der vier Monate währenden, vom 17. Januar bis zum 18. Mai 1944 tobenden Schlacht um Monte Cassino kämpfte Helena Janeczeks Vater in den Reihen des 2. Polnischen Korps unter General Władysław Anders. Eine Verwundung in Recanati bewahrte ihn womöglich vor Schlimmerem. An den immensen Blutzoll des Korps erinnern ...
mehr


2022-07-28 06:13:55

Anne Serre - Realitätstüchtigkeitsschübe

Seit Jahren bewirtet Charles Freunde in seinem Haus. Die Liebenswürdigkeit des Gastgebers wirkt ein bisschen wie aus der Luft gegriffen; als sei sie kein bilaterales Resultat, das in Abhängigkeit von Stimmungen und im Entgegenkommen Anderer entsteht. Charles bleibt ewig und drei Tage zuvorkommend. Der Erzählanlass erschöpft sich in einem Wort. Eines Tages ...
mehr


2022-07-27 08:02:50

Markus Brauckmann, Gregor Schöllgen - Sozialdemokratische Sommerspiele

Das Defilee der Delegationen beobachten achtzigtausend Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Rängen. Auf einer Anhöhe des Olympiaparks drängen sich noch einmal vierzigtausend Zaungäste. Zum ersten Mal spricht eine Frau den Olympischen Eid. Die zweiundzwanzigjährige Leichtathletin Heidi Schüller wird dann im Weitsprung unter anderem Heide Rosendahl unterliegen.
mehr


2022-07-26 09:10:07

Peter Fabjan - Ein Gesicht mit prophetischen Zügen

„Ausstrahlen! Und das nicht nur weltweit, sondern universell. Jedes Wort ein Treffer. Jedes Kapitel eine Weltanklage. Und alles zusammen eine totale Weltrevolution.“
mehr


2022-07-25 07:58:28

Stefan Zweig - Back to Baal & Babylon/Punks von Jerusalem

Diesmal wählt der Autor den Tonfall der Bibel. Er trägt dick auf, während Gott wieder einmal mit seinem Volk hadert. Zu lange waren die Punks von Jerusalem so abergläubisch, klein- und wankelmütig wie alle anderen. Rückschläge begleiten die Verankerung des Monotheismus. Die Ur-Palästinenser vergessen immer mal wieder ihren einen Gott. Dann kehren sie zurück zu Baal-Gesang und Babylon-Blues und „schwemmen die Tempelfliesen mit Schlachtwerk“.
mehr


2022-07-24 09:28:04

Brecht und der Punische Krieg

Das Wesen jeder feudalen und aller bürgerlichen Ordnung ist Repräsentation. Nach Stuart Hall ergibt sich im 20. Jahrhundert „eine kulturelle Revolution mit dem Einzug der Marginalisierten in die Repräsentation“. Brecht zeigt in die andere Richtung. In dem Fragment gebliebenen Roman „Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar“ analysiert er eine Karriere mit dem Besteck des historischen Materialismus’. Brecht nimmt Caesar sämtliche heroischen Attribute. Die Plünderung von Völkern, der Sklavenhandel und die Korruption konsolidieren die Macht des Tribuns.
mehr


2022-07-24 08:44:00

Stefan Zweig - Anachronistischer Charakter

In „Untergang eines Herzens“ sehen wir den Helden morgens um vier, aufgeschreckt von einem Schmerz, „der Leib war ihm wie mit scharfen Dauben umschnürt“, Erholung in leichter Bewegung suchen. Salomonsohn schleicht sich aus dem Hotelzimmer, dass er mit seiner Frau teilt, „der Druck … hemmt den Atem“, die Kirchturmglocke meldet die Stunde. Der Honoratior erholt sich, nach dem Maßstab einer angeschlagenen Gesundheit. Er will wieder ins Bett, da nimmt er eine Bewegung auf dem Korridor wahr.
mehr


2022-07-23 08:35:48

Stefan Zweig - Calvinistischer Bildersturm

Antwerpen im August 1566 - Auf der verzweifelten Suche nach einem Modell für ein Madonnengemälde in Konkurrenz zu einem imponierenden Gegenstück irrt ein Maler durch Antwerpen. Eines Tages bemerkt er vor einer Schenke eine kaum adoleszente Schönheit. Vom Anblick der Jugendlichen berauscht, erkundet er sich beim Wirt, der es als Vormund nicht nötig fand, das - einem antisemitischen Pogrom entrissene - Mädchen mit dem katholischen Glauben als der spanisch-niederländischen Staatsreligion vertraut zu machen.
mehr


2022-07-22 08:52:29

Stefan Zweig - Matte Folie des Unsichtbaren

Noch ist Kunst Apologetik, Verehrung der Klassiker, Adoranten-Attitüde und Handwerk. Zwar schon ward das artistische Selbstbewusstsein wachgeküsst von den Musen vermutlich, doch geht man noch in den Geschirren der nicht allein göttlichen Fremdbestimmung.
mehr


2022-07-21 18:31:50

Artists against Antisemitism

„Im Vorfeld der documenta fifteen gab es bereits eine Debatte um Antisemitismus, unter anderem weil keine jüdischen Künstler*innen aus Israel eingeladen worden waren. Im deutschen Feuilleton wurde die documenta lange verteidigt, selbst noch, als wenige Tage nach der Eröffnung klar war, dass antisemitische Kunstwerke ausgestellt werden. Im Fokus stand besonders die antisemitische Ikonographie des Banners ‚People’s Justice‘.“
mehr


2022-07-21 08:11:38

Serhij Zhadan - Ukrainische Gründerzeitgeschichten

In „Hymne der demokratischen Jugend“ erzählt Serhij Zhadan Schoten aus der ukrainischen Gründerzeit in der postsowjetischen Aufbruchsära. Gangster üben freie Marktwirtschaft. Den Kapitalismus kriegen sie in den falschen Hals.
mehr


2022-07-20 08:17:28

Stefan Zweig - Vierschrötige Behäbigkeit

Den Eiligen zieht es in die Agonie einer Gegend, die wie abgetrennt scheint vom nächtlichen Heilschlaf und täglichem Trubel; „als hätte sie nie eine frohe, in Lust überschäumende Festlichkeit gekannt, als hätte nie eine jubelnde Freude diese erblindeten, versteckten Fenster erbeben gemacht, nie ein leuchtender Sonnenschein sein schimmerndes Gold in den Scheiben gespiegelt“.
mehr


2022-07-19 08:53:26

Jürgen Becker - Besuch mit Bienenstich

„Die halbe Kindheit fällt (Becker auf ein Radiowort hin) … ein, mit Sondermeldungen, Wunschkonzert, Feindsender.“ Gegen das Grauen kann er sich nicht mehr richtig abdichten. Er denkt an Adam Zagajewski.
mehr


2022-07-18 08:59:25

Norbert Scheuer - Silbenzauber

Beton und Zement bildeten das Existenzfundament jener „Grauköpfe“, die täglich in einer Cafeteria zusammenkommen und sich da - mit freiem Blick auf einen Parkplatz und auf ihre Autos, deren Navigationssysteme sie nicht verstehen - gegenseitig auf dem Laufenden halten. Nicht nur in ihren Erzählungen ertrank die Welt einst in einer Sintflut.
mehr


2022-07-17 08:08:15

Kristina Gorcheva-Newberry - Erotische Kompetenz

Anja und Milka schwärmen gemeinsam für den virilen Alexei. Er existiert als Mittelpunkt „verträumter Blicke und sehnsüchtiger Seufzer … naiv-pubertierender Mädchen“. Der Sohn bequemer Günstlinge schiebt eine ruhige Kugel. Er hält sich zwar an die Regeln, meidet aber die Karrieristinnen und Karrieristen unter den Nachkommen der Nomenklatura in seiner Reichweite.
mehr


2022-07-16 08:14:47

Kristina Gorcheva-Newberry - Sowjetisches Fin de Siècle

Die Eltern der Heranwachsenden repräsentieren auch noch als Ungläubige eine Ideologie, die ihre Argumente im II. Weltkrieg findet. Das Überleben selbst war eine solche Ungeheuerlichkeit, wir reden von siebenundzwanzig Millionen Toten, das sich aus dem gigantischen Blutzoll eine kommunistische Eschatologie ergibt, die in jeder Familie nach- und vorgebetet wird und sei es in der kompletten Abrede.
mehr


2022-07-15 08:20:10

Dirk von Petersdorff - Prä-Pandemischer Kulturkampf

Am Rand zeichnet Petersdorff eine klandestine Frontlinie nach. Während die Hausherrin und der Hausherr unleugbar zugezogene Wessis sind, fühlen sich ihre Söhne den Einheimischen nah. Der ca. sechsjährige Paul sagt: „Ich habe … immer hier gewohnt, solange ich mich erinnern kann.“
mehr


2022-07-14 07:49:34

Dirk von Petersdorff - Verinnerlichte Äußerlichkeiten

Deutsch-deutsche Aushandlungsprozesse. Die Zivilgesellschaft auf hundertachtzig. Dirk von Petersdorff trifft jeden Dissens-Nagel auf den Kopf.
mehr


2022-07-13 07:52:53

Judith Mackrell - Revolver der Selbstbestimmung

„Wie (die Flapper) zu Recht geltend machten, war das Anrecht auf bequeme Kleidung im Grunde ebenso bedeutsam wie das allgemeine Wahlrecht. Keine Frau war dem Mann faktisch gleichgestellt, solange ihre Organe langsam von Walbeinkorsetts zerquetscht wurden oder sechs Kilo schwere Turnüren und Petticoats ihre Bewegungsfreiheit einschränkten.“
mehr


2022-07-12 08:37:31

anna stern - Aufbrechende Paare

Zum Schluss brechen die Freundinnen und Freunde von einst im „Adenauer“, einem antiken Benz, zu einem Abenteuer auf, das sie neu verbindet. Sie bringen sich in den Besitz jener Urne, die Anankes Asche birgt. Das folgt magischen Vorgaben.
mehr


2022-07-11 07:40:27

Frances Cha - Toxischer Geltungsdrang

„Reiche Leute sind von Glück fasziniert … Es macht sie rasend.“ Das memoriert Miho, eine Künstlerin mit selbstbewusst präsentiertem Parvenu-Portfolio. Als Stipendiatin kommt sie aus der koreanischen Provinz nach New York und genießt da die Gunst einer superreichen, heimlich unglücklichen, Maserati fahrenden Mäzenatin und Dynastin.
mehr


2022-07-05 06:42:28

Gary Shteyngart - Benign neglect

Nach einem Streit verlässt der New Yorker Finanzhai Barry Cohen seine Frau Seema und den autistischen Sohn Shiva. Der Hedgefonds-Tycoon lässt seine Familie in sagenhaft luxuriösen Verhältnissen zurück. In einem Greyhoundbus reist Barry - offenbar vorsätzlich prekär - gen Süden. Ihm schwebt die Wiederaufnahme der Beziehung mit einer vor Jahrzehnten verflossenen Liebe vor, die in El Paso als alleinerziehende Mutter und Professorin lebt.
mehr


2022-07-04 07:49:05

Gary Shteyngart - Arme Millionäre

Ein Abend, der alles verändert. Die Ärztin Julianna und der Autor Luis Goodman gehören zu den „mittleren Millionären“ und damit zu den armen Reichen in einem New Yorker Prachtblock nahe dem 1847 eröffneten, in den 1990er Jahren berüchtigten und nun wieder dem bürgerlichen Wohlergehen dienenden Madison Square Park an der 5th Avenue.
mehr


2022-07-03 07:57:40

James Baldwin - Schwarzer Existenzialismus

„Ich war entschlossen, niemals meinen Frieden mit dem Ghetto zu machen, sondern lieber zur Hölle zu fahren, … als meinen Platz in diesem Staat zu akzeptieren.“ James Baldwin
mehr


2022-07-02 07:48:22

Kathrin Werner - Das Pinneberger Normal

Zwei Leute, die Gründe haben, aneinander festzuhalten, geraten in den Sog einer skrupellosen Spielerin. In undurchsichtigen Manövern werden sie zu animierten Opfern. Es kommt sogar zu einer Reanimation der Beziehung.
mehr


2022-07-01 10:34:29

Ines Geipel - Hoffnungsprojekt DDR/ Der Körper als Kampfstätte und Exerzierplatz

Der Körper als Kampfstätte und Exerzierplatz. Die jungen Pioniere des „Hoffnungsprojekts DDR (sind) Hitlers Kinder“. Zu der nationalsozialistischen Abrichtung und gruppenförmigen Ausrichtung kommt der Bankrott einer verworfenen, sozial gestorbenen Eltern- und Lehrergeneration. In den Trichter der ungeheuren Empfänglichkeit des jugendlichen Idealismus ergießen sich die Parolen des Neuen Deutschlands.
mehr


2022-06-30 08:52:15

Rachel Cusk - Kulturelle Hysterie

Im obligatorischen Scheidungskrampf beansprucht die Autorin ihre Töchter ohne Wenn und Aber. Sie gehören zu ihr, vermutlich seit „der Apotheose der Geburt“.
mehr


2022-06-16 08:07:33

Ece Temelkuran - Schrottreife Zeiten

Wie Paul Mason, registriert und analysiert Temelkuran eine „neue Form des Faschismus“. Das Neo-Format führe „einen globalen Krieg gegen die Grundlagen der Vernunft“. Gleichzeitig alarmiert uns die Autorin: „Die Repräsentanten des radikal Männlichen sind … aktiviert worden … Gut möglich, dass es Krieg gibt. Wahrscheinlich werden wir lernen müssen, Kriegerköniginnen zu sein.“
mehr


2022-06-13 07:50:47

Michael Wolffsohn - Das Buch als prekäre Heimstatt

Der „jüdische Zusammenhalt“ braucht(e) einen sakralen Raum. Die Bedrohungen, denen sich die Juden als religiös selbstbestimmte Minderheit in der polytheistisch-römischen Herrschaftssphäre ausgesetzt sahen, legten die Entwicklung mobiler Formate (für eine nomadische Praxis als Second Best Solution) nah. Wolffsohn beschreibt die Notwendigkeit einer „‚portativen‘, (sprich) tragbaren Heimat“.
mehr


2022-06-11 08:32:51

Weiter aus der Nordend-Saga - Benign Neglect

Das religiöse Zentrum des eisenzeitlichen Königreichs Jehūdāh war der 965 v. u. Z. auf dem höchsten Punkt Jerusalems (auf der Spitze der Stadt) erbaute Salomonische Tempel. Mit seiner Zerstörung 587/586 v. u. Z. ging die Deportation eines Bevölkerungsgroßteils nach Babylon einher. Nach der Rückkehr aus dem Exil um 515 v. u. Z. entstand ...
mehr


2022-06-11 08:19:49

Stefan Heym - Sozialistischer Sandalenriemen

Mit Horst Brasch, der nach England exiliert war, teilte er das Schicksal der „falschen Emigration“. Stefan Heym kam aus dem großen Amerika in die kleine DDR. Da belebte er den sozialistischen Realismus mit Hollywood-Stilmitteln. Er spielte in der Brecht-Liga, geschützt von einem Idealismus, der ihm ständig Gründe gab, auf seiner unergründlichen Linie zu bleiben. Heym war weder Dissident noch SED-Sprachrohr. Was ihm die realsozialistische Ernüchterung nahm, holte er sich aus der Bibel zurück.
mehr


2022-06-10 07:24:08

Weiter aus der Nordend-Saga - Unterschlagene Siege

Amos Oz war ein typischer, zugleich überragender Vertreter der israelischen Aufbaugeneration. Versessen auf alles Neue sowie auf Stärke - in einer Gemeinschaft vom Grauen beflügelter, so leidensfähiger wie lebensfroher Frontiers. Aber natürlich überflügelte Oz seine Kohorte. Er wusste vom Lachen der Steine in der Negev und konnte sogar die Wüste lachen hören.
mehr


2022-06-10 07:17:52

Ulrike Draesner - Biografisches Reizwort

„Spätheimkehrer“ - das sind in der fabelhaft modernen Gegenwart von 1972 jene Sportler:innen, die im Morgengrauen über den Zaun klettern, der das Olympische Dorf schutzverweigernd säumt. Für Edgar Berewski ist Spätheimkehrer ein biografisches Reizwort. Es lässt den verwitweten Anwalt mit schlesischem Migrationshintergrund aufhorchen.
mehr


2022-06-09 08:49:27

Weiter aus der Nordend-Saga - Die rhapsodische Wiederholung falscher Sprachbilder

Bei meiner Zeugung sei eine kosmische Anziehungskraft im Spiel gewesen, die meine damals kaum drei Monate verheiratete Mutter vom Hocker riss und alles zum Erliegen brachte, was man ihr beigebracht hatte. Nach einem kurzen Sternenschauer wollte sie aber nur noch zurück in die Gediegenheit jener Verhältnisse, die sie geheiratet hatte.
mehr


2022-06-09 08:32:45

Julia Haart - Cold Calling

Sie muss um eine Putzhilfe betteln, obwohl sie das Geld für die Familie verdient; während der Gatte sich ganz dem Tora-Studium widmet. Seine Gelehrsamkeit rangiert turmhoch über allem. „Yosef kannte sich in unserer Küche gar nicht aus. Er musste mich sogar fragen, wo die Messer waren, wenn er einmal eines brauchte.“ Der Ehefrau obliegen alle häuslichen Arbeiten, ohne jeden Prestigegewinn.
mehr


2022-06-08 07:53:08

Weiter aus der Nordend-Saga - Die Omertà der Interessenverbände

Die Jagd war zu Ende, die Jägerin schnitt einen Laborbatzen Muskelfleisch aus. Zehn Jahre nach Tschernobyl strahlte das Wildbret in der Wetterau weit über dem zulässigen Wert. Vereinzelt wurden bis zu 1115 Becquerel pro Abschusskilo gemessen. Keine Eingeweihte verlor darüber ein Wort. Es herrschte die Omertà der Interessenverbände.
mehr


2022-06-08 07:39:55

Gary Shteyngart - Aggressive Erlösung

In Gary Shteyngarts ‚Brave New World‘ sind Flughäfen, „so schön wie Korallenriffe“, und die Fitnesswerte sämtlicher Verkehrsteilnehmerinnen eine öffentliche Angelegenheit. Via seines „Äppäräts“ erhält jeder Zugang zu verlässlichen Informationen über den sozialen Status von jedem. Die Gesundheits- und Attraktivitätsnormen deklassieren alle über Fünfundzwanzig. Im Gegenzug haben Fünfzigjährige einen ‚Global Teens Account‘.
mehr


2022-06-07 08:02:36

Weiter aus der Nordend-Saga - Kognitionsdesaster

Lale Jerome gefällt es, ihre Gäste zu verwirren. Sie kombiniert Erfolgreiche mit Unterversorgten. Es dauert eine Weile, bis die einen bemerken, dass die anderen als Terrordekoration gedacht sind, wie eine Ekelmenagerie im Schaufenster einer H-Society-Frisörin, die kognitive Dissonanzen erzeugen will. Spricht man sie darauf an, behauptet die Fachfrau plump: In Manila sei das gang und gäbe. Subtext: Der neue Schick ist schon auf dem Weg nach Europa. Ich bin bloß einmal wieder die Erste.
mehr


2022-06-07 07:53:36

Gary Shteyngart - Planetarischer Kollaps

Die Dystopie ist perfekt. Das Repressionsregime einer „Restaurationsregierung“ setzt die Spielregeln der amerikanischen Freiheit mit einem Mix aus Emoji-Regression und Terror außer Kraft. Die Auflösung der US-Verfassung vollzieht sich in Prozessen, die als „Erneuerungen“ deklariert sind. Die Transparenz der Camouflage lässt nichts zu wünschen übrig. Jeder weiß Bescheid. Alle fügen sich. Die Gangster an der Staatsspitze spielen mit offenen Karten.
mehr


2022-06-06 09:56:55

Weiter aus der Nordend-Saga - Welterschließende Stimmungen

„Zu dem Geistigen: Ich denke mir dann immer: haben diese Großen dazu so unerhört viel gelitten, daß heute irgendein Arschgesicht kommt & seine Meinung über sie abgibt.“ Ludwig Wittgenstein, zitiert nach Peter Sloterdijk, „Wer noch kein Grau gedacht hat: Eine Farbenlehre“
mehr


2022-06-04 07:57:03

Weiter aus der Nordend-Saga - Sommerschweiß

Angeblich sagen uns chemosensorische Reize, die unbewusst wahrgenommen werden, wo es langgeht. Gestern fragte Annette, ob wir alles gemacht hätten. Alle Stellungspunkte abgehakt. Dass kein unerfüllter Rest da bleibt, wo Vollständigkeit einfach und preiswert herzustellen ist.
mehr


2022-06-04 07:43:42

Theodor W. Adorno/Thomas Mann - Böse Hoffnung

Bereits im Dezember 1949 beschreibt Adorno in einem Brief an Thomas Mann, was seither das ‚Gedächtnistheater‘ als einer deutschen Veranstaltung bestimmt. „Eigentümlich amorph“ seien die Darstellungen der in Nürnberg vor Gericht gestellten Täter:innen. Die Schuld rinne „ins Wesenlose“.
mehr


2022-06-03 06:01:51

Weiter aus der Nordend-Saga - Geschlechtliche Rohformen

Auf der bolivianischen Altiplano-Hochebene drängt Wasser durch Gesteinsrisse, dessen chemische Signatur seine pazifische Herkunft verrät. Der stille Ozean unterspült die amerikanische Landmasse, steigt vierhundert Kilometer hinter der Küstenlinie auf und tritt in einer vom Bergbau versehrten Landschaft zu Tage. Der erdgeschichtliche Vorgang im Dunstkreis einer Subduktion bietet sich eskapistischen Analogien an.
mehr


2022-06-01 19:48:47

Romblicke - Grandseigneur am Katzentisch

Zwei Euro kostet der Wein in einer arabischen Bude. Schön ist die Bedienung mit dem braunen Gesicht. In ihren Bewegungen: bezwungene Trägheit. In ihren Wüstenaugen: vergatterte Melancholie. Der Grandseigneur am Katzentisch vor dem Klo, mit Einstecktuch, im Kreis gereifter Hippiedamen, hypostasiert einen obsoleten Kulturbegriff.
mehr


2022-05-31 18:26:50

Romblicke - Shine On You Crazy Diamond

Auf einer Tiberbrücke spielte ein Straßenmusiker “Shine On You Crazy Diamond” so inbrünstig, dass sich Clarke in seine Jugend zurückversetzt fühlte. Mit Anfang zwanzig war er zum ersten Mal in Rom gewesen.
mehr


2022-05-31 06:51:32

Arno Schmidt - Die Verarbeitung des Menschen zu Wurst

1959 widmet der SPIEGEL Arno Schmidt eine Titelgeschichte. Man zitiert den Autor mit den Worten „Goethes Prosa ist eine Rumpelkiste“. Da lebt Schmidt schon in Bargfeld; endlich angekommen im eigenen Haus mit Garten und einer, den Schriftsteller ansprechenden Umgebung, die er als „Parklandschaft“ charakterisiert. „Still und stilvoll“ finden die Schmidts ihre endgültige und endlich auch legendäre Bleibe.
mehr


2022-05-29 20:46:43

Romblicke

Die springenden Punkte der Stadt stellen Gegensätze aus. Aus der Energie konkurrierender Interessen entstehen Strukturen mit phantastischem Transformationspotential. Sie lassen sich wie Kunstwerke anschauen.
mehr


2022-05-28 07:19:58

Weiter aus der Nordend-Saga - Stumme Bewegungen

Der Priester bleibt aus. Der Fernseher lässt sich nicht einschalten. Nachts führt mich eine Wärterin zu einem Saal. Ein Abschlussball könnte darin stattfinden. In einem Alkoven bemerke ich drei Männer. Zwei liegen ramponiert auf den Knien. Ich ahne stumme Bewegungen an dunklen Rändern.
mehr


2022-05-25 06:30:05

Weiter aus der Nordend-Saga - Offshore-Outlets

Die Ästhetik war „Außer Atem“. Thomas Brasch (1945 - 2001) trieb die Abgrenzung bis zur Pose und schrieb Gedichte für die Köchin im Ganymed bei Gelegenheit. Dann schrie er aus dem Fenster seinen Verdruss. Das hörte man nebenan, wo das Berliner Ensemble ist. Das Ende im Blick vor dem Anfang: Das ist das erste Gesicht der Gedichte von Thomas Brasch. Der Fatalismus der Geschichte summt darin sein Lied vom Sozialismus. Der Kampf geht immer nur „um eine Niederlage“.
mehr


2022-05-25 06:13:26

Gary Shteyngart - Transgenerationale Talfahrt

Dee Cameron erscheint, wie vom Zauberstab einer guten Fee berührt. Mit ihr endet eine transgenerationale Talfahrt. In einem Aufsatz, der das abgeflaute Interesse an ihrem hochgejazzten Romandebüt dosiert provokativ wieder anheizen sollte, zählte Dee jene aus North und South Carolina stammenden Versager auf, denen sie nachkommt. Stichworte des Desasters: White Trash. Trailer Park. Rednecks & Hillbillys.
mehr


2022-05-24 07:22:16

Weiter aus der Nordend-Saga - In einem futuristischen Einst

„Lessing war der erste freie Schriftsteller … weil er Pech gehabt hat.“ Pech heißt: keine Anstellung. Heiner Müller fühlt mit Lessing, er nennt ihn ein „Vorbild“ und sich tapfer, indem er Lessing Mut zuspricht. Er hält die Zigarre zwischen sich und die Welt, er ist ein Echo der DDR. In einem futuristischen Einst wird das Beste an der DDR ein Heiner-Müller-Echo sein. Doch jetzt sind ihre Irrtümer seine Chancen.
mehr


2022-05-24 07:01:43

Gary Shteyngart - Beliebiges Verlieben

Der Autor variiert einen Höhepunkt der Renaissance. Gary Shteyngart bezieht sich auf die Novellensammlung „Decamerone“. Giovanni Boccaccio erklärte ein Landhaus (das noch steht) vor Florenz zum Schauplatz einer Begegnung Heimgesuchter anno 1348. Sieben Frauen und drei Männer sind vor der Pest in die toskanischen Highlands geflüchtet. Angehoben von Sommerfrische-Empfindungen und gedämpft von Angst stellen sie die Gegenwärtigkeit eines schrecklichen Todes in den Glanzschatten der Erzählkunst.
mehr


2022-05-23 06:12:10

Weiter aus der Nordend-Saga - „Die Ungeduld, zu warten, bis der Schock Erfahrung wird“

Heiner Müller erklärt Braschs „Land-Wechsel“ 1977: „Die Generation der heute Dreißigjährigen in der DDR hat den Sozialismus nicht als Hoffnung auf das Andere erfahren, sondern als deformierte Realität. Nicht das Drama des Zweiten Weltkriegs, sondern die Farce der Stellvertreterkriege (gegen Jazz und Ringelsocken). Nicht die wirklichen Klassenkämpfe, sondern ihr Pathos.“
mehr


2022-05-23 06:01:45

Gary Shteyngart - Pandemania Paradise

In seinem Garten gibt er der Natur Raum. Organisatorische Defizite und weitere menschliche Trägheitsmomente begünstigen pazifischen Wildwuchs. Der Hausherr süßt das Manko mit dem Zucker klimagerechter Floskeln. Das hält Alexander Borisovich Levin-Senderovsky, kurz Sasha, nicht davon ab, wie ein Henker Auto zu fahren.
mehr


2022-05-22 06:28:05

Weiter aus der Nordend-Saga - Megalith Mysterien

In der Hochzeit der Barrikaden, Kaufhausbrände und Puddingattentate macht die schweigende Mehrheit Kulturrevolution. Im Oktober Neunundsechzig wählen Deutsche den ersten sozialdemokratischen Kanzler seit 1930. Die Zeit der parlamentarischen Langeweile ist vorbei, als sich dreißig Abgeordnete der „Pünktchenpartei“ FDP zur SPD schlagen. SDS-Vorsteher Hans-Jürgen Krahl kommentiert den Brandt im Kanzleramt.
mehr


2022-05-22 06:17:08

Isaak Babel - Barbarisches Bacchanal

Wie ein Kriegsberichterstatter unserer Tage schildert der sowjetische Propagandist Isaak Babel die Pulverisierung der Ukraine vor 102 Jahren im Sommer 1920 im Polnisch-Sowjetischen Krieg (1919 - 1921). Seelisch erfroren durchstreift der Chronist das Grauen. Ein privilegiertes, seinem Auftrag vollkommen entfremdetes, das eigene Überleben beklagende Gespenst verlangt von sich, Zeugnis abzulegen. Mit James Joyce könnte es sagen: “Write it, damn you, write it! What else are you good for?”
mehr


2022-05-21 07:00:21

Weiter aus der Nordend-Saga - Erfundene Folklore

Mit dem Verkauf von Haddekuche bestreiten sie ihren Lebensunterhalt. Sie bieten Gebäck in Gaststätten an. Ihre Auftritte suggerieren eine Tradition von hundert Jahren. In Wahrheit stammt die Figur der fliegenden Backwarenbornheimerin aus Daseinssümpfen der Siebzigerjahre. Von der Pleite bedrohte Musikerinnen und andere Kneipenexistenzen retteten sich zu einer erfundenen Folklore.
mehr


2022-05-21 06:48:13

Ines Geipel - Biopolitische Utopie

Der Vater war eine HVA-Leuchte, Kundschafter des Friedens, „Westagent mit acht verschiedenen Identitäten“; ein Mann des Militärisch-Industriellen Komplexes (MIK). Darin denkt die Autorin, während eine anonyme Drohung mit dem Absender unknownsoldier@ ihre Nervenstränge vibrieren lässt. Die Angst assoziiert sich mit den „Nebelbildern von Gerhard Richter“. Ines Geipel variiert und ergänzt Richters Nebelbilder mit „dunklen Nachbildern“.
mehr


2022-05-20 07:53:26

Marion und Achim - Solider Sperrmüll

Es war wie heimkommen. Die Kneipe sah so aus wie Kneipen in meiner Kindheit ausgesehen hatten und die Gäste zeigten sich umgänglich und zufrieden. Die Wirtin war eine passionierte Kreuzworträtsellöserin mit Stricknadeln im Haar und Brillenkette. Ich kam ins Gespräch mit Marion und Achim, dem unproblematisch-postproletarischen Pärchen von nebenan. Ich schätzte Achim auf Ende vierzig. Er atmete angestrengt, bewegte sich schwerfällig und wirkte angeschlagen. Marion verkörperte die stille Unverwüstlichkeit ...
mehr


2022-05-19 06:32:31

Jonna von Stellberg - Die Zeichen einer fremden Gesellschaft

Jonna betrachtet ein Foto, das Thomas Brasch und Charles Bukowski zeigt. Braschs Mimik konserviert ein ungern preisgegebenes Erstaunen darüber, dass Bukowski sich offenbar ernst meint. Gemessen an den Ernsthaftigkeitsfestivals des Ostens kann Brasch Bukowski nur als Farce-Figur wahrnehmen. Das ist nun das, was er nach dem „Landwechsel“ zur Verfügung hat, während Heiner Müller (solange er kann) im Material bleibt.
mehr


2022-05-18 06:27:04

Jonna von Stellberg - Atemloser Stil und maßlose Stille

Als 1833 in Großbritannien die Sklaverei abgeschafft wurde, fand es die Krone angebracht, die sechsundvierzigtausend Sklavenhalter auf den Inseln ihrer Besorgnis zu entschädigen. Die Kompensationen folgten einem Rechtlichkeitsbegriff, der sich bis heute aus unserem Verständnis nicht verabschiedet hat. Nach Hegel übersteigt das „Dasein des freien Willens“ juristisches Recht.
mehr


2022-05-18 06:14:01

Isaak Babel - Die Ukraine in Flammen

Auf dem Vorhof seines Weltruhms dient Isaak Babel (1894 - 1940) dem Propagandaapparat der blutjungen Sowjetunion. Der Aktivist aus Odessa hält sich für ideologisch feuerfest und wähnt sich zugleich auf einem betonharten Plateau des Zynismus. Babel will der Welt sein naives Gesicht nicht zeigen. Das abgedankte zaristische Personal präsentiert er als Panoptikum „gewesener Menschen (und) Aristokratenratten“.
mehr


2022-05-17 06:00:11

Jonna von Stellberg - Der Hinterkopf von Lothar Trolle

Sie schreibt über die Unentbehrlichkeit der Kultur, über himmlische und irdische Liebe, über Interieurs, großen Stil und über die Kostbarkeiten des Lebens. Jonna von Stellberg ergründet die Kunst des Traums, dramatisches und episches Sterben, avantgardistische Lichtmalereien und die Psychologie des Komforts. Aus ihren Kunstkritiken, Feuilletons und Briefen spricht die Großartigkeit in Großbuchstaben.
mehr


2022-05-16 05:55:48

Jonna von Stellberg - Rätselhaftes Upper-Class-Portfolio

Heute gibt es mehr Grenzen als zu den Zeiten der Deutschen Teilung. Der Optimismus des Westens lahmt. Das Vertrauen in die Demokratie sinkt. Der Liberalismus erscheint als kranker Mann am Potomac nicht anders als an der Themse oder Seine oder Spree. Keine Erwartung wurde gründlicher enttäuscht als die Vorstellung, der (ab Neunundachtzig) eingenommene ...
mehr


2022-05-15 06:52:23

Jonna von Stellberg - Epischer Rückzug

2002 erzwingt die Schröder-Regierung im Basta-Modus eine Energiekonzernkonzentration und ignoriert dabei Einwände des Bundeskartellamts. Drei Jahre später gründet sich ein russisch-deutsches Joint Venture zum Bau einer Pipeline durch die Ostsee: Nord Stream 1. Kritik der Anrainerstaaten weisen die Initiator:innen des Gazprom-Konsortiums zurück.
mehr


2022-05-15 06:23:00

Isaak Babel - Physiognomischer Grobschnitt

Die Ukraine als Hauptschauplatz eines weitgehend vergessenen Krieges. Als Diarist und sowjetisch-akkreditierter Berichterstatter schildert Isaak Babel 1920 eine geschundene und verschlissene Bevölkerung in einem zugrunde gerichteten Land. Das hätte ich im Januar 2022 noch anders gelesen. Der aktuelle Krieg illustriert ...
mehr


2022-05-13 06:24:19

Jonna von Stellberg - Kapriziöse Unterscheidung

... wie Biermann über Ruth Berlau sprach, die er erst traf, als sie, so sagte er es, „schon ein alkoholisiertes Wrack“ war. „Die alte Frau“ (war) knapp über fünfzig.“ Vor ihrem Fenster stand auf dem Karlsplatz eine von Brecht in die Lyrik gebrachte Pappel. „Der große Lehrer“ hatte Berlau ausgemustert, als er zum Schreiben seiner Stücke keine Zuarbeiterin mehr brauchte, weil er keine Stücke mehr schrieb.
mehr


2022-05-13 06:10:12

Matti Friedman - Schattenkrieger

Sie sahen aus wie Araber und sie sprachen arabisch nicht anders als die Mehrheitsgesellschafter in ihren Geburtsorten. Als sich Mizrachim in den 1940er Jahren - im Zuge der israelischen Staatsgründung - für Spionageaufgaben rekrutieren ließen, fehlte ihnen zu einer perfekten Tarnung allein das, was in familiär-muslimischer Beiläufigkeit transferiert wird: religiöse Trivia vom Aberglauben über Verballhornungen ...
mehr


2022-05-12 08:19:47

Jonna von Stellberg - Boddendrache

Heiner Müller wusste, dass viele Phänomene seiner Gesellschaft keine Chance hatten, historisch zu werden. Die DDR-Wahrnehmung der Siegerinnen begnügt sich; während wir die amerikanischen Schichten gründlich voneinander scheiden. Jedes Imperium fordert eine Maßstab-bildende Genauigkeit heraus.
mehr


2022-05-11 06:47:37

Jonna von Stellberg - Der Melkzylinder in der Kuhscheiße

Ich bin früher nicht gern allein aufgewacht. In einer vertrauten Beziehung erschien mir der Morgensex manchmal wie eine Gratismahlzeit, die man nicht ausschlägt, obwohl der Hunger noch gar nicht zurück ist. Heute arbeitet meine Phantasie auch mit post-koitalen Bademantelbilder, die Brigitte Maria Mayer gemacht hat. Man sieht den vom Alter verlangsamten Heiner Müller im Sog der Kraft einer potenten Frau.
mehr


2022-05-11 06:02:14

Matti Friedman - Amerikanische Normalität als sowjetischer Lehrstoff

David Ben-Gurion dekretierte: “We must help the British in the war as if there was no White Paper, and we must stand against the ‘White Paper’ as if there was no war”. Seine Mahleket Hashshar-Agenten (ausnahmslos Männer) konspirierten mit einer nahezu perfekten Abdeckung. Die Mista‘aravim gaben sich - in einer abgewandelten Auslegung der ursprünglichen Begriffsbedeutung - als Araber aus. Die bloße Biografie jedes Einzelnen lieferte eine Legende frei Haus.
mehr


2022-05-10 06:36:01

Jonna von Stellberg - Sputnik-Optimismus

Da der Bundespräsident gerade von Putins „Epochenbruch“ sprach: Sich auf Norbert Elias‘ „Prozesse der Zivilisation“ beziehend, meldet Oliver Nachtwey erstaunliche Entzivilisierungsprozesse. Etablierte (Russland) reagieren auf aufsteigende Außenseiter (Ukraine) mit der Preisgabe der eigenen Moralstandards an gröbere Formate. Bei Restaurationsversuchen ihrer Ordnung werden sie zu jenen Barbaren, die sie vor sich zu haben glauben.
mehr


2022-05-10 06:07:49

Matti Friedman - Sozialer Spagat

Steckte man jene arabischstämmigen Postmigrant:innen, die bei antisemitischen Umzügen ihren Judenhass herausposaunen, in israelische Uniformen, ergäbe sich kein Momentum der Irritation, solange Schweigen die Verkleideten zierte. In der Frühzeit des israelischen Nachrichtenwesens spielten Akteure der „arabischen Sektion“ auf diesem Klavier. Mizrachim nutzten Chancen doppelter kultureller Auswahl. Mimikry setzten sie als Waffe ein. Sozialisiert in Exklaven arabischer ...
mehr


2022-05-09 06:10:34

Jonna von Stellberg - Sturm & Drang im Sozialismus

Seit ein paar Jahre tragen ich gern Nachthemden meiner Stralsunder Großmutter. Die Leinenstücke gehörten zur Aussteuer und stammen aus der Hand einer Greifswalder Weißnäherin. Biesen, Spitzen, Nadelfilets und seidene Einfassungen zieren sie. In der Hochzeitskollektion war auch ein Totenhemd. So praktisch war der Begriff vom Leben.
mehr


2022-05-09 06:00:31

Rachel Elliott - Außerirdische Überwachungstechnik

Rachel Elliotts Little Town Blues ist hinreißend koloriert. St Ives liegt in der Grafschaft Cornwall. Die Verhältnisse schillern beschaulich. Das Skurrile dominiert. Belles Trinkkumpane im Black Hole sind alle Mann über sechzig. Dazu passt, dass man sie für eine „alte Seele“ hält.
mehr


2022-05-08 06:08:08

Jonna von Stellberg - Versuch einer Scharfstellung

Einmal will Brecht die Arbeiterklasse in echt auf die Bühne bringen. Wie geht das? Das geht einfach so, sagt Brecht, dass man der Gewerkschaft Bescheid sagt. So geschieht es. Die Gewerkschaft schickt Arbeiter, mit denen Brecht arbeitet. Um anderen Arbeitern die Arbeiterschauspieler nicht vorzuenthalten, kauft die Gewerkschaft das Premierenkontingent auf und verteilt die Karten. Die Kollegen stecken die Karten ein und verziehen sich in ihre Kneipen. Die Arbeiter auf der Bühne spielen vor einem leeren Saal.
mehr


2022-05-07 06:01:02

Jonna von Stellberg - Schmerzloses Bedauern

Ivy von Höckelheim ist ein Kind der Nelkenrevolution. Ihre 1979 tödlich verunglückte Mutter entstammte dem zweiten Kreis der alten Macht in Portugal. Sie zählte zum Caetano-Klan, der Salazar beerbte. Lourdes‘ Sympathien gehörten aber der Umsturzgarde. Sie begeisterte jene „fast beunruhigende Leichtigkeit“ (Arnold Hottinger), die den Putsch zu einer europäischen Party machte.
mehr


2022-05-06 06:45:32

Jonna von Stellberg - Tillwitzer Traditionen

Hanne Marlow, geborene Schleim, wringt ihr trockenes Haar. Eine Geste der Verzweiflung auf dem Vorfeld von Erosion, Korrosion und Schimmel. Die übelsten Sachen sieht man gar nicht. Man kann sie auch nicht riechen. Aber sie sind da als Lauerjäger in den Größenordnungen der Mikroorganismen. Die chemische Zusammensetzung des Lebens schleift einen Rattenschwanz an Problemen ...
mehr


2022-05-05 07:17:54

Jonna von Stellberg - Post-Sozialistische Ex-Schönheit

Mühelos gewann Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj den Kampf um die Köpfe Europas. Ihm gelang es, die Frage ‚Wie hältst du es mit der Ukraine‘ zur Gretchenfrage in jedem Wohnzimmer zu machen. Dies gewiss in der Konsequenz schrecklicher Erfahrungen. 2014 fehlte die Anteilnahme. Die Amputationsschmerzen der ihrer Krim beraubten Ukraine ...
mehr


2022-05-04 07:26:08

Jonna von Stellberg - Sozialistischer Thriller

Über der Wasserlinie verliert der Himmel sein brennendes Morgenrot. Das Formenspiel der Wolken spiegelt sich. Das ist eine Urszene meines Lebens. Solange ich zurückdenken kann, nimmt mein Tag an einem Fenster mit freiem Blick auf den Bodden Gestalt an.
mehr


2022-05-04 07:12:15

Valeska Gert, Siegfried Müller - Berliner Moderne


mehr


2022-05-03 06:56:00

Jonna von Stellberg - Blowback

Er übermalte Postkarten mit Motiven des „Reichsschamhaarmalers“ Adolf Ziegler. Dessen Triptychon „Die vier Elemente“ nahm einen herausragenden Platz in der faschistischen Ikonografie ein, während Willi Baumeister (1889 -1955) im Dritten Reich als „entarteter“ Künstler kursierte. Der Geächtete überzog den Nobilitierten mit Hohn ...
mehr


2022-05-03 06:38:45

Ré Soupault - „Überall Verwüstung. Abends Kino“


mehr


2022-05-02 08:09:11

Jonna von Stellberg - Ahnengrind

Der Bodden liegt hinter einem Grauschleier. Ich sehe aus meinem Schlafzimmerfenster, das in grauer Vorzeit der Witwenkammerausguck meiner Großmutter war. Manchmal bilde ich mir ein, Niststellen eines alten Geruchs wahrzunehmen; eine Ahnengrindanhaftung in Gebälkschrunden.
mehr


2022-05-01 07:10:46

Jonna von Stellberg - Ostdeutsch-Exklusive Entre-nous-Exklave

Der kaum zwanzigjährige Malte Herzog erscheint Jonna von Stellberg auf halber Höhe des Tillwitzer Hausbergs wie in einer Vision. In Jonna geht sofort etwas los. Sie lädt Malte in ihr Skipperhus ein und bewirtet ihn ausführlich. Doch nichts von dem, was Malte seiner Gastgeberin zeigt, erklärt Jonnas eruptive Reaktionen auf den Fremden.
mehr


2022-04-29 06:58:25

Jonna von Stellberg - Möbelrausch

Ich beende das Schauspiel der vollendeten Gastgeberin. Wenn hier jemand nichts nötig hat, dann bin ich das. Malte schaltet sofort um. So beflissen wie ein Gymnasiast stellt er eine Frage zur Geschichte des Hauses. Bisher war noch jeder Gast bei seinem Antrittsbesuch vom Skipperhus bis zur Betäubung eingenommen. Ich lebe in einem Museum.
mehr


2022-04-28 07:43:46

Jonna von Stellberg - Kein Kürbiskopf auf dem Pumpenschwengel

Von Brombeerranken durchzogenes Unterholz schließt den Garten zum Bodden ab. Das Gelände ließ Jonna auf pflegeleicht trimmen. Der Längssaum besteht aus Weiß- und Schlehdorn, Kartoffelrose und Berberitze. Ein paar Beete und Sträucher unterbrechen die Wiesenmonotonie. Dann gibt es noch eine Grill-Sitzecke ...
mehr


2022-04-26 07:05:45

Jonna von Stellberg - Abgeklungene mediale Allgegenwart

Noch in der Nacht der Premiere werden Schauspieler verhört. Man legt ihnen nah, sich mit „der verbrecherischen Regie“ herauszureden. Heiner Müller wirft man „Nihilismus“ und „Schwarzfärberei“ vor, sein Spezi BK Tragelehn fährt zur Bewährung in den Braunkohletagebau ein. „Die Umsiedlerin“ verschwindet in einem Futteral des Schweigens. Erst 1976 inszeniert Fritz Marquardt das Stück als Mumien-Schanz unter dem Titel „Die Bauern“ an der Berliner Volksbühne.
mehr


2022-04-25 08:31:14

Jonna von Stellberg - Die Partitur der Verteilungskämpfe

Jonna hatte von jeher alles. Eine große Familie, ein großes Haus, einen großen Garten, eine praktische Liebe zu Hund und Katze. Ein Händchen für gute Geschäfte und einen Instinkt für das Geistige. In der neuen Zeit zog sie Einnahmen aus Vermietungen und Verpachtungen. Selbstverständlich begab sie sich in die Obhut alter HVA-Kämpen. Ostmänner, die ein großes Rad drehen konnten, fanden es angenehm, Jonna behilflich zu sein.
mehr


2022-04-24 07:15:18

Jonna von Stellberg - Aufgegebener Lieblingsplatz

Flache Wellen treiben gegen das Reet. Der Bodden schimmert smaragdgrün unter seinen Schaumkämmen. Nilgänse weiden einen Anger von Joachim Havemann ab. Die Ägypter kamen im 18. Jahrhundert als Ziergeflügel nach Europa. Vereinzelt fanden sie Zugang zur Freiheit, ohne da große Populationen zu bilden. Erst seit fünfzig Jahren vermehren sie sich wie nach einem Startschuss.
mehr


2022-04-23 06:58:13

Jonna von Stellberg - Rumpelerotik

Bei Arno Schmidt tauchen „begatten“ und „koten“ in einem Satz auf. Da schwingt sich ein Literatur-Tarzan von Ast zu Ast, wenn auch in einem längst vergangenen Präsens. Jonna überlegt, welcher ostdeutsche Schriftsteller der DDR-Schmidt war. Sie verliert den Faden, wie so oft in letzter Zeit. Sie taumelt und trudelt in die Gedankenlosigkeit. Das ist ein gefährlich leerer Raum.
mehr


2022-04-22 07:12:49

Jonna von Stellberg - Nachrichten aus dem Skipperhus

Die aus Tillwitz an der Ostsee gebürtige, in ihrem Geburtshaus verschwiegen-munter verbliebene Jonna von Stellberg war bis 1990 Kostümbildnerin an einem Rostocker Theater. Sie machte sich dann zweigleisig als Unternehmerin und als DDR-Dramatik-Expertin flott. Ihren Lebensunterhalt bestreitet Jonna mit Einnahmen aus Vermietungen und Verpachtungen ...
mehr


2022-04-21 06:44:43

Jonna von Stellberg - Beängstigend glücklich

Ich mag keinen 60plus-Galgenhumor. Ich will keine feuerfeste Nussknackerin im Rosenzuchtrausch sein. Mir graut vor dem Typus der unverwüstlichen Provinzpatrona in der Spielart einer vorpommerischen Best-Ager-Pomeranze.
mehr


2022-04-20 06:25:25

Weiter aus der Nordend-Saga - Karl May in Bornheim

Was gab es noch? Regina Halmich, das Ozonloch, im Kinderkrankenhaus von Saporischschja fehlte es von Einweghandschuhen über Zahnbürsten bis zu Desinfektionsmitteln an allem. Chefärztin Daryna Witalijiwna Poroschenko wandte sich an Karl May, der hatte schon mal geholfen.
mehr


2022-04-19 07:14:00

Alexander Kluge - Steinzeitliches Runner‘s High

Das Ende naht in jedem Augenblick. Ein „wütendes Stück Natur (in der Preisklasse) eines Wolfsrudels (oder eines) Schneesturms“ kann den Steinzeitjäger aus dem Rennen nehmen. Dessen Kompetenz kulminiert in zwei Fähigkeiten: der Vorausschau und der Ausdauer. Alexander Kluge unterstellt dem Versprengten eine stumme Grammatik.
mehr


2022-04-19 06:10:38

Heiner Müller - Suizidale Unentschlossenheit

„Aus dem Ruf nach mehr Freiheit wird der Schrei nach dem Sturz der Regierung“, heißt es nach ein paar Stunden „Hamlet“. Im Erfahrungsdruck kondensiert der Text. Müller arbeitet mit seiner eigenen Übersetzung. Geprobt wurde „Hamlet“ noch unter Honecker, gespielt wird nach dem Abgang der Gerusia. Die politischen Ereignisse erreichen Höhen des elisabethanischen Theaters. Müller: „Solange Shakespeare unsere Stücke schreibt.“
mehr


2022-04-18 06:38:22

Heiner Müller - Nur ich

Auch Heiner Müller hatte einen sozialdemokratischen Vater, dem Schwerstes zugemutet wurde; so dass er dem Sohn schwach erschien. Der schwache Vater ist eine Erfahrung, die zur Chiffre wird. Heiner Müller verkennt vorsätzlich Machtverhältnisse ...
mehr


2022-04-17 07:05:02

Müller, Schleef - Auf Transitstrecken des melancholischen Eigensinns

Ständig zündete sich jemand eine Zigarette an. Müller rauchte Zigarre. Er inszenierte am Schauspiel und lud mich in den Frankfurter Hof ein. „Allein gelassen schien er schmal wie ein Kind in der Fremde“, sagt Strittmatter über Brecht. Ich sah so Müller in Frankfurt. Er schenkte mir den „Fremden Freund“ („Drachenblut“).
mehr


2022-04-17 06:54:45

Joan Didion - Diskursfetzen an der Szenenstange

Die Frage nach der „richtigen“ Universität stellt sich nicht. Die „soziale Stellung“ der Familie ist „stabil“. Die Tochter muss zum Gedeihen ihrer Herkunftszelle nicht mehr beitragen als die Früchte eines unbeschwerten Gemüts. Der Aufstieg war das Werk vorangegangener Generationen. In der Gegenwart warnt kein Zeichen vor dem Abstieg.
mehr


2022-04-16 06:31:24

Brecht/Schlöndorff/Fassbinder - Leuchtfeuer der Implosion

Brecht verstand Baal als einen, der besingt den Sommer im Herbst und nimmt sein Publikum wie es kommt. Seine Abrichtung war ein Schlag ins Wasser. Ungebrochen wird er zur Zumutung für die Gemäßigten in ihren Käfigen der Zivilisation. Baal schlägt seinen Freund Ekart tot. Räudig schleicht er um die Ecken.
mehr


2022-04-14 07:18:48

Amerigo Vespucci - Anmaßende Nachdichtung

Vespucci und Caminha sahen Brasilien, das damals Vera Cruz hieß, bevor der Rummel los ging. Caminha beobachtete „die reichste Stromentwicklung der Welt“. Prächtige Wasserläufe erinnerten ihn an biblische Paradiesschilderungen. Zugleich erkannte er die Bedeutung dieser Straßen für den Welthandel.
mehr


2022-04-11 07:30:28

Indriði Mansfeld - „Ohne Mensch ist Gott allein“

Inge und Klaus Schneider unterhielten im Auftrag der Staatssicherheit einen literarischen Salon im Bezirk Prenzlauer Berg. Inge umgarnte Intellektuelle und Künstler mit entgegenkommendem Betragen, obwohl sie in ihrem Herzen einen gewaltigen Groll gegen Häretiker hegte. Jede Abweichung von der reinen Lehre war für sie Verrat.
mehr


2022-04-10 09:01:16

Bertolt Brecht - Eine Notiz zum Fatzer-Fragment

Auch in Brechts „Trommeln in der Nacht“ kehrt einer heim, sein Trauma, der Maschinenkrieg, spielt keine Rolle in der maroden Herkunftswelt. Das muss für Soldaten Science-Fiction gewesen sein: die Materialschlachten und Gasmasken und neuen Geistesstörungen. Sie kamen aus einer Welt kaiserlicher Kavallerie und fußkranker Infanterie in ein technisches, wie von Ufo-Besatzungen angerichtetes Inferno ...
mehr


2022-04-09 08:18:02

Ariane Mansfeld - Auf der richtigen Seite der Geschichte

Beaumarchais´ „Figaro“ hatte seine Uraufführung 1783 als Privatveranstaltung mit dreihundert Gästen. Nach Sainte-Beuve „klatschten sie dem Beifall, was sie zugrunde richtete“. Wir, die wir auf der richtigen Seite der Geschichte stehen, erkennen darin das Schicksal des Kapitalismus.
mehr


2022-04-07 07:20:38

Weiter aus der Nordend-Saga - Gesunde Eigenliebe

Marie will die Vorhänge nicht zugezogen, sie findet es schön, sich vorzustellen, dass einer zuguckt. Egal wer. In ihrer Phantasie läuft immer eine Kamera und begleitet sie sogar aufs Klo. Ist das schon Exhibitionismus oder nicht noch gesunde Eigenliebe? Tillmann vertieft lieber nichts. Nichts wissen will er vom Kniest, der sich überall einlagert und festsetzt.
mehr


2022-04-05 08:24:47

Elena Ferrante - Panoptikum in der Geisterbahn

In der frühen Handlungsgegenwart lebt Olga in Turin. Sie verzichtet darauf, ihrem literarischen Ehrgeiz zu genügen. Das Regime der schwindenden Kräfte hat sie schon am Haken. Wahrnehmen lässt sie sich als Ehefrau und Mutter. Zum Haushalt gehört ein läppischer Schäferhund namens Otto.
mehr


2022-04-04 07:58:39

Heiner Müller - Klingelton der vorletzten Epoche

Es gibt die Feststellung: „Bis ‘61 waren die Konflikte unmittelbarer.“ Die Gedichte aus dem Nachlass, die bis einundsechzig entstehen, soweit Müllers eigenwillige Datierungspolitik korrekte Zeitangaben zulässt, stehen im Zeichen des sozialistischen Realismus.
mehr


2022-04-02 06:59:32

Moderno a Merano - Meraner Moderne

Das Dorf war fast ausgestorben. Ein paar Uralte saßen vor einer neorealistisch-tristen Bushaltestelle, aber in den zwei Wochen meines Aufenthalts sah ich nie ein öffentliches Verkehrsfahrzeug. Ab und zu bretterte ein Pritschenwagen durch, und einmal am Tag hielt ein Tankzug, der die Letzten mit Wasser versorgte.
mehr


2022-04-01 08:28:11

Weiter aus der Nordend-Saga - Der alte König

Wem was gehört: das war die entscheidende Frage im alten Nordend. Das entschied, wer wen heiratete. Ja, es ging bei uns zu wie im Orient. Wir waren Protestanten und diskriminierten die Katholiken, die aber über eigene Bastionen verfügten.
mehr


2022-04-01 08:09:30

Theodor W. Adorno/Thomas Mann - Romanrealität

Er weiß sich so selten nicht „bei bestem Wohlsein“. Der Schriftsteller hebt sich als ein „von Gott langatmig geschaffener“ apollinischer Akteur hervor. Thomas Mann steht mit siebzig fest im Fleisch. In Kalifornien feiert er, nach lauter Bestätigungen seiner Ausnahmestellung, nicht bloß die Magie des Erzählens, sondern überdies sich als Magier.
mehr


2022-03-31 08:19:28

Bruno Latour, Paul Mason - Europa neu denken

Während lange die Vorstellung vorherrschte, der Westen habe Neunundachtzig gesiegt und nötige seither die Welt mit ihm Schritt zu halten (Francis Fukuyama), gibt sich nicht erst seit gestern das Gegenteil zu erkennen. Unter Druck geratene Demokratien experimentieren mit den Möglichkeiten der Einschränkung von Freiheitsrechten und ernten für Repressionen und Regressionen ausreichend Zustimmung.
mehr


2022-03-31 07:45:06

Mary Ruefles - Säkulare Epiphanien

Dass sich Mary Ruefles auf Clarice Lispector bezieht, passt zu den säkularen Epiphanien der Altmeisterin. Das Episodische, Flüchtige und Vergebliche dominiert in jedem Fall. Ruefles Miniaturen erfüllen nicht unbedingt die Funktionen poetischer Kleinode. Sie sind vielmehr Kassiber befremdlicher Botschaften, die wiederum als Echo eines Befremdens ankommen.
mehr


2022-03-30 08:03:21

Weiter aus der Nordend-Saga - Die Pilze vom Fuchstanz

Eine Großproduktion könnte so losgehen: vor einem Nachthimmel, den ein Lichtfries begrenzt. Der Fries verliert sein Geheimnis als Scheinwerferfräse. Karolin kommt in der funkelnagelneuen Outdoor-Multifunktionskluft mit Pilzen vom Fuchstanz.
mehr


2022-03-30 07:45:44

Bachmann/Enzensberger - Lyrische Zwanghaftigkeiten

Hans Magnus Enzensberger kennt seinen Rang, lange vor dessen Bestätigung. ... Das unterscheidet ihn von Ingeborg Bachmann, der er 1955 ... zum ersten Mal begegnet. Zwei Jahr später fangen Bachmann und Enzensberger einen Briefwechsel an, in dem er sie zunächst hofiert und sie ihn zulässt.
mehr


2022-03-29 08:23:46

Weiter aus der Nordend-Saga - Ratlose Entrüstung

Der Nachmittag geht in die Verlängerung, kein Abend in Sicht. Karolins Erwartungen nahmen ab. Männer, die gar nicht mehr damit rechnen konnten, für eine Frau in Frage zu kommen, hatten plötzlich eine Freundin namens Karolin. Karolin versprach sich unverdrossen alles. Von Wundern verlangte sie, das sie geschahen. Mit der Wirklichkeit ließ sich immer weniger anfangen.
mehr


2022-03-29 08:05:27

James Joyce - Hermetischer Quatsch

„Der Tag war bezaubernd“, heißt es lapidar am Morgen des 16. Junis 1904. Leopold Bloom erforscht sein Revier und denkt sich seinen Teil zu jedem Detail des Alltagsparcours. Er bemerkt die dünnen Socken und schiefen Knöchel eines Geistlichen, von dem ihn das Glaubensbekenntnis vor allem trennt. Trotzdem kennt Bloom die Formeln, die im katholischen Irland so beiläufig aufgeblasen werden wie Kaugummis. Die Liturgie als Litanei.
mehr


2022-03-28 08:12:47

Weiter aus der Nordend-Saga - Eine Ewigkeit zum Leben

Tillmann öffnet die Schlafzimmerfenster, zieht Gardinen vor und geht zu Bett. Karolin veröffentlicht ihr Behagen im Bad. Ein Streit auf der Straße erweitert das Programm zum Sendeschluss. In diesem Moment wünscht sich Tillmann eine Ewigkeit zum Leben.
mehr


2022-03-27 08:06:46

Margret Franzlik - Über Hilbig

Sie ist Küchenhelferin mit Abitur, er räumt Tische ab. So geht das los im Sommer Neunundsechzig. Das betont Margret Franzlik: wie unvorbereitet sie die Begegnung mit dem angehenden Schriftsteller Wolfgang Hilbig traf. Eine Liebe am Arbeitsplatz ...
mehr


2022-03-26 07:37:02

Rahaf Mohammed - Staatliche Frauenüberwachungs-App

„Es gibt eine (vom saudischen Innenministerium entwickelte, im Google Play Store oder im Apple App Store verfügbare) App, mit der Männer in Saudi-Arabien ihre Frauen überwachen.“
mehr


2022-03-25 11:07:43

Weiter aus der Nordend-Saga - Gehwegschäden auf der Milchstraße

Für uns war Gelnhausen, was Offenbach für den Rodgau ist – die Stadt, in der die Dinge passieren. Der höchste Punkt von Linsengericht drückt auf den Franzosenkopf. Die hessisch-bayrische Grenze zieht dem Hügel einen blanken Scheitel.
mehr


2022-03-25 10:05:36

Tomas Venclova - „Und Europa, verwahrlost, gehüllt in ein raues Laken“

Vor dem Hintergrund der aktuellen russischen Aggression und Putins postsowjetischem Hegemonialpostulat versteht man noch einmal anders und besser hoffentlich, was die Balt:innen seit Jahrzehnten umtreibt in jenem Herzen von Mitteleuropa, dass für Ignorant:innen viel zu lange bloß osteuropäische Peripherie im Hinterhof einer regressiven Weltmacht war.
mehr


2022-03-24 07:25:29

Clarissa Noailles - Die Mumien von Palermo

Fünfhundert Fliegenforscher:innen auf Kongresstournee steigen, stürzen, fallen aus Busen. Lauter Begabungen auf einer Domäne des Lebens, die mit „Leichenerstbesiedler:innen“ aufwartet. Die Erde wird von sechs- bis achtbeinigem Kleinwuchs dominiert. Die Betrachtung der Arten lehrt, wo unsere Albträume herkommen. Der Kongress kreist einen skelettierten Brachiosaurus brancai ein ...
mehr


2022-03-23 07:45:02

Weiter aus der Nordend-Saga - Schäbige Effizienzbegriffe

Heiner Müller sagt: „Die einzige Legitimation der DDR kam aus dem Antifaschismus, aus den Toten, aus den Opfern. (..) Ab einem gewissen Punkt fing es an, zu Lasten der Lebenden zu gehen. Es kam zu einer Diktatur der Toten über die Lebenden - mit allen ökonomischen Konsequenzen. Denn die Toten brauchen keine Jeans, keine Kiwis, keinen Walkman.“
mehr


2022-03-22 08:31:35

Simone Schilling - Heimwollen, aber nicht mehr wissen, wo das ist

In meiner Kindheit waren alte Leute Überlebende des 19. Jahrhunderts gewesen. Sie hatten den Steckrübenwinter von Neunzehnfünfzehn mitgemacht und das Inflationsgeld von Dreiundzwanzig in Weidenkörben davongetragen. Im Dritten Reich waren sie dann schon zu alt für alles außer Leid gewesen. Nun ragte das Greisenalter kaum noch in die Vergangenheit.
mehr


2022-03-22 08:15:25

Emily Ratajkowski - The Bonfire of the Vanities 2.0

Ihre aktuelle Reichweite verdankt Ratajkowski gewiss nicht der selbstherrlichen Begierde mächtiger Männer. Doch verbindet sich ihr Erfolg mit Erfahrungen im Spektrum patriarchaler Anmaßung. Die Übergriffe in der Vergangenheit wirken toxisch in der Gegenwart.
mehr


2022-03-21 07:34:21

Weiter aus der Nordend-Saga - Der kostbarste Augenblick des Abends

Apathie setzte eine Flagge in den Acker ihrer Existenz. Das wollte sie nicht, so was will kein Mensch, aber Paula konnte nicht anders, als allen Einflüssen des Niedergangs freien Lauf zu garantieren. Mit nichts kam sie weiter und voran.
mehr


2022-03-21 07:15:48

Doron Rabinovici - Aseptische Herzlichkeit

Ulli Popp fasziniert seine Feind:innen. Popps Legende geht so: Man mag seinen Populismus ... so medioker wie gefährlich finden, die innere Statur stünde auf einem anderen Sockel. Der Menschenfischer, Massenhypnotiseur, Rattenfänger und Volkstribun Popp sei zwar eine triviale Spielfigur des politischen Theaters, aber ...
mehr


2022-03-20 08:03:32

Weiter aus der Nordend-Saga - Die Zukunft fossiler Brennstoffe

„Meine Eltern erzählten gern, dass sie nicht nur ehelich, sondern auch leiblich verwandt waren. Sie stammten von Deutschen aus dem Siegerland ab, die mit Schuldknechtschaftskontrakten im frühen 18. Jahrhundert zunächst nach Fredericksburg, Virginia, gekommen waren.
mehr


2022-03-19 07:42:55

Weiter aus der Nordend-Saga -Sozialistische Erdbeertörtchen

Matthias Belz bezeichnete sich als „vorwärtsgewandten Historiker“. Er kombinierte Handkäs mit Straßenkampf. Er blieb bis zu seinem Lebensende beleidigt, weil ich in die Zeitung gesetzt hatte, was Baader von Beltz gehalten hat. Er rezensierte das Geschwätz vor Wasserhäuschen. Frankfurt war der Ort seiner Erfahrungen - das Labor, in dem die Bilder entwickelt wurden, auf die er reagierte.
mehr


2022-03-19 07:05:43

Mely Kiyak - Erreichbar für die Beschwerden der Welt

Auf den ersten Blick erscheinen Mely Kiyaks Kolumnen so reißerisch wie antike Kinoplakate. Sie haben Standpauken- und Brandreden-Signaturen, die Impulskontrollverluste suggerieren, als gingen mit der Autorin stundenlang die Pferde durch; als ließe sich eine besonders Temperamentvolle dafür feiern, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Das ist Camouflage. Kiyaks Stärke ist die Analyse von hinten durch die Faust ins Auge.
mehr


2022-03-18 07:27:30

Weiter aus der Nordend-Saga - Fleischwurst und Sauerkraut

Tillmann kommt mit Fleischwurst und Sauerkraut vom Metzger Klaus. Karolin trägt einen Ehering, das Gegenstück liegt auf dem Küchentisch, Karolin möchte für den Rest des Tages eine verheiratete Frau sein. Die Gravur nennt einen Namen, der Tillmann nichts sagt. „Immer ich“, sagt Tillmann. „Ich muss für jeden Quatsch herhalten.“
mehr


2022-03-17 06:03:48

Weiter aus der Nordend-Saga - Das Erzählgold der Azteken

In den Aufstiegsagenturen des 19. Jahrhunderts wurden Diskriminierungskonzepte obsolet, die lange aufhaltend gewirkt hatten. Ressentiments bedurften neuer toxischer Ladungen. Die Entzauberung der Welt als Fortschrittsmaschine formte auch den Antisemitismus um. Marx und Rothschild mussten auf einen Nenner gebracht werden.
mehr


2022-03-16 08:42:33

Weiter aus der Nordend-Saga - Koksen nicht kleckern

Manche täuschen mit Wespenwarntrachtfarben eine Gefährlichkeit vor, die sie nicht haben. Andere erscheinen so vegetarisch wie Ringelblumen, sind aber Fleischfresser. Skyliner vergrößern ihre Silhouette, um besonders ungebremst und zwanglos zu wirken. In der Regel simulieren sie einen Kunstwahn. Die Täuschung erlaubt es ihnen, als Kulturschaffende durchzugehen und nachts in Kneipen zu versacken.
mehr


2022-03-15 05:59:32

Abdulrazak Gurnah – Postimperiale Großkotzigkeit

„Fluidität von Herkunft und Kultur“ und eine „Diversität jenseits von Herkunft“ (Naika Foroutan) ergeben neue Koordinaten in allen möglichen Fluchtlegenden. Ganz am Anfang der Geschichte, die Abdulrazak Gurnah in seinem, im Original erstmals 2002 erschienenen Roman erzählt, erfüllt Saleh Omar aka Rajab Shaaban Mahmud die Bedingungen einer Asylmission nach den Regeln der prekären Migration.
mehr


2022-03-14 08:00:40

Weiter aus der Nordend-Saga - Hotspot für Freibiergesichter

Gemütlich ist gut. Gemütlich sind Pfannkuchen, schön mit Puderzucker, und Karolin erzählt dazu, wie der Puderzucker mit einem kleinen Löffel durch das Sieb gerührt wurde, im Damals einer gemeinsamen Nordendkindheit. Und wo das Sieb gekauft worden war. Ob es das ...
mehr


2022-03-13 08:11:42

Weiter aus der Nordend-Saga - Ausgebissene Liebesmilchzähne

Der Glauburg Park am Abend. Im ewigen Sommer Neunundneunzig erreicht Paula im Abendkleid Khans persönlichen Campingtisch. Sie verneigt sich vor der Extravaganz eines Kühlers und verlangt eine Zigarette.
mehr


2022-03-13 08:00:12

Gisa Pauly - Elvis Presley statt Rudolf Schock

Bikini ist nicht nur ein verstrahltes Atoll. Vielmehr gehört ein Bikini im Wirtschaftswunderland von 1959 zu den Must-haves jeder statusempfindlichen Sechzehnjährigen. Schreinertochter und Handelsschülerin Brit Heflik kämpft erbittert um das Prestigeobjekt für eine Klassenfahrt. Vater Edward gibt den knorrigen Gegner ...
mehr


2022-03-12 07:57:05

Weiter aus der Nordend-Saga - Die Landmetzgerei in der Stadt

Auf der Neuhofstraße reden Tillmann und Paula über die beste Bratwurst der Welt. Von Geros Mutter eingepackt auf einer Arbeitsfläche in der Landmetzgerei Sinnig. Die Landmetzgerei lag in der Stadt. Das Anwesen war unversehrt geblieben, stehengeblieben als Labyrinth und Kinderparadies und Schreckenskammer mit Vorhöllencharakter ...
mehr


2022-03-12 07:30:44

Abigail Assor - Marokkanische Hipster

Casablanca in den 1990er Jahren. In einer marokkanischen Hipster-Clique spielt die Französin Sarah die exotischste Rolle. Driss mit seinen „Thymianaugen“ und der Performance eines geblendeten Rehs ist der Reichste. Sarah möchte den gehemmten, in Gesellschaft verstummenden, im Zwiegespräch stammelnden ...
mehr


2022-03-11 07:14:52

Weiter aus der Nordend-Saga - Mentaler G-Punkt

Dienstagnachmittags geht Marie ins Textorbad, normalerweise mit einer Kollegin, aber heute lieber mit Tecumseh. Sie hat noch keinen großartigeren Delphinkrauler gesehen. Sie schämt sich ein bisschen für das Wenige, das für sie schwimmen ist.
mehr


2022-03-08 07:25:38

Weiter aus der Nordend-Saga - Doppelvereinsamung

„Kannst du nicht helfen?“ Die Frage maskiert einen Appell. Seit wann ergeben sich Rechte aus verjährter Verführung? Tillmann war falsch verbunden und richtig verlegen in der spröden Doppelvereinsamung. Ihm ist so heiß, dass er die Haut ausziehen möchte.
mehr


2022-03-06 07:54:50

Najat El Hachmi - Auf einer Laufbahn kleiner Siege

Die Erzählerin erinnert ihre Kindheit und Jugend als eine Laufbahn kleiner Siege. Während sie sich an den Ecken und Kanten eines patriarchalen Repressionsregimes stieß, triumphierte sie in einer Praxis trotziger Selbstermächtigungen.
mehr


2022-03-05 07:29:12

Weiter aus der Nordendsaga - Ghettoblaster für den Mittelstand

Tillmann streichelt seine Grundig-Tonbandmaschine, gebaut im Jahr von ‚Spinning Wheel‘ als Ghettoblaster für den Mittelstand. Wehmütig betrachtet er den restaurierten TK 147 de Luxe mit automatischer Bandendabschaltung.
mehr


2022-03-04 08:17:08

Weiter aus der Nordend-Saga - Ligurische Liturgie

Adriane sagt: „So viel Aufmerksamkeit ist auch mal schön.“ Traktor vernimmt den Vorwurf ... im „Terrence Tino“ ist noch jede seiner Freundinnen begutachtet worden. Er schenkt Adriane Wein ein und weiß nicht, was er denken soll. Die Wirtin schreit: „Adriane, möchtest duuu …?“ und Adriane möchte geradezu alles bis hin zum Pfeffer aus der übermannshohen Mühle, einem Erbstück und einer Rarität und trotzdem voll funktionsfähig ...
mehr


2022-03-04 07:43:35

Kaśka Bryla - Freundschaftliche Haftung

Zuerst verbindet sie nichts außer der plumpen Tatsache, die Neuen in einer Klasse zu sein. Iga Sulkowska und Ras-Putin Gerasimowitsch Bogdanow bilden eine Antipoden-Konstellation. Sie ist schnell, souverän und gradlinig, er ist langsam, wehleidig und labyrinthisch.
mehr


2022-03-03 07:27:02

Weiter aus der Nordend-Saga - Postironische Textideen

Tillmann stört Karolins bodenloser Maximalismus. Der gebieterische Drang, ihn in ihre Haltlosigkeit zu ziehen. Das tonnenschwere Gewicht, das manchen Sätzen nach ein paar Monate leichten Herzens wieder abgesprochen wird. Karolin ist studierte Kindergärtnerin im vorgezogenen Ruhestand, sie verlangt von Tillmann, wie ein ABC-Schütze vor roten Ampeln zu warten.
mehr


2022-03-02 06:54:12

Neustart Kultur - Vielen Dank

Sehr geehrte Stipendienbewerberin, sehr geehrter Stipendienbewerber, wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Ihr Antrag auf Förderung bei der VG WORT bewilligt wurde. Um den Fördervertrag mit der VG WORT abzuschließen, bitten wir Sie, den Fördervertrag über Ihren Account auf dem Online-Portal …
mehr


2022-02-28 08:35:45

Weiter aus der Burg-Saga - Die Kasse unter dem Sommerschalter

„Tanja ist die Bescheidenheit als Persiko“, behauptet der König. Er streicht über meine Beine wie über ein Fell. Er klopft mich, sein Hund hebt den Kopf, den Hund seines Vaters hat der König im Wald ausgesetzt und die Prothese seiner Mutter einem Theaterfundus gestiftet. Er steckt mir ein paar Gemeinheiten, die Boris zu mir eingefallen sind. Ich verstehe die Gemeinheiten als Verarbeitung meiner Zurückweisung.
mehr


2022-02-28 08:22:05

Solidarität mit der Ukraine - Freeze for Freedom

Zwei, drei Mal wurde es auf der Demonstration zum Thema. In der Ukraine geht es entschieden auch um die Freiheit des Westens. Die Selbstverständlichkeit unserer demokratischen Standards findet ihre Begründungen nicht zuletzt in alten Verabredungen des Kalten Krieges.
mehr


2022-02-24 06:31:15

Rimbaud - Das Agora-Phantasmas der Commune de Paris


mehr


2022-02-24 06:16:56

Emily Ratajkowski - Ikone auf Probe

Die Routine eines kalifornisch entspannten Fotomodells, das - technisch gesehen uneitel und schmerzfrei - seit seiner Schulzeit Katalogjobs abreißt, wie andere an ihrem Lieblingsstrandabschnitt Wassersport-Equipment und Speiseeis verkaufen, zerfällt unter dem Druck einer weltweiten Betrachtung ihres Körpers. Die Identität einer privilegierten Jobberin ... kollabiert im Überbietungswettbewerb der Deutungshoheitsbehauptungen ...
mehr


2022-02-23 07:25:18

Marc Degens - Zustimmender Widerspruch

Es ist oft erzählt worden. In der Hochzeit des „Ungeheuren Alltags“ formierte sich eine Korona der talentierten Zustimmung um Marie-Luise Scherer, Gabriele Göttle, Jutta Voigt und (als einer Ermöglicherin, die mir am Herzen lag) Jutta Stössinger. Kleine Lichter flackerten an den Peripherien Illuminierter. Das Niveau garantierten ...
mehr


2022-02-22 07:23:58

Lara Teichmann - Nachtspieler:innen

Tanja sagt etwas zu ihrer Entschuldigung, das sollte sie lassen. Eine Frau hält ein Mädchen ab, das schon schulpflichtig ist. Zwei Gitarristen fangen mit amerikanischer Volksmusik an. Der Strand (ein sandiger Parkstreifen) nimmt seiner Umgebung immer mehr Raum ab. Das sieht aus, als würden die Nachtspieler:innen aufrücken.
mehr


2022-02-21 07:12:29

Lara Teichmann - Vor Ablauf des Rückgaberechts

Eines Morgens setzt schlagartig die Gewöhnung ein. Für beide ist das eine Heimkehr zu Themen der Kindheit und Jugend. Karolin erzählt, was sie eben beim Bäcker erlebt hat. Sie wäre beinah in Schlappen vor die Tür gegangen. Das erinnert Tillmann an einen Sommer, in dem er im Bademantel seine Nachtasyle abgeklapperte.
mehr


2022-02-19 07:15:24

Alexander Kluge - Vorbewusste Welträume

Plakatierte Echtheitszertifikate „beweisen“ die Richtigkeit schillernder biografischer Angaben. Vermutlich besaßen die Ausgestellten den weltweit höchsten Schauwert. Ihre Präsentation als (der Legende nach) lebensgefährliche, über Nacht in Ketten liegenden Kannibalen, lässt die afrikanische Exotik offenbar hinter sich. „Rudolf Virchow, die anatomische Ikone der Humboldt-Universität“, nimmt die „Raritäten“ wissenschaftlich in Augenschein.
mehr


2022-02-18 06:59:10

Aichinger/Bachmann/Eich - Die richtige Ruhe

Man ist noch beim Sie und ganz förmlich. Angetörnt unterschreibt Ilse Aichinger mit „Ihre Sappho“. Da ist sie auf Lesbos im Urlaub, während Günter Eich halbwegs daheim „dionysisch“ verfasste Gedichte schreibt. Der Brief aus dem Jahr 1952 vibriert von dem Wunsch nach Nähe, obwohl der Grad der Bekanntschaft einen distanzierten Duktus nahelegt.
mehr


2022-02-17 07:13:09

Delphine Horvilleur - Talmudische Unverfrorenheit

In dem Bett zu sterben, in dem man empfangen und zur Welt gebracht wurde, entspricht keiner aktuellen Vorstellung von Erfüllung und Vollendung. Nach einem gelungenen Leben da den Geist aufzugeben, wo die eigene Geburt stattfand, steht uns als Idee kaum noch zur Verfügung.
mehr


2022-02-15 07:16:23

Toni Hesselbach-Wagner - Ein Hase in der Kneipe

Drei Sätze in den blauen Dunst und man ist wieder „beim Thema“. Wer mit wem vor allem damals. Als die Wagner-Schwestern noch blutjung und kaum eine Ahnung. Aber die Soundso schon. Und jetzt macht die Dirne auf Dame, wie lächerlich und geradezu. Toni glüht vor Verachtung. Jedes Urteil nimmt sie aus ...
mehr


2022-02-14 07:28:37

Hase Mansfeld - Im infernalischen Kern des Geschehens

Milada streicht über ihre Beine, als kämen sie ihr sonst abhanden. Manchmal unterstütze ich ihre Selbstanbetung mit meiner rechten Hand. Ich zitiere den verbotenen Vogtländer Gerald Zschorsch: „Und warten nah der Grenze / mit Lied und mit Gedicht / dass durch die vielen Strophen / die Mauer einmal bricht.“
mehr


2022-02-13 06:37:47

Hase Mansfeld - Heimliche Herzkammer

Offiziere im besonderen Einsatz bewirtschaften den Treffpunkt. Sie helfen notorisch klammen Dichtern aus den Bredouillen, die unangepasste Lebensführungen mit sich bringen. Sie heißen Inge und Klaus S. Zumal Inge wirkt sehr überzeugend als Aktivmuse und unerschöpfliche Inspirationsquelle für Künstler.
mehr


2022-02-13 05:50:54

James Joyce - Mirror Metaphorik

Stephen fährt im Zug seiner Aufmerksamkeit alle Linien ab, die das Gelände in spezifischer Beliebigkeit hergibt. Der Laserstrahl seiner Wahrnehmung tastet Vorsprünge, Kavernen und Felsnasen in dem Massiv über der Irischen See ab. Das Meer schäumt wie Weißdorn auf moosgrünen Kämmen. Stephen stolpert über einen Hundekadaver ...
mehr


2022-02-12 06:37:52

Goya Teichmann - Arrogante Armut

Inzwischen sieht Goya liegengebliebene Bildzeitungen mit anderen Augen durch als in der arroganten Armut des selbst Malenden vor vierzehn Jahren. Damals gewann ein Siebzehnjähriger das weltweit prestigeträchtigste Tennisturnier. Boris Becker war der erste ungesetzte, der erste deutsche und der jüngste Wimbledonsieger. Jetzt scheint er am Ende zu sein, während Goya obenauf ist.
mehr


2022-02-11 07:59:59

Mississippi Blues & Country - Weltbewegendes Dreieck

Wir durchqueren Schwemmland im Fruchtmantel des ursprünglichen Mississippi-Verlaufs; Baumwollland unter bewaldeten Hügeln. Aristokratische Weiher mit ihren von der Gegenwart düpierten Herrenhäusern erniedrigen sich zum Streckensaum. Sie sehen nach einer verlorenen Nacht im Casino aus und ein bisschen auch wie ein wahrhaft verwunschenes Heidelberg.
mehr


2022-02-11 07:05:11

James Joyce - Dynamisierte Duldungsstarre

Geboren am 2. Februar 1882, machte James Joyce mit der Veröffentlichung des „Ulysses“ seinen vierzigsten Geburtstag 1922 zum Meilenstein der Literaturgeschichte. Suhrkamp nimmt den Geburtstag und das Jubiläum eines Großmeisters der Moderne zum Anlass für eine weitere Ausgabe der sagenhaften Wollschläger-Übersetzung aus dem Jahr 1975. Hans Wollschlägers Auftritt als Übersetzer evozierte das Kolossal einer postumen Kollaboration, wenn nicht sogar einer Transition aus der anderen Welt ...
mehr


2022-02-10 07:14:10

Ludwig Huber - Werkzeugintelligenz und Metakognition

Während bei „einfacheren Lebewesen … nur ein unbewusster Wettbewerb unkoordinierter sensomotorischer Systeme stattfindet“, beweist jeder Elefant auf der Suche nach einem Wasserloch Konsistenz und Persistenz. Das verweist auf zwei konstitutive Merkmale menschlichen Bewusstseins: „Globale Verfügbarkeit und Selbstüberwachung“.
mehr


2022-02-09 07:55:09

Ré Soupault - Verschleppte Ladungen

Karl Marx nannte sie die „schönste Revolution der Weltgeschichte“. Ré Soupault schildert den zweiundsiebzig Tage währenden Utopismus ebenso emphatisch. Sie titelt „Paris unter der Kommune 18. März - 28. Mai 1871. Nach zeitgenössischen Dokumenten dargestellt“. Tenor des Radioriemens: „Trotz aller ihrer Fehler ist sie das grandioseste Beispiel der proletarischen Bewegung des 19. Jahrhunderts.“
mehr


2022-02-03 07:51:51

Antigone ‚Texas‘ Teichmann - Orientexpresso

Investigationen wirken auf Antigone wie Rauschmittel. Ihr Jagdtrieb wird stimuliert, etwas Ursprüngliches setzt sich durch. Innerlich reich geboren, fällt es ihr leicht, die Privilegien ihrer Klasse gering zu schätzen. Antigone lebt für ihre Arbeit, das Privatleben verelendet auf hohem Niveau.
mehr


2022-01-31 09:30:38

Eine von uns - Weiter aus der Hessen-Saga

Das Paar hat nichts mitgebracht, was vor Ort zählt. Die Neuen fühlen sich trotzdem großstädtisch überlegen, während die Rohrzange Anpassung sie kleinstädtisch kneift. Davon erzählt Gerda ihrer Freundin Amelie in Episoden, die wie gemalte Erfahrungsberichte in einem Klassenzimmer aneinandergereiht sind.
mehr


2022-01-30 08:35:47

Antigone ‚Texas‘ Teichmann - Sagenhafte Schwierigkeiten

Müßiggänger:innen bleiben vor Jims Kneipe hängen. Der Ire könnte als Sizilianer alten Schlags besetzt werden. Immer wieder gerät Jim in sagenhafte Schwierigkeiten. Dann finden im Nordend Verfolgungsjagden statt. Jim räumt Stühle und Schirme zu Tischen auf dem Bürgersteig. Er setzt sich zu den Paaren. Ein Stammgast geht in den Service, Jim nennt das Erlebnisurlaub.
mehr


2022-01-29 08:21:41

Hohenschönhausen - Die realsozialistische Version von Q‘s Labor

Das Gefängnis war ursprünglich eine Großküche. Man fand es auf keinem Stadtplan. In seiner Umgebung residierte Markus Wolfs Computer-Abteilung, die realsozialistische Version von Q‘s Labor, in dem James Bond seine Spielsachen kriegt, war auch da. Im kriminaltechnischen Institut des Ministeriums für Staatssicherheit in der Genslerstraße 13 baute man für Entführungsaktionen schalldichte Zellen in Autos (Westfabrikate) ein.
mehr


2022-01-28 07:37:30

Oma und die weiße Lüge

1923 behauptete eine verheiratete Weiße namens Fannie Taylor nach einem handfesten Streit mit ihrem weißen Liebhaber, von einem Schwarzen angegriffen und verletzt worden zu sein. Fannie Taylor brauchte eine Erklärung für ihre Blessuren, die sie nicht als Ehebrecherin desavouierten.
mehr


2022-01-27 08:11:40

Nilsson Linnæus - Drei Quadratmeter Hoffnung

Im Sommer 1808 übernimmt William Paterson den Posten des Gouverneurs von New South Wales. Er folgt dem kaum in Erscheinung getretenen Foveaux, dessen Vorgänger, der glücklose, von korrupten Offizieren gemobbte William Bligh, auf sein königliches Mandat pocht. Bligh ist eine nautische Ausnahmeerscheinung. Seine kartografische Genauigkeit hilft Seefahrer:innen noch im 20. Jahrhundert.
mehr


2022-01-26 07:53:45

Adorno gegen Brecht

Adorno sagt: Brecht lavierte, schraffierte, vernebelte, fintierte. Er habe sich verhalten im Geist mediokrer Vorgaben. Heiner Müller stimmt zu, deutet das Konzept aber anders. Er wäre gern Schüler dieses Meisters gewesen, und hat manchmal seine Geschichte auch so erzählt als wäre er Brecht nahe gekommen.
mehr


2022-01-23 08:39:07

Didier Eribon, Steffen Mau - Herkunftsscham

Wir wissen es alle. Didier Eribon und Steffen Mau haben im Kohortendenken der Postbabyboomer:innen Türen aufgestoßen und jede Menge Vorstadtlebensläufe aufgewertet. Die soziologisch diagnostizierte Herkunftsscham und ihr Gegenteil sind zu Schlüsseln des Begreifens geworden.
mehr


2022-01-22 08:12:11

Horst Karasek - Karge Existenz

Einmal liegt eine Spenderniere in der Frankfurter Uniklinik bereit, während Karasek mittellos in Sainte-Vertu rotiert. In einem von der Schwester gecharterten Privatflugzeug landet er auf einem Frankfurter Flughafen, um da zu entdecken, dass er ohne Pass reist. Karasek erzählt, wie Käse aus dem Papier geschlagen wird. Der Wein kommt mit schwarzen ...
mehr


2022-01-22 07:52:48

Ré Soupault - Martialische Heimsuchung

Am 2.3.1982 sendet der Hessische Rundfunk einen Beitrag mit dem Titel „Die Welt der Kelten. Eine Zivilisation und ihr Ende“. Darin trifft Ré Soupault eine fabelhafte Unterscheidung. Im Gegensatz zu ihren Vernichtern, den materialistischen, von einer festgefügten staatlichen Struktur ausgehenden Römern, seien die Kelten „Spiritualisten“ mit einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung gewesen.
mehr


2022-01-21 08:55:02

Horst Karasek - Ein anderer Peter Kurzeck

Erinnert sich noch jemand an Horst Karasek? Auf seine Weise war auch er ein Peter Kurzeck in Frankfurt am Main. Und außerdem eine Widerstandspersönlichkeit. Während Horst K. seine Lebhaftigkeit in Auseinandersetzungen an der Startbahn West suchte, erschien einer seiner Brüder televisionär als der junge Mann von Marcel Reich-Ranicki.
mehr


2022-01-20 09:16:02

Sandra Mansfeld, Elke Trümper - Vorübergehend heimatlos

„Ich möchte sterben wie mein Großvater, friedlich und im Schlaf. Auf keinen Fall hysterisch wie sein Beifahrer.“ Das erklärt Sandra, bevor sie den Ball der Aufmerksamkeit an Elke abspielt. Die beiden Frankfurter Rekonvaleszentinnen kuren in Ahrenshoop. Sie machen Front gegen Leute, die keine Hessen sind.
mehr


2022-01-19 07:35:53

Antigone von Pechstein - Verlogener Satansbraten

Niklas Luhmann beschreibt Vertrauen als „einen Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität“. Mir gefällt die mechanistische Erklärung. Ich schinde Malte mit Details. Historisch bedeutender und noch älter als sein Schauplatz ist ein hanseatischer Dielenschrank, ein Danziger Schapp mit Walnussbaumholzfurnier. Die Kugelfüße sind aus Ahorn.
mehr


2022-01-19 07:16:54

Adorno, Brecht, Capa, Gracián - „Das wahre Bild der Vergangenheit“

Das Exil machte Brecht nicht demütig. Er zählte zu den Stars der Emigration. Andere erlitten das Schicksal, dem er treffende Worte gab. Reden wir kurz über die „Flüchtlingsgespräche“ - „Der Pass“, so heißt es in dem fragmentarischen Ertrag des Brecht’schen Nachlasses, „ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustand wie ein Mensch.
mehr


2022-01-18 05:41:47

Hans Magnus Enzensberger - Abgestandener Charakter

1989 erschien in der von Enzensberger emphatisch edierten „Anderen Bibliothek“ im Eichborn Verlag als 52. Band „Edmond und Jules de Goncourt. Blitzlichter. Portraits aus dem neunzehnten Jahrhundert.“ Ausgewählt, übersetzt und mit einem Nachwort versehen wurde das Journalextrakt von Anita Albus. Die Frankfurter Rundschau schrieb: „Die Tagebücher der Brüder Goncourt sind eine kultur-, zeit-, sozial- und sittengeschichtliche Fundgrube ersten Ranges.”
mehr


2022-01-16 08:37:02

Brentano, Proust, Enzensberger - Cordon Sanitaire

Enzensberger vergleicht den Limes mit einer „Membran, die einen osmotischen Austausch zwischen verschiedenen Kulturen und Verkehrsformen beförderte“. Die Römer:innen seien zu klug gewesen, um sich abzuschotten. Doch gebe es Lagen, in denen ein cordon sanitaire als beste Lösung angesehen werden müsse, etwa bei Territorien, die sich Desperados unter die Nägel zu reißen wussten.
mehr


2022-01-13 06:46:14

Uwe Johnson - Irritierend entspannt

Im Visier der Sonne verläuft die Grenze zwischen Mecklenburg und Pommern. Die Aufnahme entstand auf der pommerschen Seite. So oder so ist das alles UweJohnsonLand. Nach dem Krieg kommt Johnson als Geflüchteter nach Güstrow. Das ist nicht weit weg von Waren an der Müritz, wo zur gleichen Zeit Heiner Müller als Sachse sich Mecklenburger Gemeinheiten gefallen lassen muss. Man bindet den „Ausländer“ an einen Marterpfahl. Das ist eine andere Geschichte.
mehr


2022-01-10 07:10:47

Eine Bemerkung zur Haltbarkeit der Dinge

Im Verlauf der Jugend kam er zu einer gebrauchten Ausrüstung, so dass er sich auf den ersten Blick nicht sonderlich unterschied von den Arrivierten. Er setzte seinen Stolz in das Unternehmen einer neuen und vollständigen Ausstattung vom Sombrero ... bis zum Sattel. Dafür arbeitete er zwanzig Jahre ... Der Gaucho schaffte sich die Dinge kein zweites Mal an. Sie überlebten auch noch einen Erben. Sie waren hundert Jahre brauchbar.
mehr


2022-01-03 08:47:26

Ossip Mandelstam - Semi-literarischer Kleinmist

Wie eine Schweißnaht zieht sich die Spur der Zensur durch Mandelstams essayistischen Obst- und Gemüseauslagen. Halboffen und halbironisch beschwert sich der Dichter in seiner Rolle als Urheber von semi-literarischem Kleinmist bei seinen Leser:innen über staatliche Bevormundung und brutale Dummheit.
mehr


2021-12-31 06:38:35

Heiner Müller, Michel Serres - Reaktionäre Äpfel

Michel Serres sagt: „Ekstase und Existenz haben die gleiche Wurzel.“ Das „Fast-Nichts“ der eigenen Existenz schließt sich mit dem Universum kurz. „Diese drei Kurzschlüsse – das Unermessliche im Punkt, das Sein im Nichts, Alles im Nichts – erzeugen einen Energiedruck von unendlicher Dichte, der mitunter über lange Zeiträume in einem Ausbruch von zerstörerischem Hass oder aber einer Liebe freigesetzt, die Zivilisationen schafft.“
mehr


2021-12-31 06:30:57

Adorno - Dilettierendes Denken

In der Vorlesung vom 21. 11. 1963 wendet sich Adorno gegen „eine Art von verantwortungsloser Drauflosdenkerei, die sich an die Sachgehalte, mit denen sie es zu tun hat“, ruchlos vergreift. Der Vordenker pointiert seine Kritik mit der Wendung „free for all“. Doch verortet er jedweden philosophischen Darkroom-, Späti- und Discounter-Text auf einem gemeinsamen Unterstrom mit der Dialektik.
mehr


2021-12-30 07:58:05

Serres, Lewis - Strategisch implantierte Verarmungskräfte

Die Aktivist:innen starteten eine restaurative Revolution. Sie bemühten sich um den Erhalt von Pittoresken und kombinierten traditionelle Elemente mit dem stadteigenen Pop in Opposition gegen volksrepublikanische Störungen. Ihr Ansehen war auch deshalb so hoch, weil der Aktionismus vom Charakter der Gutwilligkeit eingekleidet und der Identitätsdiskurs eher konservativ geführt wurde.
mehr


2021-12-28 10:04:18

Winterlichter im Palmengarten

Eben fiel mir eine Geschichte ein, an die ich lange nicht mehr gedacht habe. In meiner Hanauer Zeit klapperte ich Anglerheime, Campingplatzschwemmen und Gartengaststätten am Main zwischen Frankfurt und Aschaffenburg ab. Weitere lohnenswerte Ziele waren verschwiegen-eingesessene ...
mehr


2021-12-28 09:16:27

Heiner Müller - Last Exit

Die Todesnähe entmachtet den Unterschied zwischen Tag und Nacht. Heiner Müller wehrt sich mit chemischen Keulen, doch wird der Tod Heimat („der tod wird heimat“). Das ganze Wissen und die Gabe, es zu bündeln, gehen dahin. „Man tritt immer weiter aus der Bibliothek heraus und schreibt immer mehr in der eigenen Blindheit.“
mehr


2021-12-27 09:05:33

Michel Serres - Information und Energie

„Das Geld, das algebraische X und der Buchstabe können, weil bar jeder Bedeutung, alle Bedeutungen annehmen. Das Abstrakte oder Virtuelle lässt sich also in allen drei Fällen auf etwas Konkretes anwenden.“ Serres untersucht das Verhältnis von erd- und menschheitsgeschichtlichen Hotspots auf der Linie Tektonik, Vulkanismus, Einschläge aus dem All und den Tsunamis des Wissens. Plötzlich ist alles da.
mehr


2021-12-26 07:47:35

Nahid Shahalimi - „Wir sind noch da! Mutige Frauen aus Afghanistan“

Uns alle packte das Entsetzen, als wir – im medialen Echo der Weltereignisse - die Taliban auf Kabul vorrücken sahen und aus den Nachrichten erfuhren, dass bereits informelle Gespräche mit den künftigen Machthabern in Gang gekommen seien und die ersten diplomatischen Kanäle zur Kanaille gebohrt würden.
mehr


2021-12-25 07:26:18

Gustave Flaubert - Wie wird ein Depp zum Genie?

Flaubert startet sein eigenes Programm, bei dem das Symbolische vor dem Imaginären kommt. Der Kriseninhaber erlebt sich gesteigert, wenn er die Welt in sich erfindet. Dabei geht er über die dialogische Struktur von Interaktionen hinaus. Gleichzeitig fällt er archaisch hinter ihr zurück, indem er sein Leben monologisiert. In den Augen der Sozialkompetenten erscheint er deshalb naiv.
mehr


2021-12-24 07:47:38

Heiner Müller - Die Pyramide und der Hosenknopf

Da er lange ein berühmter Unbekannter bleibt, muss Heiner Müller wieder und wieder im Westen wie im Osten und so auch im Westen und Osten von Amerika die Butterdose seiner Biografie auskratzen. Das strapaziert, es führt zu einem schleifenden Text, der sich an folgenden Punkten wiederholt. Eine Großmutter war für Adolf Hitler, sie ging bis zur Kreisleitung, um sich gegen eine Schergenbehauptung zu verwahren.
mehr


2021-12-22 07:20:48

Inge und Heiner Müller - Sozialistische Arbeits- und Lebensgemeinschaft

„Dass ich nicht ersticke” handelt von der sozialistischen Arbeits- und Lebensgemeinschaft Inge & Heiner Müller. Die Produktionsbedingungen dieser Keimzelle von Werk und Mythos ordneten sich so, dass die Krisen in Inge ausgetragen wurden und Heiner sich mit lyrischem Stoizismus muskulös hielt. Der Sachse Heiner hatte im Krieg nichts Schlimmeres erlebt als ein Zugezogenenschicksal in Waren an der Müritz (im Uwejohnsonland).
mehr


2021-12-19 07:34:41

Einar und Heiner - Ein Phantasie mit Schleef und Müller

„Vor der Schöpfung war nichts. Gott hat auch bei null angefangen. Wir stellen ein paar Wurfzelte auf“, sagte Einar. Frankfurt kroch vor ihm, er hätte einen Schrebergarten auf die Bühne bringen und von dem Schrebergarten behaupten können, das ist alles, was sich noch sagen lässt. Wir saßen im Frankfurter Hof, Schleef, Müller ...
mehr


2021-12-18 07:58:19

Uwe Johnson - Kleidsame Ansichten

Uwe Johnson dachte wohl eine Weile darüber nach, wen er zur Hauptträgerin seiner literarischen Gewichte machen wollte. Auf einer sehr langen Linie entschied er sich für Gesine Cresspahl. Die Mecklenburgerin mit dem geraden Herzen betrachtete die Welt Jahrzehnte mit den Augen ihres Schöpfers. Er veredelte sie im Geist des sozialdemokratischen Antifaschismus. Johnson lieh seiner Gesine jede Menge kleidsame Ansichten.
mehr


2021-12-17 06:26:26

Max Frisch - Genialer Kurzschluss

Michel Serres fasst den genialen Kurzschluss so auf: „Galileis wahre Erfindung ... war der Zusammenhang, den er zwischen Mathematik und Erfahrung herstellte. Den Griechen, die darum keine exakte Wissenschaft von der Welt kannten, war deren Schnittpunkt verborgen geblieben. Galilei dagegen setzt Gleichung und Versuchsanordnung zueinander in Beziehung. Durch einen so blendenden wie fruchtbaren Kurzschluss zwischen einer virtuellen und …“
mehr


2021-12-16 06:58:17

Karoline von Günderrode - Erstrangige Leidensgemeinschaft

„Das Reich, in dem wir zusammentrafen, senkte sich herab wie eine Wolke, die sich öffnete um uns in ein verborgenes Paradies aufzunehmen.“ Bettina von Arnim über den Kreis der Romantiker:innen, in dem sich Karoline von Günderrode in Friedrich Carl von Savigny verliebte.
mehr


2021-12-16 05:56:23

Uwe Johnson - Das Kind Gesine

Johnson schildert ein sozialdemokratisches, kirchenkritisches Milieu, das von den Nazis aus der Fassung gedreht und nach dem Krieg in der sowjetisch besetzten Zone nicht mehr auf die Beine kam. In der Handlungsgegenwart erleidet Cresspahl ein Orientierungsdesaster. Er erkennt, dass gegen Hitler gewesen zu sein, keine ausreichende Basis für das Weitere ist.
mehr


2021-12-13 07:28:09

Ingeborg Bachmann, Max Frisch - Kassiber der Zeit

Walter Faber, der Held in dem vielbesungenen, zu Tode gequatschten und doch als Kassiber der Zeit ergiebig gebliebenen Bericht „Homo Faber“, strandet in der mexikanischen Wüste als Überlebender und mehrfach herausgeforderter Zeuge eines technischen Versagens. Der Ingenieur erscheint als Apologet des technischen Zeitalters. Sein Flugzeug hatte eine Panne. So what.
mehr


2021-12-11 07:31:31

Heiner Müller - Delegierter des Todes

Der mittlere Müller klingt noch jugendbewegt wie ein Wandervogel. Seine Stimme durchläuft eine ähnliche Karriere wie die Stimme von Johnny Cash. Der späte Cash singt wie ein Delegierter des Todes, damit die Lebenden schon mal reinhören können. Aus dem späten Müller spricht ein vom Passivrauchen entnervter Tod.
mehr


2021-12-10 06:27:16

Choukri, Genet, Bowles - Das Genie im Hotel

Ende der 1960er Jahre tauchte Jean Genet in Tanger auf. Er gab das Genie im Hotel. Das Personal erschreckte er mit abseitigen Gewohnheiten. Seine Großzügigkeit zeigte Genet Lumpen und Poeten. Er bewirtete Mohamed Choukri, den Paul Bowles entdeckt hatte ...
mehr


2021-12-07 06:46:04

Colson Whitehead - Harlem Shuffle

Ja, Carney kennt sich aus mit dem Herumgestoßenwerden. Er wundert sich, wenn ihn jemand Mister nennt. Nach seinen Wünschen gefragt zu werden, löst bei Carney basales Erstaunen aus. Seine Kalenderspruchweisheiten rahmt ein Trauerrand. Ihm fehlt der Optimismus der Einwanderer, deren Ambitionen im Augenblick des Romangeschehens mit dem „Elektronikboom“ flirten.
mehr


2021-12-06 10:19:20

Adorno - Kurzfristige Unsterblichkeit

Adorno schildert Ernst Jünger als „elend schlechten, verkitschten Schriftsteller … (und) second hand-George“. Der Kritiker sagt dem Autor eine „kurzfristige Unsterblichkeit voraus“.
mehr


2021-12-04 10:40:20

Tom Buk-Swienty - Nairobi unter dem Honigmond

Als die frisch vermählte Baronin Blixen Nairobi kennenlernt, leben da „knapp vierhundert Weiße, zweitausend Inder und circa viertausend Afrikaner“. Nicht weniger als tausend Einheimische begrüßen das skandinavische Aristokratenpaar auf ihrer eben erworbenen Kaffeefarm MBagathi im nairobischen Umland. Karen Blixen registriert lauter „splitternackte Männer“. Sie folgen den neuen Herrschaften „mit dröhnendem Gesang“.
mehr


2021-12-03 10:10:55

Heiner Müller - Im Planetensturm

Dänemark im Packeis, der Kontinent im Planetensturm. Die DDR vor ihrer Auflösung – Müller inszeniert „Hamlet/Hamletmaschine“ 1990 als lange Strecke am Deutschen Theater. „Was du dem Zuschauer nicht antun willst, das tut er dir an.“ Westliche Berichterstatter:innen sprechen voller Vertrauen in den Abstand von „Ost-Berlin“ und „DDR-Dramatik“. Die deutsche Spaltung ist nicht nur noch sichtbar, sondern nun auch zu besichtigen wie ein Riss in der Erde. In den Köpfen steht die Mauer.
mehr


2021-12-02 11:03:03

Heiner Müller - Vom Eiswürfel zum Brühwürfel

Mühe erinnert sich an Müller: „Ich habe ihn an einem Morgen in seiner Wohnung abgeholt. Er hatte verschlafen, weil es am Abend vorher spät geworden war, ich wollte ihm einen Kaffee machen. Aber er hatte keinen Kaffee im Haus. Er hatte eigentlich gar nichts im Haus. Irgendwo in dieser leeren Küche habe ich dann noch einen Teebeutel gefunden.“
mehr


2021-12-02 10:34:36

Zentralrat der Juden in Deutschland - Jüdische Jugendbewegung

Assimilierungsbestrebungen und zionistische Emanzipation kreuzten sich mannigfaltig. Ob bündisch oder zionistisch: man strebte einer „neuen Zeit“ entgegen. In jedem Fall wurde Härte gefordert, auch in den Mädchen- und Frauen-Gemeinschaften, die innerhalb der Verbände von „männlicher Hegemonie marginalisiert“ zu werden drohten. Leiterinnen jüdischer „Mädelschaften“ sprachen sich gegen das „Salonvagabundieren“ aus. Sie postulierten einen zünftigen Rigorismus „auf Fahrt“.
mehr


2021-12-01 08:54:29

Adorno, Fridays for Future - Embonpoint

Adorno vermied jeden Auflauf. Er wäre niemals in einer Gemeinschaft Skandierender mitgelaufen. Das hat er selbst festgestellt; man hat es ihm zum Vorwurf gemacht. Adorno verwahrte sich gegen die doppelte Zumutung der Aufforderung zur Beteiligung am Massenhaften sowie der Kritik an seiner Verweigerung mit einer Formulierung aus der Kreisklasse.
mehr


2021-11-30 09:31:05

Hadayatullah Hübsch - Gedichte für alle

In Antonio Skármetas Roman „Mit brennender Geduld” ergibt sich eine Freundschaft zwischen Pablo Neruda und einem Briefträger. Irgendwann schickt der Mann ein Gedicht von Neruda seiner Angebetete, es als sein eigenes ausgebend. Neruda bekommt davon Wind und beschwert sich: „Das ist mein Gedicht”, sagt er. Der Briefträger antwortet: „Nein, Gedichte gehören denen, die sie brauchen.”
mehr


2021-11-29 10:46:03

Thomas Brasch - Verlangsamter Schwung

Katharina Thalbach spielt lange tapfer mit Pulswärmern. Doch dann gerät ihr Schwung in die Verlangsamung. Sie taumelt in die Neujahrsnacht. Sie spielt alldieweil mit Dominosteinen ... Jetzt könnte sie das Motto des Films zitieren: „Es gibt im Leben eine Zeit, / wo es sich auffallend verlangsamt, / als zögerte es weiterzugehen / oder wollte seine Richtung ändern. / Es mag sein, daß einem in dieser Zeit / leichter ein Unglück zustößt.“ Robert Musil
mehr


2021-11-29 10:16:18

Zentralrat der Juden - Juveniler Idealismus

Aliyah bedeutet im Hebräischen Aufstieg. Elaboriert man den Begriff, bedeutet Aliyah das Ende der Diaspora und die Heimkehr aus der Zerstreuung. Es gab eine vormoderne Aliyah im osmanischen und post-osmanischen Palästina. Die Restriktionen unterlaufende Einwanderung (zumal im Rahmen der britischen Mandatsmachtausübung) nannte man Aliyah Bet.
mehr


2021-11-28 05:39:51

Daniel Botman, Dmitrij Belkin - Jüdisch-muslimischer Dialog

Wir freuen uns auf den fünften Band von „Schalom Aleikum“, dem Periodikum des „jüdisch-muslimischen Dialogs“. Der Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland Daniel Botmann und der Historiker Dmitrij Belkin erklären in einer Vorbemerkung, dass der „jüdisch-muslimische Dialog“ die ganze Gesellschaft betrifft.
mehr


2021-11-28 05:23:54

Sandra Anusiewicz-Baer, Lara Dämmig - Das Ferienlager als Zentralerfahrung

Das Ferienlager als kindliche Zentralerfahrung spielt auch in Helgas Biografie eine bedeutende Rolle. In ihren von Lara Dämmig fixierten Aufzeichnungen „Wir dürfen uns nicht unterkriegen lassen“ erzählt Helga von glücklichen Ferien in Boltenhagen, Güstrow, Ueckermünde und Glowe, wo dann auch ihre Kinder Erlebnisse sammelten.
mehr


2021-11-27 05:43:01

Heiner Müller - Trübe Pracht

„Die Schlangen sollen deine Scheiße fressen, deinen Arsch die Krokodile, die Piranhas deine Hoden.“ Das zu schreiben, hat bestimmt Spaß gemacht. Die trübe Pracht garniert einem Einschub. Der Einschub ist eine Vergegenwärtigung des „Auftrags“. Die Welt, in der Müller den „Auftrag“ schreibt, sieht an Ecken und Kanten aus wie seine Beschreibung. Ein realistischer Rahmen füllt sich mit surrealem Schaum.
mehr


2021-11-26 06:13:27

Evolutionäre Spielfigur in misogynen Strukturen

Nichts zeigt deutlicher das Ende einer Epoche an als jene Frauenbilder, die in meiner Generation zur Identifikation einluden. Ich rede von Marilyn Monroe und Jayne Mansfield, deren Ikonografie in der gegenwärtigsten Lesart herabsetzenden und längst vom Markt genommenen Zuschreibungen geschuldet sind. Der letzte Schrei von gestern verhallt nicht als geachtete Ladenhüterin im kulturellen Gedächtnis ...
mehr


2021-11-26 06:00:02

Zentralrat der Juden in Deutschland - Makkabi Hazair

Die Verfasser:innen der Beiträge sind Partizipant:innen der Geschichte, die sie memorieren. Zugleich sind sie Schrittmacher:innen der Entwicklungen, die sie referieren. „Die Geschichte der jüdischen Jugendbewegungen (interpretieren sie) als prägnanten und zugleich ambivalenten Ausdruck des Modernisierungsprozesses mitteleuropäischer Gesellschaften.“
mehr


2021-11-24 04:52:26

Sarah Biasini - Dokumentarische Dimension

Einmal wählt das Kind den Vornamen des Vaters als Anrede und versteht die Aufregung nicht, die das auslöst. Für seine Tochter will Daniel Biasini „nur eine Identität haben, die des Vaters“. Jahre später sieht sie sich selbst außerstande, den Unterschied zwischen der Schauspielerin und ihrer Mutter Romy Schneider in einem öffentlichen Rahmen zu fassen.
mehr


2021-11-22 07:26:04

Nikita Simow - Klimakampf am Polarkreis

„Der Permafrost taut, der Amazonas brennt, die Pole schmelzen. Der Klimawandel scheint unaufhaltsam voranzuschreiten. Ist Widerstand also zwecklos? Auf keinen Fall, wie die hier vorgestellten Klimakämpfer beweisen. Überall auf der Erde setzen sie sich mutig für den Klimaschutz und mehr Nachhaltigkeit ein, wehren sich gegen Raubbau, Lebensmittelverschwendung und Klimakrise. Die Weltreporter haben diese heimlichen Heldinnen und Helden auf dem ganzen Globus besucht und begleitet.“
mehr


2021-11-21 06:58:36

Jane Bowles - Lost Generation

„Wahrscheinlich hasse ich das geschriebene Wort, ganz egal wie ich es gebrauche“, schreibt sie Paul Bowles 1947. 1950 meldet die Autorin: „Wenn ich mein Buch nicht zustande bringe, gebe ich das Schreiben auf.“ Die Rede ist von Jane Bowles zweiten, nie vollendeten Roman. „Und dann entweder Selbstmord oder ein anderes Leben.“ In einem Geschäftsbrief findet sich die Zeile: „Lieber Mr. – Wenn das Geld nicht bis Dienstag da ist, erschieße ich mich.“
mehr


2021-11-20 07:28:35

Einar Schleef - Einar für alle

Anfang der Sechziger geht Schleef nach Berlin und studiert in Weißensee Bühnenbild. Er wirkt an lauter ersten Linien, die Mutter versteckt seine Tagebücher vor dem Vater und der Stasi unter den Kohlen im Keller. „Was sagen all diese Bücher über mich aus?“, fragt er sich. „Ach, es ist so viel Unwahres darin, so viel Lüge und Widerspruch.“
mehr


2021-11-19 07:32:20

Milo Dor - Rückwärtsgewandte Utopien

Als Gefangener der Wehrmacht gelangt Milo Dor 1942 nach Wien. Er wird von „rückwärtsgewandten Utopien“ überrascht, denen „Nachkommen des untergegangenen Vielvölkerstaates“ rauschhaft und fiebrig anhängen. Die ordnende Kraft der Habsburger Monarchie ist die beliebteste (abgegriffenste) Spielkarte der umlaufenden Klischees.
mehr


2021-11-19 07:26:32

Luigi Malerba - Falsche Abkürzungen


mehr


2021-11-18 07:37:28

Heiner Müller in seinen eigenen Worten

„Der Hildesheimer hat gesagt, daß er es für sinnlos hält, heute noch zu schreiben … (da es keine Nachwelt mehr gibt.) Das ist etwas ganz Defätistisches. Wenn ich eine Arbeit mache, dann mache ich sie doch, weil ich diese Arbeit gern mache, weil ich sie so gut machen will wie ich kann. Da ist es doch uninteressant, ob das fertige Produkt morgen in einem Museum steht oder wie eine Flaschenpost im Atlantik treibt.“
mehr


2021-11-18 06:50:20

Judith Malina, Kenneth Brown - Kleiner Spielraum/großes Grauen

Ein kleiner Spielraum genügt dem großen Grauen. Die sofort überlasteten Zuschauer:innen sehen ein Stück „inszenierter Wirklichkeit“ (Henning Fülle); kommen aber kaum dazu, das zu begreifen. Die Erpressungen, denen die Delinquenten ausgesetzt sind, erreichen das Publikum als monumentale Zumutung. 'The Brig' handelt von den pervers-kafkaesken Zuständen ...
mehr


2021-11-17 06:53:01

Walter Höllerer - Brutales Kammerspiel

Dem Faschismus nach Amerika entgangene deutsche Theaterleute gründeten und inspirierten das Living Theatre und andere Motoren der Avantgarde, während in Westdeutschland der bürgerliche Theaterbetrieb aus dem letzten Loch pfiff. Bemerkt wurde die Misere von Walter Höllerer, der Anfang der 1960er Jahre ein omnipräsenter Erklärer war.
mehr


2021-11-16 10:22:32

Karolin Freiburg - Pharaonische Totenstille

Tanja hält an ihrer Mundart fest. Die Steilküste ihrer Kindheit hängt als Bild in dem Schachtelreich über Doris' Silberblick. Tanjas merkwürdige Bleibe ist eine Sehenswürdigkeit. Früher hausten in solchen den Treppenhäusern und Versorgungslabyrinthen abgetrotzten Räumen Faktoten; lemurenhaft-gespenstische Erscheinungen ...
mehr


2021-11-16 10:16:32

Annick Cojean, Gisèle Halimi - Der frauenfeindliche Geist der Revolution

Halimi moniert den „frauenfeindlichen Geist der Revolution von 1789 ... der den Bürger für mündig erklärt hatte und die Bürgerin für politikunfähig“. Als parteiungebundene, mit François Mitterands Sozialist:innen lediglich assoziierte Abgeordnete erlebte Gisèle Halimi ihre alltägliche Demontage. Mitterand sei ein Chauvinist alter Schule gewesen, charmant und herablassend.
mehr


2021-11-15 10:32:17

Marlon Brando - Kalifornischer Brandungsschick

Sein Gesicht hält dem erdgeschichtlichen Budenzauber stand, der in dem frühen Spätwestern One Eyed Jack 1961 als Kulisse herangezogen wurde – all die Tafelberge, Schründe, Kegel, Dolmen, Gipfel, Canyons, Reliefs, säulenförmige Mammutsukkulenten, Dünen, Kämme und Grate - sowie der kalifornisch-pazifische Brandungsschick unter einem dramatischen Himmel.
mehr


2021-11-14 09:45:10

Karolin Freiburg - Vulkanische Ruhe

Ständig klingelte ihr Telefon, von einem Freund war den ganzen Abend nicht die Rede. Lydia schwärmte routiniert für frische Petersilie und Pfefferminze. Sie war in Indien, Pakistan, Afghanistan als Rucksacktouristin. Sie strahlte vehement, anscheinend eingenommen von Tillmanns vulkanischer Ruhe.
mehr


2021-11-14 08:44:53

Heiner Müller - Lyrik als Kunstgewerbe für Jäger:innen

Anfang der 1950er Jahre lebt Müller illegal in Berlin. Am Westen interessieren ihn nur die Filme, in jeder S-Bahnstation gibt es ein Kino. Müller kommt aus der Kleinstadt, da sind „die Ungerechtigkeiten persönlicher“. Er dichtet wie der Weise vom Berg: „Ihr lasst euch gern in euren Flüssen treiben / den sommerlichen, wenn der Himmel brennt ...“
mehr


2021-11-13 05:26:49

Karolin Freiburg - Lockere Leute

Ergreifend gut passt das Paar in die Gegend. Lockere Leute. Doch dann tritt ein schwarzer Hüne im rosa Hemd auf, und neben ihm schwebt ein Fotomodell ein. Wahrscheinlich gibt es kein größeres rosa Hemd auf Erden, es platzt trotzdem gleich.
mehr


2021-11-13 05:07:29

Roxane Gay - Patriarchale Anmaßung

Bianca erfüllt alle Bedingungen an eine Selbstoptimiererin nach dem aktuellen Standard. Sie luncht „zweckmäßig“, überholt sich selbst auf dem Laufband, brilliert funktionselitär als Keyboard-Warriorin. Sie ist „flink“ und fluffig und trotzdem ganz und gar Gefangene eines merkwürdigen Fluchs. Wo Bianca aufkreuzt, fängt die Welt an zu lecken.
mehr


2021-11-12 05:06:57

Roxane Gay - Psychologisches Sperrholz

Feministische Verve und schriftstellerisches Vermögen - Roxane Gay entlarvt Innenverkleidungen der Attitüden im Geschlechterkampf als psychologisches Sperrholz.
mehr


2021-11-11 10:23:22

Gisèle Halimi, Annick Cojean - Seid unbeugsam

Die Frauenrechtlerin und Anwältin Gisèle Halimi kämpfte ihr Leben lang leidenschaftlich für die Freiheit und die Gleichberechtigung der Frauen. Sie starb im Juli 2020 mit 93 Jahren in Paris. „Seid unbeugsam!“ ...
mehr


2021-11-11 10:10:19

Isabelle Eberhardt - Born To Be Wild

Nach dem Selbstmord eines Bruders hält Eberhardt nichts mehr in Europa. Sie trennt sich nicht nur von dem Kontinent, sondern auch von ihrem Verlobten, einem Diplomaten des Osmanischen Reichs. Die Zivilisationsmüde eilt nach Tunis, erwirbt den Hengst „Souf“ und reitet allein durch die Wüste nach Algerien. Born to be wild in einer polyglotten Variante.
mehr


2021-11-08 10:33:27

John Locke - Armut als medizinisches Problem

1685 machte Ludwig XIV. Schluss mit dem Protestantismus in Frankreich. Er schuf die reformierte Kirche ab und kurbelte so die Wirtschaft in den Nachbarländern an. Landgraf Carl von Hessen-Kassel (1654 - 1730) rieb sich die Hände, er gewährte Hugenotten Siedlungsfreiheit. Geflüchtete bauten die Kasseler Oberneustadt. Sie revanchierten sich, indem sie in der Residenzstadt den Merkantilismus modellhaft auf die Spitze trieben.
mehr


2021-11-08 09:44:50

Ayesha Harruna Attah - Magische Verbindung

Hassana und ihre Geschwister, darunter die Zwillingsschwester Husseina, verbringen eine idyllisch-urwüchsige Kindheit in der Gegend von Djenné. Die Stadt im Delta zwischen Niger und Bani zählte zu den Hotspots des (in vorislamischer Zeit entstandenen, in der Handlungsgegenwart nicht mehr relevanten) Songhaireiches. Eines Tages überfallen Menschenjäger:innen Hassanas Dorf. Sie ignorieren Familienbande und beenden die Zwillingssymbiose.
mehr


2021-11-07 06:06:12

David Ben-Gurion - Independence Power Speech

Stunden vor dem Erlöschen des Großbritannien vom Völkerbund übertragenen Mandats für Palästina am 14. Mai 1948 traf ich Alan Cunningham im King David Hotel, wo die britische Administration untergebracht war. Ich wunderte mich über die Ruhe im Haus. Es herrschte keine Auf- oder besser Abbruchstimmung. Jemand spielte Ohrwürmer von Benny Goodman auf einem Klavier.
mehr


2021-11-06 05:04:14

Johannes Mario Simmel - Sentimentaler Sozialist

Simmel holt aus. Mühelos schlägt er einen Bogen von Judy Garland via Seidenhemden und Transatlantikflügen zum Ödipuskomplex. Das sind Ingredienzien der Droge Simmel, die heute keinen mehr vom Hocker reißt. Sie wirkte aber im Schleiflack-Muff angehobener Massenquartiere. Ich las mir die Ohren heiß. Die indirekte Kapitalismuskritik eines Casanovas des XX. Jahrhunderts entging mir selbstverständlich nicht.
mehr


2021-11-06 04:55:11

Erik Neutsch - Epischer Sozialismus


mehr


2021-11-05 05:22:47

Rodrigo Hasbún - Rache für Che

Wer regelte 1971 in Hamburg den Verkehr für Monika Ertl, als sie (angeblich) Roberto Quintanilla Pereira mit drei Kopfschüssen hinrichtete? Sie nahm gekonnt Rache. Ihr Vater hatte in Bolivien eine Kunstschützin und Herrenreiterin aus ihr gemacht. Monika konnte auch Golf, sie pendelte zwischen Camouflage und Robe. Der Mord quittierte (nach einer Legende) eine von Pereira befohlene postume Entwürdigung Che Guevaras ...
mehr


2021-11-04 04:57:42

Alexander Schalck-Golodkowski - Keine Jubiläumswohltat

Lew Kopelew und Alexander Solschenizyn liefern den Abgrundszenarien des Kalten Krieges traumhafte Bilder aus einer ewigen schwarzweißen Winterwelt. Der „anti-imperialistische Schutzwall“ wirkt wie ein Embargo. In der Ostsee-Zeitung stellt ein Obermaat fest: „Durch das Bestehen unserer Armee und durch ihre feste Waffenbrüderschaft mit den Armeen des Warschauer Paktes ...“
mehr


2021-11-04 04:48:12

Thomas und Heinrich Mann - Nachrufe zu Lebzeiten

Im Dezember 1910 stirbt Samuel Lublinski. Thomas Mann erwähnt den Tod des Publizisten in einem Brief an seinen Bruder Heinrich. Er führt aus: „(Theodor) Lessing veröffentlichte in der 'Schaubühne' einen Nekrolog von so milder Verlogenheit, dass man sich erbrechen könnte.“ Als Lessing 1933 von Nationalsozialisten ermordet wird, vertraut Mann seinem Tagebuch an ...
mehr


2021-11-03 07:14:36

Hermann Burger - Gebärde der Überheblichkeit

Siegfried Unseld legte sich einen Jaguar zu, um Max Frisch einzuholen, der nicht nur großbürgerlich auftrat, sondern so auch vorfuhr. Dann holte Hermann Burger im Ferrari Testarossa auf und erwies sich als uneinholbar auf seiner letzten Fahrt von Suhrkamp durch den Gotthardtunnel zu S. Fischer in Ffm-Sachsenhausen. Burger starb neunundachtzig mit sechsundvierzig.
mehr


2021-10-30 05:58:58

Theodor W. Adorno - Symphonischer Atem

„Den Satzzeichen gegenüber befindet der Schriftsteller sich in permanenter Not; wäre man beim Schreiben seiner selbst ganz mächtig, man fühlte die Unmöglichkeit, je eines richtig zu setzen, und gäbe das Schreiben ganz auf.“
mehr


2021-10-30 05:39:27

Stefan Heym - Die Bugrampe als Gangway

Der Roman erschien erstmals 1944 in der anglo-amerikanischen Hemisphäre. Stefan Heym schrieb ihn als Soldat* in der letzten Phase vor dem D-Day. Während alle anderen auf Englisch erstveröffentlichten Werke schließlich übersetzt wurden, blieb „Of Smiling Peace“ zu Heyms Lebzeiten für deutsche Leserinnen eine fremdsprachliche Trouvaille.
mehr


2021-10-29 04:59:56

Barack & Bruce - Rock ’n’ Roll als Cultural Appropriation

1984 hymnisiert Springsteen seine Growing-Up-Smalltown-Prägung. Er wähnt sich eingespeist in einen Geschichtsprozess. Er begreift die Kleinstadt seiner Herkunft als Schicksalsschauplatz. Gebunden fühlt er sich an „die guten und die schlechten Dinge“. Springsteen solidarisiert sich postum mit den Akteuren der Newark-Riots von 1967. Damals titelte die Zeit: „N...aufstand in Newark Schwarzes Elend hinter weißer Fassade“.
mehr


2021-10-28 05:19:09

Peymann, Handke, Braun - Im Sommer Sechsundsechzig

„Peter Stein, Jürgen Flimm und ich: alle (kamen vom Studententheater und) spielten Brecht … Wir hatten es sehr leicht. Unsere Gegner waren die Patriarchen … Ich bin Achtundsechzig noch einmal geboren worden … Wir waren natürlich blöd und hatten nur das Protestgefühl.“ Handke habe „außenseiterisch den Hauptstrom der Zeit subkutan erfasst“.
mehr


2021-10-27 05:04:08

Tania G. - Russenkind

Tania G. ist ein Russenkind, hervorgegangen aus der flüchtigen Begegnung ihrer Mutter mit einem Besatzungssoldaten ... Unter dem Druck der öffentlichen Meinung knickt die Mutter ein und gibt das Kind zu Verwandten. Mit einem Mann aus der Gegend gründet Tanias Mutter eine „normale“ Familie, von der Tania ... ausgeschlossen wird.
mehr


2021-10-25 05:22:02

Thomas Kapielski - Hauptamtliche Entrückung

Da ist ein Speakeasy für Literatur, ein Hinterzimmer für Geistreiche, ich finde, das klingt pathologisch. Thomas Kapielski, Charlottenburger von Geburt und Nasenflötist aus Passion, liest „Neue sezessionistische Heizkörperverkleidungen”. „Noch vor Anbruch der Nüchternheit bleicht Morgengraun die Schwärze” heißt es. Bald nimmt „Zuversicht” die “Gestalt von Milchreis an”.
mehr


2021-10-24 06:46:01

Barbara Pym - Gediegenes Desaster

Barbara Pym arrangiert Marotten ergrauter Angestellter zu einem Bouquet heimeliger Tristesse. Dazu gehören die Enthauptungen von „Geleepüppchen“, das psychoanalytisch aufschlussreiche Versagen der Tischmanieren, eine manierierte Handhabung abgenagter Hühnerbeine und umständliche Teebeutelprozeduren. Die Ramschprozessionen vollziehen sich auf engem Raum.
mehr


2021-10-22 05:23:42

The Beatles - Magiebeschwörungsmonotonie

„Keine Privatschule und keine der großartigen britischen Universitäten hatte diese revolutionären Jungs hervorgebracht, sondern eine zerbombte Hafenstadt im Norden.“ Hanif Kureishi
mehr


2021-10-20 02:14:16

Bell Hooks - Patriarchale Appropriation

Der erste Schritt hin zu einem revolutionären Feminismus führt zur Schärfung des Bewusstseins. Aus dieser Einsicht entstanden in einer von der Autorin angenommenen Latenzzeit bewusstseinsbildende Gruppen, in denen Auseinandersetzungen über Strategien „der (politischen) Interventionen und Transformationen” zugunsten einer therapeutischen Praxis vernachlässigt wurden.
mehr


2021-10-18 05:39:15

Marcel Proust - Eiterndes Genie

In Erwartung einer amourösen Unterhaltung fiebert der Erzähler tagelang einem von Robert de Saint-Loup arrangierten Rendezvous entgegen. Schauplatz der Begegnung soll eine Insel im Bois de Boulogne werden. Sie zählt zu den Sensationen der Künstlichkeit aus der Louis Bonaparte-Ära.
mehr


2021-10-16 11:51:30

Sabine Hark, Jan Plamper - Starke Argumente für das globale Wir

Wer andere ausschließt, schließt sich schon länger nicht mehr sichernd ein, sondern vollkommen ungesichert aus. Auch Sabine Hark liefert einem neuen Wir starke Argumente. Die Autorin bezieht sich auf Bernice Johnson Reagon, die in der Keimzeit von Reagans Präsidentschaft Anfang der 1980er Jahre bereits wusste: „Niemand könne (im Sinn von solle) mehr davon ausgehen, dass wir nur mit jenen Menschen zusammenleben ... die so sind wie wir selbst.“
mehr


2021-10-15 06:35:07

Antonio Muñoz Molina - Die Kakophonie der Welt


mehr


2021-10-14 06:03:41

Jules Renard - Unklare Geografie

Er liebte den Nebel, die Unschärfe, eine unklare Geografie. Jules Renard (1864 - 1910) führte das Leben eines Verstimmten. Früh wähnte er sich am Ende seiner Kräfte.
mehr


2021-10-14 05:17:32

Barbara Pym - Narrative Spiegelungen

Lauter verpasste Gelegenheiten bilden eine Kette aus Enttäuschungsperlen. Jahrzehnte ist Letty eine hingebungsvolle Romanleserin, vorderhand angetrieben von dem Wunsch nach „geistiger Fortentwicklung“. In Wahrheit sucht sie narrative Spiegelungen ihrer Existenz.
mehr


2021-10-12 08:01:44

Shakespeare - Epochennukleus

Das Epochennukleus der elisabethanischen Renaissance war die Zerschlagung der Armada. Sie beendete die spanische Vormachtstellung auf den Weltmeeren. Die maritime Suprematie ging über auf das Vereinigte Königreich. Britannia, rule the waves! Kein anderer Vorgang wirkte so stark auf die Zeit, in der Shakespeare lebte. Trotzdem ist an keiner Werkstelle direkt davon die Rede.
mehr


2021-10-10 06:03:00

Roberto Rossellini - Eruptionen der Redlichkeit

Roberto Rossellinis „Rom – offene Stadt“ ist eine schwarzweiße Enttäuschung aus dem Jahr 1945. Der Zweite Weltkrieg ist noch nicht zu Ende, als der römische Regisseur Roberto Rossellini in seiner Stadt einen Film dreht, der den Faschismus einer fremden Macht zuordnet und die katholische Freiheitsliebe dem Volk am Tiber.
mehr


2021-10-08 05:04:49

Ulrike Draesner - Poetischer Grenzgang

"In einem großen vielstimmigen Gesang lässt Ulrike Draesner die versunkene Welt Doggerlands für uns entstehen: eine grüne, hügelige Landschaft mit weiten Ebenen, Flüssen und Seen, die heute unter den Wassern des Ärmelkanals liegt. Ihre früheren Bewohner suchen Sprache, begegnen anderen Hominiden, erforschen Flora und Fauna."
mehr


2021-10-03 10:44:41

Wilhelm Raabe - Handwerker:innen des Kolonialismus

Der Kolonialismus hatte im 19. Jahrhundert auch noch im letzten Krähwinkel seine Resonanzkörper. Die untüchtig Zurückgebliebenen kannten sich auf ihre Weise damit aus. Sie konsumierten Kolonialwaren so wie sie die Erzählungen von den Wilden im Westen konsumierten.
mehr


2021-10-03 10:28:22

Ayala Goldmann - Zwischen Tradition und Skepsis

Nach dem Tod des Vaters erinnert die Erzählerin Rituale ihrer Kindheit. Sie ergaben sich auf einer Kreuzung zwischen Tradition und Skepsis ... einer säkularen, den religiösen Rigorismus moderierenden Praxis und offensiver Verweigerung.
mehr


2021-10-02 10:48:47

Cesare Pavese - Italienischer Existenzialismus

„Die einsamen Frauen“ - Ich habe den 1949 erstmals erschienenen Roman in beinah jedem Lebensjahrzehnt wenigstens einmal gelesen. Eine stabile Düsternis zeichnet das Werk aus. Ich denke heute nicht anders darüber als vor vierzig Jahren. Das ist italienischer Existenzialismus ...
mehr


2021-09-30 09:40:46

Hölderlin, Adorno - Das schönste Alpenglühen

Adorno dekonstruiert Heidegger. Wer sich anschicke, „das echte Sagen“ für sich zu beanspruchen, habe mehr nicht als „mindere Heimatkunst“ auf der Pfanne. Adorno entdeckt eine billige Absicht, die mit einer noblen Anschrift lediglich verbunden wird, wenn es um die Heidegger’sche Hölderlinverherrlichung geht.
mehr


2021-09-30 09:33:59

Fjodor Dostojewski - Solipsistische Orgie

Der Namenlose labert und wabert in einem Souterrain an der Petersburger Peripherie. Überschießender Selbsthass verleitet ihn zu einem solistischen Selbstschmähungsfestival; einer solipsistischen Orgie.
mehr


2021-09-28 02:49:57

Edgar Allan Poe - German Gothic

Poes erste öffentlich gemachte Schauerschote lässt sich gut als Parodie auf das German Gothic-Genre lesen. Sie erlaubt ebenso ihre Wahrnehmung als ernsthafte Adaption. Der Debütant reichte den Text 1831 beim Philadelphia Saturday Courier als Wettbewerbsbeitrag ein.
mehr


2021-09-27 08:10:12

Yuval Rubovitch - Die SPD als marxistische Partei

Zunehmender Antisemitismus erzwang die Verknüpfung der „Judenfrage“ mit der nationalen Frage unter sozialistischen Vorzeichen. Bernstein und Kautsky diskutierten den intellektuellen Dreisprung Jude - Nation - Sozialismus als führende Köpfe ...
mehr


2021-09-27 08:01:28

Ayala Goldmann - Kaddisch für einen Atheisten


mehr


2021-09-24 06:59:03

Dany Laferrière - Hollywood Heat

„Ich irrte spätnachts durch diese Mondlandschaft, wo die körperliche Begierde vollends jedes Gefühl ersetzt hat ... (ich) vögelte mit der Wonne eines Kindes, das aus Versehen in einen Süßwarenladen eingesperrt wurde, und schrieb alles auf.“ Dies oft genug zu der Musik von Bob Marley.
mehr


2021-09-21 07:15:52

Dany Laferrière - Mit Dostojewski in der Badewanne

Es kommt vor, „dass ich ein Mädchen mit zu mir nehme, ohne sie überhaupt nach dem Namen gefragt zu haben“. Trotzdem verbringt Laferrière die aufregendste und vor allem glücklichste Zeit mit Dostojewski in der Badewanne ...
mehr


2021-09-20 07:05:01

Heiner Müller, Wolfgang Harich - In Feindschaft verbunden


mehr


2021-09-18 08:49:50

Theodor W. Adorno, Hans Magnus Enzensberger - Raumflug des Geistes

Enzensberger erkennt die Ladung der Kritischen Theorie. Sie schließt „jeden Akt der Versöhnung“ aus. Dies mit hyperbourgeoisem Gestus ex cathedra zu verkünden, ist ein Raumflug des Geistes, der Bewunderung hervorrufen muss.
mehr


2021-09-15 08:24:05

Stephen Crane - Retrospektiver Überflug

Stephen Crane zeigte sich als Meister der Schnurre; der über dem Pfeifenkopf (in eine aromatische Rauchwolke hinein) zum Besten gegebenen Merkwürdigkeit in der Preisklasse einer Kalenderwahrheit.
mehr


2021-09-14 09:37:04

Walter Benjamin, Gershom Scholem - Prophetisches Unbehagen

Im Sommer 1917 entzieht sich der Freigestellte dem deutschen Trauerspiel. Walter Benjamin verlegt seine Existenz in die Schweiz und immatrikuliert sich an der Universität Bern. Er ist verheiratet und kurz davor, Vater zu werden.
mehr


2021-09-12 07:10:26

Chimamanda Ngozi Adichie - Die Fata Morgana einer Sehnsucht


mehr


2021-09-11 06:46:49

Dagmar und Dieter Hestaskítur - Von Goslar nach Gera

1959 ziehen Dagmar und Dieter Hestaskítur von Goslar nach Gera. Den Umzug gegen die Laufrichtung motiviert die totale Verwirrung. Dagmar und Dieter fehlen soziale Antennen. Sie sind komplett Banane, aber nett.
mehr


2021-09-11 06:30:53

Chimamanda Ngozi Adichie - We all should be feminist

Für Ifemelu unterscheidet sich Princeton von anderen amerikanischen Orten mit Markencharakter in einer besonders angenehmen Weise. Der Nigerianerin gefallen die „maßvoll überteuerten Geschäfte“. Den Campus findet sie ...
mehr


2021-09-09 06:26:06

Aladin El-Mafaalani - Ökonomische Ursachen

„Rassismus (hat u.a.) ökonomische Ursachen ... (er) ist ein Erbe der Nationalstaatenbildung, des Kolonialismus, der europäischen Aufklärung und der europäischen Geistes- und Naturwissenschaften. Somit handelt es sich in keiner Weise um ein natürliches Phänomen.“
mehr


2021-08-29 08:57:48

Adrien und Marcel Proust - Staatspolitisch ausschlaggebend

Die Welt erinnert Marcel Prousts Romanfiguren besser als seinen in der III. französischen Republik staatspolitisch ausschlaggebenden Vater. Der Epidemiologe stand dem Gesundheitswesen seines Landes mit leidenschaftlicher Autorität vor ...
mehr


2021-08-28 07:55:43

Fernanda Melchor - Obszöne Verehrung

Franco verehrt (so obszön wie er nur kann) die neue Nachbarin Señora Marián Maroños, die ihre Form in einem Fitnessstudio kultiviert und gern die allerkürzesten „Seiden-Miniröcke“ trägt. Fröhlich und zufrieden schaukelt ...
mehr


2021-08-27 08:17:22

Michaela Rychlá - Jüdische Weltbegriffe

Unter uns atmen Personen, die sich als genetische Nachkommen von Akteuren begreifen, die in der Bibel exemplarische Rollen spielen.
mehr


2021-08-26 08:06:46

Adorno, Hölderlin - Rührender Lebenslauf

Adorno erinnert daran, dass Hölderlin nicht gleich als das verunglückte Genie verstanden wurde, sondern erst einmal als ein „stiller und feiner Nebenpoet“ mit rührendem Lebenslauf. „Manie als Nachkrankheit der Krätze“, diagnostizierte Johann Heinrich Ferdinand von Autenrieth.
mehr


2021-08-25 08:51:20

Laure - Zwischen Manie und Manier

Ein Kind, nachtwandelnd im „langen weißen Hemd“, kniet endlich vor den Devotionalien des Stubenschreins. Es „murmelt“ hin zur Jungfrau Maria jene formelhaften Schuldbekenntnisse, die ein erpresserischer Gott fordert.
mehr


2021-08-24 08:20:11

Ré Soupault - Untermiete als Daseinsform

Erst 1953 gelingt der Verarmten die Überwindung der Untermiete als Daseinsform. Sie bezieht eine Wohnung am Nadelberg. Die Verbesserung weitet sie. In den neuen Verhältnissen übersetzt Ré Soupault Comte de Lautréamonts 'Gesänge des Maldoror' ohne Auftrag.
mehr


2021-08-23 08:05:04

Lydia Rabinowitsch-Kempner, Katharina Graffmann-Weschke - Berliner Milchkrieg

Zu ihrem 150. Geburtstag erinnere ich an jene Frau, die Carl Bolle im Berliner Milchkrieg zäh Paroli bot und den Großmeier endlich besiegte. Obwohl Lydia Rabinowitsch weltweites Renommee genoss, endete ihre Karriere 1934 mit der Zwangspensionierung.
mehr


2021-08-20 10:07:41

Klaus Mann, Bruno Frank - Genie der Gemeinheit

Sich selbst schildert Klaus Mann „als Biene Maja mit Bencedrin-Flügelchen“ (Originalschreibweise). Er klatscht und tratscht auf hohem Niveau. Die ganze Emigration geht im Entre-nous einer Westentaschenvisitation durch. Die Protagonist:innen des Exils sind quasi alles untergegebene Tanten und Onkel des literarischen Großfürstensprosses.
mehr


2021-08-20 09:05:07

May Ayim - Sprechen müssen

May Ayims Seelenschwester Marion Kraft erinnert sich: „Schwarz und deutsch sein war die Erfahrung einer grausamen Kindheit in den Nachkriegsjahren und einer Jugend bestimmt von Ausgrenzung.“
mehr


2021-08-19 09:22:18

Adorno - Soziale Kommandohöhen

Adorno sagt: „Die Komplexion von handfestem Plot … und destillierbarer Idee (trägt) Sartre den großen Erfolg zu und (macht) ihn, ganz gewiss gegen seinen integren Willen, der Kulturindustrie akzeptabel.“ Sartre suggeriere, „dass auf den sozialen Kommandohöhen noch Leben sei“.
mehr


2021-08-19 08:56:37

Aaron Sagui, Josef Schuster - Europäisches Zentrum Jüdischer Gelehrsamkeit an der Universität Potsdam eröffnet

Im Beisein des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg Dietmar Woidke und der Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg Manja Schüle wurde gestern ...
mehr


2021-08-18 09:44:05

Klaus Mann, Erich Mühsam - Unter dem Tisch der Zeit

In den Anmerkungen zu der 1978 erstmals erschienenen Werkauswahl von Erich Mühsams Gedichte ... findet man Erklärungen zu Phänomenen, die unter den Tisch der Zeit gefallen sind.
mehr


2021-08-18 09:17:16

May Ayim - Wichtige Kämpfe

„grenzenlos und unverschämt“ heißt ein Gedicht von May Ayim. Sie schrieb es „gegen die deutsche sch-einheit“. Es hebt an mit den Zeilen: ich werde trotzdem/afrikanisch/sein/auch wenn ihr/mich gerne/deutsch/haben wollt/und werde trotzdem/deutsch sein ...
mehr


2021-08-17 06:49:32

Klaus Mann - Ephebische Intensität

In einem Brief an den aus Kattowitz gebürtigen Juristen und Kritiker Franz Goldstein (1898 - 1982) unterscheidet Klaus Mann hierarchisch lyrische von gedanklicher Schönheit zum Nachteil der glücklichen Fügung und des gelungenen Wortes.
mehr


2021-08-16 05:42:57

Kurt Tucholsky - Essayistischer Shot

Überlässt man den Gegenstand einer Betrachtung der Gleichgültigkeit und bedenkt nur die Argumentation, ergibt sich Bemerkenswertes. Tucholsky behauptet: Der Nationalcharakter mildere spezifische Eigenschaften, sofern er sie nicht stärker hervortreten lasse.
mehr


2021-08-16 05:32:21

Marcia Zuckermann - Der Zorn in der Schlinge

Während der Einnahme von Świecie/Schwetz an der Weichsel ächtet die Wehrmacht die Geachteten der Gegend. Man treibt „alle Notabeln des Landkreises zusammen“ und erhängt sie „auf dem jüdischen Friedhof. Unterschiedslos. Ob Polen, Kaschuben oder Juden“.
mehr


2021-08-15 06:10:03

Erwin Strittmatter, Bertolt Brecht, Hanns Eisler - Der Staat als poetische Druckkammer

Die DDR war für ihre Schriftsteller:innen eine Druckkammer, der sie sich nicht einfach verschließen konnten. Der Staat scheiterte, seine Literatur gelang jedenfalls da, wo ästhetische Redlichkeit nur für einen hohen sozialen Preis zu haben war.
mehr


2021-08-13 05:28:44

Victor Klemperer - Heroisches Frühzeitphantasma

In der Hierarchie der Künste folgt die Dichtung der Malerei. Daran erinnert Victor Klemperer unter der Überschrift „Grenzverwischung“. Der Philologe scheidet den Impressionismus vom Expressionismus ...
mehr


2021-08-12 04:40:01

Johannes Bobrowski, Gerhard Wolf - Vorweggenommenes Heimweh

1966 veröffentlichte Gerhard Wolf in der bei „Volk und Welt“ erschienenen Reihe „Schriftsteller der Gegenwart“ eine Abhandlung über Johannes Bobrowski.
mehr


2021-08-11 05:06:04

Stendhal - Im Liebesvisier eines Stutzers

Am 21. Mai 1811 gesteht Stendhal Madame Daru eine Not, die zu beheben, sie ablehnt. Sie fessele sein Herz, erklärt er. Na und, fragt die Gräfin im Gegenzug schläfrig.
mehr


2021-08-10 06:04:46

Deutsch-Israelische Literaturtage 2021: „Alles auf Anfang?“

Vom 1. bis zum 4. September finden in Berlin die Deutsch-Israelischen Literaturtage statt. Unter dem Motto „Alles auf Anfang?“ widmen sich neun Autor*innen in mehreren Einzelveranstaltungen der Frage ...
mehr


2021-08-06 05:11:38


mehr


2021-08-05 03:42:58

Eröffnung des Europäischen Zentrums für Jüdische Gelehrsamkeit an der Universität Potsdam

Als im Jahr 2013 die School of Jewish Theology an der Universität Potsdam gegründet wurde, erfüllte sich nach fast 200 Jahren die Forderung nach der Gleichberechtigung der jüdischen mit den christlichen und islamischen Theologien.
mehr


2021-08-04 06:01:08

Leslie Jamison - Die Unterwanderung der Wirklichkeit

Die Unterwanderung der Wirklichkeit verlangt nach dem Komplementär „der Boshaftigkeit“. Aus gefühlslasch und gemein entsteht „vulgäre Antipathie“.
mehr


2021-07-23 05:49:59

Leslie Jamison - Homer aus der Gosse

Die Autorin versteht, dass ihre „Beziehung zum eigenen Leiden, eine Beziehung, die sich zutiefst privat anfühlt, eigentlich überhaupt nicht privat ist. Der Ursprung (des) Leidens ist Narrativen geschuldet, die es einem weißen Mädchen sehr leichtmachen ...“
mehr


2021-07-19 04:47:30

Ossip Mandelstam - Obsolete Distinktion

Erst in der Presse weißer Folter zeigt die Begabung ihre Macht. In einer offenen Gesellschaft käme es nie zu dieser Klärung: ein Genie wie Ossip Mandelstam musst du krönen oder killen.
mehr


2021-07-18 05:17:11

Leslie Jameson, Jean Rhys - Lyrische Luzidität

Ink & Liquor - Schriftsteller ziehen aus dem Rausch lyrische Luzidität. Sie begreifen Alkohol als Produktionsmittel, Motor und Treibstoff auf den Teststrecken zum Ruhm.
mehr


2021-07-17 04:26:15

Leslie Jamison, Jean Rhys - Somnambule Fledermäuse

Mit zwölf erlebte Jean Rhys eine unangebrachte Annäherung. Der verbrecherische Verehrer malte der Minderjährigen eine gemeinsam-eheliche Häuslichkeit mit lunaren Sensationen und somnambulen Fledermäusen aus.
mehr


2021-07-15 04:24:47

James Joyce, Hermann Broch - In einer Esse der Zeit

„Hat das Werk tatsächlich den Geist seiner Epoche (über den allgemein geltenden Zeitstil hinaus) in sich aufgenommen?“ Das fragte sich Hermann Broch in einer Festschrift zum fünfzigsten Geburtstag des Kollegen Joyce.
mehr


2021-07-07 05:29:14

Adorno/Krahl - Tod mit Folgen

Über seinen klügsten Schüler sagte Adorno: „In diesem Krahl hausen die Wölfe.“ Hans-Jürgen Krahl starb in der Nacht des 14. Februar 1970. Nach seiner Beerdigung löste sich der SDS auf.
mehr


2021-07-05 05:23:57

Ossip Mandelstam - Genie und Genre

In den 1920er Jahren bespricht Ossip Mandelstam Filme, Inszenierungen, Bücher und Tendenzen. Er analysiert literarische Moden. Er knöpft sich den Unanimismus um Jules Romains vor.
mehr


2021-07-02 05:56:45

Ossip Mandelstam, Georges Duhamel - Aristokratische Warte

Dem „ungeschönten Einzelmenschen“ wendet sich Flaubert mit „Hochmut (und) Ekel“ zu. Das Genie beansprucht eine aristokratische Warte. Man ahnt Mandelstams Faszination für den Streit der Gegensätze. Unter Stalins Knute sind solche Gedankenausflüge verbotene Gänge.
mehr


2021-06-29 05:47:23

Brecht, Müller - Die Weimarer Klassik als Revolutionsersatz

„Das hängt nun wieder damit zusammen, dass die Weimarer Klassik ein Revolutionsersatz war. Es gab keine (deutsche) Revolution ...“ Heiner Müller
mehr


2021-06-28 04:38:05

Ossip Mandelstam, Charles Darwin - Analytischer Revolver

1932 denkt Ossip Mandelstam über Charles Darwin nach. Er stellt fest: „Darwin dichtet der Natur keinerlei Ziel an und verneint jedes Heilsprinzip.“
mehr


2021-06-27 02:58:19

Wilhelm Genazino - Schattige Verhältnisse

Genazino lud mich in seine Wohnung ein, ich kam im Anzug und mit Krawatte. Den Anzug hatte ich mir zur Hochzeit einer Freundin gekauft.
mehr


2021-06-20 06:53:10

Klaus Brasch - Picknick auf dem Todesstreifen

In „Solo Sunny“ spielt Klaus Brasch den erotisch expansiven Saxophonisten Norbert. Mit seinem römischen Feuerkopf sieht er aus wie die Idealbesetzung für einen Dichter.
mehr


2021-06-19 05:55:48

Deutsch-Israelische Literaturtage 2021 - „Alles auf Anfang?“

Krisen gehören zum Leben jedes Einzelnen, gehören in Familien, es gibt sie zwischen Ländern und weltweit. Ob Brexit, Finanz- oder Klimakrise, Menschen auf der Flucht ...
mehr


2021-06-10 08:48:55

Dorothy West - Sagenhafte Schwarze Avantgarde

Da sind Kinder, die den Unterschied zwischen einer Mutter und einer Haushälterin nicht kennen. „Hab ich auch mal eine Mutter gehabt? fragte Tina schüchtern.“
mehr


2021-06-09 08:29:25

Dorothy West - Schwarze Ringburg des Wohlstands

Schwarze, die in einer Ringburg des Wohlstands Abstand zu den Normalverläufen halten, verlangen von den vermutlich grundsätzlich Schwarzen Arbeiter:innen der Gegend ...
mehr


2021-06-06 03:18:22

James Baldwin - Der Beat von Harlem

Vivaldo lebt als Weißer unter Schwarzen. Der Vorwurf von Cultural Appropriation im Raum. „Er war bloß ein armer weißer Junge in Not, und es war ganz und gar nicht originell, zu den Schwarzen gelaufen zu kommen.“
mehr


2021-06-05 04:49:40

Mark Benecke, Otto Prokop - Postmortale Klugscheißer

Unter Ärzten gelten Gerichtsmediziner als „postmortale Klugscheißer“. In Fernsehkrimis halten sie an der Hades-Pforte bürgerliche Umgangsformen hoch.
mehr


2021-06-05 04:25:51

Roland Paulsen, Bert te Wildt, Timo Schiele - Erodiertes Fundament

„Wir Menschen sind ... kognitiv ... weiter als ... unsere Biologie. Trotzdem spüren wir die Auswirkungen der neurophysiologischen und hormonellen Grundlagen des Fight-or-Flight-Geschehens, denn sie sind in uns veranlagt.“
mehr


2021-06-03 03:54:53

James Baldwin - Genie der Gosse

Baldwin beschreibt eine Ghettoexistenz, die nach den Gesetzen und dem Beat von Harlem lebt. Das Faustrecht regiert; wer zu weit geht, „fängt sich ein Klappmesser“ ...
mehr


2021-06-02 05:10:20

Stefan Aust - Soul on Ice

Als Free Lancer fliegt Aust via Paris nach Algier zum Panafrikanischen Kulturfestival. Er hofft, da den vom FBI zur Fahndung ausgeschriebenen Black Panther Eldridge Cleaver zu treffen.
mehr


2021-06-01 04:32:57

Stefan Aust - Premium-Kolumnistin

Stefan Aust beschreibt Ulrike Meinhof und Klaus Rainer Röhl als „linkes Erfolgspaar mit Eigenheim und Urlaubsreisen nach Sylt.“ Die Ehe der Premium-Kolumnistin ...
mehr


2021-05-31 05:08:48

Judith Hermann - Angst vorm Schwimmen

Die wetterfeste Mimi marschiert ohne zu prusten und zu zagen in die frühlingskalte Ostsee. Das vorspiellose Direkt entspricht einer von der Großmutter übernommenen Praxis.
mehr


2021-05-28 05:19:08

Volker Braun - Ausschreitungen auf dem Papier

„Der Senat schließt die Kneipen zu“. Das haben wir alle erlebt, jene ausgefallene Saison, die wir für eine Ausnahme von der Regel hielten, bis sich die Verhältnisse zuverlässig ...
mehr


2021-05-25 05:18:20

Francesca Melandri - Ausgrenzender Verwaltungsstil

Als Tochter eines Ausgestoßenen und Schwester eines Terroristen bewegt sich Gerda an einem Rand. Doch widersteht die Küchenhelferin dem Unglück.
mehr


2021-05-23 04:47:26

Eugen Mansfeld - Revolutionäres Stehvermögen

Sie nannten sich Rote Armee Fraktion. Ihre Dekade waren die Siebziger. Schon vor Anbruch des neuen Jahrzehnts erlahmte das revolutionäre Stehvermögen.
mehr


2021-05-23 04:12:36

Francesca Melandri - Transgenerationale Zerwürfnisse

In den Südtiroler Dolomiten registriert man den Nachwuchs nach einer antiken Klanordnung. Ein uferloses Verwandtschaftsgeflecht konkurriert mit transgenerationalen Zerwürfnissen.
mehr


2021-05-22 05:46:17

Francesca Melandri - Armani statt Armut

Die Hand der jugendlichen Mutter ist „rau wie altes Holz“. Ihre Liebe erschöpft sich in einer Abwandlung des Stillens. Zu seiner Stärkung erhält der Sohn „die lauwarme Milch vom ersten Melken am Morgen“ ...
mehr


2021-05-21 03:49:07

Sadie Jones - Finanzieller Beziehungsboden

Beas Eltern haben dieses gewaltige Boomer:innenego. Sie sind high vom schieren Dasein. Das Leben ist Musik in ihren Ohren. Auf ihren Überholspuren verbrennen sie jede Menge fossiler Brennstoffe zu Kohlendioxid.
mehr


2021-05-20 05:28:05

Eugen Mansfeld - Strapaziöser Müßiggang

In der Mühle eines strapaziösen Müßiggangs werden die Tage gemahlen, nachdem sie kopfüber durch den Trichter gepurzelt sind. Gerade war noch gestern, zumindest heller Nachmittag ...
mehr


2021-05-18 06:10:59

Julien Green - Amerikanische Antike

Die meisten Texte verstummen wie alte Leute, die sogar ihr Geschwätz vergessen haben. Viele Romane bleiben noch nicht einmal als Quellen interessant. Unbemerkt erlitten sie den Schock der Zeit. Manche Sachen gewinnen unter ihrer Patina neue Qualitäten.
mehr


2021-05-07 09:16:51

Marcel Proust - Abendglanz der Belle Époque

Räumlich residieren die Guermantes' unter den Prousts. Gesellschaftlich stehen sie aber turmhoch über den Großbürger:innen, die sich den informativen Vorwitz ...
mehr


2021-04-21 08:54:11

Marcel Proust - Das Regime der Krankheiten

Der „unermüdliche Flug der Mauersegler“ vor seinen Pariser Fenstern erscheint dem Debütanten als ein „Feuerwerk von Leben“. Ist das eine prosaische Übertreibung? Oder eine Indolenzfeststellung ex negativo?
mehr


2021-04-20 05:35:52

Charles Baudelaire - Auf den Rieselfeldern geistiger Armut

Baudelaire findet ein Gemälde so verboten, dass es ihm nicht reicht, in der Sache „das absolute Gegenteil von Kunst“ zu erkennen. Vielmehr stellt er eine „kriminelle Absonderlichkeit“ fest. Er wütet und weitet das Areal seiner Abneigung ...
mehr


2021-04-16 05:38:30

Marcel Proust - Nuklearer Nukleus

Der Heranwachsende weidet auf den Almen und in den Auen erotischer Märchen. Seine Phantasie entzündet sich an der sagenhaften Madame de Guermantes. „Wie oft habe ich mir diese Geschichte erzählt! ...“
mehr


2021-04-11 04:51:30

Adam Zagajewski - „Lesen ist Denken mit fremdem Gehirn“

Irgendwo sagt Jorge Luis Borges, er habe nie aus der Bibliothek seines Vaters in Buenos Aires herausgefunden. Er arbeitete auch als Bibliothekar in einer Zeit „soliden Unglücks“. Ab 1955 leitete Borges die argentinische Nationalbibliothek.
mehr


2021-04-09 04:06:50

Marcel Proust - Mammut der Moderne

Der Künstler als Knabe gibt in der Sommerfrische den abgebrühten Beobachter. Er bemerkt „unfreundliche“ Hügel am Strand von Balbec. Den Bahnhofsvorsteher verortet er „zwischen Tamarisken und Rosen“. Er lächelt auf den „künstlichen Marmor“ der Monumentaltreppe ...
mehr


2021-04-06 04:22:09

Adam Zagajewski - Air of Entitlement

Hitler brachte Heinrich & Thomas zwar zusammen, sorgte aber nicht für Nähe. Ich glaube, dass sich die Brüder bis zum Schluss nicht riechen konnten. In Kalifornien bewahrten sie sich vor den Peinlichkeiten offen ausgetragener Gegnerschaft ...
mehr


2021-04-05 03:55:04

Adam Zagajewski - Stiller Hochmut

Stéphane Mallarmé unterscheidet Dichter, die Leute, Dinge und Szenen beschreiben, von solchen, die sich für die Frage qu'est-ce que ça veut dire interessieren. Die Frage entspricht einem oppositionellen Reflex.
mehr


2021-04-04 04:22:27

Adam Zagajewski - Die Ankunft der Gedichte

Rilke repräsentiert seine Epoche nicht. Vielmehr wirkt er abgeschnitten; gefangen in einem Kokon des Eigensinns. Zagajewski schildert ihn als „kalligrafisches Fragezeichen am Rande der Geschichte“.
mehr


2021-04-03 04:51:17

Richard Schuberth - Elitäres Schwelgen

Man ver-dichtete verschiedene ethnische Gruppen zu einem Volk (dem mythisch überhöhten Volk der Griechen). Es regierte die Fremdzuschreibung in einer Kombination mit neuen, nämlich nationalstaatlichen Ideen.
mehr


2021-04-02 05:28:52

Richard Schuberth - Die neobyzantinische Option

Schuberths analytische Erzählung entfaltet einen wunderbar starken Sog. Dem Autor dient Lord Byron als Kulminationspunkt epochaler Ideen und Irrtümer. Ihm geht es nicht um die aristokratische Euro-Gang ...
mehr


2021-04-01 04:54:19

Richard Schuberth - Falsche Allgemeinplätze

Der Osmanische Reichskahn krängt längst dem sprichwörtlichen Invaliden am Bosporus entgegen, als der Volksaufstand ohne Nationalbewusstsein losgeht. Das Gros der Aufständischen ...
mehr


2021-03-31 05:47:33


mehr


2021-03-30 04:12:55

Dana Grigorcea - Doppelter Exorzismus

"Dana Grigorcea: Die Gefahr der Islamisierung ist ein Lieblingsthema der Populisten. Da kann man nur den Kopf schütteln, dass Chauvinismus und Rassismus, diese alten Geister der Vergangenheit, die wir längst begraben hatten ... "
mehr


2021-03-26 04:27:06

Richard Schuberth - Aristokratische Euro-Gang

Die Hellenisierung des neuzeitlichen Griechenlands (als einer geografisch höchst ungefähren Größe) ergab sich auch im Zug einer „antifeudalen Transformation“. Im Verein mit allen möglichen Idealisierungen ...
mehr


2021-03-23 05:40:40

Adam Zagajewski - Ungleicher Kampf

Am vergangenen Sonntag ist in Krakau der polnische Dichter Adam Zagajewski gestorben. Ich habe ihn mal auf einem Zuneigungsgipfel mit seinem Freund Michael Krüger in der Berliner Akademie der Künste erlebt.
mehr


2021-03-21 05:35:36

Michelle Obama - Die Tigerin auf dem Sprung

Michelle Obama bekennt sich zu einer „Pingeligkeit“, die es ihr nicht erlaubt, Schulfreundinnen nach Hause einzuladen. Sie sollen sich nämlich nicht an ihren Puppen zu schaffen machen. Von ihren Inspektionen anderer Kinderzimmer ...
mehr


2021-03-17 04:00:02

Sina Cresspahl - Sozialistische Elegien I.

Der zweite Whisky war einer zu viel. Eine Überschreitung mit vorhersehbaren Folgen. Mir passiert das nicht mehr oft. Inzwischen kriege ich schon Kopfschmerzen, wenn ich nur daran denke, wie es war, in der verräucherten Theaterkantine ...
mehr


2021-03-17 03:46:21

Dana Grigorcea - Signatur eines kolossalen Niedergangs

Den gesellschaftlichen Verwerfungen zum Trotz gelingt der Erzählerin eine tadellose Kindheit und Jugend mit den Schwerpunkten Tennis und Literatur. Sie absolviert das Höhere-Tochter-Programm. Sie spricht die Leserin direkt an und zeigt ...
mehr


2021-03-15 04:47:06

Dana Grigorcea - Europa als Flaniermeile


mehr


2021-03-10 03:38:40

Michelle Obama - Der erste Kuss

Das weiße Haus ist ein Ort, wo die Hunde der Obamas, solange die Präsidentschaft währt, ab und zu auf die Teppiche kacken. Michelle schreibt kacken. Sie erzählt das so locker vom Hocker, um Berührungsängste zu zerstreuen. Für den zu empowernden Nachwuchs will sie ein erreichbares Vorbild sein, handsome und easy im Umgang. Das Sicherheitsregime blockiert die Aktivistin auf dem Thron der First Lady.
mehr


2021-02-20 08:58:51

Emilia Roig - „Now we get ready to rumble“

Erinnert Ihr euch, wie uns Mayowa Osinubi zurief: „Lasst euch nicht abriegeln und runterregulieren. Geht aus euch heraus, wenn ihr das wollt, auch in der Öffentlichkeit.“ - Stay tough und tragt den Spirit so weiter, wie es Kimberlé Crenshaw vorlebt. Aus dem Katalog ihrer Devisen:„Intersektionalität ist kein Universitätssport, sondern eine Handlungsanleitung für soziale Gerechtigkeit.“ „Now we get ready to rumble.“
mehr


2021-02-20 08:06:38

Thomas Bernhard, Peter Fabjan - Immer nur ich selber

Der Ältere verkleidet den Jüngeren. Thomas trichtert Peter einen Humorbegriff ein, der von Bösartigkeit kaum zu unterscheiden ist. Noch in der späten Schilderung grausamer Kriegs- und Nachkriegskindheitserlebnisse verwahrt sich der Chronist gegen den erzwungenen Mummenschanz. „Unter Protest und Heulen (wurde Peter) als busenbewehrte Frau maskiert“ und so vorgeführt.
mehr


2021-02-19 05:27:11

Stefan Zweig - Antisemitismus als Verliererkrankheit

Vorausschauend und hellsichtig diagnostiziert Stefan Zweig Antisemitismus als Verliererkrankheit. Bereits zu Beginn des Krieges sieht er Reaktionen der Mittelmächte auf die en passant prognostizierte Niederlage voraus. An Abraham Schwadron schreibt Zweig im Frühjahr 1915: „Ich bin fest überzeugt, dass die Erbitterung ...
mehr


2021-02-18 04:33:35

Thomas Bernhard, Peter Fabjan - Nebulöse Ausflüge

Der Ältere verkleidet den Jüngeren. Thomas trichtert Peter einen Humorbegriff ein, der von Bösartigkeit kaum zu unterscheiden ist. Noch in der späten Schilderung grausamer Kriegs- und Nachkriegskindheitserlebnisse verwahrt sich der Chronist gegen den erzwungenen Mummenschanz. „Unter Protest und Heulen (wurde Peter) als busenbewehrte Frau maskiert“ und so vorgeführt. „In meiner Erinnerung sind, ganz nebulös, noch gemeinsame Ausflüge mit dem Schlitten und Hamsterfahrten abrufbar.“
mehr


2021-02-17 04:32:12

Stefan Zweig - Widerwillige Leidensgenossenschaft

Stefan Zweig sieht im Judentum „Ferment und Bindung aller Nationen“. Das formuliert er 1917 in einer informellen Mitteilung, niedergedrückt von der Stupidität aller Kriegspropaganda. Stefan Litt überliefert eine Schätzung, nach der Zweig rund 25 000 Briefe und Postkarten geschrieben hat. Der Editor rechnet die Post in besonderer Weise zum Werk. Er wählte 120 Korrespondenzexponate an 43 Adressaten aus. „An erster Stelle wurden solche Briefe berücksichtigt ...
mehr


2021-02-17 03:42:24

Emilia Roig - Black Backtalk

"Wir kennen Rassismus, Homophobie, Transfeindlichkeit, Behindertenfeindlichkeit, und vieles andere mehr – und viele von uns empfinden darüber eine manchmal hilflose Wut, denn gerade aktuell scheinen die Gräben durch die Gesellschaft tief, unsere Welt so polarisiert wie nie und die Überwindung dieser Gräben in weiter Ferne. Die einen halten erbittert an etablierten Machtstrukturen fest, die anderen kämpfen in einem immer sichtbarer werdenden Widerstand dagegen an."
mehr


2021-02-14 05:34:40

Thomas Bernhard, Peter Fabjan - Verweigerte Brotarbeit

In der familiären Umgebung von Bernhards Urgroßmüttern reklamiert man gleichwohl eine illustre Abstammung im Dunstkreis napoleonischer Desaster und mit Hinrichtungen quittierter Konspirationen. Von dem Epauletten-Verve ist eine Generation später nichts übrig. Der bis zum Wahnsinn von sich selbt eingenommene Johannes Freumbichler verführt eine verheiratete Frau zur Verachtung des Bewährten. Sie bricht aus ihrer Ehe aus und erleidet als Ausgestoßene das Dasein einer Haushaltshilfe mit weiten Fußwegen.
mehr


2021-02-13 05:37:06

Thomas Bernhard, Peter Fabjan - Den Kopf im Schrebergarten

Der alte Freumbichler mag ein famoser Mundartdichter sein. Noch besser beherrscht er das Schinden seiner ins Geschirr gestellten Angehörigen. Er nutzt nicht allein die Ergebenheit seiner Tochter Herta, um sozial auf Deck zu bleiben. Gefügig macht er sich auch den eifrigen Autodidakten Emil, der die ledig zur Mutter gewordene Herta wohl auch deshalb heiratete, weil ihm die Modalitäten des Familienanschlusses behagen. Emil wischt dem alten Meister hinterher ...
mehr


2021-02-12 13:33:45

Schnee am Bodden - Baltischer Lagunenzauber

"Ein Bodden ist ein flaches buchtartiges Küstengewässer einer nacheiszeitlich teilweise überfluteten Grundmoränen­landschaft. Der Name Bodden ist vermutlich niederdeutschen Ursprungs und bedeutet Boden, was sich auf die geringe Tiefe dieser Gewässer bezieht. Bodden sind charakteristisch für die südliche Ostsee, wo sie typischerweise durch langgestreckte Inseln und Halbinseln vom offenen Meer abgetrennt sind und Lagunen bilden." Wikipedia
mehr


2021-02-12 06:05:12

Thomas Bernhard, Peter Fabjan - Volksgerichtshof der üblen Nachrede

Er trägt den Mädchennamen der Mutter. Skeptisch begleitet der Sohn Herta Paula Bernhard in die Ehe mit dem „attraktiven“ Emil Fabjan. Der Mann ist zehn Jahre jünger als die Frau. Sie buhlt um ihn. In einem Wirbel der Umtriebigkeit hält sich Emil selbst den Rücken frei. Das mitgebrachte Kind fühlt sich von der furiosen Hinwendung der Mutter an den Nicht-Vater verraten. Vor dem Volksgerichtshof der üblen Nachrede ...
mehr


2020-12-31 05:00:05

Marcel Proust

Ist die Aufgabe groß, gelingt sie gemeinsam besser. Und wer sich (endlich) einmal dem längsten und bedeutendsten Roman der französischen Literatur, "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" von Marcel Proust, widmen will, kann das jetzt in Gemeinschaft tun. Grundlage dafür ist die preisgekrönte und vom rbb produzierte Lesung der sieben Bände und mehreren tausend Seiten von Peter Matic. Die insgesamt 329 Folgen sind im Radio ...
mehr


2020-12-21 05:42:05

Axel Buether - Mimikry und Mimese

Mimikry und Mimese ... Gute Tarnung wirkt sich positiv auf den Fortpflanzungsbetrieb aus. Die Camouflage-Virtuos*innen konkurrieren mit den Hochleistungsnachahmer*innen. „Die Hainschwebfliege ahmt mit ihrer gelb-schwarzen Färbung eine wehrhafte Wespe nach, um sich gegen Fressfeinde zu schützen. Sie selbst hat keinen Stachel und ist völlig harmlos. In Deutschland gibt es insgesamt etwa 450 Schwebfliegenarten.“
mehr


2020-12-19 05:59:37

Axel Buether - Warn- und Tarntrachten

Die Kombination Gelbschwarz lässt uns intuitiv zurückweichen. Es gibt viele, den Wespenalarm auslösende, gelbschwarze Aggro-Outfits und Dominanzkostüme. Ich habe mich manchmal gefragt, warum Gelb in den Kampfkünsten hohen Rängen vorbehalten bleibt, ich meine, wir denken doch als Normalos bei Gelb an verkleckertes Ei und die schlechten Umfragewerte der FDP. Jetzt weiß ich, warum gewisse Meister sich gelbgenial vom Fußvolk absetzen. Gelbschwarz suggeriert eine schmerzhafte Begegnung.
mehr


2020-11-30 06:19:20

Helon Habila - Trauma der Ungewissheit

Portia bestellt ein Filet vom Wolfsbarsch. Bevor das Mittelmeer zum Massengrab wurde, gab es vor Lampedusa keine Wolfsbarsche mehr. Die Rückkehr des Branzino, sein starkes Aufkommen in Küstennähe, zeigt an, was auf Lampedusa keinem entgehen kann: dass ein paar Kilometer vor dem europäischen Festland stündlich Menschen ertrinken und diese Ernte einige Kreisläufe beschleunigt. Das erzählt Davide Enia in „Schiffbruch vor Lampedusa“
mehr


2020-11-29 05:21:22

Joe Biden, Barack Obama - Das richtige Leben

In jeder Sommerfrische verwandelt sich das Washingtoner Establishment in die Nantucket Community. Auf der Insel im Atlantik vor Massachusetts bleibt die Aristokratie der Ostküste unter sich. Joe beschreibt die Nantucket-Traditionen seiner Familie. Die Ausflüge zum Strand mit den Sport- und Spielsachen der Enkel*innen. Mittagessen im Brotherhood. Nie versäumt man es, der Surf- und Board-Designer-Legende Spyder Wrights in dessen Gentlemen-Boutique die Ehre zu erweisen.
mehr


2020-11-29 05:14:17

Ferdinand von Schirach - GOTT

Der Protestbrief einer kleinen Gruppe von Palliativmedizinern und Psychologen zum ARD-Film „GOTT“ von Ferdinand von Schirach, über den die FAZ am 21. November ausführlich berichtet hat, enthält eine bedauernswerte Reihe nachweislich unwahrer oder verzerrender Aussagen. Um zu verhindern, dass die Öffentlichkeit in dieser wichtigen und komplexen Frage in die Irre geführt wird, sehen wir uns veranlasst, diese Aussagen einem Faktencheck zu unterziehen.
mehr


2020-11-29 04:21:03

Helon Habila - Rotwein mit dem Nachbarn

„Die Beziehung eines Schwarzen zu Europa bedarf stets einer Qualifizierung.“ Für Portia ist das eine neue Erfahrung. Die Tochter eines Schriftstellers mit der Attitüde des (im Verhältnis zum Despoten kongenialen) Dissidenten begreift Europa als den Groß(t)raum, in dem ihr Vater eine donnernde Identität aus dem Exil destillierte. Jahre hat die Familie in England gelebt. Die Vorbehalte der Diaspora-allergischen Mutter prägten Portias Wahrnehmung.
mehr


2020-11-28 05:06:21

Helon Habila - Politisch schreiben

Exotisch erscheinen Portia „Afrodeutsche, die keine Erinnerung an Afrika haben“, und von denen die aus Sambia gebürtige Lehrerin bislang nur gehört hat. Attraktiv findet sie den Schwarzen Nachbarn ihrer Berliner Airbnb-Wohnung. Portia fängt sofort an zu flirten und zieht ihn in ihren Bann. Der Leser erkennt in dem Gefeierten Ginas Mann wieder. Sie erinnern sich: Viel Zeit verbrachte das alle Erwartungen auf Academia richtende und den männlichen Hemmungen zum Trotz verheiratete Paar in einer Zweiraumwohnung über einem Parkplatz in Arlington ...
mehr


2020-11-28 04:17:34

Joe Biden - The Voiceless Vice

Dem Amt des US-amerikanischen Vizepräsidenten fehlt der Glanz. Schon Benjamin Franklin sprach von „Eurer Überflüssigen Exzellenz“. Ein ernsthafter Bedeutungszuwachs ergibt sich für den zweiten Mann im Staat nur dann, wenn sein Vorgesetzter im Amt stirbt. Das war bislang neun Mal der Fall. Im Übrigen blieb dem Vize nichts anderes übrig, als der Welt mächtigste Person nicht ungefällig zu erscheinen.
mehr


2020-11-23 04:28:56

Barack Obama - Mit Graswurzler-Techniken ins Weiße Haus

Als Sozialarbeiter brennt Obama im Fegefeuer der Bürokratie. Ständig begegnen ihm Akteure, die Dinge verändern können, es aber nicht tun. Das frustriert den geborenen Macher. „Was wir brauchten, war die Macht Gelder zu verteilen.“ Obama nimmt Maß am Bürgermeister von Chicago. Harold Washington setzte sich mit einer Graswurzler-Kampagne gegen seine Rivalen durch.
mehr


2020-11-22 04:01:05

Barack Obama - Marx & Marcuse

Obama verbrachte viel Zeit in der Aura einer weisen Großmutter, die das Interesse des Enkels an Literatur förderte; dies im Verein mit Surfen, Basketball spielen und in Omas „altem Ford Granada“ Bier trinken. Kurz gesagt, eine herrliche Jugend. Obama liest Marx und Marcuse, um einer „langbeinigen Sozialistin“ zu imponieren. Er zieht Bahnen, wo andere planschen. Sein Leben strukturiert er wie ein Arbeitsfeld.
mehr


2020-11-21 04:59:40

Barack Obama - Präsidiale Powerblase

Obama fliegt eine Gedankenschleife, bevor er zum letzten Flug in der präsidialen Powerblase zurückkehrt. Er skizziert die Lässigkeit in großer Höhe. Lachend spielte man mit den Insignien der Macht unter Ausschluss von allem Unbefugten. Der innerste Kreis, die größte Kraft, der geringste Pomp. Solchen heimlichen Ableitungen nimmt der Autor den Schleier. Er lädt seine Leser*innen zum Schlüssellochblick auf den Glanz vergoldeter Kloschüsseln ein.
mehr


2020-11-20 04:50:55

Barack Obama - Energetische Baisse

Ovid sagt: Was nur aus Furcht vor Schande vermieden wird, ist schon getan. Eine Verfassung ohne trügerische Zugaben gibt es nicht, so Seneca. Um den Missstand zu überspielen, setzt man dem Mysterienspiel vom Ursprung alles zu, was ein einnehmender Prospekt braucht. Mit verdummenden Erzählungen und Verlegungen grundgesetzgebender Versammlungen in den Himmel lassen sich geduldige Gläubiger erziehen. Jeder Staat hält wenigstens einen Gott an der Spitze.
mehr


2020-11-17 05:54:21

Barbara Pym - Bruchbudenzauber

In Dulcies heimischer Festung ist noch viel „nach dem Geschmack einer anderen Zeit“. Als Rezensentin der Familienschinken erkennt Viola einen verloren gegangenen Reichtum. Die polierende Wirkung der Konzentration auf Gegenstände bemerkt auch die eher prosaische Dulcie. Sie gesteht sich ihre Überforderung nicht ein.
mehr


2020-11-15 05:59:33

Barbara Pym - Monster der Vitalität

Alles läuft auf eine Zuspitzung hinaus. Dulcie Mainwarings Nichte Laurel zieht frohgemut zu ihrer Tante von Nirgendwo auf dem Land nach Irgendwo in London. Das heißt, es gibt bessere Adressen, wie der Nachkommenden wohl bewusst ist. Die Gastgeberin übt rituell Verzicht. Sie hat sich das innere Dauerlächeln schwachsinniger Milde verordnet. Vielleicht wurde sie auch dazu erzogen, wenn nicht sogar abgerichtet.
mehr


2020-11-14 08:17:41

Barbara Pym - Britisch blass

Im Dulcies heimischer Festung ist noch viel „nach dem Geschmack einer anderen Zeit“. Als Rezensentin der Familienschinken erkennt Viola einen verloren gegangenen Reichtum. Die polierende Wirkung der Konzentration auf Gegenstände bemerkt auch die eher prosaische Dulcie ... Sie will das alles nicht und findet doch kein Mittel gegen den Rummel ...
mehr


2020-10-25 03:39:42

Bob Woodward

Donald Trump versöhnt klassische Herrschaft und Anti-Establishment in seiner Person. Er ist Hillary Clintons 'Basket of Deplorables' und dessen Gegenteil. Also verkörpert er die regulären Garanten der Suprematie und die Guerilla der Subordination. Und jetzt kommt Joe B. und ist bloß Elite.
mehr


2020-10-17 19:12:06

Bodden

"Ein Bodden ist ein flaches buchtartiges Küstengewässer einer nacheiszeitlich teilweise überfluteten Grundmoränen­landschaft. Der Name Bodden ist vermutlich niederdeutschen Ursprungs und bedeutet „Boden“ oder „Grund“, was sich auf die geringe Tiefe dieser Gewässer bezieht." Wikipedia
mehr


2020-10-14 05:51:49

Najat El Hachmi - Fürsorgliche Angriffe

Selbsthass legt eine Spur. Die Erzählerin treibt ihre Deklassierung voran als Zimmermädchen in einer christlichen Einrichtung. Der Tunnel, in dem sie sich rückwärts bewegt, ist die Ehe. Das ist deshalb so grotesk, weil der Selbstausschluss auf der Bildungsbasis erfolgt. Die Souveräne gibt sich auf: „Und es ist nicht der Bräutigam, der mich abholt ... Er wird mich auch nicht ernähren, sondern ich ihn.“
mehr


2020-10-13 06:26:56

Najat El Hachmi

Die belesene, im Kosmos der deutschen Philosophie beheimatete Ich-Erzählerin erfüllt die Erwartungen unter lauter Analphabetinnen. Sie gibt sich „zurückhaltend und keusch“. Sie kehrt zu den Ausläufern eines Lebens zurück, das ohne sie weiterging. Sie möchte den zurückgebliebenen Verwandten gefallen.
mehr


2020-09-25 07:02:21

Igor Levit, Michel Friedman

Leben wir in einer Welt des Hasses? Ist eine Gesellschaft ohne Hass vorstellbar? Was bedarf es dafür? Woher kommt Hass? Ist er subjektiv? Spricht aus Hass Ohnmacht oder Überzeugung? Was lässt sich denjenigen entgegensetzen, die Hass politisch instrumentalisieren?
mehr


2020-09-24 06:55:34

Tage der Jüdisch-Muslimischen Leitkultur

Vom 3. Oktober bis 9. November 2020 finden die von Max Czollek kuratierten Tage der Jüdisch-Muslimischen Leitkultur in Theatern und Institutionen im gesamten deutschsprachigen Raum statt. Im 30. Jahr der sogenannten Wiedervereinigung, 20. Jahr des Debattierens einer „deutschen Leitkultur“ ...
mehr


2020-09-15 07:23:15

Heiner über Inge Müller

Da er solange ein berühmter Unbekannter bleibt, muss Müller wieder und wieder im Westen wie im Osten und so auch im Westen und Osten von Amerika die Butterdose seiner Biografie auskratzen. Das strapaziert, es führt zu einem schleifenden Text, der sich an folgenden Punkten wiederholt. Eine Großmutter war für Hitler ...
mehr


2020-09-12 07:10:30

Ronen Steinke - Terror gegen Juden

In Deutschland hat man sich an Zustände gewöhnt, an die man sich niemals gewöhnen darf: Jüdische Schulen müssen von Bewaffneten bewacht werden, jüdischer Gottesdienst findet unter Polizeischutz statt, Bedrohungen sind alltäglich. Der Staat hat zugelassen, dass es so weit kommt.
mehr


2020-09-11 07:13:30

Susan Sontag

"By 1968 Sontag had very nearly become an international symbol of intellectual celebrity at its most accomplished. It mattered too that she was a beautiful woman in a time when her beauty and her sex qualified her for the exotic position of “the brilliant exception,” always a figure held in extravagant regard. It’s hard not to wonder if Sontag’s rise to fame would have been as great had she simply been a pleasant-looking man." New York Times
mehr


2020-09-08 06:48:30

Lob

Lieber Jamal Tuschick, da kann ich mich nur verneigen! Was für ein großartiger Artikel, was sage ich, was für ein großartiges Stück Literatur, das Sie geschaffen haben. Ich werde Ihren Artikel noch öfters lesen, weil er so voller Fakten, Bilder und Ideen ist … das erschließt sich nicht beim einfachen Lesen!
mehr


2020-09-06 05:21:28

Stephen Crane - Wackelkameraästhetik

Stephen Crane antizipiert Oliver Stones pseudokriegsberichterstattende „Platoon“-Wackelkameraästhetik. Er schafft surreale Landschaftsbilder, die seelische Zustände spiegeln wie in der Malerei von Max Ernst oder René Magritte. Zudem designt Crane eine Psychologie des unter Druck gesetzten Individuums.
mehr


2020-09-04 04:59:12

Stephen Crane - Lunare Präzision

Henry befragt sich. Er fragt sich, wie er sich wohl halten wird, wenn der innere Alarm zur Flucht aufruft. Bereits im amerikanischen Sezessionskrieg (1861 – 1865) wurde der Begegnungsstress unter Gefechtsbedingungen untersucht. Man beobachtete, dass nicht wenige Soldaten ihre Vorderlader mehrfach luden ...
mehr


2020-08-26 05:08:15

Mely Kiyak - Migrantische Vereinzelung

Die Mutter reiht sich in das Heer jener ein, die in den Amtsfluren aufkreuzen, wenn die Herrschaften Feierabend haben. Sie gehört zur Feudelarmee aus dem Kontingent der Verfügbaren, die dankbar sein sollen, Deutschland putzen zu dürfen. Manchmal begleitet das erzählende Ich die Mutter an die Front der Degradierung.
mehr


2020-08-25 07:28:38

Alexa Hennig von Lange - Der schwarze Tod der Inquisition

Alexa Hennig von Lange erzählt in ihrem neuen Roman aus dem Leben einer Hauptdarstellerin und all den Regieanweisungen, die zu befolgen jene nicht umhinkommt. Die Autorin schildert das Verhältnis von staatlicher Macht und persönlicher Ohnmacht in der Enge eines Lebens.
mehr


2020-08-22 08:13:44

Kaśka Bryla - Eiswind des Nichts

Die Therapeutin macht sich leer und erreicht so leer Roland K. auf einem Hochplateau des Nichts im Eiswind koinzidierender Bewusstlosigkeit. Indem sie sich mit ihm auf eine Stufe stellt, zwingt sie Roland dazu, von seiner Disposition abzusehen. Er kehrt zu seiner Rolle als wandelbarer Sträfling zurück.
mehr


2020-08-20 07:47:56

Heiner Müller - Amerika I.

Hollywood war Brechts Weimar ... Der Dramatiker lag wie eine abgetakelte Fregatte im amerikanischen Trockendock. Brecht wäre ohne Hitler als potenten Feind zugrunde gegangen, jedenfalls nicht historisch geworden.
mehr


2020-08-18 05:41:16

Das Ohr meiner Oma

In der Endphase ihrer Selbständigkeit ließ Oma die Freiflächen vor ihrem Haus asphaltieren, um eine kleine Autobahn für ihre Rollator-Spritztouren zu haben. Sie kämpfte um jeden Tag der Mündigkeit. Erst in der späten Einsicht aller möglichen Endlichkeiten begreife ich ihre Entschlossenheit.
mehr


2020-08-17 06:35:49

Heiner Müller - Amerika

HM weiß, dass viele Phänomene seiner Gesellschaft keine Chance haben, historisch zu werden. Unsere DDR-Wahrnehmung begnügt sich; während wir die amerikanischen Schichten gründlich voneinander scheiden. Jedes Imperium fordert eine Maßstab bildende Genauigkeit heraus.
mehr


2020-08-14 06:56:33

Shusaku Endo - Staatsräson auf Japanisch

Ins Gebet genommen wird Rodrigues von Inoue. Der Fürst von Chikugo erspart dem Konvertiten keine Demütigung. Der Gefangene siedelt sich als Okada Sanemon in Edo an. Vor seiner Haustür stürzen sich Spottkommandos in das Abenteuer der Verhöhnung eines schwachen Menschen.
mehr


2020-08-11 06:41:34

Shusaku Endo - Versprengte Zikade

Eine autistische Zikade ist seine einzige Gefährtin. Sie belebt eine Trauermyrte neben der Zelle, in der Fürst Chikugo den portugiesischen Priester Rodrigues festhält. Chikugo hat ihn auch belehrt, so belustigt wie erbittert ...
mehr


2020-08-09 05:52:41

Jodi Kantor, Megan Twohey - Elendsepik

Inzwischen kennen wir Weinstein als gebrochenen Rollatorschieber im Epstein'schen Elend. Sein Verfall verdankt sich Type-Riders, die jahrelang nicht aus dem Sattel ihrer Entschlossenheit gekommen sind. Die Gunner des Guten standen vor dem Nichts, als kurz vor Deadline ...
mehr


2020-08-08 06:11:29

Christopher Wylie - Datenkolonialismus

Kann man erst einmal das Verhalten von Millionen Verbrauchern zuverlässig voraussagen, lässt es sich auch steuern. Der Witz dabei: Die Manipulierten erkennen ihre Lage nicht. Sie halten sich für Autonome.
mehr


2020-07-31 07:02:12

Christopher Wylie - Mentale Abkürzungen

Wylie besucht eine Frau, die Homophobie mit Christentum und Yoga kombiniert. Sie bringt den Analytiker auf Ideen. Sie verwendet eine Reihe von „mentalen Abkürzungen“, die sie in die gesellschaftliche Mitte zurück katapultieren; dahin, wo die Leute vor Fox News auf der Couch ...
mehr


2020-07-30 07:00:33

Jodi Kantor, Megan Twohey - Perverse Praxis

Solange ihn das System deckt, lenkt Weinstein einfach nur den Fluss fremder Bedürfnisse in den Kanal einer perversen Praxis. Sein Nimbus und die Maschine dahinter wirken wie eine Honigfalle. Doch dann dreht sich das Rad und Weinstein verliert seine Unverwundbarkeit. Was passiert jetzt?
mehr


2020-07-28 05:37:49

Jodi Kantor, Megan Twohey - Cleaner

Jahrzehnte machte sich ein Mächtiger die Karrierehoffnungen junger Frauen zunutze. Harvey Weinstein verwandelte Hotelzimmer in Schreckenskammern. Er baute ein Fallensystem auf, in dem die gnädige Seite der sozialen Evolution, die wie Pilze aus dem Boden schießenden, stets unvorhersehbaren Zukunftschancen ...
mehr


2020-07-26 06:27:18

Jodi Kantor, Megan Twohey - Barbar im Bademantel

Megan Twohey beobachtet bereits zehn Jahren das Gefälle zwischen dem Wunsch von Weinstein angegangener Frauen, sich zu offenbaren, und Fallrückziehern der Besorgnis, als sich eine Lücke zeigt. Die Investigative stößt auf eine Assistentin aus der Keimzeit von „Miramax“ ...
mehr


2020-07-25 06:49:05

Jodi Kantor, Megan Twohey

Die NYT-Investigativen Jodi Kantor und Megan Twohey waren die Ersten. Vor ihnen interpretierte man den sexistischen Sumpf von Hollywood einfach nur als eine schäbig-normative Kraft, die Elevinnen formte. Die Typewriter-Gunner der New York Times änderten das im harten Einsatz.
mehr


2020-07-14 07:05:15

Ta-Nehisi Coates: Kosmische Feuer

Afrika, das ist nicht nur Wissen, das ist nicht nur die Bibliothek der Bäume und die Kunst, Fallen zu stellen, das ist nicht allein Jungle Move & Fischen mit bloßen Händen, nein, da ist eine größere Kraft im Spiel. Und diese Kraft gelangte mit den Verschleppten nach Amerika. Da nimmt sie eine moderne Gestalt an.
mehr


2020-07-11 06:33:48

Edgar Allan Poe - London in den Zeiten der Pest

In einer Oktobernacht zuzeiten von Eduard III. (1312 – 1377), dessen Herrschaft, so Edgar Allan Poe, eine galante Angelegenheit war, trieben zwei Matrosen auf Landgang in einem Wirtshaus im Sprengel von St Andrew-by-the-Wardrobe (ein besonders sprechender Name) auf. Die Säuferampel zeigte einen „Lustigen Seebären“ an, aber das Kneipenregime war dezidiert prosaisch.
mehr


2020-07-09 06:16:22

Jüdisch-deutsche Positionen

Die WerteInitiative ist eine zivilgesellschaftliche jüdische Stimme in Deutschland. Als gemeinnütziger Verein arbeiten wir überparteilich und setzen uns für die Sicherung einer jüdischen Zukunft in Deutschland und Europa ein. Das Mittel dafür ist die Stärkung der Werte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
mehr


2020-07-01 06:06:05

Maja Göpel - Klimagerechtigkeit

Die Idee vom Organischen als dem harmonischen, auf alles zugreifenden und alles ordnenden Prinzip des Universums gehört zu einem Selbst-Täuschungskomplex. Kein Wirtschaftssystem wächst wie ein Rosenstock: so ermutigt von filigranen Wachstumshilfen. Überhaupt hat Wirtschaft mit Flora & Fauna nichts zu tun.
mehr


2020-06-30 05:42:34

Maja Göpel - Dystopischer Diskurs

Maja Göpel denkt „das Plastik in den Weltmeeren“ mit „den explodierenden Mieten in den Städten“ zusammen. Zum ökologischen Kollaps kommt der ökonomische. Dystopien bestimmen den Diskurs.
mehr


2020-06-28 06:49:51

Delphine Horvilleur

In seiner Unterlegenheit gelingt es Esau nicht, die ihm von den Vorvätern vorgeschriebene Rolle auszufüllen. Darin erkennt Horvilleur eine Marke auf dem Weg zum Antisemitismus. Zwei Generationen später ...
mehr


2020-06-25 05:46:01

Christopher Wylie: Maschinelles Sehen

Nie hätte sich Wylie träumen lassen, für ein Militärunternehmen zu arbeiten. Das aber ist die SCL Group (Strategic Communication Laboratories Group). Wikipedia: „SCL war ein britisch-US-amerikanisches Unternehmen für Verhaltensforschung und strategische Kommunikation.“
mehr


2020-06-21 06:28:23

Jörg Schröder - Pariser Pornogott

Heute gibt es den schönen, „Fleisch ist mein Gemüse“ vorwegnehmenden Titel nur noch antiquarisch. Überhaupt erscheint die MÄRZ-Präsenz im viralen Jetzt schwach im Vergleich zu der Wirkung des Verlags um 1970 …
mehr


2020-06-20 08:54:39

Ian Morris

Menschliche Werte haben biologische Wurzeln aka genetische Anker. Sie sind Anpassungsprodukte. Mit dieser Feststellung steigt Ian Morris in den Debattenring. Werte stehen in einem funktionalen Zusammenhang mit evolutionären Anforderungen.
mehr


2020-06-19 05:25:24

Jörg Schröder - Aulendorfer Klausur

Es ist die Angst all jener, die auch gern möchten, die Schröder begünstigt. Sie werden ihm ihre Feigheit nie verzeihen und ihn mit übler Nachrede verfolgen. Diese Billigächter für einen Groschen intervenieren nur, solange sie für nichts geradestehen müssen.
mehr


2020-06-18 05:56:06

Jörg Schröder - Sprecharie

Nach einem Gang durch das Gebirge der Kindheit, einem Intermezzo im niedersächsischen Todenmann als „Zonenflüchtling“, einer Lehre zum Buchhändler in Düsseldorf und vielen Nächten in der Gesellschaft ...
mehr


2020-06-14 09:33:52

Jörg Schröder, Barbara Kalender

Jörg Schröder liebte seine Arbeit, war trotz seiner Krankheiten immer optimistisch und voller Ideen. Ich habe mehr als mein halbes Leben mit ihm zusammen verbracht und werde ihn sehr vermissen. Es war ein Geschenk, mit ihm vierzig Jahre leben zu dürfen.
mehr


2020-06-12 07:31:06

Christopher Wylie - Geniale Perspektive

Die Frage lautet: Was verbindet einen Farmer in Norfolk, dessen konservatives Repertoire offensichtlich erscheint, mit einem fashionvisionären Kombattanten im Kulturkampf von Shoreditch ...
mehr


2020-06-10 06:31:30

Samuel Beckett - „Ein Unglück, das man bis zum Ende verteidigen muss“


mehr


2020-06-06 07:55:29

Edgar Allan Poe - Triage

Es beginnt mit Schwindel und endet mit schierer Auflösung. In einem späten Zwischenstadium schießt Blut aus allen Poren. So führt Edgar Allan Poe eine Seuche ein, die verheerender als alle ihre Vorgängerinnen wirkt.
mehr


2020-06-05 06:00:18

Christopher Wylie - Digitaler Kolonialismus

Als Marktforschungsinstitute getarnte Militärdienstleister erledigen für Regierungen die Drecksarbeit. Geschieht dies in Afrika, ergeben sich Beispiele für digitalen Kolonialismus. Korrupte Regimes erlauben die Auswertung über Mobilfunkanbieter und Soziale Medien generierter Daten …
mehr


2020-06-04 07:45:16

Samuel Salzborn - Verdrängungsgemeinschaft Bundesrepublik Deutschland

Die nationalsozialistische Ästhetik ging in der jungen Bundesrepublik unerkannt als Unschuld vom Land unter die Leute und langweilte die künftigen Achtundsechziger*innen mit ihrem Kitsch.
mehr


2020-05-24 08:00:48

Christoph Ribbat, Carola Spitz


mehr


2020-05-23 05:56:33

Leon Uris - Aliyah-Aktivismus

Aliyah bedeutet im Hebräischen Aufstieg. Elaboriert man den Begriff, bedeutet Aliyah das Ende der Diaspora und die Heimkehr aus der Zerstreuung. Es gab eine vormoderne Aliyah im osmanischen Palästina.
mehr


2020-05-11 04:38:03

Samuel Beckett

In den Fünfzigerjahren beginnt Samuel Beckett das eigene Werk in seine Muttersprache zu übertragen. Er übersetzt sich selbst aus dem Französischen, so wie er sich in den Zwanzigerjahren ins Französische ...
mehr


2020-05-03 03:55:14

Ferdinand von Schirach, Alexander Kluge

Als die Beulenpest 1348 Florenz erreichte, begann das große Sterben unter Aufsicht eines Schriftstellers. Boccaccio hielt fest, wie man mit dem massenhaften Tod verfuhr. Er protokollierte die Prozesse der Verrohung.
mehr


2020-04-30 03:42:15

Susan Neiman, Ivan Krastev

Die Philosophin Susan Neiman und der Politologe Ivan Krastev verbinden sich aus Berlin und Bulgarien live zu unseren Moderatorinnen auf der Bühne, um einen Raum der Reflektion zu öffnen …
mehr


2020-04-28 04:21:45

Kaśka Bryla

Mein Smartphone vibriert. Eine Freundin, die gerade noch auf der Sea Watch 3 im Hafen liegt, schreibt aufgeregt: Die Alan Kurdi hat heute um die 150 Menschen aus Seenot gerettet!
mehr


2020-04-28 04:00:02

Edgar Allan Poe, Charles Baudelaire

Er gab ihm aber auch Auftrieb und sorgte dafür, dass sich in Wilson die Spannung einer Feder aufbaute, während die Übrigen matt und unbeholfen ihre Hürden nahmen. Ihnen fehlte der Esprit ...
mehr


2020-04-24 04:27:24

Christopher Wylie - Microtargeting

Was verbindet einen Farmer in Norfolk, dessen konservatives Repertoire offensichtlich erscheint, mit einem fashionvisionären Kombattanten im Kulturkampf von Shoreditch ...
mehr


2020-04-22 03:59:33

Christopher Wylie

Christopher Wylie erklärt, wie Facebook-Daten mit Hilfe von "Cambridge Analytica" zu Waffen gemacht wurden; wie Data Mining funktioniert und wie viel psychologische Manipulation hinter der Wahl von Trump ...
mehr


2020-04-21 03:12:30

Kaśka Bryla

„Hast du dein Ei bereit?“, fragt meine Mutter am Telefon. Ich schaue auf meinen Teller und sehe, dass ich das Ei im Laufe des Gespräches schon gegessen habe. In Polen teilt man traditioneller Weise am Ostersonntag ...
mehr


2020-04-05 05:18:41

Susan Neiman, Diane McWhorter, James Meredith

Als vier Schwarze Mädchen in ihrem Alter bei einem Bombenanschlag ums Leben kommen, ist Diane McWhorter elf. An Dianes Highschool erschöpft sich die Pflichttrauer und Pseudopietät in der Absage einer Theaterprobe …
mehr


2020-04-03 06:00:19

Samuel Salzborn - Sanktionsfreies Vergessen

Das Schuldfeststellungsverfahren der Entnazifizierung versagte. Versuche, rechtsstaatlich einem Unrechtsregime beizukommen, untergruben sich nach der Logik des Kalten Krieges.
mehr


2020-04-01 04:34:57

Samuel Salzborn

Die Schuld kann nicht geteilt werden. Sie lässt sich nicht vergleichen. Adorno sagt es so: Hitler zwang den Deutschen „einen neuen kategorischen Imperativ“ auf. Wir dürfen keine Wiederholung und nichts Ähnliches zulassen.
mehr


2020-03-26 05:11:19

Angela Bubba

Irgendwo sagt Heiner Müller, sobald der Ethnologie Genüge getan wurde, stirbt der erforschte Stamm aus. Auf einen ähnlichen Gedanken stoße ich in Angela Bubbas literarischem Essay ...
mehr


2020-03-24 05:41:08

Susan Neiman - Southern Discomfort

Folgt man Neiman, dann nahm das Elend seinen Anfang und strikten Verlauf mit der Reconstruction (1865 – 1877) – einem Strukturprogramm der Washingtoner Zentralgewalt ...
mehr


2020-03-21 05:18:08

Didier Eribon - Sex & Politik

Die Repression diktiert den Text. Gleichzeitig entsteht ein „Gegendiskurs“ zu einer Pathologisierung der Sexualität, in der die Homosexualität als Anlass zur Verfolgung sichtbar wird.
mehr


2020-03-21 04:45:37

Celan, Heidegger, Kunisch


mehr


2020-03-20 05:03:22


mehr


2020-03-18 06:01:06


mehr


2020-03-16 06:42:56

Hannah Arendt - We Refugees

Hannah Arendt sieht in Rahel Varnhagen das Gegenmodell zum zur Assimilation entschlossenen „Parvenü“, der mit seinen Anstrengungen den „Paria-Status“ abzustreifen versucht.
mehr


2020-03-15 07:09:29

Hannah Arendt, Anne Mendelsohn

Rahel Varnhagens Salon vergesellschafte den „Augenblick einer sozialen Utopie“. Er endete 1806 mit dem Berliner Auftritt Napoleons. Die Löwin führte ihren Salon schriftlich …
mehr


2020-03-15 06:15:39

Didier Eribon, Robert de Montesquiou

Die Repression diktiert den Text. Gleichzeitig entsteht ein „Gegendiskurs“ zu einer Pathologisierung der Sexualität, in der die Homosexualität als Anlass zur Verfolgung sichtbar wird.
mehr


2020-03-12 06:17:47

Didier Eribon, Oscar Wilde - Sex & Politik

„Mein Unglück ist der Gesellschaft anzulasten, die das Ungewöhnliche (meiner Homosexualität) wie ein Verbrechen verdammt.“ Jean Cocteau
mehr


2020-03-11 04:02:45

Didier Eribon, Eve Kosofsky Sedgwick - Sex & Politik

Emanzipation braucht Urbanität und Permissivität. Eribon erinnert an „Transvestiten Bälle in New York“ als Magneten heterosexuellen Schaulust. Er beschreibt Subkulturen als Erben antiker Lebensweisen.
mehr


2020-03-10 05:28:01

Didier Eribon, Michael Lucey

Eribon untersucht die urbane Melancholie der Familienlosigkeit im historischen Kontext der Homosexualität und entdeckt einen narrativen Niederschlag in Honoré de Balzacs „Vetter Pons“ …
mehr


2020-03-08 04:14:07

Didier Eribon - Sex & Politik

Der Autor diskutiert subkulturelle Strategien des 20. Jahrhunderts. Er analysiert eine mal mehr, mal weniger sichtbare gay culture im Plural ihrer Erscheinungen als Metropolenphänomen.
mehr


2020-03-07 04:42:49

Didier Eribon - Resignifizierende Praxis

Didier Eribon erwähnt in seinen „Betrachtungen zur Schwulenfrage“ „homosexuelle Kodes“ in einem Kreis um Oscar Wilde. Man will sich aussprechen. Die Repression diktiert den Text.
mehr


2020-03-05 05:34:11

Ben Ferencz, Michael Angelo Musmanno

Ab einer bestimmten Verwerfungsstufe versagt die Konkretion. Dreht man die Einsicht in die andere Richtung, kommt man zu dem KZ-Aufseher-Zynismus: Ihr werdet das hier sowieso nicht überleben. Und wenn, dann wird man euch nicht glauben.
mehr


2020-03-04 06:00:22

Ben Ferencz, Philipp Gut - Die Pinguin-Regel

Ab 1944 sammelt Ferencz als Soldat Beweise für deutsche Kriegsverbrechen. Er ist der erste mit dieser Angelegenheit befasste US-Army-Angehörige. Im Sommer 1945 übernimmt er Aufgaben eines Richters.
mehr


2020-03-02 07:16:55

Ben Ferencz - Chief Prosecutor

Die Exekutionsbilanzen sind einer Kompilation eingegliedert. „Sie (stehen) scheinbar selbstverständlich neben politischen, ökonomischen, kulturellen und ethnologischen Beobachtungen.“
mehr


2020-03-01 09:05:22

Benjamin Berell Ferencz, Philipp Gut

Die Akten belegen Massenmorde unter der Befehlsgewalt von SS-Reichsführer Heinrich Himmler und dem Leiter des Reichssicherungshauptamtes Reinhard Heydrich.
mehr


2020-02-23 07:48:25

Isabelle Eberhardt, Walburga Hülk

Isabelle Eberhardt gibt ihrer Heldin ein Schicksal, das von einem wahrscheinlichen Verlauf abweicht. Versprochen wird sie dem einäugigen Mohammed Elaour, der Mühe hat, den Brautpreis aufzubringen.
mehr


2020-02-16 05:27:21

Delphine Horvilleur

Wo liegen die Ursprünge antisemitischen Denkens? Was heißt es, jüdisch zu sein, ohne den definierenden Blick des Antisemiten? Und wie hängen Antisemitismus und …
mehr


2020-02-14 09:51:17

Tomasi di Lampedusa, Garibaldi

Die Rolle des Retters übernimmt im „Leoparden“ der Familienhusar Tancredi Falconeri. Seine Mannschaft ist seit tausend Jahren im Spiel. Sie dient der Macht, wer immer sie ...
mehr


2020-01-28 08:22:29

Ray Kurzweil, Bill McKibben, David A. Sinclair


mehr


2020-01-18 07:27:11

Deborah Lipstadt

Obwohl sowohl die EU als auch die USA Hamas und Hisbollah als Terroragenturen einstufen, nennt Corbyn einzelne Parteigänger*innen der genannten Organisationen „Freunde“.
mehr


2020-01-09 11:05:48

Martin Luther King, Malcolm X

Viele fühlten sich aufgerufen, aber nur wenige waren auserwählt. Am 13. September 1964 machten auserwählte Ostberliner (linientreue Protestanten) große Augen.
mehr


2020-01-02 07:19:17

Eddy de Wind - Aufzeichnungen eines Überlebenden

1943 werden der niederländisch-jüdische Arzt Eddy de Wind und seine Frau Friedel nach Auschwitz deportiert. Als Häftling mit der Nummer 150822 erlebt Eddy den Terror der …
mehr


2019-12-28 08:21:28

Giuseppe Tomasi di Lampedusa, Walburga Hülk, James Joyce

Salina wähnt sich nicht im Besitz der besseren Mittel im Vergleich mit der politischen Konkurrenz. Er hält sich lediglich für legitimer im Rahmen der alten Ordnung …
mehr


2019-12-28 07:50:39

Antonio Muñoz Molina - Eulen und Falken

„Unter dem fordernden Vergrößerungsglas der Erinnerung“ erkennt der Mörder des Volkstribuns Martin Luther King eine trostlos-lächerliche Relation von Anmaßung ...
mehr


2019-12-26 08:29:02

Antonio Muñoz Molina - Amphetamin-Amok

Weit davon entfernt ein Draufgänger zu sein, bestand Ray vor allem Abenteuer des Geistes. Er experimentierte mit Hypnose und Autosuggestion und arbeitete erstaunlich effektiv an sich.
mehr


2019-12-23 06:01:19

Annette Widmann-Mauz, Josef Schuster, Daniel Botmann

Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden, plädierte auf dem Gemeindetag 2019 für einen jüdisch-muslimischen Dialog, „der präventiv wirken soll“.
mehr


2019-12-22 12:22:25

Gemeindetag 2019

Staatsministerin Annette Widmann-Mauz erklärte auf dem Gemeindetag 2019: „Die Sicherheit der Juden in Deutschland ist Staatsräson.“
mehr


2019-12-22 06:50:48

Giuseppe Tomasi di Lampedusa, Don Calogero

Niemand könnte den Niedergang des Feudalen leuchtender anzeigen, als der priesterschwarz gekleidete Don Calogero. Noch verkörpert er das Bürgertum (die kommende Klasse) in falscher ...
mehr


2019-12-20 07:31:38

Isabel Allende und der lange Winter der Anarchie

Als chilenischer Konsul in Paris verhalf Pablo Neruda im spanischen Bürgerkrieg geschlagenen Republikanern zu einer Passage in die Freiheit.
mehr


2019-12-17 06:47:29

Jüdische und muslimische Senior*innen im Gespräch

Im ersten Band der jüdisch-muslimischen Dialogreihe des Zentralrats der Juden in Deutschland „Schalom Aleikum“ berichten fünf jüdische und fünf muslimische Seniorinnen ...
mehr


2019-12-15 06:57:29

Horatio Nelson, Tancredi Falconeri, Giuseppe Tomasi di Lampedusa

Im August 1861 erscheint der Kammerdiener des rechtzeitig verstorbenen Königs beider Sizilien beinah als Appendix des leichtsinnigen und schnell schaltenden Fürstenneffen ...
mehr


2019-12-12 07:25:20

Tomasi di Lampedusa, Traditionslinien des Elends

Der Kammerherr eines nachlassenden Königs sieht die Suprematie der Savoyen kommen. Auf Deutschland übertragen, entspricht Ferdinands Position im Machtgefüge ...
mehr


2019-12-11 08:10:54

Ronan Farrow, Harvey Weinstein, NBC

Zwanzig Jahre moderiert Matt Lauer die NBC Today Show. Der geborene New Yorker ist eine nationale Instanz und ein gern gebuchter Eröffnungsredner von Weltereignissen …
mehr


2019-12-10 08:27:14

Walburga Hülk, Charles Baudelaire


mehr


2019-12-09 08:01:19

Giuseppe Tomasi di Lampedusa und der König beider Sizilien

„Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, muss sich alles ändern.“ Mit dieser Binse bestürmt Tancredi seinen Onkel und Vormund, den Fürsten Salina.
mehr


2019-12-03 07:33:33

Walburga Hülk - Mit Baudelaire beim Boulanger

Walburga Hülk zeigt die größten Geister der Epoche im Morgenmantel ihrer Bedeutung. Flaubert schlägt sich mit Studien zu Madame Bovary herum. Baudelaire ...
mehr


2019-12-03 06:57:14

Shelagh Delaney - Kitchen Sink Realism

Sie zählte zu den namhaften Angries um John Osborne und Alan Sillitoe. Ihre literaturgeschichtliche Bedeutung oszilliert zwischen Meilenstein und Ikone: Shelagh Delaney ...
mehr


2019-12-02 07:50:09

Ivan Krastev, Stephen Holmes - Gegengeschichtsschreibung

Putin erkennt den westlichen Kanon nicht an. Er hält die Sieger der Geschichte für korrupter und amoralischer als die Heloten des Ostens mit ihrem herausposaunten oder unter den Teppich ...
mehr


2019-12-02 07:32:12

Giuseppe Tomasi di Lampedusa - Fülle und Fäulnis

Das Regime der Renaissance in der Vielzahl seiner florentinischen und venezianischen Erscheinungen endet gerade: auch im Garten des Fürsten, wo Rosen ...
mehr


2019-11-20 06:02:54

Amaryllis Fox, Martin Scholz

Leichtbauweise der Konspiration - Girlfreshman Fox wundert sich ... wie unterkomplex abgedecktes Verhalten ist und wie leicht die toten Briefkästen der Netz-Zeit gebaut sind.
mehr


2019-11-02 06:32:36

Amaryllis Fox

Den ersten Anwerbeversuch unternimmt ein Geheimdienst in Oxford, wo Amaryllis Fox studiert. In der Debütantin paart sich bürgerlicher Ehrgeiz mit Abenteueraltruismus.
mehr


2019-11-01 08:47:12

Juan Moreno, Claas Relotius

Der Autor wundert sich. Er wundert sich seitenlang über die Ruhe, mit der Claas Relotius dem aufziehenden Sturm begegnet, der ihn wegfegen wird. Juan Moreno spekuliert über die ...
mehr


2019-11-01 07:55:31

Regener/Lentz im Haus für Poesie

Für Michael Lentz gehört das Grimm’sche Wörterbuch zur täglichen Arbeit. Vorbildlich findet er Celinés „Reise ans Ende der Nacht“ als „Weltreise durch das Französische“.
mehr


2019-10-31 07:23:29

Max Czollek - Grenzwerte & Radical Diversity

Den letzten Newsletter habe ich im Juli 2018 verschickt, seitdem war Atemlosigkeit. Vor allem wegen der großen Aufmerksamkeit, die meinem Buch "Desintegriert Euch!" ...
mehr


2019-10-31 07:10:22

Isabel Allende - La Retirada

Isabel Allende will jenen eine Stimme geben, die von der männlichen Geschichtsschreibung ignoriert wurden. Dazu zählten die meisten der fünfhunderttausend spanischen Flüchtlinge ...
mehr


2019-10-31 06:00:40

Shelagh Delaney

Jeder kennt Ewan MacColls Evergreen „Dirty Old Town“. Die Wenigsten wissen, dass das Lied als Hommage an MacColls und eben auch Shelagh Delaneys Geburtsstadt Salford …
mehr


2019-10-29 06:17:00

Isabel Allende

Pablo Neruda wähnte sich für alle Zeit im Gedächtnis der Völker aufgehoben nicht seiner Dichtung wegen. Vielmehr glaubte das chilenische Nationalgenie, den Ehrenplatz verdient zu haben …
mehr


2019-10-28 06:09:35

Clara Meyer, Bill McKibben

Kein Bild einer Entladung erreicht den tristen Furor eines Meteoritensturms. Im Verlauf ihrer Geschichte wurde die Erde immer wieder bombardiert und jedes Mal kam es zu ...
mehr


2019-10-27 06:25:53

Shermin Langhoff

»Heimat« wird zurzeit in Großbuchstaben an jede Wand der Republik projiziert. Jedoch nicht im Sinne von Empathie und Solidarität mit den Menschen …
mehr


2019-10-27 06:01:03

Susan Abulhawa - Belle de Jour auf Arabisch

In ihrem Roman „Nahrs letzter Tanz“ erzählt Susan Abulhawa von der palästinensischen Diaspora in Kuwait vor der irakischen Invasion 1990.
mehr


2019-10-25 06:42:36

Thomas Hoeps, Jac Toes - Delegierte der Kartelle


mehr


2019-10-23 07:16:20

Karamba Diaby

Karamba Diaby gefällt es, als „Schwarzes Sprachrohr“ das Glück im Winkel deutscher Kleingärten weltweit zu kommunizieren. Der im Senegal geborene und in Halle ...
mehr


2019-10-23 06:56:01

Susan Abulhawa - Bevölkerte Einsamkeit


mehr


2019-10-22 07:33:04

Matthias Küntzel - Nazis und der Nahe Osten

1937 kam mit der Broschüre „Islam und Judentum“ eine neue Form von Judenhass in die Welt: der islamische Antisemitismus. Die Nationalsozialisten taten alles, um ...
mehr


2019-10-21 05:23:57

Ai Weiwei - Create Your Revolution

Geprägt von schmerzhaften Erfahrungen des Exils, insbesondere des Zwangsexils seines Vaters, stellte sich bei Ai Weiwei früh das Gefühl des Fremdseins ein.
mehr


2019-10-21 05:09:39

Ines Geipel - Antifaschistischer Urstoff

Bald nach dem Krieg wird Buchenwald zum „Gegenstand strategischer Geschichtspolitik“. In diesem Kontext betrachtet Ines Geipel dann auch Bruno Apitz‘ „Nackt unter Wölfen“.
mehr


2019-10-16 05:40:23

Leslie Jamison - Tante Tilly


mehr


2019-10-15 05:08:52

Siri Hustvedt, Karl Ove Knausgård, Dag Solstad


mehr


2019-10-13 06:55:32

Robert Prosser

2017 verbrachte er einen Sommer auf Lesbos, um sich „am südlichen Rand Europas“ umzuschauen. Prosser datiert präzise: „Es war das Wochenende des G20-Gipfels.“
mehr


2019-10-12 04:45:50

Arne Vogelgesang - Repressive Toleranz


mehr


2019-10-10 08:10:08

Ayesha Harruna Attah

Ayesha Harruna Attah ist die Ururenkelin einer Sklavin. Die Ahne wurde in einer präkolonialen Gesellschaft zwischen Islam und Animismus auf dem Territorium des heutigen Ghana ...
mehr


2019-10-10 08:07:11

#ExtinctionRebellion - Die dritte Nacht

Die historischen Anleihen an mittelalterliche Jahrmärkte, Kirmes-Zinnober und obsoleten Budenzauber tragen zu einem Straight Edge-Jugendstil bei. Kein Alkohol, keine Drogen ...
mehr


2019-10-09 09:01:19

Extinction Rebellion in Berlin

Dem ständig betonten Revolutionscharakter zum Trotz erinnert Extinction Rebellion Environment an Kopenhagener Straßenszenen in den Siebzigerjahren.
mehr


2019-10-09 06:25:48

James Joyce

Er ist so eitel, dass er keine Herabsetzung je vergisst, so elitär, dass ihn die Dummheit der anderen schüttelt, und so risikoavers, dass man von ihm besser keine Heldentaten erwartet.
mehr


2019-10-08 07:07:08

Leslie Jamison

Leslie Jamison geht der Frage nach: Was bedeutet Familie, wenn sie als Wett - und Losgemeinschaft in der Lotterie des Lebens ihre Entscheidungen nach denselben Kriterien trifft wie ein …
mehr


2019-10-08 05:52:50

Carola Rackete


mehr


2019-10-07 06:54:44

Michael Hirsch, Thierry de Duve

„Die Signatur unserer Gegenwart“ ist der Traum vom Weiterwursteln. Hirsch zitiert Walter Benjamin, der im Jetzt der 1920er Jahre die Katastrophe sah, die andere erst ...
mehr


2019-10-06 05:23:09

Arne Vogelgesang

Rechte Internetpartisanen kombinieren die Gewaltlosigkeitsästhetik des zivilen Ungehorsams mit ihren Perspektiven.
mehr


2019-10-04 10:15:57

Yael Bartana, Sivan Ben Yishai, Sasha Marianna Salzmann

Unter der Überschrift DE-HEIMATIZE IT! versammelt der 4. Berliner Herbstsalon eine Werkschau bildender Künstler*innen mit einem umfangreichen Theater-, Performance- ...
mehr


2019-10-04 07:51:19

Petina Gappah

Gappah war nach dem erzwungenen Rücktritt des ewigen Staatschefs Robert Mugabe nach Simbabwe zurückgekehrt und hatte sich Emmerson Mnangagwa, dem regierenden Chef ...
mehr


2019-10-02 05:29:30

James Baldwin


mehr


2019-10-01 06:27:30

Reyhan Şahin aka Lady Bitch Ray

„Es gibt keinen Feminismus, der Rassismus ausklammert. Intersektionalität ist „a way of seeing“; „ein Depot voller ungehörter Geschichten“; eine Kraftquelle und ein Fundus der Gegenrede – backtalk.
mehr


2019-09-30 06:57:10

Alice Hasters - Das Alpha-ABC

Wer mit Svenja befreundet sein wollte, musste Alice ignorieren. Das waren die Spielregeln in der Grundschule. Nach einem polyglott-privilegierten Superstart in einer Transkontinentalrakete ...
mehr


2019-09-29 06:25:29

Luo Lingyuan, Britta Gansebohm

Alles ist arrangiert, nichts bleibt dem Zufall … überlassen. Ein gemeinsames Merkmal von Zivilisationen babylonisch-pharaonischem Formats ist ihre Geringschätzung des Gefühls.
mehr


2019-09-28 08:54:34

Lindsey Drury, Kaveh Akbar, Chibundu Onuzo, Michel Faber


mehr


2019-09-28 08:28:06

Kalaf Epalanga, Stefanie Hirsbrunner, Karla Kutzner

Der Musiker und Autor Kalaf Epalanga wird Kurator des nächsten African Book Festival in Berlin, das vom 17.-19. April 2020 zum dritten Mal die Stars der afrikanischen Literatur ...
mehr


2019-09-24 05:55:56

Frank Raddatz, Maxi Obexer, Simon Strauß, Thomas Oberender - Theater

Darum ging es auf der Bühne: Literarische Dramatik versus theatralische Hochhausbegehungen auf einer vom Schauspieler*innenkollektiv erarbeiteten Textbasis.
mehr


2019-09-24 05:37:39

Ines Geipel - Familiengeschichte als Gesellschaftslehre

Eine Paradoxie der deutschen Nachkriegsgeschichte besteht darin, dass sich das Schweigen der Heimkehrer in einem Erzählgestrüpp verfing und gemeinsam ...
mehr


2019-09-23 05:44:20

Maxi Obexer, Frank Raddatz, Simon Strauß, Thomas Oberender


mehr


2019-09-22 07:32:14

Verena Boos, Doron Rabinovici, Nassima Sahraoui

Man unterscheidet diskursive, kognitive, emotionale und affektive Kontaktpunkte und Reibungsflächen zwischen ethnisch-nichtdiversen Mehrheitsgesellschaftern und ...
mehr


2019-09-22 07:07:58

Philipp Ruch, Franziska Heinisch - Wir sind in einem Kampf

Philipp Ruch, ein „moralischer Hardliner“ nach eigener Angabe sagt: „Ich kann den Abgeordneten zwingen und erpressen. Man muss wissen, wie man das macht.“
mehr


2019-09-21 08:01:24

Philipp Ruch, Franziska Heinisch - Sterben in Echtzeit

Philipp Ruch konstatiert eine historisch konstante Gleichzeitigkeit. „Gleichzeitig wird (im Mittelmeer) gebadet und gestorben“. Der politische Philosoph kommt auf Voltaire ...
mehr


2019-09-20 06:16:43

Philipp Ruch, Franziska Heinisch

Philipp Ruch behauptet: „Entweder wir gewinnen in den nächsten sieben Jahren“ den Kampf gegen Rechts oder „wir verlieren ihn“ mit Folgen, die sich die meisten nicht vorstellen können.
mehr


2019-09-19 06:05:35

Doron Rabinovici - Linker Antisemitismus

Der linke Antisemitismus sei älter als der Zionismus, entgegnete Rabinovici. In marxistischen Kategorien sind die Juden- und Frauenfragen revolutionshemmende Nebenwidersprüche.
mehr


2019-09-17 07:24:01

Peter Kurzeck - Das Untergangsversprechen

Morgens holen Vater und Tochter Baguette und kehren im Café du Commerce ein, wo dieser in romanischen Ländern alltägliche Frühstücksstehbetrieb an der Bar besonders einladend ...
mehr


2019-09-14 17:22:42

Nassima Sahraoui, Senthuran Varatharajah, Zoe Hagen

Erinnerung ist ein Modus der Fiktion, Sagt Senthuran Varatharajah.
mehr


2019-09-14 16:06:54

Irini Siouti, Senthuran Varatharajah, Verena Boos, Doron Rabinovici

Unser Unbewusstes strukturiert die Sprache. Senthuran Varatharajah denkt Jacques Lacan auf der Textland Bühne weiter.
mehr


2019-09-14 06:15:26

Nizar Qabbani, Hussein Bin Hamza, Stefan Weidner

Die Erneuerung des arabischen Gedichts ging vom Irak aus. Da experimentierten in den … Avantgardisten mit Schismen und Tabubrüchen – im Vorgriff nationaler Befreiungskämpfe.
mehr


2019-09-11 08:49:06

Franziska Heinisch, Philipp Ruch

Philipp Ruchs aktuelles Buch bringt es auf den Punkt: „Schluss mit der Geduld – Warum jeder etwas bewirken kann – eine Anleitung für wehrhafte Demokratie“.
mehr


2019-09-09 07:27:35

John Fante - Aufstieg

Als Sohn eines Maurers aus den Abruzzen verehrte John Fante den Ausnahmeathleten Joe diMaggio mehr als Hemingway. DiMaggios Ruhm überstrahlte alle.
mehr


2019-09-08 06:00:02

Peter Kurzeck - Lächelnde Baguettes

An einem Salzkristallmorgen in Saintes-Maries-de-la-Mer geht der Erzähler mit seiner Tochter zum Bäcker. Die Strecke zieht sich hin an einem Saum des verröchelnden Gestrüpps ...
mehr


2019-09-06 05:21:37

Peter Kurzeck - Der Himmel über Berkersheim

Peter Kurzeck ließ gern den Eindruck entstehen, die Alltagskatastrophen führten ihre finsteren Schwänke allein zu seinem Erstaunen auf.
mehr


2019-09-06 04:56:24

Priyra Basil - Deutsch-Israelische Literaturtage

Basil sagte: „Die Sprache wurde von Populist*innen vergiftet. Die Literatur ist ein Ort, wo man den Worten wieder ihren eigenen Klang geben kann.“
mehr


2019-09-04 12:51:19

Uljana Wolf, Thomas Meinecke, Clemens Meyer

Die Jury des 27. open mike ist benannt: Thomas Meinecke, Clemens Meyer und Uljana Wolf werden beim Finale des Wettbewerbs für junge Literatur vom 8. bis 10. November ...
mehr


2019-09-03 05:43:57

Peter Kurzeck - Horizontlinie

In der Mühle eines strapaziösen Müßiggangs werden die Tage gemahlen, nachdem sie kopfüber durch den Trichter gepurzelt sind. Gerade war noch gestern, zumindest heller Nachmittag …
mehr


2019-09-02 10:33:28

Deutsch-Israelische Literaturtage

Wir müssen auch laut sein, um für Demokratie und die Veränderbarkeit der Verhältnisse zum Besseren einzustehen. Kann Literatur helfen, die offensichtlichen Polarisierungen ...
mehr


2019-08-30 06:56:44

Martin Beyer

Auf die Frage des Ethiklehrers, „wer von euch glaubt, in den 1930er Jahren immun gegen die nationalsozialistische Propaganda gewesen zu sein?“, hob Beyer den Arm ...
mehr


2019-08-20 06:32:38

Tobias Wilhelm

Vor einer Massenschlägerei wird dem Erzähler übel. Ich erlebe seine Übelkeit, so eindringlich ist die Schilderung. Tobias Wilhelm verzichtet auf jede Effekthascherei.
mehr


2019-08-19 05:43:58

Jackie Thomae


mehr


2019-08-16 06:15:20

Marion Brasch, Hendrik Otremba

Während „Exit U.S.“ die sterbliche Leiblichkeit ihrer Klienten komplett verwahrt, lagert man anderenorts nur Köpfe ein; in der Erwartung, sie einmal auf effektivere Datenträger ...
mehr


2019-08-05 06:35:35

Natasha A. Kelly, Audre Lorde

Patricia absolviert eine Kindheit unter härtesten Bedingungen. Sie wird „gehänselt, geschubst, beschimpft, bespuckt“. Wenn sie Glück hat, findet man sie exotisch. Fremde fassen sie ...
mehr


2019-08-05 06:07:37

Monika Schwarz-Friesel - Netz-Antisemitismus

Beschworen wird das angebliche „Tabu, etwas gegen Juden sagen zu dürfen“. In einer Welt voller antisemitischer Bemerkungen entlarvt es sich nicht einfach als das ...
mehr


2019-08-03 07:46:29

Emilia Smechowski - Klimatisierte Höllen

In einem rotweißen Fahnenmeer erlebt Smechowski einen Gänsehautmoment, bevor der kritische Abstand sich wiedereinstellt. .
mehr


2019-07-22 05:50:42

Roxane Gay - Instrumente einer Gegenaufklärung

Man kann nie wissen, was aus einem Ungeheuer wird, wenn man es küsst. Mit dieser Einsicht beginnt ein Nachdenken über weibliche Rollen in Mythen und Märchen ...
mehr


2019-07-15 05:58:10

Michel Foucault - Langsam lesen III.

Es kommt zu Selbstverstümmelungen aus Angst vor der heilsverwehrenden Begierde. „Freiwillig verschnittene“ Jungfrauen konkurrieren mit barbarisch Amputierten.
mehr


2019-07-14 06:12:39

Michel Foucault - Langsam lesen II.

Foucault zeigt, dass die Ökonomisierung der Sexualität, die sich bis in den Regelvollzug fortsetzt, nicht erst vom Christentum ausgelöst wurde, sondern vorher da war.
mehr


2019-07-14 06:03:33

Sergio Raimondi - Die Macht der Poesie

Die Opfer der Expansionen und Ausbeutungsfeldzüge des Globalen Nordens tauchen im Text als gleichberechtigte Aktivist*innen von Verheerungen auf.
mehr


2019-07-13 05:24:42

Michel Foucault - Langsam lesen I.

Foucault schreibt: Der Priester wird Richter, besser gesagt wäre, er tritt als Gottes Staatsanwalt auf den Plan. Er stellt sich zwischen den Sünder und Gott.
mehr


2019-07-04 07:33:42

Chimamanda Ngozi Adichie - Die Rückkehr

Chimamanda Ngozi Adichie erklärt Enugu zum Schauplatz einer Geschichte, die insofern vom Kurs ihrer feministischen Großerzählung (im Widerspruch zu der landläufigen ...
mehr


2019-06-27 05:32:32


mehr


2019-06-03 07:45:53

Arnold, Rabinovici, Sznaider, Heilbronn

Es gibt nun einen Antisemitismus im Namen der Menschenrechte. Der britische Labour-Chef und Gewerkschaftsfunktionär Jeremy Corbyn nennt ...
mehr


2019-06-01 06:27:50

Jan Brandt - Existenzielle Obdachlosigkeit

Solange der Erzähler in seiner Geburtsgegend gut aufgehoben ist, rebelliert er gegen die Verhältnisse. Ihn provoziert der konzertierte Abschluss hinter Lebensbäumen und das ...
mehr


2019-05-31 06:12:05

Hans Magnus Enzensberger - Expertenrevue

In der Hochzeit der Afrika-Expeditionen und der spekulativen Ethnologie befasste sich der Journalist Henry Mayhew (1812 - 1887) mit der Armutsarchaik vor der eigenen Haustür.
mehr


2019-05-30 07:24:50

Bernward Vesper

Sie nannten ihn den Irren von Triangel. Bernward Vesper bemühte sich um die Veröffentlichung der Schriften seines NS-Vaters, während er zugleich „Schriftsteller gegen den Atomtod“ ...
mehr


2019-05-26 05:53:15

Simone von Brentano 6. Folge

Ich muss Ihnen sagen, ich habe nie an mir gezweifelt. Das Selbstbewusstsein rührt nicht allein von meiner halbgöttlichen Herkunft, über die zu sprechen wir bislang versäumt haben.
mehr


2019-05-26 05:31:27

Simone von Brentano - 5. Folge

Ich erinnere an Brainfuck von Sibylle Berg: „Wir werden sie aufspüren, ihre Schwachstellen herausfinden und ihnen eine Sekunde schenken, die sie nie vergessen werden.“
mehr


2019-05-25 04:47:18

Birgit Kreipe, Cheikh Anta Belle Kum, Melanie Irmey, Lisa Starogatzki

„Hände hoch! Mein entsichertes Jahrzehnt“ – Unter diesem Motto steht die Leistungsschau der Nachwuchsschreibwerkstätten im Berliner Haus für Poesie.
mehr


2019-05-24 14:30:28

Volker Braun - Habsucht der Augen

Seine Habseligkeiten behält er im Blick. Er nennt das „die Habsucht der Augen“.
mehr


2019-05-24 07:03:48

Romeo Franz, Cornelia Wilß, Alexander Paul Englert, Mare Manuscha

„Die Katastrophe ist für mich nichts Außergewöhnliches, weil ich in einer Katastrophe lebe“, sagt der seit Jahrzehnten in Dachau gegen das Vergessen und neofaschistische Infamien ...
mehr


2019-05-21 10:06:33

Paul Mason

„Mittelstandskindern mit Hochschulabschlüssen und Jobs“ tragen „den sozialen Krieg, der seit geraumer Zeit an den Rändern des globalen Systems tobt“, auf die Magistralen ...
mehr


2019-05-21 07:23:55

Natasha A. Kelly, Emilia Roig

Nach ihr wurde der erste Rover, der 1997 mit der Sonde Pathfinder auf dem Mars landete, benannt. Die Biografie der als Tochter von Sklaven in Unfreiheit geborenen Sojourner Truth ...
mehr


2019-05-18 08:53:25

Amos Oz, Shira Hadad

Die Mutter war so, dass Männer ihr zu gefallen suchten. Sie sprach nicht gern, doch fand jedes Wort aus ihrem Mund die größte Aufmerksamkeit. Amos Oz schildert ...
mehr


2019-05-16 07:47:34

Simone von Brentano - 3. Folge

Wir nannten ihn Fredo nach dem unfähigsten Sohn des großen Don. Selbst die aus Vorsicht höflichen Odalisken in den Tempeln, die sich die Mafia ...
mehr


2019-05-14 05:16:05

Nell Zink - Verspielte Ebenbürtigkeit

Das Stillwater Mädchen-College ist ein Universum für sich, „so autonom wie eine Militärbasis“. Es liegt außerhalb eines Städtchens gleichen Namens im ländlichsten Virginia ...
mehr


2019-05-06 09:42:54

Amoz Oz, Ulla Berkéwicz

Sie schildert Oz als einen typischen und zugleich überragenden Vertreter der israelischen Aufbaugeneration. Fania Oz erinnert sich an einen ...
mehr


2019-05-06 07:01:18

Can Dündar und das Wetter im Exil

Erdoğan ist die Staat gewordene Selbstermächtigung.
mehr


2019-05-05 06:41:15

Can Dündar, Aylin Esener, Mehmet Yılmaz

„Es geht nicht darum, gefangen zu sein. Sondern darum, sich nicht zu ergeben. Nâzım Hikmet
mehr


2019-05-04 05:50:09

Yvonne Adhiambo Owuor

Im Mondtakt geflutet, teilt ein Priel, der bei Ebbe trockenfällt, eine küstennahe Insel des Lamu-Archipels vor Kenia. Ayaana wächst in der Marsch von Pate vaterlos und einzelgängerisch auf.
mehr


2019-05-03 06:13:21

Ferda Ataman, Nikita Dhawan, Newroz Duman, Kira Kirsch

Diskurskuratorin Margarita Tsomou forderte eine große linke Gegenerzählung (als alternatives europäisches Narrativ) zum „Historischen Optimismus“ ...
mehr


2019-05-02 05:33:06

Erica Fischer - Feminismus Revisited

In „Feminismus Revisited“ protokolliert Erica Fischer Aussagen junger Aktivistinnen der Generation Netzfeminismus.
mehr


2019-05-01 10:02:02

Hans Christoph Buch

Enzensberger ist der Untreue bei Suhrkamp, der einzige Autor, der von dem „Ski- (wahlweise) Schwimmlehrer“ Unseld nicht in Ketten geschlagen werden kann.
mehr


2019-04-30 06:58:17

Sergio Raimondi

Zum 20. Poesiefestival Berlin spricht Raimondi in der Akademie der Künste über die Maßlosigkeit des Kapitalismus.
mehr


2019-04-30 06:26:00

Nell Zink - Virginia

Lee Fleming spielt das invertierte Enfant terrible und den „Dichter, der uns aufrührt“ à la Rimbaud, bis ihm ...
mehr


2019-04-29 07:41:02

Kimberlé Crenshaw

Wenn Leute behaupten, ich wirke spaltend, entgegne ich: Was ich zu tun versuche, ist sicherzustellen, dass die Spaltungen, die es gibt, uns nicht davon abhalten …
mehr


2019-04-27 06:42:42

Erica Fischer

Als nicht-binäre „muslimisch-migrantisch und weiblich gelesene“ Persönlichkeit kann Yaghoobifarah jederzeit einen Kasatschok der Devianz und der Diversität aufführen.
mehr


2019-04-23 07:51:38

Davide Enia - Lampedusa

Jede Rettung ist mit einem Dilemma verbunden. Rettet man die drei direkt vor der Nase oder ...
mehr


2019-04-23 07:37:41

Kimberlé Crenshaw

Vor 30 Jahren prägte Kimberlé Crenshaw den Begriff „Intersektionalität“, um das Zusammenspiel unterschiedlicher Unterdrückungsformate ...
mehr


2019-04-18 06:49:40

Anne Duden, Yoko Tawada

Zentral im Werk von Anne Duden ist das Interesse am ikonografischen Drachenkampf. Ihre konsequente Parteinahme für den Drachen ...
mehr


2019-04-17 09:01:35

Ece Temelkuran - Neuer Sozialistischer Realismus

„Stumme Schwäne“ ist ein Schlüsselroman, geschrieben mit den bürgerlichsten Absichten des 18. und 19. Jahrhunderts ...
mehr


2019-04-16 06:02:57

Davide Enia


mehr


2019-04-13 08:50:57

Tsitsi Dangarembga

„Die Menschheit hat nur aufgrund von Migration überlebt. Mensch zu sein, heißt zu migrieren.
mehr


2019-04-13 08:02:42

Ece Temelkuran - Interne Revolte

Was nützt mir die Revolution, wenn ich nicht tanzen kann. Der Titel variiert ein Zitat der russischen Feministin Emma Goldman: If I Can‘t Dance, I Don‘t Want To Be Part of Your Revolution.
mehr


2019-04-12 07:11:15

Ece Temelkuran - Euphorie und Wehmut

Ece Temelkuran beschreibt in „Euphorie und Wehmut“ einen Untergang der Wirklichkeit in staatsmärchenhaften Darstellungen.
mehr


2019-04-06 19:58:34

Sefi Atta, Zakes Mda

Auch Zakes Mda hat eine US-amerikanische Anschrift. Er zählt zum südafrikanischen Aktivistenadel, der im Kampf gegen die Apartheid ...
mehr


2019-04-06 05:06:28

Ece Temelkuran - British Exit

Ece Temelkuran beschreibt Bedingungen, in der eine Demokratie verdirbt.
mehr


2019-04-06 04:45:21

Ijangolet S Ogwang

Mit einem hochpolitischen Vortrag eröffnete der diesjährige Headliner Ben Okri das African Book Festival 2019.
mehr


2019-04-06 04:08:14

Sue Nyathi, Ijangolet S Ogwang, Namwali Serpell, Magda Birkmann

Während Serpell in der Migration den Ausgangspunkt ihres Schreibens entdeckt, behauptet Nyathi als Achtjährige aus eigenem Antrieb die Produktion ...
mehr


2019-04-05 08:27:00

Chiké Frankie Edozien, Sefi Atta, Ijangolet S Ogwang

Die Nigerianerin Deola ist 39 und hat viel erreicht. Sie arbeitet in London als Wirtschaftsprüferin internationaler Hilfsorganisationen ...
mehr


2019-04-04 07:08:59

Jama Musse Jama, James Murua, Yana Makuwa

Don't know what to read next? Have three experts on literary landscapes inspire you with books that inspired them to ...
mehr


2019-04-03 07:04:08

Fernanda Melchor

La Bruja ist eine kaum übermenschlich vor den Reduktionen des Alters gefeite Hexe, insofern sie mit vierzig so aussieht als sei sie längst sechzig, und ihr Gedächtnis sie ordinär im Stich lässt.
mehr


2019-04-01 06:28:09

Jagoda Marinić - Sheroes

In „Sheroes – neue Held*innen braucht das Land“ verlangt Marinić eine Radikalisierung der deutschen Frauenbewegung.
mehr


2019-03-30 06:39:36

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XLIII.

In einer Sklavenhaltergesellschaft ohne Sklaven dienten Besatzungskinder dem unnachgiebigen Mahlwerk der Verachtung.
mehr


2019-03-29 10:01:14

Sandra Gugić - Protokolle

In ihrem Arrest fertigt die Beobachterin „to-do-listen der Ohnmacht“ an. Sie sucht da „nach alltäglichen beweisen moralischer insolvenz“.
mehr


2019-03-29 07:42:40

Raik Kepler

Jamal Tuschick liest am Donnerstag, den 4. April um 20.00 Uhr aus seinem Roman: Der Maschinenraum des Universums.
mehr


2019-03-27 06:32:50

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XLII. Lektion

Ich habe vergessen zu sagen, dass Gerda bei den Tennessee Rattlesnakes die Wäscheruffel spielte.
mehr


2019-03-25 06:20:16

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XLI. Lektion

Jahrzehnte ist die Tochter einer russischen Zwangsarbeiterin, die ihren Vater nie gesehen hat, landfahrerisch unterwegs, eine Nomadin des Unheils …
mehr


2019-03-25 06:07:45

Ferdinand von Schirach

Angeregt von einer Dokumentation, vergleicht er die Karrieren von Otto Schily, Hans-Christian Ströbele und Horst Mahler …
mehr


2019-03-23 07:12:44

Philipp Ruch - Ehre und Rache - 3.

Die Bereitschaft, in wertlosen Zeichen Auszeichnungen zu erkennen, kommt aus der Gewohnheit, Ehrenkränze …
mehr


2019-03-22 07:14:18

Lamya Kaddor, Shelly Kupferberg

Kaddor beschwört ihre Kindheit in einer Hochburg des westfälischen Münsterlandes als glücklichen Auftakt. Ihr Vater kam 1975 aus Damaskus …
mehr


2019-03-21 07:14:24

Philipp Ruch - Ehre und Rache - 2.

Der Kapitalismus wird von der Romantik für das gehasst, was er am erfolgreichsten betreibt … die Bändigung des Trieblebens (in einer Abkehr) von der Ehre.
mehr


2019-03-20 08:21:04

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XL. Lektion

Tille wollte Nutella und kriegte Verständnis.
mehr


2019-03-20 07:34:34

Philipp Ruch - Ehre und Rache - 1.

Für Montaigne ist alle Größe Projektion, schreibt Ruch. Montaigne bewegt sich bereits auf dem postheroischen Grat, den Shakespeare und Machiavelli ...
mehr


2019-03-19 07:13:23

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXXIX. Lektion

Martin verabschiedete sich aus dem Kreis jener, die Rimbaud verehrten und dessen abenteuerlichen Lebensweg ...
mehr


2019-03-18 07:20:56

Aura Xilonen

Seine Trainer heißen Vergil und Dante. Von den alten Meistern lernt Liborio, was auf der Straße nicht gelehrt wird.
mehr


2019-03-17 07:24:26

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXXVIII. Lektion

Die Propheten kreierten die nächste Generation des bodenständigen Mittelstandes.
mehr


2019-03-16 07:00:12

Cana Mungan, Donata Hasselmann, Muhammed Al Kashef

In der Dokumentation „Am Rande Europas „beschreiben Geflüchtete die Konsequenzen des EU-Türkei-Abkommens ...
mehr


2019-03-15 07:07:26

Ferda Ataman - Ich bin vor hier

„Ich bin in Deutschland geboren. Mir reicht das, um von hier zu sein.“
mehr


2019-03-15 06:58:27

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXXVII.

Der Nationalsozialismus war eine Anhaftung der bundesrepublikanischen Demokratie.
mehr


2019-03-14 06:01:04

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXXVI. Lektion

Im (zwanghaften) Streben nach Verbesserung interessierte Iris eine bessere Handhabung der Fetische Jugend und ...
mehr


2019-03-13 05:32:46

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXXV. Lektion

An den Rändern des Politischen trennen ethnische, soziale und geografische Demarkationslinien die „Anteillosen“ von der Mitte.
mehr


2019-03-12 08:13:08

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXXIV. Lektion

Die IOM diente der systematischen Drosselung der Auswanderungsbereitschaft ...
mehr


2019-03-11 06:17:19

Didier Eribon

Eribon zeigt, dass Literatur jenseits ihres angestammten Platzes in der Wissenschaft lohnende Forschungsfelder bietet.
mehr


2019-03-11 05:58:22

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXXIII. Lektion

Margot wollte die neue Energie (den ökologischen und direktdemokratischen Spirit) in der SPD zu halten. Ihre Bemühungen erinnerten an Handballtorwartparaden.
mehr


2019-03-10 07:21:42

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXXII. Lektion

Rudi Arndt und Holger Börner verkörperten den sozialdemokratischen Stil der Betonfraktion.
mehr


2019-03-09 07:43:36

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXXI. Lektion

Mein Vater war gegen den NATO-Doppelbeschluss, konnte aber mit der Friedensbewegung ästhetisch nichts anfangen.
mehr


2019-03-08 08:08:34

Fernanda Melchor

Mit der Wucht eines Wirbelsturms schreibt Fernanda Melchor über die viel zu alltägliche Gewalt gegen Frauen.
mehr


2019-03-08 07:49:37

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXX. Lektion

1978 zog die Besatzung eines deutschen Frachters vierhundertfünfzig Vietnamesen aus dem Südchinesischen Meer.
mehr


2019-03-08 07:36:28

Jagoda Marinic, Robert Habeck

Auch Männer können Sheroes sein.
mehr


2019-03-07 06:43:49

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXIX. Lektion

Die Zukunft meiner Eltern hieß Windsurfen. Die Vitalen des SPD-Ortsvereins, dem mein Vater lange vorgestanden hatte ...
mehr


2019-03-06 07:18:29

Tereza Semotamová - „Im Schrank“

„Warum wie jeder Depp zwischen vier Betonwänden leben?“
mehr


2019-03-06 06:48:22

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXVIII. Lektion

Erst 1976 inszeniert Fritz Marquardt „Die Umsiedlerin“ als Mumienschanz unter dem Titel „Die Bauern“ an der ...
mehr


2019-03-05 06:45:22

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXVII. Lektion

Egon Bahr war ein Schattenmann im kalten Krieg - der Garant für die Unantastbarkeit seines Chefs Willy Brandt ...
mehr


2019-03-04 05:43:07

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXVI. Lektion

Willy Brandt behauptete am Ende seines Lebens, bloß Egon Bahr zum Freund gehabt zu haben.
mehr


2019-03-03 05:56:07

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXV. Lektion

Holger Müller verband Stalin mit Schmidt. Er predigte „Kein Mensch, kein Problem“ (J. Stalin) und „Mein Herz gehört dem Kopf“ (A. Schmidt).
mehr


2019-03-02 05:44:10

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXIV. Lektion

Gerade fällt mir ein, wie oft gesagt wurde, dein Vater ist mit der SPD verheiratet.
mehr


2019-03-01 06:40:41

Frank Bösch

Der Historiker Niall Ferguson datiert den letzten Weltwandel auf das Jahr 1979. Frank Bösch findet viele Gewährsleute für ...
mehr


2019-03-01 06:22:08

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXIII. Lektion

Auch „Draußen vor der Tür“ diente der Verdrängung. Das Stück hatte eine Ventilfunktion. Es wirkte katalysierend.
mehr


2019-02-28 07:25:41

Rocko Schamoni

Onkels Sprecharie zieht die Matrosen aus dem Meer der Möglichkeiten ins Klein-Paris.
mehr


2019-02-27 05:13:31

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XXI. Lektion

Lothar Trolle sagt: „Man hat Adressaten. Wenn man die eines Tages nicht mehr spürt, wird es ...
mehr


2019-02-26 08:47:19

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XX. Lektion


mehr


2019-02-25 06:43:58

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XIX. Lektion

„Das Wesentliche im Universum ist nicht das Organische, sondern die Information“. Heiner Müller
mehr


2019-02-24 07:17:43

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XVIII. Lektion

Alle Jungsozialisten steckten in Second-best Konstellationen, während die Jungsozialistinnen ...
mehr


2019-02-23 06:32:44

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XVII. Lektion

Günter Grass war die zentrale Figur des sozialdemokratischen Glasperlenspiels. Er saß bis in alle Ewigkeit mit Willy ...
mehr


2019-02-22 08:10:38

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XVI. Lektion

Auf dem Umweg einer Liebeserklärung an ihre Großmutter gelangte Katja zu den verlorenen Ostgebieten ...
mehr


2019-02-21 05:56:41

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XV. Lektion


mehr


2019-02-19 06:43:29

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XIV. Lektion

„Willst du nicht mein Baader sein, lad ich mir nen anderen ein.“
mehr


2019-02-17 06:38:28

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XIII. Lektion

In meiner sozialdemokratischen Jugend unterschied man zwei Typen. Klare-Kante-Kleingärtner, die in allen Verfassungen ...
mehr


2019-02-16 06:34:29

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XII. Lektion

In der linken SPD gab es unterstützende Verbindungen zu den Spontis und RAF-Derivaten. Von der rechten SPD wurden ...
mehr


2019-02-14 04:56:24

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - XI. Lektion

„Frau und Arbeiter haben gemein, Unterdrückte zu sein.“
mehr


2019-02-12 05:54:06

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - X. Lektion

Heidi riet zur SPD. Die Schweizerin antizipierte den temporären Niedergang der deutschen Volkspartei und den Aufstieg ...
mehr


2019-02-11 06:18:58

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - IX. Lektion

Eines Tages tauchte Peter zum ersten Mal mit Kerstin in einer Ortsvereinssitzung auf. Zehn Jahre nach Willi Brandts ...
mehr


2019-02-10 05:34:10

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - VIII. Lektion


mehr


2019-02-09 08:15:44

Christian Heilbronn, Doron Rabinovici, Natan Sznaider

Wo liegt die Grenze zwischen legitimer Kritik an Israel und Antisemitismus?
mehr


2019-02-06 06:07:06

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - VII. Lektion

Die Kohorten der Außerparlamentarischen Opposition rannten, nicht müde werdend, gegen die Bollwerke des Staates an.
mehr


2019-02-05 06:50:33

Marcia Zuckermann

Nur eine schwindsüchtige Sonne stand am Himmel und kämpfte darum, die Eiszapfen zum Weinen zu bringen ...
mehr


2019-02-05 06:02:55

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - VI. Lektion

Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer war entführt worden so wie die Lufthansamaschine Landshut.
mehr


2019-02-03 13:50:53

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - V. Lektion

Der erste Mensch mit Migrationshintergrund im sozialdemokratischen Alltag war kein Chilene, der Allende …
mehr


2019-02-02 07:08:24

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - IV. Lektion

Etablierte reagieren auf aufsteigende Außenseiter mit der Preisgabe der eigenen Moralstandards an gröbere Formate.
mehr


2019-02-01 07:00:24

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD - III. Lektion

Die SPD war die Partei der Industriegesellschaft und die Industriegesellschaft war am Ende.
mehr


2019-02-01 06:48:41

Elif Shafak

Shafak analysiert in ihrem Werk eine Türkei, die nicht mehr laizistisch ist. Sie beschreibt Paradoxien einer konservativen Revolution.
mehr


2019-01-31 06:39:31

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD – II. Lektion

Dem Visionär Brandt war Schmidt im Stil eines VW-Aufsichtsratsgenossen gefolgt. Er feierte die Sachlichkeit ...
mehr


2019-01-31 06:28:08

Hiam Abbass

Hiam Abbass ist ein Feuer und eine Welt - israelisch und arabisch.
mehr


2019-01-30 05:45:46

Nachrichten aus dem Bauch der alten SPD

Die SPD meiner Kindheit war ein Relikt aus der Zeit vor dem Godesberger Programm. Sie bestand noch aus Arbeitern.
mehr


2019-01-17 09:03:04

Einer von uns - Robert Walser

Robert Walser (1878 - 1956) war seinem Wesen nach ein Alimentierter. Die Geschwister halfen dem Bruder ...
mehr


2019-01-17 08:27:01

William T. Vollmann

Vollmann registriert die Begleiterscheinungen von Armut. Er rechnet dazu Krankheiten, Un- und Überfälle.
mehr


2019-01-14 08:37:41

Uisenma Borchu

In einem Jurtenrondo mit Tee und mongolisch-traditionellem Trallala wird Hedi von der Oma über den Grad der ...
mehr


2019-01-05 17:46:09

Océane Labaki - Die Vakanz - 7. Folge

Eine neue Heimat der osteuropäischen Nomaden sind die Berliner Verkehrsbetriebe. Emine sitzt in der U2 und ...
mehr


2019-01-04 15:19:52

Océane Labaki - Die Vakanz - 6. Folge

Thaïs rutschte wie Korn durch den Trichter einer absurden Unvermeidlichkeit dem Schicksalsmahlwerk entgegen.
mehr


2019-01-03 10:31:15

Océane Labaki - Die Vakanz - 5. Folge

Thaïs war ein linksradikaler Snob, eine Edelkommunistin mit einem Kühlschrank nur für ihre Kosmetik.
mehr


2019-01-01 18:26:19

Gisèle Celan-Lestrange, Paul Celan

Gisèle, Tochter aus gutem Haus, ist von dem Dichter, der sich als Lehrer an der Ecole Supérieur erhält, bis zur ...
mehr


2018-12-30 07:03:46

Gerasimos Bekas - Alle Guten waren tot

Aris ist Grieche nach seinem Geburtsland, Deutscher nach seiner Sozialisation und außerdem das Produkt ...
mehr


2018-12-17 12:13:29

Gerasimos Bekas, Deniz Utlu

Die Opposition bildete den Rat der Trotzigen.
mehr


2018-12-14 07:36:41

Jaafar Abdul Karim in der Z-Bar

Meine Welt ist zu schnell für Bücher.
mehr


2018-12-09 07:33:51

Berlins erste Buchhandlung für afrikanische und afro-diasporische Literatur

Klassiker wie "Alles zerfällt" von Chinua Achebe und "Dekolonisierung des Denkens" von Ngũgĩ wa Thiong’o ...
mehr


2018-12-09 07:12:43

Martin Piekar, Anna Hetzer, Mikael Vogel

Als Lyrikerin arbeitet man gegen die Zeit.
mehr


2018-12-09 07:07:33

Nicole König, Wolfgang Thies

Ein Mensch kann überall zustandkommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Pass niemals.
mehr


2018-12-08 11:30:08

Joshua Kwesi Aikins

„Der Kolonialismus ist Gewalt in ihrem natürlichen Zustand, und er wird nur nachgeben, wenn man ihm ...
mehr


2018-12-07 00:16:43

Nina Berman

It is not underdevelopment, it is exploitation that plagues Africa.
mehr


2018-11-29 05:57:49

Ferda Ataman, Daniel Bax, Ruprecht Polenz

Der Rechtsruck kommt aus Rückzugs- und Bewahrungsphantasien und da, wo ihm vorausgedacht wird ...
mehr


2018-11-28 15:19:05

Marina Chernivsky, Anna Schapiro, Lea Wohl von Haselberg

„Die meisten Deutschen vermissten nach 1945 ihre deportierten Nachbarn nicht.“
mehr


2018-11-28 07:19:36

Karina Griffith und Wagner Carvalho

Können Selbstrepräsentationen Schwarzer Männlichkeiten Räume der Heilung für Schwarze Männer öffnen?
mehr


2018-11-27 10:11:49

Arta Ramadani

Era, ein großer Madonna-Fan, lebt mit ihren Eltern in Prishtina, der Hauptstadt des Kosovo ...
mehr


2018-11-22 08:29:27

Hanauer Kulturforum

Mein Großvater kam aus dem Nichts absoluter Wohlfahrtsferne.
mehr


2018-11-21 16:34:29

Arta Ramadani, Karosh Taha

„Anstatt zu fragen, was Integration ist, wird vorausgesetzt, dass dieses undefinierte, unklare Konzept ...
mehr


2018-11-20 07:13:42

Dunja Hayali - Lesung im Babylon

Sie wird täglich beschimpft und bedroht von Leuten, die sie nicht in Deutschland haben wollen.
mehr


2018-11-15 16:25:05

Stuart Hall

Es sind die Elendsverweigerer, die den Druck an Europas Schmerzgrenzen aufbauen.
mehr


2018-11-11 09:39:33

Orit Nahmias, Tobias Herzberg

Gangbang ist kein Problem, aber man darf kein Eis essen gehen mit der Affäre.
mehr


2018-11-10 06:10:21

Margarita Tsomou, Max Czollek

Max Czollek beschwört das schillernde Potential von Ironie und Rache.
mehr


2018-11-09 06:43:29

Sasha Marianna Salzmann, Sivan Ben Yishai, Sesede Terziyan

Die Braut ist heiß auf die Gene der anderen. Sie frisst ihre Liebhaber und trinkt ihr Blut.
mehr


2018-11-06 06:38:55

Eine Geschichte der Migration in Osthessen XVII.

Irgendwas mit Migration und Medien. Hanna macht in Hanau irgendwas mit …
mehr


2018-11-05 07:30:26

Jews and Arabs Writing in Berlin

Das heutige Berlin ist für Menschen aus unterschiedlichsten Ländern ein sicherer Hafen – unter ihnen viele ...
mehr


2018-11-05 07:25:38

Eine Geschichte der Gastarbeit XVI.

Die Kurdin war nicht mehr als eine Theatererscheinung, die Istanbul Türkisch sprach.
mehr


2018-11-04 13:03:54

Kofferkinder

„Das zurückgelassene Kind entwickelt Schuldgefühle“, erklärt Gülcin Wilhelm.
mehr


2018-11-04 08:20:14

Eine Geschichte der Gastarbeit in Südhessen XV. Folge

Sie werden ihn heute Abend in der „Drehscheibe“ oder gleich in ihren beheizbaren Nasszellen und maroden Elternhäusern herabsetzen und sich über den Kanaken erheben.
mehr


2018-11-03 07:06:10

Eine Geschichte der Gastarbeit XIV. Folge

Ich reagierte auf die zurückhaltende Performance einer Bosnierin oder Tochter von Bosniern mit deutscher Staatsangehörigkeit – passdeutsch, gefühlsbosnisch.
mehr


2018-11-02 07:43:48

Eine Geschichte der Gastarbeit in Osthessen XIII. Folge

Mein Bruder Levan war aus dem vollen Lauf der Jugend mit Anfang Zwanzig schlagartig zu einem alten kranken Mann geworden. Er übertraf unseren Vater an Erbärmlichkeit.
mehr


2018-11-01 05:57:40

Eine Geschichte der Gastarbeit in Osthessen XII. Folge

Fast zweihundert Jahre haben sich die Vanilisis in einer türkischen Provinz gefunden und sind da gestorben, nachdem sie ihren Teil ...
mehr


2018-10-31 06:42:24

Eine Geschichte der Gastarbeit in Osthessen XI.

Großvater fischte aus der nächsten Migrantenwelle Vietnamesen und die ersten Spätaussiedler, deren Nachkommen heute den Belegschaftsstamm bilden.
mehr


2018-10-30 07:44:16

Eine Geschichte der Gastarbeit in Osthessen X.Folge

Von da an belieferten wir einen Betrieb in der Oberschlesischen Industrieregion (polnisch Górnośląski Okręg Przemysłowy) mit thermoplastischem Kautschuk.
mehr


2018-10-28 13:00:13

Eine Geschichte der Gastarbeit in Osthessen IX.

Alima hat in Syrien in einer Agentur für Animationsfilme gearbeitet und ist gemeinsam mit ihrem Mann im Maschinenraum der Fabrik gelandet.
mehr


2018-10-28 06:19:08

Armen Avanessian, Andrea Röpke, Philipp Ruch, Stephan Trüby

Es gibt nichts Rechtes ohne Raunen und Runen. Die Wolfsangel als Giebelornament ist so ein Hinweis auf eine germanische Vergangenheitsimagination.
mehr


2018-10-27 12:18:40

Eine Geschichte der Gastarbeit in Osthessen VIII. Folge

Ich habe nicht Fußball gespielt und nicht geboxt oder gerungen oder was Asiatisches gelernt so wie die anderen „Türken“.
mehr


2018-10-26 12:49:09

Eine Geschichte der Gastarbeit in Osthessen VII. Folge

Michail war in der Sowjetunion mit titanischen Bauvorhaben befasst. Als Ingenieur und Spezialist für Katastrophenmanagement gab er sechzig Leuten Anweisungen.
mehr


2018-10-25 10:29:08

Die Geschichte der Gastarbeit VI. Folge

Ich bin 1988 in Fulda geboren und in Finkenherd aufgewachsen. Trotzdem war ich der erste „Türke“ in Finkenherds einzigem Tennisclub.
mehr


2018-10-24 06:06:41

Selim Özdoğan III.

Mir fällt nur ein Roman ein, der eine Unterschicht nach der Jahrtausendwende beschreibt, ohne die Lust am scheinbar Authentischen zu befriedigen.
mehr


2018-10-23 16:46:48

Jüdische Stimmen zur Zukunft Deutschland

„Der Kampf gegen Antisemitismus (ist kein) Kampf für andere, sondern der Kampf um eine Gesellschaft, in der ich gern leben will.“ Klaus Lederer
mehr


2018-10-23 14:06:49

Jarett Kobek

Das Versenden und Empfangen von Nachrichten begreift er als Berufstätigkeit. Ich sehe ihn bei Uslar & Rai, Edgar Rai war mit dem Star bis eben in Frankfurt auf der Messe ...
mehr


2018-10-23 13:02:29

Die Geschichte der Gastarbeit

Wir sind uns zum ersten Mal auf einer Multi-Level-Marketing-Gala begegnet. Morgan stellte sich als Spezialist für Telefonakquise …
mehr


2018-10-23 05:42:52

The Future is Female

Wir erleben eine Kulturrevolution, deren Schockwellen längst einen Tsunami der Veränderungen in Gang gesetzt haben. #MeToo hat mehr Männer von der Macht getrennt ...
mehr


2018-10-21 06:41:03

Selim Özdoğan II.

Der Israeli Tomer Gardi hat sich dafür entschieden, ein Buch auf Deutsch zu schreiben, im vollen Bewusstsein, dass sein Deutsch sich von dem eines Muttersprachlers unterscheidet.
mehr


2018-10-19 06:35:27

Selim Özdoğan

Das Etikett Gastarbeiterliteratur hat man Texten aufgeklebt, die wir als authentischen Versuch der Beschreibung einer Lebenswelt wahrgenommen haben …
mehr


2018-10-18 10:42:07

Daniel Bax

Als wirtschaftsstarkes Land in der Mitte Europas, aber mit einer alternden Bevölkerung, ist Deutschland auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen.
mehr


2018-10-17 09:13:10

Der Lase als Türke III. Kapitel

Der Unternehmer Amiran Vanilisi beschäftigt fast ausschließlich Migranten in seiner Fabrik für Schuhbodenteile.
mehr


2018-10-17 07:44:10

Textland Tape Jamal Tuschick

Die Walter Benjamin Generation mit ihren säkularisierten Über- und Gründervätern, die vielleicht wirklich eine jüdisch-christliches Abendland vor Augen hatten …
mehr


2018-10-13 21:29:22

242.000 gegen Rassismus

Die Demonstration beginnt am Alexanderplatz. Ich komme aus dem U-Bahnschacht und kann nicht erkennen, wie viele Leute sich hinter mir formieren.
mehr


2018-10-13 11:54:39

Türkischer Lase

Für die Leute hier sind wir Türken, obwohl es keine ethnische Verbindung zwischen meinem Volk und den Türken gibt. Wir sind Lasen …
mehr


2018-10-12 11:27:33

Jüdischer Zukunftskongress

Die jüdische Gemeinschaft steht heute vor vielen Herausforderungen: von außen bedroht sie Antisemitismus …
mehr


2018-10-12 10:29:05

Dunja Hayali

Die Migration ist eine kolossale Projektionsfläche für negative Entladungswünsche aus der Mehrheitsgesellschaft.
mehr


2018-10-11 19:20:08

Schöne Post

Lieber Herr Tuschick, vielen Dank für Ihren Beitrag, wir waren alle sehr bewegt und berührt.
mehr


2018-10-09 07:03:48

Amis, Kehlmann

Mich hat Joyce leider vor „Finnigans Wake“ stehenlassen. Ich wäre gern mitgegangen in die narrativen Klangräume, die, so Amis, „aus der dümmsten Art, lustig zu sein“, gemacht sind.
mehr


2018-10-08 16:00:44

Péter Graf Esterházy de Galántha, Imre Kertész

Seit 1992 veröffentlichte Kertész seine Tagebücher. Sie dokumentierten, so sagte es Esterházy, „wie Hoffnung aus lauter Hoffnungslosigkeit entsteht“.
mehr


2018-09-28 05:33:26

Asghar Farhadi - Todos Lo Saben

Plötzlich verdunkelt sich die Szene. Stromausfall. Der tüchtige Paco organisiert einen Generator, das Licht geht wieder an und die Party geht weiter.
mehr


2018-09-26 07:16:12

Silvia Szymanski​, Anke Stelling, Christoph Hochhäusler

Sein Gesicht hält dem erdgeschichtlichen Budenzauber stand, der in dem frühen Spätwestern „One Eyed Jack“ („Der Besessene“) 1961 als Kulisse herangezogen wurde.
mehr


2018-09-26 06:52:45

Natia Mikeladse-Bachsoliani, Alida Bremer, Zaza Burchuladze, Iva Brdar

Es ist ihr Jahr der Preise – Alida Bremer​ wurde gestern mit dem Brücke Berlin Theaterpreis geehrt.
mehr


2018-09-25 13:38:44

Christine Korbun

Lange Zeit geschah nichts von Belang. Man aß und unterhielt sich kaum.
mehr


2018-09-25 06:55:42

Mariola Brillowska

Als Präsidentin des Vereinigten Universums habe ich endlich die Erwerbslosigkeit modernisiert.
mehr


2018-09-23 18:14:47

Navid Kermani & Marlene Streeruwitz

Als Navid Kermani zum ersten Mal in Kairo war, fand er da mehr Beispiele für individuelle Freiheit aka sexuelle Selbstbestimmung als in seiner Geburtsstadt Siegen.
mehr


2018-09-21 06:04:56

Samuel Salzborn, Esther Schapira, Felix Klein

Wir erleben eine antisemitische Revolution. Die Kombattanten erscheinen wie Spukgestalten in der Geisterbahn.
mehr


2018-09-16 18:22:50

Sandra Gugic,Tobias Kammann, Karosh Taha, Arta Ramadani, Mac Czollek #Textlandfestival

In der ZEIT hieß es gestern: Feminismus muss wütend und breitbeinig auftreten. Man soll eine Bitch im positiven Sinne sein.
mehr


2018-09-16 18:17:29

Nather Henafe Alali #Textlandfestival

Es gab keinen mehr, mit dem sie das Grauen teilen konnte. Hayat war eine Fremde im eigenen Land geworden.
mehr


2018-09-16 10:32:09

Dotschy Reinhardt, Abbas Khider #Textlandfestival

Hausherr in der Ev. Akademie und Gastgeber Christian Kaufmann sprach vom Verblöden einer Nation im Integrationstheater.
mehr


2018-09-15 23:23:57

Sharon Dodua Otoo, Marjana Gaponenko, Max Czollek #Textlandfestival

„Es gibt zwei Lager von Schriftstellern: Jene, die sich ihre Konflikte in der Tagesschau aussuchen …
mehr


2018-09-15 16:19:38

Armin Nassehi #Textlandfestival


mehr


2018-09-14 06:38:22

Daniela Dröscher und Deniz Utlu

Da gab es diese Preisverleihung. Der Laudator vergriff sich im Register und machte einen Text nieder, für den Daniela Dröscher gerade geehrt wurde.
mehr


2018-09-09 07:10:16

Max Czollek

Lange war Integration, unabhängig von den Voraussetzungen, der staatlich festgelegte Preis der Migration. Das war und bleibt absurd in einer Gesellschaft …
mehr


2018-09-06 08:57:48

Jaafar Abdul Karim

Der Autor porträtiert Frauen, die sich ihrer Fesseln entledigen und die Werkzeuge der Befreiung in Facebook Gemeinschaften austauschen.
mehr


2018-09-06 07:08:55

Nana Ekvtimishvili

Ekvtimishvilis Sprache entbindet jenes Grauen, das wir mit geschlossenen Anstalten assoziieren. Sie erzählt von Gewalt ...
mehr


2018-08-29 07:52:19

Alexa Hennig von Lange - Feminismus in der zweiten Lebenshälfte

Die Mobilmachung für den Geschlechterkampf begann im Kindergarten. Im Jahr der Kampfsterne war sie zwölf und von einer feministischen Mutter aktivistisch eingenordet.
mehr


2018-08-28 15:17:44

Karosh Taha - #metwo

Metwo ist ein Weg, Erfahrungen sichtbar zu machen, die sonst in den Medien nicht besprochen werden. Aber auf diesem Weg lauern eben die Ottos …
mehr


2018-08-28 06:10:49

Dotschy Reinhardt

#unteilbar - Für eine offene und freie Gesellschaft – Solidarität statt Ausgrenzung!
mehr


2018-08-27 15:13:59

Alexandru Bulucz - Aus sein auf uns

Bulucz' Poesie steckt Büchners Fatalismus der Geschichte in den Zeilen. Ich spreche über eine Fleißarbeit.
mehr


2018-08-27 14:34:59

Alexandru Bulucz im Mainlabor

Sich zu diesem cioranesken Wahnsinn zu bekennen, heißt vielleicht, die Muttersprache abzulegen wie eine Staatsbürgerschaft …
mehr


2018-08-26 08:57:26

Safiye Can - Aus dem Boden schießen Bäume

Sie steht „am Laufband Richtung Kasse“, während im Abspann der Assoziationen überall auf der Welt Menschen auf Laufbändern an ihrer Selbstoptimierung feilend scheitern.
mehr


2018-08-25 18:25:31

Anna Galkina - Postsowjetisches Romangold

Das Lager hat allerhand zu bieten, zum Beispiel eine Telefonzelle, „von der … man kostenlos ins Ausland telefonieren kann“.
mehr


2018-08-20 10:42:59

Lena Gorelik

Meine Großmutter stöhnte und küsste die Dinge, die an Familie und Freunde verschenkt wurden, mein Vater dauergereizt, nein, das können wir nicht mitnehmen ...
mehr


2018-08-20 08:18:54

Max Czollek - Desintegriert euch!

Max Czollek, geboren 1987 in Berlin, versteht sich und seine Freund*innen als „Teil dieses Landes, auch wenn wir uns mit dem neuen deutschen Nationalstolz nicht identifizieren.
mehr


2018-08-16 22:36:30

Christiane Mudra - #NSU

Da hieß es „Negerfahrzeug“ in einem Polizeivermerk. Da wurde bekannt, dass sich Polizeibeamte im Ku-Klux-Klan organisiert hatten.
mehr


2018-08-15 12:10:20

Alida Bremer #metwo

Die Menschen haben die Neigung, sich im "Eigenen" wohl zu fühlen und das "Fremde" abzulehnen und zu verspotten.
mehr


2018-08-15 07:27:22

Silvia Szymanski im Morgenland

Zaimoglu begrüßte mich brüderlich, eine Szene, die sich bis zu zehn Mal an jedem Messetag wiederholte. Er wollte den Verlag wechseln.
mehr


2018-08-14 12:42:00

#metwo - Dotschy Reinhardt

LAUT DEM GLEICHSTELLUNGSGESETZ BEGINNT DISKRIMINIERUNG BEI BENACHTEILIGUNG ...
mehr


2018-08-12 18:39:50

Feridun Zaimoglu erkannte in Arno Schmidt einen frühen Kanak Sprakler

Die Kritiker zweifelten an dem Schriftsteller Schmidt: „Ist das Werk ein Kunstwerk? Wenn es das ist, mögen die zahllosen Kalauer, Bierwitze, Zoten, abnormen Sexualphantasien …
mehr


2018-08-10 10:09:00

Maryna Markova/Jamal Tuschick

Ich war müde an diesem Nachmittag im Tiergarten. Wir hatten uns da verabredet, wo das Brandenburger Tor seinen Schatten auf einen Eingang wirft. Da verfehlten wir uns und als wir uns eine halbe Stunde später zusammentelefoniert hatten, war die Angst mit von der Partie, der Zauber könnte gelitten haben und wir wären nun außerhalb der Gnade.
mehr


2018-08-03 08:21:12

Feridun Zaimoglu macht aus Siegfried einen Byzantiner

Um das Jahr 1200 fixierten Passauer Kleriker auf Mittelhochdeutsch eine Überlieferung, deren Gegenstände siebenhundert Jahre lang mündlich tradiert worden waren ...
mehr


2018-08-03 06:51:28

Neues vom Queer*East Festival

Um das Verhältnis von Aktivismus und Literatur ging es ab 14.30 h im Konferenzraum des Literarischen Colloquiums Berlin.
mehr


2018-08-02 07:11:37

Queere Wannsee Konferenz

„Im Istanbul der 1940er Jahre trugen schwule Männer rote Nelken im Knopfloch, und wer sich noch mehr traute, entschied sich für rote Socken.“
mehr


2018-07-25 22:11:58

Was das Bewusstsein verdrängt, kehrt in der Nacht zurück

Varnhagens Handschrift ist kaum zu entziffern. Hannah Arendt analysierte die mit sozialen Bedeutungen geladenen Schlafresultate als Sublimationen ...
mehr


2018-07-20 22:42:48

Soziale Fiktionen im narrativen Fadenkreuz - Das Mainlabor gibt sein erstes Interview

Wir erwarten Befruchtungen von den sozialen, ethnischen und geografischen Rändern. Das Thema rührt an einer humanen Konstante.
mehr


2018-07-20 11:43:52

Meg Wolitzer - „Das Weibliche Prinzip“

Wolitzer schildert Faith als untergrabene Repräsentantin des weißen Mittelstandsfeminismus mit afroamerikanischem Chapter ...
mehr


2018-07-14 10:17:15

Karosh Taha als Sommergast im Literarischen Colloquium Berlin

Karosh Taha sagt: „Für eine Frau, die sich auslebt, gibt es auch im Deutschen keine positiven Begriffe.“
mehr


2018-07-07 15:37:04

Das baltische Licht

Vater kam aus der panarabischen Euphorie des Gamal Abdel Nassers – eines Omar Sharifs unter Weltgestaltern. Er kam aus der Zukunft nach Deutschland. Er war im Aufwind und wurde in dem von den Amerikanern aus pittoresken Motiven nicht bombardierten Heidelberg stark abgebremst. Wie alle kultivierten Ägypter fesselte ihn eine Höflichkeit, die anderen Wesensmerkmalen keine Entfaltung gestattete.
mehr


2018-07-03 14:01:07

Pascal Richmann - Bogenhausener Gespräche

Am Morgen des 28. Oktober 1982 führt Premierministerin Margaret Thatcher ihren Kollegen Helmut Kohl, der seit vier Wochen Kanzler ist …
mehr


2018-06-23 08:53:45

Maryna Markova/Jamal Tuschick - Der russische Sprachmantel

Das Russische ist wie ein Haus, sagt Maryna. Die Malerin sieht überall Architektur.
mehr


2018-06-20 20:33:55

Anna Glazova - украл вину у виновного, провинился

ANNA GLAZOVA ist eine russischsprachige Lyrikerin, die seit zwanzig Jahren außerhalb von Russland lebt.
mehr


2018-06-14 23:35:12

Mariam Dessaive - Der prototypische Mensch

Schwarz ist hässlich, weiß ist schön, weiß Mohr Monostatos. Er nähert sich trotzdem der Prinzessin Pamina.
mehr


2018-06-14 15:01:19

Meine Kindheit war gelb

Vielleicht war meine Nase zu lang für eine perfekte Anpassung. Meine Schuluniform unterschied sich von den Uniformen ...
mehr


2018-06-13 22:50:38

Dotschy Reinhardt - Ein Lied in einer anderen Sprache

Der Sindh ist eine pakistanische (vormals indische) Provinz. Dort vermutet man den Ursprung ...
mehr


2018-06-13 12:11:40

Mariam Dessaive - Das Tuch

Mariam Dessaive, 1952 in London als Tochter eines indischen Vaters und einer deutschen Mutter zur Welt gekommen …
mehr


2018-06-10 17:37:26

Dotschy Reinhardt - Seelischer Brand

Als Vorsitzende des Landesrates der Roma und Sinti - Romnokher Berlin-Brandenburg - wünscht sich Dotschy Reinhardt …
mehr


2018-06-08 22:13:41

Maryna Markova – Sakrale Anspielungen

„Uns geht es um die Methode. Sie dominiert die Narration”, erklärt Maryna.
mehr


2018-05-30 16:19:39

Alida Bremer – Die alten Römer

Die alten Römer und wir: Mein Beitrag zu den Fragen der Herkunft. Alida Bremer verstärkt die MAIN LABORant*innen.
mehr


2018-05-29 18:25:18

Vito Avantario – Gold gewinnt

„Pass auf,“ sage ich zum Personenschützer, „ich erzähle dir meine Goldkettengeschichte, dann erzählst du mir deine Reinigungskettengeschichte“. Dann gehe ich in Vorleistung.
mehr


2018-05-24 10:12:03

Ein Gedicht von Safiye Can

Ich wundere mich / wieso heute alle Menschen lächeln / sie lächeln in der Innenstadt ...
mehr


2018-05-23 21:16:14

Die Lyrikerin und Übersetzerin Safiye Can

Der Offenbacher Poetikstar Safiye Can erscheint im MAIN LABOR
mehr


2018-05-20 07:11:17

Die Schriftstellerin Sandra Gugic

Die Schriftstellerin Sandra Gugić gehört zu den Expertinnen im MAIN LABOR
mehr


2018-05-19 13:32:10

Der Psychologe Tobias Kammann

Auch der Psychologe Tobias Kammann nimmt am MAIN LABOR teil.
mehr


2018-05-19 06:26:46

Ich traf Meena Kandasamy in Berlin


mehr


2018-05-18 15:04:00

Karosh Taha erzählt

Ich muss mich zwingen, Erinnerungen wachzurufen, die dunkel und leise sind, Erinnerungen an den Abschied von meinem Vater, der nach Deutschland ging.
mehr


2018-05-16 17:15:37

Journalistin und Autorin Arta Ramadami

Arta Ramadani hat eine unmittelbar einleuchtende Art, sich mitzuteilen. Die Schriftstellerin und ZDF-Redakteurin kämpft ...
mehr


2018-05-14 12:47:13

Karosh Taha

Fragt man Tante Khalida, dann fehlt den Deutschen die Weisheit Mesopotamiens. ..
mehr